Online-Nachricht - Donnerstag, 01.06.2023

Verfahrensrecht | Verzinsung einer unionsrechtswidrig erhobenen Steuer (BFH)

Wurde eine nach Unionsrecht fakultative Steuerbegünstigung (hier: ermäßigter Steuersatz nach § 9 Abs. 3 StromStG a.F.) zu Unrecht nicht gewährt, so dass der Steuerpflichtige Vorauszahlungen geleistet hat, ist ein daraus resultierender Erstattungsanspruch zu verzinsen (; veröffentlicht am ).

Sachverhalt: Die Beteiligten streiten um die Verzinsung einer gegenüber der Klägerin geleisteten Stromsteuererstattung. Das FG der ersten Instanz vertrat die Auffassung, dass weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht ein Anspruch auf die Verzinsung bestehe (). Der BFH setzte das Verfahren aus und richtete ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH (, s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 27.2.2020).

Der EuGH urteilte, dass das Unionsrecht dahin auszulegen ist, dass es eine Verzinsung des Erstattungsbetrags der Stromsteuer verlangt, die zu Unrecht erhoben wurde, weil eine auf der Grundlage einer den Mitgliedstaaten von der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom eingeräumten Möglichkeit erlassene nationale Vorschrift fehlerhaft angewendet wurde ( "Hauptzollamt B", berichtigt durch Beschluss v. - C 100/20).

Daraufhin hoben die Richter des BFH das Urteil der Vorinstanz auf und wiesen die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück:

  • Der Klägerin steht nach Unionsrecht ein Anspruch auf Gewährung von Zinsen ab Zahlung der zu Unrecht erhobenen Stromsteuer zu.

  • Dem EuGH zufolge besteht eine Pflicht zur Verzinsung des Betrags der unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobenen Abgaben auch dann, wenn dieser Verstoß aus einer Verkennung der allgemeinen Rechtsgrundsätze des Unionsrechts resultiert (, Rz 28).

  • Insbesondere verlangt der Grundsatz der Gleichbehandlung, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (, Rz 32, m.w.N.).

  • Hierzu hat der EuGH weiter festgestellt, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der in Anwendung einer Bestimmung des nationalen Rechts zur Umsetzung der von der EnergieStRL vorgesehenen Möglichkeit einem ermäßigten Satz der Stromsteuer unterliegt, die zu Unrecht erhoben wurde, im Hinblick auf den Betrag der zu Unrecht erhobenen Steuer und die Pflicht zur entsprechenden Rückerstattung in einer vergleichbaren Situation ist wie ein Wirtschaftsteilnehmer, der in Anwendung einer Bestimmung dieser Richtlinie dem Normalsatz dieser Steuer unterliegt, die zu Unrecht erhoben wurde (, Rz 33).

  • Daher ist der zu Unrecht erhobene Betrag der Steuer zu verzinsen, weil der Wirtschaftsbeteiligte auch in diesem Fall nicht über die Steuer verfügen konnte und dadurch Einbußen erlitten hat (vgl. , Rz 34 f.).

  • Nach den vom EuGH entwickelten Grundsätzen besteht ein Anspruch auf Verzinsung auch dann, wenn die zu Unrecht erhobene Steuer auf der Grundlage einer nach der EnergieStRL fakultativen Steuerbegünstigung festgesetzt und entrichtet wurde, weil der Steuerpflichtige auch in diesem Fall nicht über den entrichteten Betrag verfügen konnte und dieser Liquiditätsnachteil auszugleichen ist.

  • Aufgrund dessen ist der zu Unrecht erhobene Steuerbetrag ab Zahlung der Steuer zu verzinsen.

Quelle: ; NWB Datenbank (il)

Fundstelle(n):
SAAAJ-41064