Europa | Vorschläge zur Verbesserung von Quellensteuerverfahren (Kommission)
Die Europäische Kommission hat am neue Vorschriften vorgeschlagen, um Quellensteuerverfahren in der EU für Investoren, Finanzintermediäre (z.B. Banken) und die Steuerverwaltungen der Mitgliedstaaten effizienter und sicherer zu machen. Die Initiative soll zu einer faireren Besteuerung und zur Bekämpfung des Steuerbetrugs beitragen und grenzüberschreitende Investitionen in der ganzen EU fördern.
Hintergrund: Der Begriff „Steuerabzug an der Quelle“ bezieht sich auf den Fall, wenn beispielsweise ein in einem EU-Mitgliedstaat ansässiger Anleger für die in einem anderen Mitgliedstaat erzielten Zinsen oder Dividenden Steuern zahlen muss. Dies ist häufig bei grenzüberschreitenden Investitionen der Fall. Für Fälle dieser Art haben viele EU-Mitgliedstaaten Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen, um zu verhindern, dass Personen oder Unternehmen zweifach besteuert werden. Dank dieser Abkommen kann ein grenzüberschreitend tätiger Anleger die Erstattung der in einem anderen Mitgliedstaat zu viel gezahlten Steuern beantragen.
Diese Erstattungsverfahren sind allerdings oft langwierig, kostspielig und umständlich, sorgen für Frustrationen bei Anlegern und wirken abschreckend auf grenzüberschreitend tätige Investoren aus der EU und aus Drittländern. Derzeit wendet jeder EU-Mitgliedstaat eigene Quellensteuerverfahren an, die sich sehr voneinander unterscheiden. Anleger sind mit mehr als 450 verschiedenen Verfahren in der EU konfrontiert, von denen die meisten nur in der Landessprache verfügbar sind. Die Cum/Ex- und die Cum/Cum-Skandale haben außerdem gezeigt, dass die Erstattungsverfahren missbraucht werden können: Im Zeitraum 2000-2020 haben diese Praktiken Steuerausfälle von schätzungsweise 150 Mrd. EUR verursacht.
Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Maßnahmen sollen Anlegern, Finanzintermediären und nationalen Steuerbehörden das Leben erleichtern:
Ein gemeinsamer digitaler Nachweis über den Steuerwohnsitz soll für schnellere und effizientere Erstattungsverfahren sorgen. So sollen Anleger mit einem breit gestreuten Portfolio in der EU künftig nur noch einen einzigen digitalen Nachweis über den Steuerwohnsitz benötigen müssen, um im selben Kalenderjahr mehrere Erstattungen zu beantragen. Ein digitaler Nachweis über den Steuerwohnsitz sollte innerhalb eines Arbeitstages nach Beantragung ausgestellt werden. Noch gelten in den meisten Mitgliedstaaten papiergestützte Verfahren.
Zwei Schnellverfahren zur Ergänzung des geltenden Standard-Erstattungsverfahrens: ein Verfahren für die „Steuererleichterung an der Quelle“ und ein „Schnellerstattungsverfahren“, die die Erstattungsprozesse in der gesamten EU beschleunigen und stärker harmonisieren werden. Die Mitgliedstaaten sollen sich selbst für eines der beiden Verfahren – oder für eine Kombination aus beiden – entscheiden können.
Beim Verfahren für die „Steuererleichterung an der Quelle“ soll zum Zeitpunkt der Ausschüttung von Zinsen oder Dividenden ein ermäßigter Steuersatz gemäß den anwendbaren Vorschriften des Doppelbesteuerungsabkommens angewandt werden.
Im Rahmen des „Schnellerstattungsverfahrens“ soll zunächst eine Zahlung unter Berücksichtigung des Quellensteuersatzes des Mitgliedstaats geleistet werden, in dem die Dividenden oder Zinsen ausgeschüttet werden; zu viel gezahlte Steuern sollen jedoch innerhalb von 50 Tagen nach dem Zeitpunkt dieser Zahlung erstattet werden.
Der Kommission zufolge sollen dank dieser standardisierten Verfahren die Anleger Schätzungen zufolge rund 5,17 Mrd. EUR jährlich einsparen.
Durch die Einführung einer standardisierten Meldepflicht sollen die nationalen Steuerverwaltungen die erforderlichen Instrumente erhalten, um zu prüfen, ob der ermäßigte Steuersatz in Anspruch genommen werden darf, und um potenziellen Missbrauch aufzudecken. Zertifizierte Finanzintermediäre sollen der zuständigen Steuerverwaltung die Ausschüttung von Dividenden oder Zinsen melden müssen, sodass diese die Transaktion zurückverfolgen kann. Insbesondere große Finanzintermediäre in der EU werden verpflichtet, sich in einem nationalen Register zertifizierter Finanzintermediäre zu registrieren. Finanzintermediäre aus Drittländern und kleinere EU-Finanzintermediäre können sich freiwillig registrieren lassen. Steuerpflichtige, die über zertifizierte Finanzintermediäre in der EU investieren, können Schnellverfahren für die Erstattung der Quellensteuer in Anspruch nehmen und die Doppelbesteuerung von Dividendenzahlungen vermeiden. Je mehr Finanzintermediäre sich registrieren, desto einfacher wird es für Steuerbehörden, Anträge auf Steuererstattungen – unabhängig von dem gewählten Verfahren – zu bearbeiten.
Der Vorschlag soll nach Annahme durch die Mitgliedstaaten zum in Kraft treten.
Quelle: EU-Kommission, Pressemitteilung v. 19.6.2023 (il)
Fundstelle(n):
UAAAJ-42232