Online-Nachricht - Freitag, 09.06.2023

Körperschaftsteuer | Verdeckte Einlage durch Zuwendung eines Anspruchs auf bereits aufgelaufene Zinsen (BFH)

Werden durch Wertpapierdarlehen zwischen einer Mutter- und ihrer Tochtergesellschaft Ansprüche auf bereits aufgelaufene Zinsen aus den überlassenen verzinslichen Wertpapieren unter Verzicht auf die Vereinbarung von Kompensationszahlungen auf die Tochtergesellschaft übertragen, liegt darin eine verdeckte Einlage (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Klägerin ist die Konzernmutter des A Konzerns. Sie war zu 100 % an der AB GmbH (GmbH) beteiligt, die ein Vorteils- und Kundenbindungsprogramm entwickelte und betrieb. Zwischen beiden Gesellschaften bestand kein Organschaftsverhältnis. Die Geschäftstätigkeit der GmbH wurde zum eingestellt. Sie verfügte über erhebliche Verlustvorträge, während die Klägerin erhebliche operative Gewinne erzielte. Es war seinerzeit absehbar, dass die GmbH die durch eigenes operatives Geschäft aufgebauten Verlustvorträge nicht mehr mittelfristig durch eigene Gewinne würde ausgleichen können.

Um die Verluste der GmbH "nutzbar" zu machen, schloss die Klägerin zunächst mit der G Bank (G) Wertpapierpensionsgeschäfte und sodann über dieselben Wertpapiere mit der GmbH Wertpapierdarlehensgeschäfte ab.

Im Einzelnen:

Am vereinbarte die Klägerin mit G (als Pensionsgeber) einen "Rahmenvertrag für Wertpapierpensionsgeschäfte (Repos)". Im Streitjahr 2009 schloss sie auf Grundlage dieses Rahmenvertrags sodann zwölf Wertpapierpensionsgeschäfte (im Folgenden: jeweils "Einzelabschluss") über festverzinsliche Wertpapiere (Schuldverschreibungen, Schatzanweisungen und Obligationen) ab. Die während der Laufzeit der Pensionsgeschäfte auf die Pensionspapiere geleisteten Zinsen, Gewinnanteile, Kapitalrückzahlungen sowie sonstigen Ausschüttungen standen nach den getroffenen Vereinbarungen G zu. Die Klägerin hatte den Gegenwert mit Wertstellung zum Tag der tatsächlichen Zahlung durch den Emittenten zuzüglich des Betrags einbehaltener Steuern und Abgaben sowie Steuergutschriften an den Pensionsgeber zu zahlen ("Kompensationszahlung"). Infolge dieser Geschäfte leistete die Klägerin im Streitjahr Kompensationszahlungen und Pensionszahlungen an G und erfasste die Zahlungen aufwandswirksam.

Am schloss die Klägerin mit der GmbH (als Darlehensnehmerin) einen "Rahmenvertrag für Wertpapierdarlehen" ab. In diesem Vertrag war vorgesehen, dass die während der Laufzeit der Darlehen auf die Darlehenspapiere geleisteten Zinsen der Darlehensgeberin zustehen sollten. Die Darlehensnehmerin sollte entsprechende Kompensationszahlungen an die Darlehensgeberin leisten. Anschließend vereinbarten die Parteien zwölf Einzelabschlüsse über diejenigen Wertpapiere, die auch den Gegenstand der Wertpapierpensionsgeschäfte zwischen der Klägerin und der G bildeten. Die Vertragsbedingungen wichen von den Regelungen des Rahmenvertrags insbesondere darin ab, dass die während der Laufzeit des Darlehens auf die Darlehenspapiere geleisteten Zinsen der GmbH als Darlehensnehmerin zustehen sollten und diese mithin keinerlei Kompensation an die Klägerin zu leisten hatte. In die Laufzeit der einzelnen Darlehensverträge fielen jeweils die Zinsstichtage. Infolge dessen erhielt die GmbH insgesamt Zinszahlungen in Höhe von … €. Von diesem Betrag entfielen rechnerisch auf die Haltedauer der GmbH … € und auf die übrigen Zinslaufzeiträume … €.

Die Wertpapierdarlehensgeschäfte hatten in der Regel eine kurzfristige Laufzeit (zwei bis sechs Wochen) und waren so gestaltet, dass in den Zeitraum des Geschäfts der jeweilige Zinstermin fiel, so dass die Zinsen von der GmbH vereinnahmt wurden. Die Laufzeiten der Wertpapierpensionsgeschäfte zwischen der G und der Klägerin einerseits sowie der Wertpapierdarlehen zwischen der Klägerin und der GmbH andererseits waren in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht deckungsgleich. In der Regel betrug die Laufzeit des Wertpapierpensionsgeschäfts einen Tag mehr als die Laufzeit der Wertpapierdarlehensgeschäfte. Buchhalterisch erfasste die GmbH die auf die Laufzeit der Wertpapierdarlehen entfallenden Erträge als "laufender Zinsertrag" und die auf die übrige Zeit entfallenden Zinsen als "a.o. Ertrag Entry".

In der Körperschaftsteuerklärung der GmbH wurden die von den Emittenten der jeweiligen Wertpapiere bezogenen Zinsen als Betriebseinnahmen erfasst und in der Sache unmittelbar und vollständig mit den festgestellten Verlustvorträgen verrechnet. Darüber hinaus wurden die Zinseinnahmen im Rahmen der Regelung zur Mindestbesteuerung zu 60 % mit Verlustvorträgen entsprechend den Vorgaben des § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG verrechnet, was zu einem Abbau der seinerzeit bestehenden Verlustvorträge auf der Ebene der GmbH führte.

Das Zentrale Konzernprüfungsamt vertrat die Auffassung, die Klägerin habe aufgrund der unentgeltlichen Wertpapierdarlehensgeschäfte mit der GmbH dieser einlagefähige Vermögensgegenstände aufgrund gesellschaftsrechtlicher Veranlassung zugewendet und es lägen daher steuerlich verdeckte Einlagen vor. Wirtschaftlich habe die Klägerin der GmbH Zinsen für ein volles Jahr zugewendet, obwohl die Laufzeiten der Wertpapierdarlehen nur wenige Wochen betragen hätten. Soweit Zinsen seit der letzten Fälligkeit bis zum Beginn der Wertpapierdarlehen "aufgelaufen" seien, habe die GmbH Stückzinsen erworben, die als ein einlagefähiges Wirtschaftsgut zu qualifizieren seien. Maßgeblich hierfür sei, dass sich die Klägerin von einem fremden Entleiher die Stückzinsen hätte vergüten lassen.

Das FA erhöhte das zu versteuernde Einkommen der Klägerin wegen verdeckter Einlagen, die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg (Vorinstanz: ).

Hierzu führten die Richter des BFH weiter aus:

  • Die durch die Klägerin an die GmbH unter Verzicht auf Kompensationszahlungen vorgenommene Zuwendung eines Anspruchs auf die im Einlagezeitpunkt bereits aufgelaufenen Zinsen aus den festverzinslichen Wertpapieren stellt eine verdeckte Einlage dar.

  • Der Klägerin ist nicht darin zu folgen, sie habe der GmbH lediglich die Nutzung der darlehensweise überlassenen Wertpapiere ermöglicht, so dass eine verdeckte Einlage nicht vorliegen könne. Dies folgt daraus, dass Gegenstand der Übertragung im Streitfall nicht künftige Nutzungsvorteile sind (wie im Fall des ), sondern "aufgelaufene", zivilrechtlich bereits entstandene Zinsansprüche der Klägerin gegen die Emittenten der festverzinslichen Wertpapiere.

  • Die Zinsansprüche sind unabhängig von ihrer Fälligkeit zu bilanzieren, soweit sie für einen Zeitraum geschuldet werden, der vor dem Stichtag der Bilanz liegt (u.a. ). Insoweit kommt es bei der verdeckten Einlage nach der Rechtsprechung des BFH auch nicht auf den satzungsmäßigen Bilanzstichtag, sondern auf die Bilanzierungsfähigkeit des zugewendeten Vermögensvorteils im Zeitpunkt der Zuwendung an (, BStBl II 1984, 747). In diesem Zeitpunkt lag jedoch bereits ein kommerzialisierbarer Zinsanspruch vor (zur Anknüpfung des Wirtschaftsgutsbegriffs an Marktsituationen als Ausdruck einer vermögensmäßigen Relevanz z.B. m.w.N.), der als solcher einlagefähig ist (im Ergebnis ebenso Wagner, EFG 2020, 1634; Mihm, BB 2020, 2097).

  • Da die GmbH nach den den Senat bindenden (§ 118 Abs. 2 FGO) Feststellungen des FG nicht zu Gegenleistungen verpflichtet war, wendete die Klägerin ihr den angesprochenen Vermögensvorteil in Form bereits aufgelaufener Zinsansprüche ohne wertadäquate Gegenleistung zu. Der Verzicht der Klägerin auf die Vereinbarung von Gegenleistungen in Form von Kompensationszahlungen war durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, da der GmbH auf diese Weise ermöglicht werden sollte, ihre Verlustvorträge steuerlich zu nutzen.

  • Die verdeckte Einlage hat bei der Klägerin auch eine Einkommensminderung ausgelöst. Denn die an G geleisteten Kompensationszahlungen sind aufwandswirksam verbucht worden, ohne dass entsprechende Erträge anfielen, da die Klägerin gegenüber der GmbH auf die Vereinbarung eigener Kompensationszahlungen für die Übertragung des Zinsanspruchs verzichtet hatte.

  • Die Bewertung der verdeckten Einlage erfolgt mit dem Teilwert (§ 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG).

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
MAAAJ-41562