Zur sachlichen Unzuständigkeit des sog. Inkasso-Service bei Ablehnung eines Erlassantrags und Erlass der Einspruchsentscheidung
durch die zuständige Familienkasse
Leitsatz
1. Die Ausgangsbehörde und nicht die Rechtsmittelbehörde ist Beklagte iSv § 63 Abs. 1 Nr. 2 FGO.
2. Der Inkasso-Service Familienkasse ist nicht die sachlich zuständige Behörde zur Entscheidung über den Stundungs- bzw. Erlassantrag
eines Kindergeldberechtigten, da eine Konzentration der Aufgaben des Erhebungsverfahrens – hier: der Erlass und die Stundung
von Kindergeldrückforderungen – beim Inkasso-Service Familienkasse rechtswidrig ist (Anschluss an , BStBl. II 2021, 712). Eine derartige Aufspaltung der Gesamtzuständigkeit, wonach für Entscheidungen des Festsetzungsverfahrens
weiterhin die Wohnsitz-Familienkasse, für Entscheidungen des „Inkasso-Bereichs” hingegen eine andere Familienkasse zuständig
sein sollte, ist nicht von § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 11 S. 4 FVG gedeckt.
3. Der Erlass der Einspruchsentscheidung durch die Familienkasse, die für die Entscheidung über den Stundungsantrag örtlich
und sachlich zuständig gewesen wäre, führt nicht zu einer Heilung gemäß § 126 Abs. 2 AO der sachlichen Unzuständigkeit bei
einer Entscheidung über den Stundungsantrag durch den Inkasso-Service Familienkasse. Der Erlass des Ablehnungsbescheides von
einer sachlich unzuständigen Behörde ist auch nicht nach § 127 AO unbeachtlich.
4. Lässt sich aufgrund eines fehlenden Vermerks über das Datum der Absendung eines Bescheids das Datum der Aufgabe zur Post
nicht zur vollen Überzeugung des Gerichts feststellen, ist zulasten der beweisbelasteten Behörde die Bekanntgabefiktion gemäß
§ 122 Abs. 2 1. Halbsatz Nr. 1 AO nicht anwendbar.
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