BGH Beschluss v. - VIa ZR 1123/22

Instanzenzug: Az: 5 U 4086/21vorgehend LG Regensburg Az: 82 O 629/21

Gründe

I.

1Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.

2Das Landgericht hat seine auf den Vorwurf der unerlaubten Handlung gestützte Klage auf Zahlung von 45.904,21 € (Kaufpreis des Fahrzeugs) nebst Zinsen abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 6.970,84 € Zug um Zug gegen "Rückgabe" und Übereignung des Fahrzeugs, auf Feststellung des Annahmeverzugs sowie auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen.

3Der Kläger hat das Fahrzeug nach Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde, aber vor deren Begründung für 22.300 € veräußert. Er begehrt die Zulassung der Revision, um eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 45.904,21 € nebst Zinsen abzüglich des Veräußerungserlöses in Höhe von 22.300 € ohne Zug-um-Zug-Vorbehalt sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu erreichen.

II.

4Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

51. Für das Erreichen der Wertgrenze des § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer maßgebend. Das ist der Wert der nach dem beabsichtigten Rechtsmittelantrag insgesamt erstrebten Abänderung der angefochtenen Entscheidung (vgl. , juris Rn. 4; Beschluss vom - VIa ZR 17/21, juris Rn. 3). Dabei muss der Beschwerdeführer, um dem Revisionsgericht die Prüfung der in § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO geregelten Wertgrenze zu ermöglichen, innerhalb der laufenden Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde darlegen und glaubhaft machen, dass er mit der beabsichtigten Revision das Berufungsurteil in einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 € übersteigt, abändern lassen will (, NJW-RR 2022, 782 Rn. 15 mwN).

62. Nach diesen Grundsätzen fehlt es an einer 20.000 € übersteigenden Beschwer. Der Wert der Beschwer für den Zahlungsantrag beträgt 16.633,37 €. Selbst wenn deshalb Teile der Nebenforderung auf Freistellung des Klägers von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zur Hauptforderung geworden sind, wendete sich der Kläger lediglich gegen eine Abweisung seiner Anträge innerhalb der Wertstufe "bis 19.000 €".

7a) Ausgangspunkt für die Bemessung der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer ist die formelle Beschwer des Klägers durch den Zurückweisungsbeschluss, die sich danach bestimmt, in welchem Umfang die angefochtene Entscheidung von seinen Anträgen abweicht (vgl. , BGHZ 140, 335, 338 ff.; Urteil vom - VI ZR 1173/20, VersR 2022, 394 Rn. 10 mwN). Die formelle Beschwer des Klägers beläuft sich für den Zahlungsantrag auf 38.933,37 € (vgl. , NJW 2022, 194 Rn. 16 ff., 22).

8Soweit der Kläger - im Übrigen nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist - auf den ihm im Hinblick auf § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erteilten Hinweis in einer ergänzenden Begründung in Abrede stellt, von ihm durch zwei Instanzen nach der linearen Berechnungsmethode zugestandene Nutzungsvorteile zur Anrechnung zu bringen, ändert dies nichts daran, dass Obergrenze der Beschwer sein erfolgloser, unter Anrechnung der Nutzungsvorteile bemessener Zahlungsantrag in der Berufungsinstanz ist. Die in der Negation der Anrechnung linear bestimmter Nutzungsvorteile liegende Klageerweiterung in dritter Instanz ist sowohl im Revisionsverfahren als auch im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unzulässig und unbeachtlich (vgl. , juris).

9b) Für das Erreichen der Wertgrenze des § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist die sich aus dem Zurückweisungsbeschluss ergebende formelle Beschwer in Höhe von 38.933,37 € indessen nicht abschließend maßgeblich. Es kommt vielmehr auf den Wert des Beschwerdegegenstands für das beabsichtigte Revisionsverfahren an, der sich nach dem Interesse des Klägers an der Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts bemisst (vgl. , NJW 2002, 2720; Beschluss vom - IV ZR 20/21, juris Rn. 3 und 7).

10Hier hat der Kläger in der Beschwerdebegründung angegeben, der "zwischenzeitliche Verkauf des Fahrzeugs" schließe eine "Zug-um-Zug-Verurteilung" aus. Er hat damit unmissverständlich kenntlich gemacht, an die Stelle des Zug-um-Zug-Vorbehalts betreffend das Fahrzeug solle eine Anrechnung des durch die Veräußerung erwirtschafteten Erlöses treten. Der Kläger hat mit der expliziten Verknüpfung der Anrechnung des Veräußerungserlöses mit der Aufgabe des Zug-um-Zug-Vorbehalts - unbeschadet der Frage, ob dies in dritter Instanz möglich war - zum Ausdruck gebracht, sein Interesse an der Verurteilung der Beklagten reduziere sich gegenüber der aus dem Zurückweisungsbeschluss resultierenden formellen Beschwer in Höhe von 38.933,37 € um weitere 22.300 € anstelle der "Rückgabe" und Übereignung des Fahrzeugs. Der Wert der Beschwer im Sinne des § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO beläuft sich damit auf lediglich 16.633,37 €.

113. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO (vgl. , juris vor Rn. 1 und Rn. 5 f.).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:130323BVIAZR1123.22.0

Fundstelle(n):
JAAAJ-40189