Online-Nachricht - Montag, 03.04.2023

Verfahrensrecht | Wiederaufleben einer Steuerforderung nach § 144 Abs. 1 InsO (FG)

Schließt die Finanzbehörde einen Vergleich mit dem Insolvenzverwalter über die Rückgewähr des aus einer angefochtenen Rechtshandlung des Steuerschuldners Erlangten, tritt ohne die Mitwirkung des Steuerschuldners keine Bindungswirkung zu seinen Lasten ein. Die zwischenzeitlich getilgte Steuerforderung des FA lebt infolge der Rückgewähr an den Insolvenzverwalter nur dann gemäß § 144 Abs. 1 InsO wieder auf, wenn die Anfechtung des Insolvenzverwalters begründet war. Die Anfechtungsvoraussetzungen sind im finanzgerichtlichen Verfahren über die Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheides gemäß § 251 Abs. 3 AO vollumfänglich zu überprüfen (; rechtskräftig).

Sachverhalt: Im Urteilsfall stand eine Gemengelage zwischen Strafprozessrecht (Vermögensabschöpfung), Insolvenzrecht und Steuerverfahrensrecht zur Beurteilung. Im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens wegen hinterzogener Gastronomieumsätze arrestierte die Steuerfahndung aufgrund gerichtlicher Anordnung das in einem Schließfach des Steuerpflichtigen vorgefundene Bargeld nach den §§ 111b ff. StPO. Nach abschließender Steuerfestsetzung einigten sich die Beteiligten auf eine Verrechnung des im Zuge seiner Arrestierung hinterlegten Bargeldes mit offenen Umsatzsteuerschulden. Einige Monate später geriet der Steuerpflichtige in Insolvenz. Der Insolvenzverwalter focht die Zustimmung des Steuerpflichtigen zur Verrechnung des im Zuge des Arrestes gemäß § 930 Abs. 2 ZPO hinterlegten Bargeldes als insolvenzrechtlich anfechtbare Rechtshandlung (Gläubigerbenachteiligung) an, woraufhin das Finanzamt einen Teil der Verrechnungssumme in Vollzug eines Vergleichs an den Insolvenzverwalter zurückgewährte. Im Anschluss daran stritten die Beteiligten im Feststellungsverfahren gemäß § 251 Abs. 3 AO über das Wiederaufleben der Steuerforderung gemäß § 144 Abs. 1 InsO und die Rechtmäßigkeit der entsprechenden Tabellenanmeldung des Finanzamts.

Nach Auffassung der Richter ist die Steuerforderung des FA nicht infolge einer anfechtbaren und zurückgeforderten Leistung wiederaufgelebt.

  • Schließt die Finanzbehörde einen Vergleich mit dem Insolvenzverwalter über die Rückgewähr des aus einer angefochtenen Rechtshandlung des Steuerschuldners Erlangten, tritt ohne die Mitwirkung des Steuerschuldners keine Bindungswirkung zu seinen Lasten ein.

  • Die zwischenzeitlich getilgte Steuerforderung des FA lebt infolge der Rückgewähr an den Insolvenzverwalter nur dann gemäß § 144 Abs. 1 InsO wieder auf, wenn die Anfechtung des Insolvenzverwalters begründet war. Die Anfechtungsvoraussetzungen sind im finanzgerichtlichen Verfahren über die Rechtmäßigkeit des Feststellungsbescheides gemäß § 251 Abs. 3 AO vollumfänglich zu überprüfen (Anschluss an ).

  • Sind die Steueransprüche durch ein im Steuerstrafverfahren gemäß den §§ 111b, 111d, 111f Abs. 1 StPO i.V.m. den §§ 928, 930 ZPO erwirktes staatliches Arrestpfandrecht abgesichert, begründet die spätere Freigabeerklärung des Steuerschuldners am gemäß § 930 Abs. 2 ZPO hinterlegten Pfand keine anfechtbare Rechtshandlung gemäß § 133 Abs. 1 InsO, sofern das Arrestpfandrecht selbst insolvenzrechtlich unanfechtbar entstanden ist.

  • Leistet der Steuerschuldner auf die vollziehbar festgesetzte Steuerforderung durch Freigabe aus der Hinterlegung, tritt die Freigabeerklärung hinter der rechtmäßigen, durch ein Pfandrecht abgesicherten Einziehung der titulierten Steueransprüche zurück.

  • Die bloße Behauptung von Dritteigentum am Pfandgegenstand lässt das Arrestpfandrecht nicht entfallen. Zugunsten des Pfandgläubigers streitet die Eigentumsvermutung gemäß § 1006 Abs. 1 BGB. Unabhängig davon entfaltet das Arrestpfandrecht bis zu seiner erfolgreichen Anfechtung durch den Schuldner und/oder eine drittberechtigte Person volle Wirksamkeit.

Hinweis:

Das Urteil ist rechtskräftig.

Quelle: (il)

Fundstelle(n):
BAAAJ-36840