BMF - IV C 6 - S 2133/19/10004 :002 BStBl 2023 I S. 672

Ertragsteuerliche Behandlung von Genussrechtskapital

Bezug: BStBl 2006 I S. 497

Bezug: BStBl 1996 I S. 49

Bezug: BStBl 1997 II S. 755

Bezug:

Bezug: BStBl 2008 II S. 852

Bezug: BStBl 1978 II S. 256

Bezug: BStBl 2000 II S. 139

Bezug: BStBl 2001 II S. 536

Bezug: BStBl 2003 II S. 279

Bezug: BStBl 1989 II S. 359

Bezug: BStBl 1993 II S. 747

Bezug: BStBl 2019 II S. 803

Bezug: BStBl 2012 II S. 332

Bezug: BStBl 2015 II S. 679

Bezug: BStBl 2015 II S. 769

Bezug: BStBl 1996 II S. 77

Nach Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur ertragsteuerlichen Behandlung von Kapital, das vor allem Kapitalgesellschaften durch die Einräumung von Genussrechten erhalten, und dabei insbesondere zur Zuordnung zum Eigen- oder Fremdkapital Folgendes:

I. Definition von Genussrechtskapital

1Der Begriff des Genussrechtskapitals ist gesetzlich nicht definiert. Im Sinne dieses Schreibens umfasst er schuldrechtliche Gläubigerrechte, durch die dem Rechteinhaber grundsätzlich Vermögensrechte zugestanden werden, die typischerweise nur Gesellschaftern zustehen. Diese Rechte werden dem Gläubiger im Zusammenhang mit einer Kapitalüberlassung eingeräumt. Eine Genussrechtsvereinbarung darf jedoch keine gesellschaftsrechtlich geprägten mitgliedschaftlichen Verwaltungsrechte vermitteln. Genussrechte gewähren kein Einflussnahmerecht auf die Geschäftsführung und beinhalten regelmäßig kein Kontrollrecht, kein Stimmrecht und kein Anwesenheitsrecht in der Gesellschafterversammlung. Der Genussrechtsinhaber besitzt einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Kapitalgesellschaft auf Rückzahlung des überlassenen Kapitals (schuldrechtliches Kapitalüberlassungsverhältnis) und in der Regel einen Anspruch auf Verzinsung. Der Inhalt einer Genussrechtsvereinbarung unterliegt der zivilrechtlichen Vertragsfreiheit. Typischerweise beinhaltet eine Genussrechtsvereinbarung jedoch Regelungen zum Umfang der Vermögensrechte, zur Verlustbeteiligung, zu Laufzeit und Kündigungs-, Informations- und Kontrollrechten und häufig zum Rangrücktritt. Allein der Umstand, dass eine Genussrechtsvereinbarung vom Genussrechtsinhaber nicht gekündigt werden oder er die Rückzahlung erst im Zeitpunkt der Liquidation verlangen kann, schließt ein schuldrechtliches Kapitalüberlassungsverhältnis i. S. dieser Randnummer nicht aus.

2Die Bezeichnung einer Kapitalüberlassung als „Genussrecht" kann allenfalls ein Indiz für das Vorliegen von Genussrechtskapital i. S. d. Randnummer 1 darstellen. Aufgrund der Vertragsfreiheit ist anhand der in den Randnummern 1 bis 7 aufgeführten Kriterien und Grundsätze zu prüfen, ob im Einzelfall Genussrechtskapital i. S. dieses Schreibens vorliegt. Insbesondere ist eine Abgrenzung zu anderen Instrumenten der Unternehmensfinanzierung, z. B. zur stillen Gesellschaft und zu partiarischen Darlehen, vorzunehmen. Für diese gelten die allgemeinen Grundsätze.

3Sowohl beteiligungsähnliches Genussrechtskapital, welches die Voraussetzungen von § 8 Absatz 3 Satz 2 2. Alternative KStG sowie § 20 Absatz 1 Nummer 1 EStG erfüllt, als auch obligationsähnliches Genussrechtskapital, mit dem nicht das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist, werden von diesem Schreiben hinsichtlich ihrer steuerbilanziellen Zuordnung erfasst.

II. Abgrenzung von Genussrechtskapital zu anderen Kapitalüberlassungen

1. Abgrenzung zur stillen Gesellschaft

4Das Vorliegen einer stillen Gesellschaft (typische stille Gesellschaft) i. S. d. § 230 HGB setzt den vertraglichen Zusammenschluss zwischen dem Inhaber eines Handelsgeschäfts und einem anderen voraus, kraft dessen sich der andere ohne Bildung eines Gesellschaftsvermögens mit einer Einlage an dem Handelsgeschäft beteiligt und eine Gewinnbeteiligung erhält. Der stille Gesellschafter ist grundsätzlich nicht an der Substanz und insbesondere nicht am Liquidationserlös beteiligt (§ 236 HGB). Die stille Gesellschaft ist eine Gesellschaft i. S. v. § 705 BGB. Eine stille Gesellschaft erfordert daher die Förderung eines gemeinsamen Zwecks von stillem Beteiligten und Inhaber des Handelsgeschäfts, der über eine bloße Kapitalhingabe hinausgeht (vgl. hierzu , BStBl 1997 II S. 755, vom , IV R 54/16, BStBl 2023 II S. 447 und vom , VIII R 3/05, BStBl 2008 II S. 852).

5Ein Indiz für das Vorliegen eines gemeinsamen Zweckes liegt vor, wenn für eine Änderung des Unternehmensgegenstandes die Zustimmung des Kapitalgebers erforderlich ist, d. h. in einem dem Kapitalgeber eingeräumten mitgliedschaftsähnlichen Mitspracherecht (vgl. , Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen (BGHZ) 127 S. 176). Wurde hingegen im Rahmen der Kapitalüberlassung kein gemeinsamer Zweck vereinbart, indiziert dies, dass es sich bei der Vereinbarung um Genussrechtskapital und nicht um eine stille Gesellschaft handelt.

2. Abgrenzung zu partiarischen Darlehen

6Kennzeichnend für ein partiarisches Darlehen ist, dass die Vergütung für die Zurverfügungstellung von Kapital nicht oder nicht nur in einem festen periodischen Betrag besteht, sondern in einem Anteil an dem vom Darlehensempfänger erwirtschafteten Erfolg. Eine Verlustbeteiligung des Darlehensgebers ist dem partiarischen Darlehen hingegen fremd und es fehlt ein gemeinsamer Zweck i. S. v. § 705 BGB (vgl. , BStBl 2023 II S. 447 und vom , III R 115/76, BStBl 1978 II S. 256). Wurde hingegen im Rahmen der Kapitalüberlassung auch eine Verlustbeteiligung vereinbart und liegt kein gemeinsamer Zweck vor, indiziert dies, dass es sich bei der Vereinbarung um Genussrechtskapital und nicht um ein partiarisches Darlehen handelt.

III. Steuerbilanzrechtliche Abgrenzung von Fremdkapital und Eigenkapital

7Es ist zunächst abzugrenzen, ob es sich bei dem Kapital um Eigen- oder Fremdkapital handelt (Abschnitt III.). Wenn am Bilanzstichtag Fremdkapital vorliegt, ist zu prüfen, ob es in der Bilanz als Verbindlichkeit auszuweisen ist (Abschnitt IV). Unabhängig von einem Ausweis als Verbindlichkeit in der Bilanz sind gezahlte Vergütungen auf Genussrechtskapital, das steuerbilanziell Fremdkapital darstellt, Betriebsausgaben i. S. d. § 8 Absatz 1 KStG i. V. m. § 4 Absatz 4 EStG (Abschnitt V). Bei der Ermittlung des Einkommens sind § 8 Absatz 3 Satz 2 2. Alternative KStG und die allgemeinen Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung gesondert zu prüfen.

1. Allgemein

8Wird einer Kapitalgesellschaft von einem fremden Dritten Kapital im Rahmen eines schuldrechtlichen Kapitalüberlassungsverhältnisses zugeführt, handelt es sich steuerlich stets um Fremdkapital. Wird dieses Kapital von ihrem Anteilseigner oder einer dem Anteilseigner nahestehenden Person zugeführt, ist zu unterscheiden, ob das Kapital als Fremdkapital oder als Eigenkapital in das Vermögen der Kapitalgesellschaft gewährt wurde. Entscheidendes Abgrenzungskriterium für das Vorliegen von Fremdkapital ist i. d. R. eine bestehende Rückzahlungsverpflichtung.

9Für die Zuordnung der Kapitalzuführung ist daher in jedem Einzelfall zu prüfen, ob das zugeführte Kapital dauerhaft in das Vermögen der empfangenden Kapitalgesellschaft übergehen soll und eine Rückzahlung nicht beabsichtigt ist (Zuführung von Eigenkapital) oder ob die Beteiligten – im Sinne einer ernstlichen Abrede – von einer Kapitalüberlassung auf Zeit ausgehen und die Umstände dafür sprechen, dass die vertraglichen Vereinbarungen durchgeführt, insbesondere das zugeführte Kapital zurückgezahlt werden soll.

2. Genussrechtskapital als Fremd- oder Eigenkapital

10Genussrechtskapital i. S. d. Randnummer 1 ist vorbehaltlich der nachfolgenden Regelungen als Fremdkapital zu qualifizieren.

a) Genussrechtskapital i. S. d. § 8 Absatz 3 Satz 2 2. Alternative KStG

11§ 8 Absatz 3 Satz 2 2. Alternative KStG ist keine Bilanzierungsvorschrift, sondern eine Einkommensermittlungsvorschrift, und berührt die bilanzsteuerrechtliche Einordung des Genussrechtskapitals nicht; sie setzt dessen Einordung als Fremdkapital in der steuerrechtlichen Gewinnermittlung voraus.

b) Genussrechtskapital, das in der Handelsbilanz im Eigenkapital ausgewiesen wird

12Nach der Verlautbarung IDW/HFA 1/94 verlieren Genussrechte unabhängig von deren Ausgestaltung nicht ihren schuldrechtlichen Charakter. Das Genussrechtskapital ist in der Handelsbilanz der empfangenden Kapitalgesellschaft je nach Sachverhalt als Fremdkapital zu passivieren, unmittelbar in das Eigenkapital einzustellen oder erfolgswirksam zu vereinnahmen.

13In der Handelsbilanz ist Genussrechtskapital laut IDW/HFA 1/94 als Eigenkapital auszuweisen, wenn die folgenden Kriterien kumulativ erfüllt sind:

  • Nachrangigkeit der Kapitalüberlassung gegenüber den anderen Gläubigern,

  • Erfolgsabhängigkeit der Vergütung,

  • Teilnahme am Verlust bis zur vollen Höhe des überlassenen Kapitals und

  • Langfristigkeit der Kapitalüberlassung.

14Dabei ist es laut IDW/HFA 1/94 unerheblich, ob das Kapital der Kapitalgesellschaft durch einen Anteilseigner oder einen fremden Dritten zugeführt wird.

15Die handelsbilanzielle Einordnung als Eigenkapital nach den Kriterien in Randnummer 13 schließt eine Kapitalüberlassung auf Zeit und damit steuerrechtliches Fremdkapital nicht aus.

c) Genussrechtskapital in der Krise

16Auch bei einer Kapitalgewährung in der Krise ist davon auszugehen, dass Genussrechtskapital i. S. d. Randnummer 1 i. d. R. als Fremdkapital zu qualifizieren ist (siehe Randnummer 10). Die Vermögenslosigkeit des Schuldners allein führt nicht zu einer Gewährung von Eigenkapital.

17Eine Gewährung von Eigenkapital durch einen Anteilseigner oder eine dem Anteilseigner nahestehende Person kann als Ausnahmefall jedoch beispielsweise dann vorliegen, wenn eine Rückzahlungsverpflichtung des in der Krise gewährten Genussrechtskapitals aufgrund der vertraglichen Abreden als nicht ernstlich vereinbart anzusehen ist. In diesen Fällen liegt bereits im Zeitpunkt der Gewährung des Genussrechtskapitals eine verdeckte Einlage vor.

d) Wandlungs- oder Optionsrechte

18Bei Genussrechtskapital, das von einem Anteilseigner oder einer dem Anteilseigner nahestehenden Person zugeführt wird und mit Wandlungs- oder Optionsrechten verbunden ist, ist anhand der Abgrenzungsregelungen in den Randnummern 8 und 9 im Zeitpunkt der Gewährung des Genussrechtskapitals zu prüfen, ob dieses Kapital mangels tatsächlich bestehender Rückzahlungsverpflichtung auf Dauer zugeführt wurde. Die Einräumung von Wandlungs- oder Optionsrechten allein spricht nicht gegen die Einordnung als Fremdkapital. Auch eine Vereinbarung zur Erfüllung der Rückzahlungsverpflichtung durch die Gewährung von Gesellschaftsanteilen ändert nicht die Einordnung als Fremdkapital. Die steuerrechtliche Umqualifizierung in Eigenkapital erfolgt daher grundsätzlich erst ab dem Zeitpunkt der Ausübung des Wandlungs- oder Optionsrechts mit Wirkung für die Zukunft.

IV. Ansatz einer Verbindlichkeit in der Bilanz

19Gemäß § 8 Absatz 1 KStG i. V. m. § 5 Absatz 1 Satz 1 EStG haben buchführende Kapitalgesellschaften in der Bilanz das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Nach den in § 242 Absatz 1 i. V. m. § 246 Absatz 1 HGB vorgeschriebenen Ansatzgrundsätzen sind Vermögensgegenstände, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten in der Bilanz auszuweisen, um das Verhältnis des Vermögens zu den Schulden abzubilden. Eine in der Bilanz anzusetzende Verbindlichkeit setzt eine dem Inhalt und der Höhe nach bereits bestimmte Leistungspflicht voraus, die erzwingbar ist und eine wirtschaftliche Belastung darstellt (vgl. , BStBl 2000 II S. 139; vom , IV R 31/99, BStBl 2001 II S. 536 und vom , I R 71/00, BStBl 2003 II S. 279).

20Nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung sind am Bilanzstichtag dem Grunde und der Höhe nach entstandene Verbindlichkeiten in der Bilanz auszuweisen, auch wenn sie noch nicht fällig sind (vgl. § 246 Absatz 1, § 247 Absatz 1, § 253 Absatz 1 Satz 2 und § 266 Absatz 3 HGB). Soweit einer Kapitalgesellschaft Genussrechtskapital i. S. d. Randnummer 1 überlassen worden ist und dieses als Fremdkapital zu qualifizieren ist, ist dieses grundsätzlich in der Steuerbilanz als Verbindlichkeit auszuweisen.

1. Fehlende wirtschaftliche Belastung

21Ohne gegenteilige Anhaltspunkte im konkreten Einzelfall ist davon auszugehen, dass der Genussrechtsinhaber von seinem Rückzahlungsanspruch Gebrauch machen wird. Das zivilrechtliche Bestehen einer Verbindlichkeit lässt zunächst darauf schließen, dass der Gläubiger sein Forderungsrecht auch geltend machen wird. Im Ausnahmefall ist eine Verbindlichkeit nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung jedoch nicht (mehr) zu passivieren, wenn sie keine wirtschaftliche Belastung am Bilanzstichtag darstellt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls mit einer Geltendmachung der Forderung durch den Gläubiger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht (mehr) zu rechnen ist (, BStBl 1989 II S. 359).

22Das Vorliegen einer wirtschaftlichen Belastung ist in jedem Einzelfall unter Abwägung aller Umstände zu prüfen. Das Bestehen einer Nachrangvereinbarung, kombiniert mit einer Verlustteilnahme, schließt die wirtschaftliche Belastung nicht aus. Ebenso wenig kann allein die Tatsache, dass der Schuldner die Verbindlichkeit mangels ausreichenden Vermögens nicht oder nur teilweise tilgen kann, die Annahme einer fehlenden wirtschaftlichen Belastung begründen (, BStBl 1993 II S. 747). Auch aus der Länge der Laufzeit der Kapitalgewährung können für eine fehlende wirtschaftliche Belastung keine pauschalen Rückschlüsse gezogen werden.

23Fehlt es demgegenüber an einer wirtschaftlichen Belastung der Grundverpflichtung, führt allein eine vereinbarte Zinszahlungsverpflichtung i. d. R. nicht zu einer wirtschaftlichen Belastung des Verpflichteten im Hinblick auf das überlassene Kapital. Die darlehensbezogene Bilanzierungsfrage beim Verpflichteten ist von der rechtlichen Qualifizierung beim Berechtigten (dem Gläubiger) unabhängig. Denn eine sog. Korrespondenzsituation liegt nicht vor (, BStBl 2019 II S. 803).

2. Passivierungsaufschub nach § 5 Absatz 2a EStG

24Gemäß § 5 Absatz 2a EStG darf für eine Verpflichtung, die nur zu erfüllen ist, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, eine Verbindlichkeit oder Rückstellung erst dann angesetzt werden, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind (zu Fragen zur Anwendung des § 5 Absatz 2a EStG vgl. /06, BStBl 2006 I S. 497).

25Gemäß § 5 Absatz 2a EStG darf eine Genussrechtsverbindlichkeit, die nur aus künftigen Einnahmen oder Gewinnen erfüllt werden muss, mangels gegenwärtiger wirtschaftlicher Belastung am Bilanzstichtag nicht in der Bilanz ausgewiesen werden. Soweit die Genussrechtsverbindlichkeit nicht nur aus künftigen Gewinnen, sondern auch aus einem eventuellen Liquidationsüberschuss zu bedienen ist, fehlt es ebenfalls an einer gegenwärtigen wirtschaftlichen Belastung. Zwar betreffen Zahlungspflichten aus einem Liquidationsüberschuss bereits auch das gegenwärtige Vermögen; sie belasten es aber noch nicht, da nach dem Grundsatz der Unternehmensfortführung der Liquidationsfall noch nicht berücksichtigt werden darf (, BStBl 2012 II S. 332 und vom , I R 44/14, BStBl 2015 II S. 769). Aufgrund der dennoch vorhandenen Rückzahlungsverpflichtung verliert dieses Kapital trotz fehlendem bilanziellem Ausweis nicht den Charakter einer Verbindlichkeit (Kapitalüberlassung auf Zeit gleich Fremdkapital).

3. Folgen des fehlenden Ansatzes einer Verbindlichkeit

26Der Zugang des Kapitals oder der Wegfall der in der Steuerbilanz als Verbindlichkeit angesetzten Rückzahlungsverpflichtung führt steuerbilanziell zu einem Ertrag. Beruht der hierdurch ausgelöste Wegfallgewinn auf dem Gesellschaftsverhältnis, ist er durch den Ansatz einer Einlage in Höhe des werthaltigen Teils der betroffenen Forderungen zu neutralisieren (, BStBl 2015 II S. 769).

27Lebt die Darlehensverbindlichkeit in der Zukunft wieder auf, ist der aus diesem Vorgang entstehende Aufwand zu neutralisieren, soweit die vorherige gewinnwirksame Ausbuchung des Genussrechts als Einlage zu beurteilen war.

28Soweit Genussrechte inhaltsgleich auch an fremde Dritte ausgegeben werden und eine Verbindlichkeit mangels wirtschaftlicher Belastung am Bilanzstichtag in der Bilanz der Emittentin nicht passiviert werden darf, kann von einer Veranlassung der fehlenden wirtschaftlichen Belastung aus dem Gesellschaftsverhältnis heraus grundsätzlich nicht ausgegangen werden. Der Ertrag wird nicht durch eine Einlage korrigiert, da der steuerrechtliche Einlagebegriff den Steuerbilanzgewinn lediglich um die nicht betrieblich, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Mehrungen des steuerrechtlichen Betriebsvermögens mindern soll (, BStBl 2015 II S. 769).

V. Zahlungen auf Genussrechtskapital bei der Einkommensermittlung

29Handelt es sich bei der Überlassung von Genussrechtskapital um eine Überlassung von Fremdkapital, sind gezahlte Vergütungen auf das Genussrechtskapital unabhängig vom Vorliegen eines Passivierungsverbotes Betriebsausgaben i. S. d. § 8 Absatz 1 KStG i. V. m. § 4 Absatz 4 EStG.

30Gemäß § 8 Absatz 3 Satz 2 2. Alternative KStG mindern Ausschüttungen jeder Art auf Genussrechte, mit denen das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Kapitalgesellschaft verbunden ist, nicht deren Einkommen.

31Das Merkmal „Beteiligung am Gewinn“ ist weit auszulegen. Eine Beteiligung am Gewinn ist die Teilnahme des Genussrechtsinhabers am wirtschaftlichen Erfolg der genussrechtsemittierenden Kapitalgesellschaft. Die Erfolgsbeteiligung kann sich an Kennzahlen wie dem Jahresüberschuss, dem Bilanzgewinn, dem ausschüttungsfähigen Gewinn, EBIT und EBITDA bemessen. Ebenso stellt die Bemessung der Genussrechtsvergütung an Dividendenausschüttungen eine ausreichende mittelbare Beteiligung am Gewinn dar. Diese Beteiligung am Gewinn wird dadurch begrenzt, dass maximal der in der Handelsbilanz ausgewiesene Gewinn ausgeschüttet werden kann. Keine Beteiligung am Gewinn i. S. v. § 8 Absatz 3 Satz 2 2. Alternative KStG liegt jedoch vor, wenn die Vergütung abhängig vom Ergebnis einer bestimmten Unternehmenssparte (tracking-stock), von einzelnen Wirtschaftsgütern oder anderen Konzerngesellschaften erfolgt. Eine Beteiligung an Verlusten der Kapitalgesellschaft ist nicht erforderlich.

32Eine Beteiligung am Liquidationserlös liegt nicht bereits vor, wenn das Genussrechtskapital lediglich nominal anlässlich der Liquidation zurückzuzahlen ist. Eine Beteiligung am Liquidationserlös ist anzunehmen, wenn dem Genussrechtsinhaber aufgrund der getroffenen Vereinbarungen anlässlich der Liquidation der Kapitalgesellschaft über die Rückzahlung des Genussrechtskapitals hinaus auch ein Recht auf eine zumindest teilweise Beteiligung an den stillen Reserven eingeräumt wurde. Demgegenüber liegt im Falle eines zeitlich befristeten oder kündbaren Genussrechts keine Beteiligung am Liquidationserlös i. S. v. § 8 Absatz 3 Satz 2 2. Alternative KStG vor, wenn es nach der getroffenen Vereinbarung an einer Teilhabe des Genussrechtsinhabers anlässlich einer Liquidation der Kapitalgesellschaft fehlt. Eine Beteiligung am Liquidationserlös kann allein durch die Dauer der Kapitalüberlassung nicht begründet werden.

33Bei Genussrechtskapital mit Verlustbeteiligung liegt eine Beteiligung am Liquidationserlös auch vor, wenn für den Fall der Liquidation des Unternehmens ein Anspruch auf Rückzahlung des Genussrechtskapitals mindestens zum Nennwert vereinbart ist. Denn durch die Beteiligung am Verlust kann das Genussrechtskapital im Zeitpunkt der Liquidation gemindert sein. Der Anspruch auf Rückzahlung zum Nennwert führt dann zu einer (jedenfalls teilweisen) Beteiligung an den stillen Reserven, um die verlustbedingte Minderung auszugleichen. Auch bei einer nur teilweisen Beteiligung an den stillen Reserven liegt eine Beteiligung am Liquidationserlös i. S. d. § 8 Absatz 3 Satz 2 2. Alternative KStG vor.

VI. Debt-Mezzanine-Swap

34Wird eine Darlehensforderung in ein Genussrecht i. S. d. Randnummer 1 umgewandelt, ist anlässlich der geänderten schuldrechtlichen Vereinbarung der steuerbilanzielle Ausweis des Genussrechtskapitals anhand der in diesem Schreiben aufgestellten Grundsätze insgesamt zu prüfen.

35Soweit Fremdkapital vorliegt, ist das durch die Umwandlung entstehende Genussrechtskapital von der Kapitalgesellschaft grundsätzlich als Verbindlichkeit auszuweisen (erfolgsneutraler Passivtausch). Ist die Kapitalgesellschaft am Bilanzstichtag durch die Kapitalüberlassung wirtschaftlich nicht belastet, kann in der Bilanz keine Verbindlichkeit angesetzt werden (Passivierungsverbot, siehe hierzu die Randnummern 23 ff. dieses Schreibens).

36Wird einem Anteilseigner demgegenüber an Stelle seiner ursprünglichen Darlehensforderung ein Genussrecht eingeräumt, das nach den Grundsätzen dieses Schreibens aufgrund einer fehlenden Rückzahlungsverpflichtung als Gewährung von Eigenkapital zu beurteilen ist (vgl. , BStBl 1996 II S. 77), kann in der Bilanz weder die ursprüngliche Darlehensverbindlichkeit noch eine Genussrechtsverbindlichkeit ausgewiesen werden. Der Wegfall der Darlehensverbindlichkeit führt steuerbilanziell zu einem Ertrag. Beruht der hierdurch ausgelöste Wegfallgewinn auf dem Gesellschaftsverhältnis, ist er durch den Ansatz einer Einlage in Höhe des werthaltigen Teils der betroffenen Forderungen zu neutralisieren (, BStBl 2015 II S. 769). Hinsichtlich der Gewährung der Genussrechte gelten die allgemeinen Grundsätze zur Gewährung von Eigenkapital.

VII. Anwendungsregelung

37Dieses Schreiben ist in allen offenen Fällen anzuwenden.

VIII. Aufhebung bestehender BMF-Schreiben

38Das (BStBl 1996 I S. 49) wird aufgehoben.

BMF v. - IV C 6 - S 2133/19/10004 :002

Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:



Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
BStBl 2023 I Seite 672
FR 2023 S. 533 Nr. 11
WAAAJ-37549