BGH Beschluss v. - 2 StR 381/22

Verurteilung wegen Betruges und tateinheitlicher Unterschlagung an demselben Fahrzeug

Gesetze: § 246 Abs 1 StGB, § 263 StGB

Instanzenzug: Az: 2 StR 381/22 Beschlussvorgehend Az: 324 KLs 23/21nachgehend Az: 2 StR 381/22 Beschluss

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten T.     wegen „gemeinschaftlichen“ gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in Tateinheit mit „gemeinschaftlicher“ gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung in vier Fällen (Fälle II. 2, II. 4, II. 9 und II. 11 der Urteilsgründe), hiervon in zwei Fällen in Tateinheit mit „gemeinschaftlicher“ gewerbsmäßiger Bandenhehlerei (Fälle II. 2 und II. 4 der Urteilsgründe), Betrugs in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Hehlerei und Urkundenfälschung in zwei Fällen (Fälle II. 1 und II. 8 der Urteilsgründe), „gemeinschaftlicher“ gewerbsmäßiger Bandenhehlerei in einem weiteren Fall (Fall II. 3 der Urteilsgründe) sowie „gemeinschaftlicher“ gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung in Tateinheit mit Unterschlagung (Fall II. 10 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 120.500 €, davon in Höhe von 59.000 € als Gesamtschuldner haftend, angeordnet. Es hat den Angeklagten S.       wegen „gemeinschaftlichen“ gewerbsmäßigen Bandenbetrugs in Tateinheit mit „gemeinschaftlicher“ gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung in vier Fällen (Fälle II. 2, II. 7, II. 9 und II. 11 der Urteilsgründe), hiervon in zwei Fällen in Tateinheit mit „gemeinschaftlicher“ gewerbsmäßiger Bandenhehlerei (Fälle II. 2 und II. 7 der Urteilsgründe), „gemeinschaftlicher“ gewerbsmäßiger Bandenhehlerei in zwei Fällen (Fälle II. 3 und II. 6 der Urteilsgründe), hiervon in einem Fall in Tateinheit mit „gemeinschaftlicher“ gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung (Fall II. 6 der Urteilsgründe) sowie „gemeinschaftlicher“ gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung in Tateinheit mit Unterschlagung (Fall II. 10 der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 78.200 €, davon in Höhe von 59.000 € als Gesamtschuldner haftend, angeordnet. Die jeweils auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Rechtsmittel haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch in den Fällen II. 1 bis II. 9 und II. 11 der Urteilsgründe keinen Rechtsfehler zum Nachteil der jeweils betroffenen Angeklagten ergeben. Lediglich der Tenor bedarf in den Fällen II. 2 bis II. 7 und II. 9 bis II. 11 der Urteilsgründe der aus der Beschlussformel ersichtlichen Korrektur, soweit die Taten als „gemeinschaftlich“ bezeichnet sind (vgl. Senat, Beschlüsse vom – 2 StR 547/21, juris Rn. 2; vom – 2 StR 394/22, juris Rn. 3).

32. Demgegenüber hält die Verurteilung der beiden Angeklagten im Fall II. 10 der Urteilsgründe wegen gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung in Tateinheit mit Unterschlagung rechtlicher Überprüfung nicht stand.

4a) aa) Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen mieteten die beiden Angeklagten unter Mitwirkung des Angeklagten Se.  , der sich gegenüber der Vermieterin mit einem gefälschten Pass auswies und unter Einbindung des minderjährigen Sohnes des Angeklagten S.     am ein Wohnmobil für einen angeblichen Vater-Sohn-Urlaub. Das Wohnmobil im Wert von 54.000 € hatte die Vermieterin kurz zuvor geleast. Die zu zahlende Kaution sowie den im Voraus zu zahlenden Mietzins finanzierten die beiden Angeklagten gemeinsam. Tatsächlich beabsichtigte die Gruppierung von Anfang an, das Fahrzeug mit gefälschten Fahrzeugpapieren und Dublettenkennzeichen, mithin solchen, die für ein baugleiches anderes Fahrzeug ausgegeben waren, zu präparieren und dieses sodann über ein Internetportal an Dritte zu veräußern (Fall II. 9 der Urteilsgründe).

5Sie fuhren mit dem Fahrzeug von I.    nach K.  . Tatplangemäß versah der Angeklagte T.       das Fahrzeug mit Dublettenkennzeichen und beauftragte eine unbekannte Person mit der Herstellung der gefälschten Fahrzeugpapiere auf einen vorgegebenen Namen, für den die Gruppierung über einen zuvor beschafften falschen Pass verfügte. Er inserierte das Fahrzeug am selben Tag für 42.000 € über ein Internetportal und vereinbarte kurz darauf mit einem Interessenten einen Besichtigungstermin für den in K.   . An diesem Tag fuhren der Angeklagte S.      gemeinsam mit dem weiteren Bandenmitglied H.       zum verabredeten Treffpunkt, wo H.      das Fahrzeug unter Vorlage der gefälschten Fahrzeugpapiere und des gefälschten Passes für 41.000 € an den Interessenten verkaufte. Er übergab das Fahrzeug gegen Zahlung von 40.000 € in bar. Die Zahlung der verbliebenen 1.000 € sollte nach Übersendung des Zweitschlüssels und des Servicehefts erfolgen.

6Bei dem Versuch, das Fahrzeug anzumelden, fielen die falschen Kennzeichen auf. Das Fahrzeug wurde zunächst sichergestellt, später aber an den Erwerber als letzten Gewahrsamsinhaber herausgegeben. Er streitet zivilrechtlich mit der Vermieterin über die Eigentümerstellung.

7bb) Die Strafkammer hat die beiden Angeklagten im Fall II. 9 der Urteilsgründe wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung, im Fall II. 10 der Urteilsgründe wegen gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung in Tateinheit mit Unterschlagung schuldig gesprochen.

8b) Die Verurteilung wegen tateinheitlicher Unterschlagung im Fall II. 10 der Urteilsgründe hat keinen Bestand.

9aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich ein Täter, der sich eine fremde Sache bereits durch eine strafbare Handlung zugeeignet hat, sich diese zu einem späteren Zeitpunkt nicht noch einmal im Sinne des § 246 Abs. 1 StGB zum Nachteil des gleichen Rechtsgutsträgers zueignen, ohne zuvor seine Sacheigentümerposition wieder aufgegeben zu haben (vgl. BGH, Beschlüsse vom – GSSt 1/59, BGHSt 14, 38, 46 f.; vom – 1 StR 309/95, juris Rn. 11; vom – 1 StR 292/21, wistra 2022, 379 f.; vgl. auch , BGHSt 16, 280 ff.; ebenso SSW-StGB/Kudlich, 5. Aufl., § 246 Rn. 20; LK-StGB/Vogel, 13. Aufl., § 246 Rn. 50 f.; a.A. Schönke/Schröder/Bosch, StGB, 30. Aufl., § 246 Rn. 19; Mitsch, ZStW 111, 92 f.; derselbe, Strafrecht Besonderer Teil 2, 3. Aufl., S. 179 f.).

10bb) So liegt der Fall hier. Die Angeklagten haben sich bereits aufgrund des Betrugs zum Nachteil der Vermieterin den wirtschaftlichen Wert des Fahrzeugs verschafft (vgl. BGH, Beschlüsse vom – GSSt 1/59, BGHSt 14, 38, 47; vom – 1 StR 309/95, juris Rn. 11; Urteil vom – 4 StR 121/83, NJW 1983, 2827). Sie haben mit der Übernahme des Fahrzeugs bei fehlendem Rückgabewillen die Vermieterin von der Sachherrschaft dauerhaft ausgeschlossen und den Eigenbesitz an diesem begründet; sie beabsichtigten von Anfang an, deren Rechtsposition zu missachten. Damit waren sowohl der Vermögensvorteil auf ihrer Seite wie im Übrigen auch der Schaden auf Seiten der Vermieterin eingetreten und der Betrug beendet.

11Angesichts des damit bereits bestehenden Herrschaftsverhältnisses über das Fahrzeug stellen die weiteren Manifestationen ihres Zueignungswillens durch das Anbringen der Dublettenkennzeichen am Fahrzeug, dessen Angebot zum Verkauf über das Internetportal wie auch der anschließende Abschluss eines Kaufvertrages und die auf dieser Rechtsgrundlage erfolgende Eigentumsübertragung an den gutgläubigen Fahrzeugerwerber gegen Überführung des Kaufpreises als Substrat des Fahrzeugs in ihr Vermögen (vgl. , wistra 2022, 379 f.) bereits tatbestandlich keine Unterschlagung in Form der Selbstzueignung dar (vgl. zum Verhältnis der Selbst- zu einer etwaigen Drittzueigung MK-StGB/Hohmann, 4. Aufl., § 246 Rn. 45; Fischer, StGB, 70. Aufl., § 246 Rn. 11; NK-StGB/Kindhäuser, 5. Aufl., § 242 Rn. 105; LK-StGB/Brodowski, 13. Aufl., § 242 Rn. 184; Rengier, StrafR BT I, 25. Aufl., § 2 Rn. 155 f.).

12cc) Die tateinheitliche Verurteilung wegen Unterschlagung muss daher entfallen. Der Senat änderte die Schuldsprüche im Fall II. 10 der Urteilsgründe hinsichtlich beider Angeklagten entsprechend ab.

133. Der Wegfall der tateinheitlichen Verurteilung wegen Unterschlagung im Fall II. 10 der Urteilsgründe führt zur Aufhebung der Einzelstrafen in diesem Fall. Die Strafkammer hat bei beiden Angeklagten die Verwirklichung mehrerer Straftatbestände strafschärfend gewertet. Zudem hat sie den „hohen finanziellen Schaden“ in die Strafzumessung eingestellt und damit den vermögensrechtlichen Nachteil der Vermieterin auch bei dieser Tat erschwerend berücksichtigt. Der Wegfall der Einzelstrafen im Fall II. 10 der Urteilsgründe bringt die beiden Gesamtstrafen zu Fall. Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Feststellungen sind von dem Wertungsfehler nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).

144. Die Einziehungsentscheidungen waren aus den vom Generalbundesanwalt in seinen Zuschriften dargestellten Gründen dahin zu ergänzen, dass die Angeklagten für die zutreffend ermittelten Einziehungsbeträge in gesamter Höhe lediglich gesamtschuldnerisch haften.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:160323B2STR381.22.1

Fundstelle(n):
XAAAJ-40569