Bestimmung des zuständigen Gerichts zur Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung durch den BGH als gemeinschaftliches oberes Gericht
Gesetze: § 14 StPO, § 453 StPO, § 462a Abs 1 S 2 StPO, § 462a Abs 4 S 3 StPO, § 463 Abs 7 StPO, § 68f Abs 1 S 1 StGB
Gründe
1Die Strafvollstreckungskammern der Landgerichte Köln und Arnsberg streiten über die Zuständigkeit für die Entscheidung über den Widerruf der mit Gesamtstrafenbeschluss (§ 460 StPO) des Amtsgerichts Siegen vom , Az. 445 Ls – 64 Js 1349/18 – 83/19, bewilligten Strafaussetzung zur Bewährung.
I.
21. Nachdem sich der Verurteilte bis zum zur Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren aus dem Urteil des Landgerichts Limburg an der Lahn vom in einer im Landgerichtsbezirk Arnsberg gelegenen Justizvollzugsanstalt befunden hatte, diese vollständig vollstreckt worden und kraft Gesetzes (noch nicht beendete) Führungsaufsicht eingetreten war (§ 68f Abs. 1 Satz 1 StGB), wurde er mit weiteren Urteilen des Amtsgerichts Siegen vom , Az. 401 Ds 1185/18, in Gestalt des Urteils des Landgerichts Siegen vom , Az. 11 Ns 64 Js 1075/18-8/19, und vom , Az. 445 Ls 64 Js 1349/18-83/19, jeweils zu Freiheitsstrafen verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurden. Die vorgenannten Freiheitsstrafen wurden mit Beschluss des Amtsgerichts Siegen vom auf eine Gesamtfreiheitsstrafe zurückgeführt, deren Vollstreckung ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Beschluss ist seit dem rechtskräftig.
3Bereits zuvor hatte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg mit Verfügung vom die Bewährungsaufsicht in dem Bewährungsverfahren 445 Ls 64 Js 1349/18-83/19 BEW (Urteil des Amtsgerichts Siegen vom ) übernommen und die Beteiligten mit Verfügung vom zu einem drohenden Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung angehört, da sich der Verurteilte in einem weiteren Strafverfahren seit dem in Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt K. befunden hatte, worüber der Bewährungshelfer des Verurteilten das Amtsgericht Siegen mit Schreiben vom zum dort befindlichen Bewährungsheft in Kenntnis gesetzt hatte. Dieses Verfahren endete mit mit dem gegen den Verurteilten eine Freiheitstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verhängt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet wurde. Mit am eingetretener Rechtskraft schloss sich taggleich die Organisationshaft des Verurteilten in der Justizvollzugsanstalt K. an. Seit dem befindet sich der Verurteilte in der LWL-Maßregelvollzugsklinik S. , gelegen im Landgerichtsbezirk Bielefeld.
4Mit Beschluss vom widerrief die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg „die Strafaussetzung aus dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Siegen“ vom . Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten hob das die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer Arnsberg wegen örtlicher Unzuständigkeit auf; örtlich zuständig sei vielmehr das Landgericht Köln.
52. Aufgrund der Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts Hamm gab die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg die Sache am an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Köln ab, die das Verfahren unter Darlegung ihrer Rechtsauffassung, dass die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg zuständig sei, am dorthin zurückleitete. Das Landgericht Arnsberg sah sich an einer (erneuten) Übernahme aufgrund der im Beschwerdeverfahren ergangenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm gehindert. Das Landgericht Köln erklärte sich daraufhin mit Beschluss vom für örtlich unzuständig und hat die Sache gemäß § 14 StPO dem Bundesgerichtshof zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
II.
6Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts ist abzulehnen. Zwar handelt es sich bei den Landgerichten Köln und Arnsberg um solche, die in den Zuständigkeitsbereich verschiedener Oberlandesgerichte (Köln bzw. Hamm) fallen. Eine Bestimmung des für die Entscheidung einer Sache zuständigen Gerichts durch den Bundesgerichtshof als gemeinschaftliches oberes Gericht nach § 14 StPO ist aber nur dann möglich, wenn die Zuständigkeit eines der streitenden Gerichte gegeben ist (st. Rspr.; vgl. Senat, Beschlüsse vom – 2 ARs 328/82, BGHSt 31, 244; vom – 2 ARs 137/75, BGHSt 26, 162; KK-StPO/Geilhorn, 9. Aufl., § 14 Rn. 4). Das ist hier nicht der Fall. Zur Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung aus dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Siegen vom , Az. 445 Ls 64 Js 1349/18 - 83/19, ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld berufen.
7Die nach dem Eintritt der Führungsaufsicht zunächst gemäß § 462a Abs. 1 Satz 2, § 463 Abs. 7 StPO bestehende und gemäß § 462a Abs. 4 Satz 3 StPO auch die Widerrufsentscheidung betreffend der in den Urteilen des Amtsgerichts Siegen vom und bewilligten Strafaussetzungen zur Bewährung (§ 453 StPO) erfassende Fortsetzungszuständigkeit der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg – die seit dem Eingang des Schreibens des Bewährungshelfers vom beim Amtsgericht Siegen, dem Gericht erster Instanz, mit diesen Widerrufen befasst war (vgl. Senat, Beschluss vom – 2 ARs 525/06) – endete mit Eintritt der Rechtskraft des nachträglichen Gesamtstrafenbeschlusses vom am . Denn mit der Einbeziehung der jeweiligen Freiheitsstrafen in die neu gebildete und zur Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe haben diese ihre Selbstständigkeit verloren (vgl. Senat, Beschluss vom – 2 ARs 189/04). Mit der neu gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe war die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg aber vor den Zeitpunkten, in denen gegen den Verurteilten zunächst Organisationshaft und sodann seit dem die mit angeordnete Maßregel vollzogen wurden, noch nicht befasst.
8Da sich der Verurteilte im insoweit nunmehr maßgeblichen Zeitpunkt am bereits im Maßregelvollzug in einer im Landgerichtsbezirk Bielefeld gelegenen Einrichtung befand, ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bielefeld gemäß § 462a Abs. 1 Satz 1, § 463 Abs. 1 StPO zur Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung berufen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:250423B2ARS159.23.0
Fundstelle(n):
GAAAJ-41162