BGH Beschluss v. - VIa ZR 1345/22

Instanzenzug: Az: 18 U 29/22vorgehend Az: 7 O 354/19nachgehend Az: VIa ZR 1345/22 Beschluss

Gründe

I.

1Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in zwei Kraftfahrzeugen auf Schadensersatz in Anspruch.

2Mit seiner am anhängig gemachten Klage hat er Schadensersatz wegen des Kaufs eines VW Tiguan im Juni 2013 begehrt. Mit einer am anhängig gemachten Klageerweiterung hat er außerdem Schadensersatz wegen des Kaufs eines VW Polo im November 2013 verlangt. Klage und Klageerweiterung sind der Beklagten im November 2020 zugestellt worden. Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Das Berufungsgericht, das die auf § 826 BGB gestützten Schadensersatzansprüche für nicht verjährt erachtet hat, hat die Beklagte auf die Berufung des Klägers und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels verurteilt, an den Kläger 8.871,20 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des VW Polo und betreffend den VW Tiguan weitere 14.145,58 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

3Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) übersteigt 20.000 € nicht. Er richtet sich allein nach der mit der ursprünglichen Klage erfolgreich geltend gemachten Schadensersatzforderung wegen des Inverkehrbringens des VW Tiguan in Höhe von 14.145,58 €.

41. Für das Erreichen der Wertgrenze des § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer maßgebend. Das ist der Wert der nach dem beabsichtigten Rechtsmittelantrag insgesamt erstrebten Abänderung des angefochtenen Urteils. Für die Bestimmung der Beschwer sind im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren solche Teile des Streitstoffs außer Acht zu lassen, zu denen ein Zulassungsgrund nicht dargelegt ist. Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer kann nicht unabhängig von den dargelegten Zulassungsgründen beurteilt werden. Denn die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde hängt nicht nur von der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer, sondern auch davon ab, dass die Zulassungsgründe dargelegt sind (§ 544 Abs. 4 Satz 3 ZPO). Sind Teile des Prozessstoffs rechtlich oder tatsächlich selbständig abtrennbar und deshalb einer Teilzulassung zugänglich, muss die Wertgrenze des § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO hinsichtlich des Teils überschritten sein, für den in der Begründung eine Abänderung erstrebt und ein Zulassungsgrund dargelegt wird (, juris Rn. 4; Beschluss vom - XI ZR 72/21, juris; Beschluss vom - VIa ZR 17/21, juris).

52. Nach diesen Maßgaben fehlt es an einer 20.000 € übersteigenden Beschwer. Gegenstand der Klage und der Klageerweiterung sind zwei kumulativ geltend gemachte prozessuale Ansprüche. Die Beklagte macht einen Zulassungsgrund nur in Bezug auf den mit der Klage in den Prozess eingeführten Streitgegenstand geltend, der den Erwerb des VW Tiguan betrifft. Insoweit entspricht ihre Beschwer ihrer Verurteilung in Höhe von 14.145,58 €. Einen Zulassungsgrund betreffend die Annahme des Berufungsgerichts, auch der Anspruch wegen des Erwerbs des VW Polo sei nicht verjährt, führt die Beklagte im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren dagegen nicht an, so dass ihre aus ihrer Verurteilung in Höhe von 8.871,20 € resultierende Beschwer nicht addiert werden kann.

6Die Beschwerdebegründung unterscheidet zwischen der im Dezember 2019 anhängig gemachten Klage (betreffend den VW Tiguan) und der im Januar 2020 anhängig gemachten Klageerweiterung (betreffend den VW Polo). Nur, soweit der mit der Klage verfolgte prozessuale Anspruch im Dezember 2019 (betreffend den VW Tiguan) anhängig gemacht worden ist, greift die Begründung der Beschwerde, das Berufungsgericht habe gehörswidrig Vortrag der Beklagten dazu übergangen, die Zustellung im November 2020 habe mit der Folge einer Hemmung der mit Schluss des Jahres 2016 angelaufenen Verjährung nicht auf den Zeitpunkt des Anhängigwerdens der Klage Ende 2019 zurückwirken können, weil die Voraussetzungen des § 167 ZPO nicht erfüllt gewesen seien. Vortrag der Beklagten zum Fehlen der Voraussetzungen des § 167 ZPO war dagegen für die im Januar 2020 und damit nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist anhängig gemachte Klageerweiterung ohne Bedeutung, weil eine Hemmung durch Klageerhebung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) nur für den jeweils geltend gemachten prozessualen Anspruch eintritt, das heißt begrenzt auf den Streitgegenstand der erhobenen Klage (vgl. , NJW 2000, 2678, 2679; Urteil vom - IX ZR 73/00, NJW 2001, 3543, 3545, insoweit in BGHZ 148, 156 nicht abgedruckt; Beschluss vom - V ZR 149/15, juris). Dass die Beklagte (zu ihren Ungunsten) diesen allgemeinen Rechtssatz in Frage stellen wollte, ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen, die auf Seite 2 im zweiten Absatz die Klageschrift ausdrücklich auf den datiert, von dem am eingereichten Schriftsatz des Klägers unterscheidet und die Ausführungen auf Seite 4 f. zum Zulassungsgrund nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO, Art. 103 Abs. 1 GG ausschließlich auf die "Ende 2019" eingereichte "Klageschrift" bezieht.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:270223BVIAZR1345.22.0

Fundstelle(n):
VAAAJ-39139