Online-Nachricht - Donnerstag, 13.04.2023

Außensteuerrecht | Wegzugsbesteuerung und "lediglich vorübergehende Abwesenheit" (BFH)

Das zum Entfallen der sog. Wegzugsbesteuerung führende Merkmal der "nur vorübergehenden Abwesenheit" in § 6 Abs. 3 Satz 1 AStG ist unabhängig von einer "Rückkehrabsicht" erfüllt, wenn der Steuerpflichtige innerhalb des gesetzlich bestimmten Zeitrahmens von fünf Jahren nach dem Wegzug wieder unbeschränkt steuerpflichtig wird (; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war.

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AStG ist bei einer natürlichen Person, die insgesamt mindestens zehn Jahre nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig war und deren unbeschränkte Steuerpflicht durch Aufgabe des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts endet, auf Anteile i. S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht § 17 EStG auch ohne Veräußerung anzuwenden, wenn im Übrigen für die Anteile zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind.

Sachverhalt: Der Kläger war nach Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten gezogen und hatte seinen inländischen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt aufgegeben. Zum Zeitpunkt seines Wegzugs hielt der Kläger Beteiligungen an mehreren im Inland ansässigen Kapitalgesellschaften. Zwei Jahre nach dem Wegzug begründete der Kläger wieder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Das FA erfasste bei der Einkommensteuerveranlagung des Klägers für das Jahr des Wegzugs Veräußerungsgewinne gem. § 6 Abs. 1 AStG i. V. m. § 17 EStG.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit dem Argument, dass infolge seiner Rückkehr nach Deutschland die Besteuerung rückwirkend wieder entfallen müsse. Das FA folgte dem nicht mit der Begründung, dass der Kläger nicht bereits bei seinem Wegzug seinen Willen zur Rückkehr angezeigt habe (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 3.12.2019).

Der BFH führte hierzu aus:

  • Der Ansatz von Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb (§ 6 Abs. 1 AStG i. V. mit § 17 EStG) infolge des Entfallens der unbeschränkten Steuerpflicht jedenfalls im Streitjahr (Wegzug des Klägers) ist rechtsfehlerhaft, denn es liegt nur eine "vorübergehende Abwesenheit" vor, die "nachträglich" aber im Streitfall schon im Rahmen der Steuerfestsetzung des Streitjahres den Besteuerungstatbestand ausschließt (§ 6 Abs. 3 Satz 1 AStG - sog. Rückkehrerregelung).

  • Auch wenn man aus dem durch einen bestimmten Zeitrahmen (§ 6 Abs. 3 Satz 1 AStG: 5 Jahre) konkretisierten Tatbestandsmerkmal der "lediglich vorübergehenden Abwesenheit" das Erfordernis einer Rückkehrabsicht ableitet, gibt der Wortlaut zum Zeitpunkt der entsprechenden Willensbildung keine Auskunft. Denn der Gesetzestext führt erst in der Sondersituation des § 6 Abs. 3 Satz 2 AStG (einzelfallbezogene Verlängerung der Rückausnahmemöglichkeit bei Glaubhaftmachung, dass "(s)eine Absicht zur Rückkehr unverändert fortbesteht") im Zusammenhang mit der begünstigenden Ausweitung der Belastungsausnahme eine solche (Rückkehr )Absicht (verbunden mit der Notwendigkeit einer Glaubhaftmachung) ausdrücklich an; dabei ist auch der Rückschluss, dass eine solche Absicht schon im Augenblick des Wegzugs (und damit auch für die Situation des Satzes 1) bestehen muss (Hinweis auf den Terminus "unverändert"), nicht ausreichend belastbar, da in Satz 2 ein Zeitbezug nur für den Verlängerungszeitraum hergestellt ist (Häck, IStR 2020, 118, 119), so dass der Rückkehrwille durchaus auch im Laufe des ersten 5 Jahres-Zeitraums gebildet worden sein kann (Häck, a.a.O.). Jedenfalls legt der Formulierungsunterschied die Interpretation nahe, dass der Umstand der tatsächlichen (zeitgerechten) Rückkehr in der Grundsituation des Satzes 1 das Entfallen der Belastung (die "Begünstigung") auslöst und damit das Beruhen der Rückkehr auf einer ursprünglich bestehenden Rückkehrabsicht.

  • Es besteht kein Widerspruch zur Entstehungsgeschichte der Regelung. Das FG hat zutreffend angeführt, dass bereits in § 6 Abs. 4 AStG in der Gesetzesfassung vom (BGBl I 1972 S. 1713, BStBl I 1972 S. 450) von der "vorübergehenden Abwesenheit" gesprochen wurde.

Quelle: ; NWB Datenbank (JT)

Fundstelle(n):
DAAAJ-37551