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LSG Bayern Urteil v. - L 2 U 140/13

Leitsatz

Leitsatz:

1. Die Zugangsfiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X gilt auch dann, wenn der dritte Tag ein Feiertag ist oder auf das Wochenende fällt. Die dem entgegen stehende Rechtsprechung des BFH verkennt den Wortlaut des Gesetzes und den Willen des Gesetzgebers.

2. Der Postaufgabevermerk muss nicht mit dem Namenskürzel des Mitarbeiters der Poststelle versehen sein, wenn sich der Tag der Aufgabe zur Post anderweitig, z.B. durch Darlegung des Ablaufs der Postversendung und der ergriffenen Maßnahmen durch die Behörde, nachweisen lässt.

3. Der Postaufgabevermerk muss von einem Mitarbeiter der Behörde angebracht werden, der auch zuverlässig das Datum der Überführung in den Verantwortungsbereich der Post dokumentieren kann. Dieser Mitarbeiter muss nicht zwingend Mitarbeiter der Poststelle gewesen sein.

4. Dass das Poststück nicht von der Post selbst, sondern von einem Subunternehmen der Post abgeholt wird, macht für die Anwendung des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X keinen Unterschied.

5. Für ein substantiiertes Bestreiten des sich aus der Zugangsfiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X ergebenden Bekanntgabezeitpunkts reicht es nicht aus, nur die weitere/zusätzliche Möglichkeit eines Zugangs nach diesem Zeitraum aufzuzeigen.

6. Die Zugangsfiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X ist nur dann widerlegt, wenn ein Zugang für jeden einzelnen Tag der Dreitagesfrist durch substantiierte Angaben bestritten und erschüttert wird.

7. Der Eingangsstempel einer Rechtsanwaltskanzlei reicht für ein substantiiertes Bestreiten des sich aus der Zugangsfiktion ergebenden

Zugangsdatums nicht aus; ein anwaltlicher Eingangsstempel hat eine förmliche Beweiskraft, anders als ein Eingangsstempel eines Gerichts oder einer Behörde, nicht.

8. Eigene Ermittlungen des Gerichts dahingehend, ob andere, noch nicht vorgetragene Umstände dazu verwendet werden könnten, die Dreitagesfiktion substantiiert zu bestreiten, verbieten sich. Die Vorschrift des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X verlangt ein Vorbringen des Adressaten, das nicht durch Ermittlungen des Gerichts von Amts wegen ersetzt werden kann.

9. Zur Wiedereinsetzung in die Klagefrist durch das Berufungsgericht.

Fundstelle(n):
TAAAJ-39413

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LSG Bayern, Urteil v. 11.05.2022 - L 2 U 140/13

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