Bearbeitung von Anträgen auf Erteilung verbindlicher Auskünfte
Bezug:
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1 Zuständigkeit
Die Finanzbehörde, bei der ein Antrag eingeht, hat zunächst zu überprüfen, ob sie für die Erteilung der verbindlichen Auskunft gem. § 89 Abs. 2 Satz 2 bzw. 3 AO zuständig ist. Nähere Ausführungen zur Zuständigkeit finden sich im AEAO zu § 89 unter Nr. 3.3.
Sofern gemäß § 89 Abs. 2 Satz 2 AO eine mehrfache örtliche Zuständigkeit für die Erteilung einer verbindlichen Auskunft festgestellt wird, soll regelmäßig auf Grundlage des § 25 AO eine Einigung der Finanzbehörden über die Zuständigkeit herbeigeführt werden.
Enthält ein eingereichter Schriftsatz formal mehrere Anträge auf verbindliche Auskunft i.S. des § 89 Abs. 2 Satz 1 AO, kann grundsätzlich die Bearbeitung der einzelnen Anträge bei den jeweils zuständigen Finanzbehörden erfolgen. Sofern die unterschiedliche Zuständigkeit weder für den oder die Antragsteller(in), noch für die Finanzbehörden zweckmäßig ist, soll eine Zuständigkeitsvereinbarung gem. § 27 AO herbeigeführt werden.
Zur Feststellung der Anzahl der in einem Schriftstück enthaltenen Anträge vgl. AO-Kartei BW, § 89 Karte 2.
In Fällen der gemeinsamen Antragstellung durch mehrere Personen (§ 1 Abs. 2 StAuskV) gelten die besonderen Zuständigkeitsregelungen des § 1 Abs. 3 StAuskV. Nähere Ausführungen hierzu finden sich im AEAO zu § 89 unter Nr. 3.3.3.
2 Abgrenzung
Zunächst ist zu überprüfen, ob der eingegangene Antrag ausdrücklich als Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft bezeichnet ist. Insbesondere nicht beratene Steuerbürgerinnen und Steuerbürger begehren oftmals lediglich Auskünfte im Sinne des § 89 Abs. 1 Satz 2 AO.
Die inhaltlich nicht verbindliche Erteilung von Auskünften i.S. § 89 Abs. 1 Satz 2 AO materieller Art ist den Finanzbehörden gestattet; hierauf besteht jedoch kein Anspruch. Sofern eine Finanzbehörde eine schriftliche Auskunft materieller Art außerhalb des § 89 Abs. 2 AO und der StAuskV erteilt, soll darauf hingewiesen werden, dass die Auskunft unverbindlich ist (vgl. AEAO zu § 89, Nr. 2).
3 Prüfung der formalen Voraussetzungen
Ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist schriftlich bei der zuständigen Finanzbehörde zu stellen und hat die in § 1 Abs. 1 StAuskV bezeichneten Angaben zu enthalten. Zusätzlich soll die Antragstellerin / der Antragsteller nach § 89 Abs. 4 Satz 2 AO Angaben zum Gegenstandswert der Auskunft machen.
Nähere Ausführungen zu Form, Inhalt und Voraussetzungen des Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft finden sich im AEAO zu § 89 unter 3.4.
Vor Beginn der inhaltlichen Beschäftigung mit dem Antrag hat die zuständige Finanzbehörde zu prüfen, ob der Antrag alle formalen Voraussetzungen in hinreichendem Maß erfüllt.
Stellt die Finanzbehörde fest, dass ein Antrag nicht die formalen Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 StAuskV erfüllt, hat die Finanzbehörde – vor Ablehnung eines Antrags aus formalen Gründen – die Antragstellerin / den Antragsteller auf die Mängel und auf die Möglichkeit der Ergänzung oder Rücknahme des Antrags hinzuweisen (vgl. AEAO zu § 89, 4.5.1). Gleiches gilt, wenn die Erteilung einer verbindlichen Auskunft aus anderen Gründen (vgl. AEAO zu § 89, Nr. 3.5.4) abzulehnen ist.
Sofern in einem Auskunftsantrag entgegen § 89 Abs. 4 Satz 2 AO keine Angaben zum Gegenstandswert gemacht werden oder diese unzureichend sind, hat die Finanzbehörde den Antragsteller – möglichst bereits vor Beginn der materiell rechtlichen Prüfung – hierauf hinzuweisen und um entsprechende Ergänzung seines Antrags bzw. um Erläuterung zu bitten, warum er keine Angaben machen kann (vgl. AEAO zu § 89, Nr. 4.2.5 Satz 2). Weigert sich der Antragsteller (schlüssige und nachvollziehbare) Angaben über den Gegenstandswert zu machen, ist dieser darauf hinzuweisen, dass der Gegenstandswert von der Finanzbehörde durch Schätzung bestimmt wird. Es ist jedoch rechtlich nicht zulässig, die Erteilung einer verbindlichen Auskunft allein deshalb zu verweigern, weil von der Antragstellerin / vom Antragsteller keine oder nur ungenaue Angaben zum Gegenstandswert gemacht wurden.
4 Antragsteller
Zur Stellung eines Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft sind gemäß § 89 Abs. 2 Satz 1 AO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 3 StAuskV nur (natürliche bzw. juristische) Personen, Personenvereinigungen und Vermögensmassen berechtigt, welche ein eigenes berechtigtes Interesse an einer Auskunftserteilung darlegen können.
Auch Ehegatten und Lebenspartner, die zusammen veranlagt werden, sind nur dann individuell antragsberechtigt, wenn sie jeweils ein eigenes berechtigtes Interesse an einer Auskunftserteilung darlegen können. Zu Fällen gemeinsamer Antragstellung durch Ehegatten/Lebenspartner vgl. 5.1.
Existiert eine Steuerpflichtige / ein Steuerpflichtiger bei Antragstellung noch nicht, kann gemäß § 1 Abs. 3 StAuskV bei berechtigtem Interesse auch ein Dritter Antragsteller sein. Siehe hierzu die näheren Ausführungen im AEAO zu § 89, Nr. 3.2.3 und 3.2.4.
5 Gemeinsame Antragstellung (§ 1 Abs. 2 StAuskV)
§ 1 Absatz 2 StAuskV regelt abschließend, in welchen Fällen eine verbindliche Auskunft von mehreren Beteiligten gemeinsam zu beantragen ist. In diesen Fällen wird der der Auskunft zugrundeliegende Sachverhalt von einem Finanzamt einheitlich beurteilt und es ergeht eine gegenüber allen Antragstellern einheitliche verbindliche Auskunft.
5.1 Anträge zu Sachverhalten i.S. § 1 Abs. 2 Nr. 1 StAuskV
Sofern der in einem Antrag auf verbindliche Auskunft vorgetragene Sachverhalt bei seiner Verwirklichung Gegenstand einer gesonderten und einheitlichen Feststellung ist, kann die verbindliche Auskunft gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 StAuskV nur von allen Beteiligten gemeinsam beantragt werden.
Vorgetragene Sachverhalte mit alleinigem Bezug zum Sonderbetriebsvermögen einer Gesellschafterin / eines Gesellschafters einer Personengesellschaft fallen jedoch nicht unter § 1 Abs. 2 Nr. 1 StAuskV. In derartigen Fällen ist lediglich die betroffene Gesellschafterin / der betroffene Gesellschafter Antragsteller(in) mit berechtigtem Auskunftsinteresse.
Sofern sich ein Antrag auf verbindliche Auskunft auf einen Sachverhalt bezieht, der Ehegatten/Lebenspartnern steuerlich zuzurechnen ist (§ 179 Abs. 2 Satz 2 AO), kann die verbindliche Auskunft gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 StAuskV nur von beiden Ehegatten/Lebenspartnern als Antragsteller gemeinsam beantragt werden. Die Anwendung von § 1 Abs. 2 Nr. 1 StAuskV bei Ehegatten/Lebenspartnern stützt sich darauf, dass auch gemeinschaftlich erzielte einkommensteuerpflichtige Einkünfte von zusammenveranlagten Ehegatten/Lebenspartner grundsätzlich gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a i.V.m. § 179 Abs. 2 AO gesondert und einheitlich festzustellen sind. Die Anwendung von § 1 Abs. 2 Nr. 1 StAuskV wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass bei Eheleuten/Lebenspartnern aufgrund von § 180 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AO (Fälle von geringerer Bedeutung) eine gesonderte und einheitliche Feststellung zumeist unterbleibt.
5.2 Anträge zu Sachverhalten i.S. § 1 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 StAuskV
Sofern Sachverhalte mit Organschaftsbezug i.S. von § 1 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 StAuskV vorgetragen werden, ist ein Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft von allen Beteiligten gemeinsam zu stellen.
5.3 Anträge zu Sachverhalten i.S. § 1 Abs. 2 Nr. 5 StAuskV
In Fällen, in denen die steuerliche Behandlung in Bezug auf den Wertansatz bei dem abgebenden Rechtsträger von der steuerlichen Behandlung beim übernehmenden Rechtsträger abhängt (§§ 20, 21, 24 oder 25 UmwStG), ist bei nach dem eingehenden Anträgen auf verbindliche Auskunft für alle beteiligten Rechtsträger eine gemeinsame Antragstellung vorgesehen. Eine diesbezüglich einheitlich erteilte verbindliche Auskunft ist nach § 2 Abs. 2 StAuskV für alle beteiligten Rechtsträger gleichermaßen verbindlich.
6 (Nicht-)Erteilung einer verbindlichen Auskunft
Zu Fragen der (Nicht-)Erteilung von verbindlichen Auskünften sind die Ausführungen im AEAO zu § 89, Nr. 3.5 zu beachten.
Der Kerngedanke der verbindlichen Auskunft, die steuerliche Behandlung eines bestimmten Sachverhalts durch die Finanzverwaltung zu erfahren, setzt naturgemäß die vollständige Darstellung des Sachverhalts voraus. Dies schließt es aus, dass die Finanzverwaltung eine Auskunft zu erteilen hat, wenn sie ihrerseits zunächst den Sachverhalt ermitteln müsste. Die Erteilung von verbindlichen Auskünften bezüglich der Einschätzung des Teilwerts eines Wirtschaftsguts oder des gemeinen Werts eines Unternehmens oder zum Ansatz des in einem vorgelegten externen Sachverständigengutachten ermittelten Werts, kommt daher nicht in Betracht (vgl. , BFH/NV 2002 S. 181 und vorhergehend , juris).
OFD Karlsruhe v. - S
0224
Fundstelle(n):
AO-Kartei
BW AO §
89 Karte Karte
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PAAAJ-42828