Umsatzsteuer | Bankenhaftung nach § 13c UStG bei debitorischem Kontokorrentkonto (BFH)
Die kontoführende Bank haftet mangels Vereinnahmung nicht nach § 13c UStG, solange die Kreditlinie des Kontokorrentkontos des Steuerschuldners eingehalten wird (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Soweit der leistende Unternehmer den Anspruch auf die Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG an einen anderen Unternehmer abgetreten und die festgesetzte Steuer, bei deren Berechnung dieser Umsatz berücksichtigt worden ist, bei Fälligkeit nicht oder nicht vollständig entrichtet hat, haftet der Abtretungsempfänger gem. § 13c Abs. 1 Satz 1 UStG nach Maßgabe des Absatzes 2 für die in der Forderung enthaltene Umsatzsteuer, soweit sie im vereinnahmten Betrag enthalten ist.
Sachverhalt: Streitig ist, ob die Klägerin nach § 191 Abs. 1 AO i. V. mit § 13c UStG für Umsatzsteuerschulden der Z-GmbH - vormals A-GmbH - haftet.
Die Klägerin ist eine Bank, bei der die A-GmbH ihr Geschäftskonto eingerichtet hatte. Die Umsatzsteuer berechnete die A-GmbH, obwohl keine Gestattung des FA nach § 20 UStG vorlag, jedenfalls teilweise nach vereinnahmten Entgelten. Mit Globalzessionsvertrag vom trat die A-GmbH zur Sicherung der Ansprüche der Klägerin ihre Forderungen aus Lieferungen und sonstigen Leistungen gegen sämtliche Drittschuldner an die Klägerin ab.
Im Laufe des Jahres 2011 geriet die A-GmbH in wirtschaftliche Schwierigkeiten, die darin mündeten, dass die Klägerin zum den Kreditvertrag kündigte. Das Kontokorrentkonto der A-GmbH hatte sich zuvor, insbesondere im hier streitigen Zeitraum vom 1.7. bis , durchgehend im Soll befunden, die vereinbarte Kreditlinie wurde aber nicht überschritten. Für den Zeitraum nach der Kündigung des Kreditvertrags richtete die Klägerin ein Abwicklungskonto ein, so dass auf dem ursprünglichen Geschäftskonto der A-GmbH Zahlungseingänge nur bis zum zu verzeichnen waren. Über das Vermögen der A-GmbH wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Zahlungseingänge auf dem bei der Klägerin geführten Geschäftskonto der A-GmbH vor dem hat der Insolvenzverwalter aufgrund der Globalzession nicht angefochten.
Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung der A-GmbH wurde die Firma in Z-GmbH geändert.
Das FA erließ den Ergebnissen einer bei der Z-GmbH durchgeführten Außenprüfung folgend am einen Haftungsbescheid, mit dem es die Klägerin gem. § 13c UStG für die Umsatzsteuer der A-GmbH für Juli und August 2011 in Haftung nahm.
Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Das FG wies die Klage ab ().
Der BFH hat die Revision als begründet angesehen, das FG-Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen:
Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass die Klägerin die streitigen Beträge dadurch vereinnahmt hat, dass diese in den Monaten Juli und August 2011 dem Kontokorrentkonto der A-GmbH gutgeschrieben wurden, obwohl bis zum die Kreditlinie nicht überschritten worden war.
Eine Vereinnahmung der abgetretenen Forderung i. S. des § 13c UStG liegt unter den gleichen Voraussetzungen vor, wie sie allgemein im Rahmen der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 oder Buchst. b UStG bei der Ist-Besteuerung bestehen. Danach muss der Abtretungsempfänger eine Zahlung aus der abgetretenen Forderung erhalten (vgl. , Rz. 37 f.; , Rz. 22). Im Anwendungsbereich des § 13 UStG liegt bei Überweisungen eine Vereinnahmung im Zeitpunkt der erfolgten Gutschrift auf dem Konto vor (vgl. Abschn. 13.6 Abs. 1 Satz 3 UStAE). Streitig ist allerdings, ob bereits das Einstellen der Forderung in ein Kontokorrent zur Vereinnahmung i. S. des § 13 UStG führt oder ob eine Vereinnahmung erst mit der Anerkennung des Saldos am Ende eines Abrechnungszeitraums vorliegt (Abschn. 13.6 Abs. 1 Satz 7 UStAE).
Wesentlich für die Vereinnahmung i. S. des § 13c Abs. 1 UStG ist, dass der Forderungsbetrag dem Verfügungsbereich des Zedenten in einer Weise entzogen wird, dass er nicht mehr zur Tilgung der Umsatzsteuerschulden zur Verfügung steht. Auf der anderen Seite muss der Betrag dem Zessionar zugänglich gemacht worden sein, so dass er über diesen frei verfügen kann. Entsprechend der Rechtsprechung zu § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 und Buchst. b UStG ist daher auch für die Vereinnahmung i. S. von § 13c Abs. 1 Satz 1 UStG maßgeblich, dass über die Gegenleistung (als den zu vereinnahmenden Betrag) wirtschaftlich verfügt werden kann (vgl. , Rz. 22). Es kommt somit für die Vereinnahmung i. S. von § 13c UStG nach dem Kriterium der wirtschaftlichen Verfügungsmacht darauf an, ob der Zedent über dieses Konto bei der Gutschrift hinsichtlich des Überweisungsbetrags in der Weise verfügungsberechtigt ist, dass er den Betrag der Gutschrift abheben oder für frei gewählte Überweisungen nutzen kann, oder ob der Zessionar eine ihm zustehende Rechtsmacht ausübt, dies zu verhindern (vgl. , Rz. 23).
Mit dem Kriterium der wirtschaftlichen Verfügungsmacht unter Beachtung eingeräumter Kreditlinien nicht vereinbar ist das Urteil des FG, nach dem bereits die "fortlaufende Verrechnung" von Zahlungseingängen auf einem "durchgehend im Debet befindlichen Kontokorrentkonto" für die Vereinnahmung gem. § 13c UStG ausreichen und es unbeachtlich sein soll, dass die Bank "weitere Verfügungen auf dem debitorischen Konto im Rahmen einer vereinbarten oder auch nur geduldeten Überziehung zulässt".
Anmerkung von Prof. Dr. Alois Nacke, Richter im XI. Senat des BFH:
Die Entscheidung ist eine wichtige Entscheidung für Banken. Sie ist aus ihrer Sicht eine gute Entscheidung. Das Urteil betrifft die Haftung der Banken für Umsatzsteuerschulden ihrer Kunden nach § 13c UStG. Soweit der leistende Unternehmer den Anspruch auf die Gegenleistung für einen steuerpflichtigen Umsatz an einen anderen Unternehmer abgetreten und die festgesetzte Steuer, bei deren Berechnung dieser Umsatz berücksichtigt worden ist, bei Fälligkeit nicht oder nicht vollständig entrichtet hat, haftet der Abtretungsempfänger gem. § 13c Abs. 1 Satz 1 UStG nach Maßgabe des Absatzes 2 für die in der Forderung enthaltene Umsatzsteuer, soweit sie im vereinnahmten Betrag enthalten ist. Diese Haftung spielt bei Banken dann eine Rolle, wenn die betreffenden Unternehmen im Rahmen einer Globalzession Ihre Ansprüche an eine Bank abgetreten haben, was häufig der Fall ist.
Im Besprechungsfall war nun streitig, ob die Bank die auf dem Konto der Insolvenzschuldnerin eingehenden Beträge zu diesem Zeitpunkt vereinnahmt hat. Dabei war fraglich, ob auf den periodischen Rechnungsabschluss oder einem anderen Zeitpunkt abzustellen ist.
Der BFH hat entschieden, dass während eines laufenden Kontokorrentvertragsverhältnisses eingehende Zahlungen noch nicht vereinnahmt sind, wenn sich der Kontostand noch in der eingeräumten Kreditlinie befindet und der Zedent über das beim Zessionar (=Bank) befindliche Konto frei verfügen kann. Letzteres kann unter Umständen des Einzelfalls nicht mehr der Fall sein. Es kommt insoweit auf das Verhalten der Bank im konkreten Fall an.
Die Entscheidung entspricht damit der Rechtsprechung des BGH und der Literaturauffassung zur Vereinnahmung bei einem Kontokorrentkonto. Es liegt somit in der Hand der Bank, wann - abgesehen vom in der Regel periodischen Rechnungsabschluss - die Vereinnahmung und damit unter Umständen die Haftung nach § 13c UStG eintritt.
Quelle: ; NWB Datenbank (RD)
Fundstelle(n):
NAAAJ-37552