BGH Beschluss v. - 6 StR 126/23

Instanzenzug: LG Halle (Saale) Az: 1 Ks 6/21

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen, wegen Diebstahls, wegen versuchten Diebstahls, wegen Sachbeschädigung, wegen „räuberischer“ Erpressung und wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in drei Fällen unter Einbeziehung der Strafen aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt. Ferner hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt und den Vorwegvollzug eines Teils der Strafe angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet gemäß § 349 Abs. 2 StPO.

21. Das Landgericht hat auf Grundlage seiner rechtsfehlerfreien Feststellungen zutreffend ausgeführt, dass sich der Angeklagte im Fall III.7 der Urteilsgründe einer Erpressung schuldig gemacht hat, und die für diese Tat verhängte Strafe dem Strafrahmen des § 253 Abs. 1 StGB entnommen. Auch in die Liste der angewendeten Vorschriften hat es lediglich diese Vorschrift und nicht zusätzlich § 255 StGB aufgenommen. Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei der in der Urteilsformel genannten Verurteilung wegen „räuberischer“ Erpressung um ein offensichtliches Fassungsversehen, das der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO berichtigt (vgl. ).

32. Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

4Das Landgericht hat die für die Anordnung der Maßregel gemäß § 64 Satz 2 StGB geforderte hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolges nicht rechtsfehlerfrei dargetan. Es hat sich insoweit dem von ihm gehörten Sachverständigen angeschlossen, der im Wesentlichen ausgeführt hat, die Erfolgsaussichten seien „eher als gering einzuschätzen“, weil aufgrund der kombinierten Persönlichkeitsstörung des Angeklagten mit primär dissozialen Anteilen und der prognostizierten Rückfallgefahr trotz erfolgreicher Suchttherapie ein Rückfall in die Delinquenz zu erwarten sei, dennoch „lohne sich der Versuch einer Therapie“, weil beim Angeklagten eine „Grundmotivation“ vorhanden sei, seine langjährige Drogenproblematik anzugehen.

5Eine durch Tatsachen begründete Wahrscheinlichkeit eines Behandlungserfolges (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 2 StR 104/21; vom – 4 StR 289/21) ist damit nicht hinreichend belegt. Die Ausführungen des Landgerichts lassen nicht nur eine Erörterung und Abwägung weiterer prognosegünstiger und -ungünstiger Faktoren vermissen (vgl. , NStZ-RR 2022, 240, 241), sondern auch besorgen, dass es eine nicht von vornherein bestehende Aussichtslosigkeit beziehungsweise bereits die geringe Wahrscheinlichkeit eines Therapieerfolges genügen lässt und damit seiner Entscheidung einen unzutreffenden Maßstab zugrunde gelegt hat.

6Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Aufhebung der Maßregel entzieht zugleich der Anordnung des Vorwegvollzugs die Grundlage. Der Senat verweist die Sache entsprechend § 354 Abs. 3 StPO an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurück, weil eine Zuständigkeit des Schwurgerichts nicht mehr besteht (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 2 StR 236/22; vom – 1 StR 58/21).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:030523B6STR126.23.0

Fundstelle(n):
AAAAJ-40098