Wirtschaftsprüfung | Beschlusskammerentscheidung "Berufsaufsicht" in Sachen Wirecard (APAS)
Die Abschlussprüferaufsichtsstelle APAS beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle hat sich zur Beschlusskammerentscheidung „Berufsaufsicht“ zum Berufsaufsichtsverfahren der Abschlussprüfer in Sachen Wirecard geäußert.
Aufgrund von Nachfragen von Journalisten erklärt die Abschlussprüferaufsichtsstelle (APAS) beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zum Sachstand der Berufsaufsichtsverfahren gegen die Abschlussprüfer (Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und einzelne Wirtschaftsprüfer) der Wirecard AG und der Wirecard Bank AG folgendes:
Die Beschlusskammer "Berufsaufsicht" der Abschlussprüferaufsicht hat am ihre Entscheidung gefällt. Sie sieht bei der Prüfung der Abschlüsse der Wirecard AG und der Wirecard Bank AG in den Jahren 2016 bis 2018 Berufspflichtverletzungen als erwiesen an und hat Sanktionen gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft selbst und fünf Wirtschaftsprüfer verhängt. Bei sieben weiteren Wirtschaftsprüfern wurden die jeweiligen Berufsaufsichtsverfahren wegen Verzichts auf die Bestellung als Wirtschaftsprüfer gesetzlich zwingend eingestellt, da die APAS nur eine Jurisdiktion über aktuelle Angehörige des Berufsstandes hat.
Bei ihren Ermittlungen stützte sich die APAS insbesondere auf die Arbeitspapiere der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die einschlägige Kommunikation der Beteiligten, Zeugenaussagen, Informationen Dritter und Stellungnahmen der Betroffenen.
Die Beratungen der Beschlusskammer, der drei Wirtschaftsprüfer und zwei Volljuristen der APAS angehören, erfolgten ab Oktober 2022 in mehrwöchigen, ganztägigen Sitzungen, in denen die einzelnen Berufspflichtverletzungen ausführlich analysiert und intensiv besprochen wurden.
Aufgrund der Einheitlichkeit der Berufspflichtverletzungen sind alle bis dato bekannten Pflichtverletzungen bezüglich eines Prüfgegenstandes in einer Sanktion zu ahnden. Eine separate Sanktion für jede einzelne Berufspflichtverletzung sieht das Gesetz ausdrücklich nicht vor. Bei der Sanktionsfindung sind alle relevanten Umstände zu berücksichtigen.
Nunmehr sind im nächsten Schritt die sich daraus ergebenden Bescheide von der APAS zu fertigen. In einem weiteren Schritt können die Betroffenen gegen diese Bescheide Einspruch einlegen, über die dann der Gemeinsame Ausschuss der Beschlusskammern unter Vorsitz des Leiters der Abschlussprüferaufsichtsstelle und jeweils 2 Vertretern der Beschlusskammern „Inspektionen“ und „Berufsaufsicht“ entscheidet. Gegen Entscheidungen des Gemeinsamen Ausschusses ist der Antrag auf gerichtliche Überprüfung vor dem Landgericht Berlin (Kammer für Wirtschaftsprüfersachen) möglich. Im Anschluss wäre die Berufung zum Kammergericht Berlin und anschließend die Revision zum Bundesgerichtshof möglich.
Da die hier festgestellten Verstöße vor dem Inkrafttreten des Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetzes mit Wirkung zum stattfanden, ist die davor geltende Rechtslage anwendbar. Im Hinblick auf die eindeutige Rechtslage bitten wir von Nachfragen hinsichtlich der Namen der betroffenen Wirtschaftsprüfer bei der APAS abzusehen, die dazu keine Erklärungen abgeben darf.
Die Sanktionen belaufen sich bei den natürlichen Personen auf Geldbußen von 23.000 Euro bis 300.000 Euro sowie bei der juristischen Person auf 500.000 Euro sowie ein Verbot für die Durchführung gesetzlicher Abschlussprüfungen bei Unternehmen von öffentlichem Interesse von zwei Jahren ab Bestandskraft des Bescheides (sog. Neumandate). Ausgenommen vom Tätigkeitsverbot sind Prüfungsmandate, die gem. Art. 17 Abs.1 Unterabsatz 2 der VO (EU) 537/2014 verlängert werden (sog. Bestandsmandate).
Es handelt sich um das bisher umfangreichste von der APAS durchgeführte Verfahren (Umfangverfahren), bei dem anfangs gegen 12 Wirtschaftsprüfer und eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hinsichtlich Berufspflichtverletzungen bei der Prüfung der Jahresabschlüsse 2016 bis 2019 (bei 2019 ohne Verstöße) der Wirecard AG und der Wirecard Bank AG ermittelt wurde.
Da es sich hier um ein berufsrechtliches Disziplinarverfahren handelt, standen den Betroffenen umfangreiche Akteneinsichtsrechte, Anspruch auf rechtliches Gehör und Vertretung durch Rechtsanwälte zur Verfügung. Damit unterscheidet sich dieses disziplinare Berufsaufsichtsverfahren von dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, dessen Ziel eine politische Bewertung von als unzureichend angesehenem Handeln verschiedener Bundesbehörden war. Aus diesem Grunde dauern berufsrechtliche Ermittlungen bei einzelnen Berufsträgern durch die Beteiligtenrechte der Betroffenen naturgemäß länger als ein entsprechender Bericht eines fachlichen Ermittlungsbeauftragten, bei denen den Betroffenen keine Beteiligungsrechte zur Verfügung stehen.
Die Entscheidung der Beschlusskammer betrifft ausschließlich die berufsaufsichtlichen Konsequenzen für festgestelltes berufliches Fehlverhalten in dem konkret vorliegenden Fall. Die Entscheidung der APAS hat keine rechtliche Bindungswirkung für andere Verfahren im Zusammenhang mit der Wirecard AG, etwa für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen einzelne Berufsträger bei der Staatsanwaltschaft München bzw. bei der Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche der Wirecard AG oder von Anlegern oder Kreditgebern der Wirecard AG gegenüber einzelnen Wirtschaftsprüfern oder der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Diese Verfahren sind nach den einschlägigen Verfahrensordnungen durch andere staatliche Stellen zu entscheiden.
Quelle: APAS, Pressemitteilung v. (il)
Fundstelle(n):
NWB XAAAJ-36944