Namensänderung durch Angleichung des Familiennamens an den Hofnamen
Leitsatz
Nur eine im Verkehr übliche Hofbezeichnung, die im örtlichen Umfeld etabliert ist und dort zur Identifizierung des Anwesens und damit auch der Familie des Eigentümers ausreicht, kann im Sinne einer notwendigen Voraussetzung Grundlage eines legitimen Interesses für eine Namensänderung durch Angleichung des Familiennamens an den Hofnamen sein.
Gesetze: § 3 Abs 1 NamÄndG
Instanzenzug: Thüringer Oberverwaltungsgericht Az: 3 KO 344/21 Urteilvorgehend VG Meiningen Az: 2 K 483/16 Me Urteil
Gründe
I
1Der Kläger begehrt die Änderung seines Familiennamens von "K.-R." in "K.-R. v. L.".
2Er ist Eigentümer des Schlosses B. im gleichnamigen Ortsteil der Gemeinde R., hat das Anwesen renoviert und bewirtschaftet es. Seit dem Jahre 1779 waren verschiedene Mitglieder der Familie R. v. L. und Träger dieses Namens Besitzer des Schlosses und bewohnten es bis zur Übersiedelung in die Bundesrepublik im Jahre 1969. Nach der Wiedervereinigung zog der Kläger nach Thüringen und ist seit 2006 Haupteigentümer des Schlosses. Seit 2013 hat er dort auch seinen Wohnsitz und betreibt ein Architekturbüro.
3Zur Begründung seines Antrags macht der Kläger u. a. geltend, der Name "R. v. L." sei mittlerweile in der achten Generation mit dem Schloss B. verbunden. Er werde als Eigentümer und Betreiber des Anwesens regelmäßig mit diesem Namen angesprochen und empfinde es als schweren Nachteil, ihn nicht zu tragen. Die Öffentlichkeit identifiziere ihn mit dem vollen Namen und die Souveränität über den Namensbestandteil "v. L." sei für die Bewirtschaftung des Schlosses wegen der damit verbundenen Definitionshoheit über das kulturelle Erbe unabdingbar.
4Nachdem der Beklagte seinen Antrag abgelehnt hatte und das Widerspruchsverfahren erfolglos geblieben war, hat das Verwaltungsgericht der Klage mit Urteil vom stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage abgewiesen (ThürVGRspr 2022, 140). Es hat seine Entscheidung im Kern darauf gestützt, dass kein wichtiger Grund i. S. d. § 3 Abs. 1 NamÄndG vorliege, da es bereits an einer Verbindung des vom Kläger begehrten Familiennamens mit dem von ihm bewohnten und unterhaltenen Schloss in der Art und Weise fehle, wie ein Familienname mit einem Hof oder Unternehmen verbunden sei. Denn das Schloss sei nach einem Ortsnamen benannt. Die Verbindung zu dem vom Kläger begehrten Familiennamen komme erst über die Historie und den Umstand zustande, dass Träger dieses Namens über Jahrhunderte auf dem Schloss gelebt und dieses als Gutsanlage bewirtschaftet hätten. In der gebotenen Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass nur ein insgesamt vergleichsweise beschränkter Kreis von speziell Interessierten und Ortskundigen den Kläger mit dem Namen "v. L." und der damit verbundenen Tradition verbinde und ihn mit diesem Namen konfrontiere. Anders als bei einem Hof- oder Unternehmensnamen werde dieser Zusammenhang gerade nicht von der Allgemeinheit oder dem Rechtsverkehr schlechthin hergestellt.
5Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde, der der Beklagte entgegentritt.
II
6Die zulässige Beschwerde des Klägers, mit der dieser die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gem. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend macht, bleibt ohne Erfolg.
7Grundsätzliche Bedeutung i. S. v. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung oder des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 6 B 43.14 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 421 Rn. 8 und vom - 6 B 2.18 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 31 Rn. 7).
8Die Beschwerde trägt vor, klärungsbedürftig seien die Rechtsfragen,
"... ob ein im Rahmen der Prüfung des Vorliegens eines wichtigen Grundes im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG zu berücksichtigendes schutzwürdiges Interesse des Antragstellers an der Annahme eines neuen Familiennamens darin begründet sein kann, dass eine historische Gutshofanlage, dessen (Haupt-)Eigentümer, Bewohner und Bewirtschafter der Antragsteller ist, jahrhundertelang von Trägern eines bestimmten Familiennamens bewohnt sowie als Gutsanlage bewirtschaftet[et] wurde und daher mit dem durchgängig geführten Familiennamen der Eigentümer der vergangenen Jahrhunderte verbunden ist."
und
"... ob ein im Rahmen der Prüfung des Vorliegens eines wichtigen Grundes im Sinne des § 3 Abs. 1 NamÄndG für eine Änderung des Familiennamens zu berücksichtigendes schutzwürdiges Interesse an einer Namensänderung als Eigentümer eines Hofes, eines Unternehmens oder einer Gutshofanlage, welches mit einem Familiennamen verbunden ist, eine "erhebliche Belastung" des Antragstellers infolge der bestehenden Inkongruenz zwischen seinem Namen und dem mit dem Hof, dem Unternehmen oder der Gutshofanlage verbundenen Namen voraussetzt."
9Dazu führt die Beschwerde aus, nach Nr. 47 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Namensänderungsgesetz (NamÄndVwV) könne im Wege der Namensänderung u. a. dem Eigentümer die Führung eines mit seinem Hofe oder seinem Unternehmen verbundenen Familiennamens gestattet werden. Daher stelle sich die Frage, ob eine Verbindung zwischen einem Familiennamen und einem Gutshof auch dann als schutzwürdiges Interesse anzusehen sei, wenn diese Verbindung nicht durch die Benennung der Anlage, sondern durch eine lange Tradition an vorherigen Eigentümern und Bewirtschaftern dieses Familiennamens begründet werde. Ratio der Nr. 47 NamÄndVwV dürfte nicht (allein) die Beseitigung einer vermeintlichen individuell belastenden Inkongruenz, sondern die Herstellung einer Kongruenz zwischen dem Namen des jeweiligen Eigentümers und dem mit seinem Hof oder Unternehmen verbundenen Namens im Wege der Annahme dieses Namens durch den Eigentümer sein. Daher sei klärungsbedürftig, ob das schützenswerte Interesse nur in der Beseitigung einer gegenwärtigen erheblichen Belastung in der Person des Eigentümers liegen oder nicht auch zukunftsgerichtet auf vielfältige Interessen ideeller, rechtsgeschäftlicher oder sonstiger Art an der Kongruenz gestützt werden könne.
10Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Denn es liegt auf der Hand und bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass in der von Nr. 47 der NamÄndVwV angesprochenen Fallgruppe, in der u. a. dem Eigentümer die Führung eines mit einem Hofe oder einem Unternehmen verbundenen Namens im Wege der Namensänderung gestattet werden kann, der erstrebte Familienname an dem allgemein bekannten oder im Umfeld gebräuchlichen Hofnamen anknüpfen muss. Nur eine im Verkehr übliche Hofbezeichnung ("z. B. Meyerhof"), die im örtlichen Umfeld etabliert ist und dort zur Identifizierung des Anwesens und damit im Alltag auch der Familie des Eigentümers ausreicht, kann im Sinne einer notwendigen Voraussetzung Grundlage eines legitimen Interesses für eine Namensänderung durch Angleichung des Familiennamens an den Hofnamen sein (vgl. 7 C 140.61 - BVerwGE 15, 207 <209 ff.>).
11Diesen rechtlichen Maßstab hat das Berufungsgericht der angefochtenen Entscheidung der Sache nach zugrunde gelegt. Es hat in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass die Verbindung des nach dem Ort B. benannten Schlosses zu dem mit der Namensänderung erstrebten Familiennamen "R. v. L." erst über die Historie und den Umstand zustande komme, dass Träger dieses Namens über Jahrhunderte dort gelebt und das Anwesen als Gutsanlage bewirtschaftet hätten. Der Zusammenhang werde nicht von der Allgemeinheit oder dem Rechtsverkehr schlechthin hergestellt, sondern sei nur einem vergleichsweise beschränkten Kreis von speziell Interessierten und Ortskundigen bekannt. Da die Beschwerde diese tatrichterliche Feststellung nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat, wäre der Senat in dem erstrebten Revisionsverfahren gemäß § 137 Abs. 2 VwGO daran gebunden.
12Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO). Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2023:030523B6B30.22.0
Fundstelle(n):
DAAAJ-41432