BVerwG Beschluss v. - 4 B 16/22

Planfeststellungsbeschluss für eine einen Windpark querende Erdgasfernleitung; Gegenstand und Umfang der Umweltverträglichkeitsprüfung

Gesetze: § 3 S 1 UVPG, § 2 Abs 2 S 2 UVPG, § 16 Abs 4 S 1 UVPG, § 4 Abs 1a S 1 UVPG, § 46 VwVfG, § 49 Abs 1 EnWG 2005, § 43 Abs 3 EnWG 2005, GasHDrLtgV, § 4 Abs 1 S 1 Nr 3 ROG 2009

Instanzenzug: Sächsisches Oberverwaltungsgericht Az: 4 C 19/09 Urteil

Gründe

I

1Die Kläger wenden sich gegen einen Planfeststellungsbeschluss vom für einen Teilabschnitt der Erdgasfernleitung "O.-Anbindungsleitung" (O.). Sie befürchten Beeinträchtigungen von Grundstücken im Bereich zweier Windparks. Die Vorinstanz hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Beschwerde begehren die Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und wegen Verfahrensmängeln.

II

2Die Beschwerde bleibt erfolglos. Sie ist unbegründet.

31. Nach Auffassung der Vorinstanz weist der Planfeststellungsbeschluss keine beachtlichen Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung auf (UA Rn. 36 bis 56).

4a) Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, dass sich die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht auf das Risiko einer Verletzung des Betriebspersonals durch Explosionen (UA Rn. 44) und die Gefahren durch Ausblasvorgänge (UA Rn. 45) erstrecken musste.

5aa) Die Beschwerde rügt als Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO, das Oberverwaltungsgericht habe nicht ohne vorherigen Hinweis annehmen dürfen, das Betriebspersonal sei bei Windkraftanlagen allein bei Prüfungs-, Wartungs- und Reparaturarbeiten und damit nur selten vor Ort.

6Einen Verfahrensfehler zeigt sie damit nicht auf. Ein Gericht verletzt den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn es bei seiner Entscheidung auf eine rechtliche Sichtweise oder eine bestimmte Bewertung des Sachverhalts abstellen will, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen braucht (stRspr, vgl. 6 C 9.12 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 180 Rn. 38 und vom - 4 C 4.18 - Buchholz 406.403 § 14 BNatSchG 2010 Nr. 1 Rn. 16). Nach dem Vortrag der Kläger waren Gefährdungen von Personen "vor allem in der Bauphase" (UA Rn. 14) zu befürchten. Schon nach dieser von ihnen gewählten Schwerpunktsetzung mussten sie auch ohne richterlichen Hinweis damit rechnen, dass das Oberverwaltungsgericht Gefährdungen von Personen während des Betriebs der Windkraftanlagen und der Leitung für vernachlässigbar halten würde.

7Die Beschwerde legt keinen Verstoß gegen den in § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO niedergelegten Amtsermittlungsgrundsatz dar. Eine Aufklärungsrüge erfordert die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunktes des Tatsachengerichtes aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, durch einen unbedingten Beweisantrag oder jedenfalls eine sonstige Beweisanregung hingewirkt worden ist und die Ablehnung der Beweiserhebung im Prozessrecht keine Stütze findet, oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (stRspr, vgl. 4 CN 8.18 - BVerwGE 166, 378 Rn. 29 und Beschluss vom - 4 B 14.20 - juris Rn. 15). Warum und welche Maßnahme der Amtsermittlung sich dem Oberverwaltungsgericht zur Anwesenheit des Betriebspersonals hätte aufdrängen müssen, obwohl die Beteiligten darauf nicht hingewirkt hatten, legt die Beschwerde nicht dar.

8bb) Das Oberverwaltungsgericht hat gebilligt, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung die Auswirkungen eines Ausblasvorgangs aus der Absperrstation Dörnthal nicht ermittelt hat, weil dieser statistisch nur sehr selten stattfinde (UA Rn. 45).

9Die Beschwerde sieht insoweit grundsätzlichen Klärungsbedarf,

ob in einer Umweltverträglichkeitsprüfung die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen eines Vorhabens auf einzelne Schutzgüter unterlassen werden darf, wenn eine bestimmte Maßnahme nur sehr selten durchgeführt wird, die Vorhabenzulassung die jeweilige Maßnahme aber uneingeschränkt erlaubt und nicht auf seltene Ereignisse oder Störfälle beschränkt.

10Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.

11Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine klärungsbedürftige Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die in dem angestrebten Revisionsverfahren beantwortet werden kann, sofern dies über den Einzelfall hinaus zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts beiträgt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom - 4 B 27.19 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 225 Rn. 4).

12Die aufgeworfene Frage ist indes nicht klärungsbedürftig. Sie ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits beantwortet, soweit sie einer rechtsgrundsätzlichen Klärung zugänglich ist. Nach § 3 Satz 1 UVPG (vgl. auch § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG in der bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltenden Fassung <a. F.>) umfassen Umweltprüfungen - und damit auch die Umweltverträglichkeitsprüfung - die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der erheblichen Auswirkungen eines Vorhabens auf die Schutzgüter. Die Betrachtung ist nicht auf den Regelbetrieb beschränkt. So sind nach § 2 Abs. 2 Satz 2 UVPG solche Auswirkungen eines Vorhabens zu betrachten, die aufgrund von dessen Anfälligkeit für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, soweit diese schweren Unfälle oder Katastrophen für das Vorhaben relevant sind.

13Maßgeblich für die Frage der Erheblichkeit ist das materielle Zulassungsrecht ( 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 37 und vom - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92 Rn. 22 <zur Vorprüfung nach § 3c Satz 1 UVPG a. F.>). Denn Inhalt und Umfang des UVP-Berichts bestimmen sich gemäß § 16 Abs. 4 Satz 1 UVPG (bzw. § 6 Abs. 2 Satz 1 UVPG a. F.) nach den Rechtsvorschriften, die für die Zulassungsentscheidung maßgeblich sind. Können die möglichen Auswirkungen auf ein Schutzgut nach dem materiellen Fachrecht auf das Ergebnis einer Zulassungsentscheidung keinen Einfluss haben, sind sie nicht erheblich (vgl. 9 A 1.13 - a. a. O. Rn. 23; noch weiter 3 C 12.18 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 90 Rn. 23). Nach Maßgabe des Fachrechts und dessen Anforderungen ist damit zu entscheiden, ob die Auswirkungen sehr seltener Maßnahmen einer Regelung in der Zulassungsentscheidung bedürfen und diese Regelung durch die Umweltverträglichkeitsprüfung vorzubereiten ist. Mehr ist darüber hinaus verallgemeinernd nicht zu sagen. Grundsätzlichen Klärungsbedarf im Fachrecht macht die Beschwerde nicht geltend.

14Die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge eines Verstoßes gegen § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO erschöpft sich in pauschaler Urteilskritik und verfehlt daher die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

15b) Das Oberverwaltungsgericht hat die Umweltverträglichkeitsprüfung für unvollständig erachtet, weil sie die Auswirkungen der Leitung auf die vorhandenen Windenergieanlagen nicht ermittelt hatte (UA Rn. 46). Der Fehler sei unbeachtlich, weil er das Ergebnis des Planfeststellungsverfahrens im Sinne von § 4 Abs. 1a Satz 1 UmwRG i. V. m. § 46 VwVfG offensichtlich nicht beeinflusst habe (UA Rn. 51).

16aa) Die Beschwerde möchte der Sache nach rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,

ob ein anderer Verfahrensfehler nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG vorliegt, wenn die Umweltverträglichkeitsprüfung rechtsfehlerhaft die Auswirkungen auf ein sonstiges Sachgut im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UVPG nicht ermittelt.

17Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, weil die Beschwerde ihren Klärungsbedarf nicht darlegt. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UmwRG kann (u. a.) die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulassung eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG verlangt werden, wenn ein Verfahrensfehler vorliegt, der a) nicht geheilt worden ist, b) nach seiner Art und Schwere mit den in § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 UmwRG genannten Fällen vergleichbar ist und c) der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat. Das Vorliegen der letztgenannten Tatbestandsvoraussetzung hat das Oberverwaltungsgericht verneint (UA Rn. 49 a. E.). Welchen grundsätzlichen Klärungsbedarf die Beschwerde hinsichtlich dieser tatbestandlichen Voraussetzung sieht, legt sie nicht dar.

18bb) Die Beschwerde macht geltend, dass Oberverwaltungsgericht habe unter Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO angenommen, der von ihm - jedenfalls für möglich gehaltene - relative Verfahrensfehler habe die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst (UA Rn. 51).

19Die Beschwerde rügt der Sache nach, das Tatsachengericht habe mit seiner Würdigung das Beweismaß der vollen richterlichen Überzeugung verfehlt und damit den ihm durch das Prozessrecht eröffneten Spielraum überschritten (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 9 B 65.15 - Buchholz 406.254 UmwRG Nr. 20 Rn. 20 und vom - 5 B 15.19 - juris Rn. 11). Die Rüge ist unbegründet. Dass ein Verfahrensfehler bei Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat, darf ein Gericht nur annehmen, wenn es, ohne dem Kläger die Beweislast aufzuerlegen, anhand der vom Vorhabenträger oder der Planfeststellungsbehörde vorgelegten Beweise, der Akten und Planunterlagen und der sonst erkennbaren oder naheliegenden Umstände feststellt, dass die angegriffene Entscheidung ohne den Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre ( 9 B 65.15 - a. a. O. Rn. 21). Diesen Anforderungen genügen die Ausführungen in Randnummer 51 des angegriffenen Urteils zu den Erkenntnissen, welche der Planfeststellungsbehörde zu den Auswirkungen der Leitung auf die Windkraftanlagen vorlagen, und wie die Behörde diese eingeschätzt und gewürdigt hat. Das Oberverwaltungsgericht hat damit nicht das Fehlen von Anhaltspunkten für eine Kausalität genügen lassen, sondern die volle richterliche Überzeugung der fehlenden Kausalität gewonnen. Dass die Beschwerde diese Einschätzung nicht teilt, begründet keinen Verfahrensfehler.

20cc) Im Übrigen erweist sich die angegriffene Entscheidung insoweit jedenfalls nach dem im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde entsprechend anwendbaren § 144 Abs. 4 VwGO (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 7 B 30.18 - Buchholz 406.27 § 16 BBergG Nr. 2 Rn. 3 und vom - 9 B 26.20 - Buchholz 11 Art. 1 GG Nr. 22 Rn. 19) als richtig.

21Verfahrensfehler im Sinne des § 4 UmwRG sind nur Verstöße gegen Rechtsvorschriften, welche die äußere Ordnung des Verfahrens, also den Verfahrensablauf als solchen betreffen. Nicht zum äußeren Verfahrensgang in diesem Sinne gehört der durch materiell-rechtliche Vorgaben gesteuerte Prozess der Willens- und Entscheidungsbildung, der sich - namentlich im Fachplanungsrecht - regelmäßig auf der Grundlage von Fachgutachten vollzieht (stRspr, vgl. 7 A 17.12 - BVerwGE 161, 17 Rn. 29 und vom - 4 A 9.19 - UPR 2022, 98 Rn. 44). Die fehlende Betrachtung eines einzelnen Schutzguts im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 UVPG (bzw. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UVPG a. F.) ist ein inhaltlicher Fehler der Umweltuntersuchung und kein Verfahrensfehler, wenn die Gutachten die nach § 16 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 UVPG (bzw. § 6 Abs. 3 Satz 3 UVPG a. F.) erforderliche Anstoßwirkung entfalten ( 3 B 24.19 - NVwZ 2020, 1199 Rn. 9). Dies gilt auch, wenn - wie hier - die Auswirkungen auf ein sonstiges Sachgut und damit eines der Schutzgüter des § 2 Abs. 1 Nr. 4 UVPG (bzw. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UVPG a. F.) nicht betrachtet worden sind, aber die betroffene Öffentlichkeit sich in der gesetzlich gebotenen Weise am Entscheidungsprozess beteiligen konnte (vgl. UA Rn. 49).

222. Das Oberverwaltungsgericht hat die erforderliche technische Sicherheit der Leitung bejaht (UA Rn. 58 bis 122).

23a) Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sind die Mindestsicherheitsabstände zu bestehenden Windkraftanlagen ausreichend. Es hat seine Auffassung selbständig tragend und verfahrensfehlerfrei mit der Einhaltung des technischen Regelwerks begründet (UA Rn. 65 bis 80).

24Nach § 49 Abs. 1 EnWG sind Energieanlagen so zu errichten, dass die technische Sicherheit gewährleistet ist. Dabei sind vorbehaltlich sonstiger Rechtsvorschriften die allgemein anerkannten Regeln der Technik (vgl. 7 A 4.12 - BVerwGE 147, 184 Rn. 40 und vom - 4 A 13.20 - NuR 2023, 36 Rn. 144) zu beachten. Eine solche sonstige Rechtsvorschrift ist § 3 Abs. 1 der Verordnung über Gashochdruckleitungen vom (BGBl. I S. 3591) in der maßgeblichen Fassung zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses (GasHDrLtgV a. F.). Danach müssen Gashochdruckleitungen nach den Vorschriften des Anhangs dieser Verordnung und im Übrigen nach dem Stand der Technik errichtet und betrieben werden. Für Gashochdruckleitungen wie die streitgegenständliche wird nach § 3 Abs. 4 GasHDrLtgV a. F. die Einhaltung des Stands der Technik vermutet, wenn die technischen Regeln des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW) beachtet worden sind. Nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sind die technischen Regeln des aktuellen DVGW-Arbeitsblatts G 463 von Oktober 2021 eingehalten, das die Beachtung des DVGW-Rundschreibens G 07/15 verlangt (UA Rn. 70 f.). Das Oberverwaltungsgericht hat aus der Einhaltung dieser Regeln geschlossen, dass die Leitung bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses, also im Jahr 2009, dem Stand der Technik genügt hat (UA Rn. 77 ff.).

25aa) Die Beschwerde rügt, die Vorinstanz habe bei diesem Rückschluss gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verstoßen.

26Dies bleibt erfolglos. (Angebliche) Fehler der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts, die dem Überzeugungsgrundsatz gemäß § 108 Abs. 1 VwGO genügen muss, sind regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen. Die Grenzen der Freiheit der richterlichen Überzeugungsbildung sind mit der Folge des Vorliegens eines Verfahrensfehlers aber dann überschritten, wenn das Gericht seiner Sachverhalts- und Beweiswürdigung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt, sondern nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt, oder wenn die von ihm gezogenen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen oder sonst von objektiver Willkür geprägt sind (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n. F.> VwGO Nr. 26 S. 15 und vom - 4 BN 7.21 - juris Rn. 3 m. w. N.). Das legt die Beschwerde nicht dar.

27Der für die Errichtung und den Betrieb von Gashochdruckleitungen zu erfüllende Stand der Technik ist gegenüber den ansonsten bei Energieanlagen anzulegenden Anforderungen der allgemein anerkannten Regeln der Technik anspruchsvoller ( 4 B 14.20 - juris Rn. 13). Denn der rechtliche Maßstab für das Erlaubte oder Gebotene wird an die Front der technischen Entwicklung verlagert ( - BVerfGE 49, 89 <135>). Aus dem dynamischen Charakter des Stands der Technik hat die Vorinstanz geschlossen, dass der heutige Stand der Technik hinter dem früheren Stand der Technik nicht zurückbleiben könne (UA Rn. 78). Ob dieser Schluss immer gezogen werden darf, bedarf keiner Entscheidung. Ebenso mag offenbleiben, ob ein veränderter Stand der Technik mit reduzierten Anforderungen geeignet sein könnte, insoweit den maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung des Planfeststellungsbeschlusses zu verschieben (vgl. 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 255 f. und Beschluss vom - 4 VR 7.19 - NVwZ 2021, 723 <Rn. 13> insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 451.17 § 43 EnWG Nr. 11).

28Denn das Oberverwaltungsgericht hält einen Schluss von der Erfüllung des aktuellen Standes der Technik auf einen früheren Stand der Technik für unzulässig, wenn wesentliche Unterschiede zwischen der aktuellen und der früheren Sachlage bestehen (UA Rn. 79), hat solche Unterschiede aber ohne Verstoß gegen Verfahrensrecht verneint. Die Kritik der Beschwerde, es hätten auch bautechnische Anforderungen an die Windkraftanlagen und Veränderungen bei der Konstruktion von Gashochdruckleitungen betrachtet werden müssen, legt den geltend gemachten Verstoß gegen Denkgesetze nicht dar. Denn ein solcher Verstoß liegt nur vor, wenn das Gericht eine Schlussfolgerung zieht, die aus Gründen der Logik schlechterdings nicht gezogen werden kann und deshalb willkürlich ist (stRspr, vgl. 8 C 10.12 - BVerwGE 147, 47 Rn. 15 und vom - 8 C 31.20 - BVerwGE 173, 282 Rn. 13). Auf einen Verstoß gegen die Denkgesetze führt daher nicht der Vorwurf, das Tatsachengericht habe einzelnen Umständen nicht die gebotene Aufmerksamkeit gewidmet oder aus ihnen nicht die aus Sicht eines Beteiligten zutreffenden Schlüsse gezogen.

29bb) Die Beschwerde rügt als Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör, dass den Beteiligten keine Gelegenheit eingeräumt wurde, zu Veränderungen der Gefährdungslage durch den Bau höherer Windenergieanlagen Stellung zu nehmen. Dies bleibt erfolglos. Denn die Vorinstanz hat in der mündlichen Verhandlung auf den von ihr angenommenen Schluss vom aktuellen auf einen früheren Stand der Technik hingewiesen (UA Rn. 77).

30cc) Die Beschwerde legt keinen Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO dar. Das Oberverwaltungsgericht hat keine Anhaltspunkte dafür erkannt, dass sich durch die zunehmende Größe von Windenergieanlagen die Wahrscheinlichkeit von Schadensfällen erhöht habe. Die Beschwerde zeigt nicht auf, warum sich insoweit eine weitere Aufklärung aufdrängen musste. Sie beanstandet, das Oberverwaltungsgericht habe den Folgen eines Schadenfalles weiter nachgehen müssen, weil diese mit der Größe der Windenergieanlagen zunähmen. Eine solche Ermittlung musste sich dem Oberverwaltungsgericht indes nicht aufdrängen. Denn es konnte davon ausgehen, dass der Stand der Technik im Jahr 2021 auch der aktuellen Größe von Windenergieanlagen Rechnung trug und daher ausreichende Sicherheit für die im Jahr 2009 üblichen, kleineren Windenergieanlagen gewährleistete.

31dd) Die Vorinstanz hat den Beweisantrag zu der Behauptung abgelehnt, die DVGW-Rundschreiben G 07/15 und G 04/04 hätten nicht die erforderlichen Verfahrensschritte durchlaufen, um als Bestandteil des DVGW-Regelwerkes gelten zu können. Der Antrag sei nicht hinreichend substantiiert, weil die Kläger weder die konkreten Verfahrensschritte benannt, deren Durchführung sie vermissen, noch erläutert hätten, warum sie vom Unterlassen dieser Verfahrensschritte ausgingen (UA Rn. 73). Dies ist nicht zu beanstanden.

32Unsubstantiierten Beweisanträgen braucht das Gericht nicht nachzugehen. Das Substantiierungsgebot verlangt neben der Benennung eines bestimmten Beweismittels und der Behauptung einer bestimmten Tatsache, dass die Tatsache vom Antragsteller mit einem gewissen Maß an Bestimmtheit als wahr und mit dem angegebenen Beweismittel beweisbar behauptet wird (BVerwG, Beschlüsse vom - 7 BN 3.07 - juris Rn. 5 und vom - 4 B 28.17 - juris Rn. 19). Die Beschwerde macht ohne Erfolg geltend, die notwendigen Schritte ergäben sich aus der Geschäftsordnung des DVGW. Sie selbst hält nach der genannten Geschäftsordnung "sehr viele Schritte und Vorgaben" für notwendig. Es hätte den Klägern oblegen zu benennen, welche Schritte und Vorgaben sie für nicht beachtet halten. Ihr Beweisantrag zielte aufs Geratewohl darauf, das Gericht zu einer vollständigen Prüfung des gesamten Verfahrens zum Entstehen der DVGW-Rundschreiben G 07/15 und G 04/04 zu veranlassen.

33Zur ausreichenden Substantiierung genügte nicht das Vorbringen aus dem Schriftsatz vom , dass die Kläger für prozessordnungswidrig übergangen halten. Es verhält sich nur zu dem DVGW-Rundschreiben G 04/04, das nach der insoweit maßgeblichen Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ohnehin keine umfassende technische Regel zum Sicherheitsabstand aufgestellt hat (UA Rn. 69) und daher nicht geeignet war, die Vermutung nach § 3 Abs. 4 GasHDrLtgV a. F. zu tragen. Die Kläger haben im Übrigen geltend gemacht, dass DVGW-Rundschreiben im Allgemeinen nicht zum DVGW-Regelwerk gehören. Es hätte weiterer Darlegungen bedurft, welche auf den Regelsetzungsprozess bezogenen Verfahrensschritte sie bei der Erarbeitung von Rundschreiben dennoch für erforderlich halten.

34ee) Das Oberverwaltungsgericht hat selbständig tragend angenommen, dass die Einhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstands der O. von den im Juli 2009 vorhandenen Windkraftanlagen durch das Gutachten V. vom belegt werde (UA Rn. 81 bis 104).

35Die Beschwerde hat bezogen auf diese Ausführungen die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und des Verfahrensmangels nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemacht. Auf dieses Vorbringen kommt es nicht an. Weil das angegriffene Urteil selbständig tragend auf die Einhaltung des technischen Regelwerks 2021 und damit die Beachtung des Stands der Technik im Jahr 2009 gestützt ist (vgl. UA Rn. 66), würde sich die zu dem Sachverständigengutachten aufgeworfene Grundsatzfrage nicht entscheidungserheblich stellen und wäre ihre Beantwortung nicht zu erwarten. Sollte einer der geltend gemachten Verfahrensmängel vorliegen, könnte die Entscheidung auf diesem Fehler nicht beruhen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 3 B 38.16 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 66 Rn. 3 und vom - 4 BN 45.21 - juris Rn. 13). Dies gilt auch, soweit die Beschwerde im Zusammenhang mit den Zielen der Raumordnung erneut rügt, Vorbringen zur (fehlenden) Berücksichtigung des Klimawandels im Gutachten V. sei nicht ausreichend beachtet.

36b) Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts enthält der Planfeststellungsbeschluss keine Vorgabe, die den Bau neuer Windkraftanlagen in einem zu geringen Sicherheitsabstand zur O. ermöglicht (UA Rn. 105 bis 108).

37Nach seiner Auslegung verlangt die Nebenbestimmung 14.2 des Planfeststellungsbeschlusses, dass Windkraftanlagen mit einer Nabenhöhe von bis zu 120 m, einem Rotordurchmesser von bis zu 126 m und einer Gondellänge von bis zu 18 m einen Mindestabstand von 20 m bis zur Gasleitung und zur Absperrstation einhalten. Bei größeren Anlagen könne ein größerer Sicherheitsabstand erforderlich sein (UA Rn. 106 f.). Die Beschwerde beanstandet dies als verfahrensfehlerhaft, weil das Oberverwaltungsgericht unter Verstoß gegen die Denkgesetze und damit gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO sowie unter Verletzung der Pflicht zur Amtsermittlung nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Annäherung an die Absperrstation und das Risiko bei Ausblasvorgängen nicht betrachtet habe.

38Dies bleibt erfolglos. Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts beziehen sich nach ihrem Zusammenhang (vgl. UA Rn. 108) auf die in den Gutachten V. vom und vom betrachteten Gefahrenereignisse (Abwurf des Rotorblatts - ganz oder teilweise, Abwurf der Gondel, Turmbruch) (UA Rn. 82). Das Risiko eines Ausblasvorgangs hielt das Oberverwaltungsgericht im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung für vernachlässigbar, weil solche Vorgänge nur sehr selten durchgeführt würden (UA Rn. 45), und sah die maßgebliche Gefahr darin, dass die auf Nabenhöhe befindlichen Maschinenteile einer Windkraftanlage das Gas entzünden könnten (UA Rn. 115). Einem solchen Risiko kann durch temporäre Abschaltung der Anlage Rechnung getragen werden, so dass es jedenfalls nicht verfahrensfehlerhaft ist, diesem Gefährdungspotential bei der Würdigung einer Abstandsregelung nicht nachzugehen.

39Die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge bleibt erfolglos, es habe eines gerichtlichen Hinweises zur Auslegung der Nebenbestimmung bedurft. Die Kläger hatten auch ohne einen solchen Hinweis ausreichend Anlass, zu dem aus ihrer Sicht notwendigen Abstand zwischen noch zu errichtenden Windenergieanlagen und der Absperrstation vorzutragen.

40c) Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts wird die technische Sicherheit nach § 49 Abs. 1 Satz 1 EnWG a. F. auch im Hinblick auf Kontrollflüge gewährleistet (UA Rn. 113 f.). Anders als die Beschwerde meint, hat das Oberverwaltungsgericht bei seiner tatrichterlichen Würdigung nicht gegen Denkgesetze und damit gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO verstoßen. Dies folgt insbesondere nicht aus Parallelen, welche die Beschwerde zu Unfallgefahren des Autoverkehrs zieht. Sie zeigt auch nicht auf, warum sich dem Oberverwaltungsgericht insoweit ohne einen förmlichen Beweisantrag eine weitere Aufklärung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen. Die Beschwerde stellt allein der tatrichterlichen Würdigung ihre abweichende Sicht gegenüber.

413. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts beachtet der Planfeststellungsbeschluss die Ziele der Raumordnung und genügt damit § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ROG a. F. (UA Rn. 123 bis 145). Die Errichtung und der Betrieb der Leitung sei mit dem als Vorranggebiet ausgewiesenen "Windpark Pfaffroda/Dorfchemnitz" und der dort vorrangigen Nutzung für die Windenergie vereinbar. Die Beschwerde legt nicht dar, dass diese Einschätzung auf einem Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO beruhen kann.

42a) Das Oberverwaltungsgericht hält den Betrieb der bestehenden Windkraftanlagen durch die Leitung für nicht erheblich beeinträchtigt (UA Rn. 133 bis 137).

43aa) Die Beschwerde beanstandet, das Oberverwaltungsgericht habe Vorbringen zu Erschwernissen bei Reparaturarbeiten an der Windenergieanlage Saidenberg (WEA 9) übergangen und so den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.

44Dies bleibt erfolglos. Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Daraus folgt jedoch nicht die Pflicht des Gerichts, jedes Vorbringen der Beteiligten zu bescheiden. Allein aus dem Schweigen der Entscheidungsgründe zu Einzelheiten des Beteiligtenvortrags kann deshalb nicht der Schluss gezogen werden, das Gericht habe Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs kann vielmehr nur festgestellt werden, wenn sich dies aus den besonderen Umständen des Falles deutlich ergibt. Geht das Gericht auf den wesentlichen Teil eines Tatsachenvortrags eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von wesentlicher Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (stRspr, vgl. - BVerfGE 86, 133 <145 f.>; 4 C 10.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 267 S. 23 und vom - 4 C 35.13 - NVwZ 2015, 656 Rn. 42 und Beschluss vom - 4 B 18.20 - juris Rn. 8).

45Das Oberverwaltungsgericht hat sich mit den geltend gemachten Erschwernissen befasst (UA Rn. 136), insbesondere mit der Notwendigkeit von Aufstellorten für einen Kran, dem Überfahren der Leitung mit Schwertransporten und der - von ihm verneinten - Notwendigkeit eines Lagerplatzes unmittelbar an der Windkraftanlage. Dass das Oberverwaltungsgericht die Einwände der Kläger in der Sache zurückgewiesen hat, verletzt deren Anspruch auf rechtliches Gehör nicht. Das in der Beschwerde wiedergegebene Vorbringen ließ im Übrigen nicht erkennen, dass gerade die Notwendigkeit von Aufstellorten für mehrere Kräne geltend gemacht werden sollte und die fehlende Behandlung gerade dieser Möglichkeit verfahrensfehlerhaft sein könnte.

46Die Beschwerde führt nicht auf einen Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsermittlung aus § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Nach Auffassung der Vorinstanz hat die Besichtigung der Umgebung der Windkraftanlage im gerichtlichen Erörterungstermin ergeben, dass eine Erschließung der Anlage gewährleistet sei; vor Ort seien mögliche Aufstellorte für einen Kran identifiziert worden (UA Rn. 136). Die Beschwerde legt nicht dar, warum sich angesichts dieser, auch vom Gericht selbst gewonnenen Erkenntnisse dem Oberverwaltungsgericht weitere Ermittlungen hätten aufdrängen müssen.

47bb) Das Oberverwaltungsgericht hat den Einwand der Kläger erwogen, die Durchführung von Reparaturen an den Windenergieanlagen sei wesentlich erschwert, da eine Überquerung der Leitung mit Schwerlasttransporten nicht ausreichend gesichert sei (UA Rn. 135) und damit das rechtliche Gehör insoweit gewahrt. Die Beschwerde erschöpft sich darin, dieser Auffassung zu widersprechen. Die Vorinstanz war nicht verpflichtet, auf das Vorbringen zum Inhalt der vorgesehenen Dienstbarkeit ausdrücklich einzugehen. Es hat die Belastung der Grundstücke mit Dienstbarkeiten zur Kenntnis genommen (UA Rn. 8, 32), ist aber erkennbar davon ausgegangen, dass eine Reparatur der Windenergieanlagen - ggf. nach notwendigen Sicherheitsmaßnahmen - weiterhin möglich ist und die Dienstbarkeit eine solche Reparatur nicht von vornherein hindert.

48cc) Die Beschwerde fordert, eine weitere, im Jahr 2018 planfestgestellte Leitung zu berücksichtigen. Diese Kritik wendet sich gegen die Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Sach- und Rechtslage und damit gegen die materielle Rechtsauffassung der Vorinstanz (stRspr, vgl. 8 C 5.03 - BVerwGE 120, 246 <250> und vom - 6 C 7.20 - BVerwGE 175, 76 Rn. 24).

49b) Die Beschwerde zeigt auch im Übrigen keinen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör oder gegen die Pflicht zur Amtsermittlung nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO auf.

50Das Vorbringen der Kläger zur weiteren Entwicklung des Windparks und Einschränkungen seiner Entwicklung durch das Zusammenwirken der O. mit weiteren Erdgasfernleitungen hat das Oberverwaltungsgericht nicht unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO übergangen. Es hat angenommen, dass die O. ein effektives Repowering nicht beeinträchtige (UA Rn. 140 ff.), weil die Gestaltungsmöglichkeiten nicht durch diese Leitung, sondern durch andere Faktoren begrenzt würden, namentlich die notwendigen Abstände zwischen einzelnen Windenergieanlagen. Nach seinem materiell-rechtlichen Standpunkt war eine Betrachtung der kumulierenden Wirkungen mit vorhandenen Gas- und Telekommunikationsleitungen nicht vorzunehmen, weil Einschränkungen der Entwicklungsmöglichkeiten durch die O. zu prüfen waren (UA Rn. 144). Ob dieser Standpunkt Bedenken ausgesetzt sein könnte, spielt für den Anspruch auf rechtliches Gehör keine Rolle.

51Das Oberverwaltungsgericht hat das Vorbringen der Kläger zu Haftungsrisiken für die Betreiber von Windenergieanlagen (UA Rn. 138) und für Grundstückseigentümer (UA Rn. 139) gewürdigt und so dem Anspruch auf rechtliches Gehör genügt. Die Beschwerde legt nicht dar, warum das - als Vermutung geäußerte - Vorbringen der Kläger zur Unmöglichkeit von Haftpflichtversicherungen Anlass hätte geben müssen, weitere Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen. Die Kritik der Beschwerde an den Überlegungen zu einer Haftungsregelung durch vertragliche Gestaltung wendet sich gegen die materielle Rechtsauffassung der Vorinstanz, ohne darzulegen, welches Vorbringen übergangen sein sollte.

52Auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör lässt nicht schließen, dass das Oberverwaltungsgericht sich in den Ausführungen zu den Zielen der Raumordnung nicht mit der Absperrstation und Kontrollflügen befasst hat. Es ist diesen Einwänden in anderem Zusammenhang nachgegangen (UA Rn. 45, 115 bis 120; Rn. 113 f.) und hat sie inhaltlich zurückgewiesen. Einer Wiederholung in anderem rechtlichen Zusammenhang bedurfte es nicht.

53Die Beschwerde verfehlt ferner die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, soweit sie ein erstinstanzliches Vorbringen mit insgesamt sechzehn Spiegelstrichen wiederholt, einzelne Themen schlagwortartig aufruft und aus der fehlenden Behandlung auf eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO schließt. Ein solches Vorbringen ermöglicht dem Senat nicht die Prüfung, ob aus der fehlenden Behandlung einzelner Gesichtspunkte eines sehr umfangreichen erstinstanzlichen Vorbringens in einem ebenfalls sehr umfangreichen Urteil auf die Verletzung rechtlichen Gehörs geschlossen werden könnte.

544. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts weist die Abwägungsentscheidung nach § 43 Satz 2 EnWG a. F. keinen erheblichen Mangel auf (UA Rn. 146 bis 161).

55a) Die Beschwerde misst insoweit der Frage grundsätzlich Bedeutung bei,

ob eine Planfeststellungsbehörde abwägungsfehlerhaft handelt, wenn sie es unterlässt, Trassenvarianten für eine Fernleitung von Amts wegen zu ermitteln.

56Dies führt nicht zur Zulassung der Revision. Die Frage ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits beantwortet, soweit sie einer rechtsgrundsätzlichen Klärung zugänglich ist. Nach § 43 Abs. 3 EnWG (bzw. § 43 Satz 2 EnWG a. F.) sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Das Abwägungsgebot und die aus ihm folgenden Pflichten (vgl. 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56 <63 f.> und vom - 4 A 5.17 - BVerwGE 161, 263 Rn. 73) erstreckt sich auf die Auswahl und Beurteilung von Trassenvarianten. Die Planfeststellungsbehörde ist verpflichtet, bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen zu berücksichtigen und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen berührten öffentlichen und privaten Belange einzustellen (stRspr, vgl. 4 A 5.14 - BVerwGE 154, 73 Rn. 168, vom - 3 A 1.16 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 131, vom - 9 A 19.19 - BVerwGE 169, 94 Rn. 75). Sie ist auch im Planfeststellungsverfahren an den Untersuchungsgrundsatz des § 24 VwVfG gebunden ( 7 A 3.10 - Buchholz 406.400 § 19 BNatSchG 2002 Nr. 7 Rn. 85). Danach handelt eine Planfeststellungsbehörde abwägungsfehlerhaft, wenn sie eine ernsthaft in Betracht kommende Alternative unberücksichtigt lässt, ohne dass es eine Rolle spielt, ob eine solche Alternative bereits zuvor von einem Vorhabenträger in den Planunterlagen betrachtet, von Trägern öffentlicher Belange oder Dritten im Planaufstellungsverfahren vorgeschlagen oder von Amts wegen zu ermitteln war (vgl. auch 4 A 5.14 - a. a. O. Rn. 172). Dessen ungeachtet wird es insoweit in der Praxis häufig keiner weiteren Ermittlungen von Amts wegen bedürfen, weil die Anforderungen an die Planfeststellungsunterlagen, etwa § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UVPG (bzw. § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 UVPG a. F.), und die Beteiligung der Öffentlichkeit dazu führen, dass alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen im Verfahren der Planaufstellung ohnehin zur Sprache kommen.

57Die gestellte Frage geht im Übrigen am Inhalt der angegriffenen Entscheidung vorbei. Das Oberverwaltungsgericht hat die Planfeststellungsbehörde verpflichtet gesehen, alle ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen zu berücksichtigen (UA Rn. 152). Es hat aus den zu betrachtenden Alternativen nicht von Rechts wegen jene ausgesondert, die einer Ermittlung von Amts wegen bedurft hätten. Eine Rechtsfrage, die sich für die Vorinstanz nicht gestellt oder auf die diese nicht entscheidend abgehoben hat, führt aber grundsätzlich - und auch hier - nicht zur Zulassung der Revision (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 6 B 17.09 - Buchholz 442.066 § 24 TKG Nr. 4 Rn. 7, vom - 9 B 20.17 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 52 Rn. 9 und vom - 4 B 39.19 - ZfBR 2020, 680 Rn. 8).

58b) Das Oberverwaltungsgericht hat im Rahmen seiner Abwägungskontrolle offengelassen, ob die Beklagte davon ausgehen durfte, die Maßgabe M 9 aus der raumordnerischen Beurteilung vom sei vollständig erfüllt. Denn ein - etwaiger - Abwägungsmangel wäre nach § 43e Abs. 4 Satz 1 EnWG a. F. (bzw. § 75 Abs. 1a VwVfG) nicht erheblich, weil er auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss gewesen wäre (UA Rn. 160).

59Die Beschwerde wirft dem Oberverwaltungsgericht vor, bei dieser rechtlichen Würdigung klägerisches Vorbringen zu einer Feintrassierung übergangen zu haben. Dies bleibt erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat das Vorbringen in der mündlichen Verhandlung dahin gewürdigt, dass drei Gestaltungsmöglichkeiten für die Feintrassierung der Leitung im Windpark Dörnthal bestanden, aber dem Vorbringen der Kläger keine Anhaltspunkte entnommen, dass die Wahl einer der beiden anderen Gestaltungsformen zu geringen - richtig wohl: "geringeren" - Beeinträchtigungen der Windenergienutzung geführt hätte (UA Rn. 160). Dass bei dieser Würdigung das Vorbringen eines Beteiligten übergangen worden sein könnte, legt die Beschwerde nicht dar. Sie lässt bereits nicht erkennen, ob das - aus ihrer Sicht übergangene - Vorbringen auf die Betrachtung weiterer Gestaltungsmöglichkeiten oder etwa Vorteile der bereits betrachteten Gestaltungsmöglichkeiten zielte. Einen Schluss auf das Übergehen eines Vorbringens erlaubt auch die Formulierung nicht, es hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben. Sie verneint nicht entsprechenden Vortrag, sondern drückt eine tatrichterliche Würdigung aus.

60Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ab. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2023:020323B4B16.22.0

Fundstelle(n):
EAAAJ-39162