Online-Nachricht - Dienstag, 18.04.2023

Berufsrecht | Ehemaliger Anwalt kann offene Gebühren einfordern (BRAK)

Ein ehemaliger Rechtsanwalt ist weiterhin berechtigt und verpflichtet, offene Rechnungen zu unterzeichnen und bei den Mandanten einzufordern. Auf ein entsprechendes Urteil des BGH () weist die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) aktuell hin.

Sachverhalt und Verfahrensgang: Der ehemalige Rechtsanwalt hatte nach Beendigung seiner Tätigkeit noch offene Forderungen in Höhe von etwa 95.000 Euro gegenüber einer GbR geltend gemacht. Hierzu erstelle er selbst über einen Zeitraum von etwa zwei Jahren insgesamt 19 Rechnungen. Diese unterschrieb er zunächst auch nach Ende seiner rechtsanwaltlichen Tätigkeit mit „Rechtsanwalt“, später verzichtete er auf diesen Zusatz. Weil die GbR nicht zahlte, übergab er die Angelegenheit dem Amtsgericht, das entsprechende Mahnbescheide erließ. Letztlich ging der Fall ins Klageverfahren über.

In den Vorinstanzen hatte der ehemalige Rechtsanwalt keinen Erfolg. Das LG Kassel sah die Forderungen bereits als verjährt an. Das OLG Frankfurt am Main war der Auffassung, der ehemalige Anwalt habe seiner Mandantschaft keine ordnungsgemäße Abrechnung der Vergütung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 RVG vorgelegt. Damit seien die Vergütungsansprüche schon nicht einforderbar. Die mit der Unterzeichnung der Rechnungen bezweckte Übernahme der strafrechtlichen, zivilrechtlichen und standesrechtlichen Verantwortung erfordere es, dass der Unterzeichner zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sei. Ohne Zulassung habe er nicht mehr wirksam unterzeichnen können.

Die hiergegen gerichtete Revision hatte Erfolg:

  • Die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Funktion der Unterzeichnung haben zu kurz griffen. Zwar scheidet die standesrechtliche Verantwortung aus, nicht aber die straf- und zivilrechtliche.

  • So kommt nach Ende der Zulassung zwar keine Strafbarkeit nach dem leichteren Amtsdelikt aus § 352 StGB in Betracht, dafür aber z.B. der Betrugstatbestand, § 263 StGB.

  • Zivilrechtlich bleibt der Beauftragte aus dem Anwaltsdienstvertrag trotz Erlöschens der Zulassung auch nachwirkend verpflichtet. Das gilt gerade auch für die Einforderung noch offener Vergütungen und die dazu gehörige Mitteilung der Berechnung.

  • Bereits mit Urteil v. - IX ZR 85/03 hat der Senat entschieden, dass ein ehemaliger Rechtsanwalt offene Gebühren einfordern kann, wenn der bestellte Abwickler insoweit nicht tätig geworden ist. Dies muss auch gelten, wenn überhaupt kein Abwickler bestellt, sondern der Rechtsanwalt allein tätig geworden ist.

  • Die Sache ist an das OLG zurückzuverweisen: Die Ansprüche sind zumindest nach dem Vortrag des Klägers nicht verjährt; hierzu muss das OLG nun eigene Feststellungen treffen. Sollte danach keine Verjährung eingetreten sein, muss das OLG die Gebührenforderung weiter prüfen.

Quelle: BRAK online, Meldung v. (il)

Fundstelle(n):
NWB RAAAJ-37837