BGH Beschluss v. - StB 21/23

Pflichtverteidigung: Beschwerde gegen die Bestellung eines weiteren Pflichtverteidigers

Gesetze: § 140 Abs 1 Nr 1 StPO, § 144 Abs 1 StPO, § 296 StPO, § 304 Abs 1 StPO

Gründe

I.

1Der Ermittlungsrichter des der Beschuldigten gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 1, § 144 Abs. 1 StPO Rechtsanwältin H.   aus M.      als zusätzliche Pflichtverteidigerin bestellt. Dagegen wendet sich die Beschuldigte mit ihrer sofortigen Beschwerde.

II.

2Ungeachtet der Frage, ob infolge einer unverschuldeten Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren wäre, ist das Rechtsmittel mangels Beschwer unzulässig. Denn durch die Bestellung eines Pflichtverteidigers als solche ist ein Beschuldigter im Regelfall nicht beschwert; er kann diese daher grundsätzlich nicht anfechten (vgl. , NJW 1998, 2205; , NStZ 2023, 115 Rn. 4 mwN). Dies gilt auch für den Fall der Bestellung eines zusätzlichen Pflichtverteidigers (s. KG, Beschlüsse vom - 3 Ws 60/99 u.a., juris Rn. 3 f.; vom - 2 Ws 176/16, StV 2017, 155 f.; OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom - 1 Ws 708/99, StV 2000, 412, 413; vom - 1 Ws 568/00, StraFo 2001, 241, 242; vom - 2 Ws 242/02, StV 2004, 62, 63; , NStZ-RR 2012, 317). Eine etwaige spätere Belastung des Beschuldigten mit den Kosten des zusätzlichen Pflichtverteidigers nach einer etwaigen rechtskräftigen Verurteilung begründet im Erkenntnisverfahren kein Rechtsschutzbedürfnis. Solche Kosten sind Auslagen der Staatskasse, deren Berechtigung nach Abschluss des Strafverfahrens im Kostenansatzverfahren geprüft wird (vgl. , MDR 1986, 604, 605; , aaO).

3Eine Beschwer durch die Bestellung eines zusätzlichen Pflichtverteidigers kommt daher nur ausnahmsweise in Betracht. Für eine der Ausnahmekonstellationen, die in Rechtsprechung und Literatur in Betracht gezogen werden (vgl. , StV 2017, 155 f.; , StV 2004, 62, 63; OLG Frankfurt, Beschluss vom - 3 Ws 31/00, StV 2001, 610; , NStZ-RR 2012, 317; BeckOK StPO/Krawczyk, 46. Ed., § 144 Rn. 11; KK-StPO/Willnow, 9. Aufl., § 144 Rn. 8; ferner - für die Bestellung nach § 141 StPO - , NStZ 2023, 115 Rn. 5 mwN), fehlen hier Anhaltspunkte:

4Die Beschuldigte hatte die zusätzlich bestellte Verteidigerin selbst als Wahlverteidigerin benannt. Diese hatte unbeanstandet am Haftprüfungstermin teilgenommen. Die zuerst beigeordnete Pflichtverteidigerin hatte den entsprechenden Antrag auf Bestellung von Rechtsanwältin H.    als weitere Pflichtverteidigerin gestellt und zur Begründung vorgetragen, die Beschuldigte habe zwar die Vollmacht für diese Rechtsanwältin nicht unterschrieben, wolle aber auch von ihr verteidigt werden. In der Sache hat die Beschuldigte keine Beanstandungen gegen die angefochtene Beiordnung erhoben. In der persönlich verfassten Beschwerdeschrift hat sie lediglich Fragen aufgeworfen, die hiermit nicht erkennbar im Zusammenhang stehen.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:030523BSTB21.23.0

Fundstelle(n):
NJW 2023 S. 3307 Nr. 45
MAAAJ-42534