BVerwG Urteil v. - 2 A 17/21

Verstoß gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten; Verbot der sexuellen Belästigung; Zurückstufung

Leitsatz

1. Die Verwertung schriftlicher Zeugenaussagen im behördlichen Disziplinarverfahren nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BDG begründet keinen Verfahrensmangel. Sofern die Glaubwürdigkeit eines Zeugen oder die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen in Zweifel stehen, bildet eine nur auf schriftlichen Äußerungen beruhende Zeugenaussage aber keine hinreichende Tatsachengrundlage für eine fehlerfreie Beweiswürdigung.

2. Aus der Verpflichtung zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten aus § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG folgt, dass sich Beamte anderen Beschäftigten gegenüber korrekt und kollegial verhalten und den Betriebsfrieden wahren müssen. Äußerungen mit einer sexuellen Konnotation haben Beamte im Dienst und im Dienstgebäude zu unterlassen.

Gesetze: § 3 Abs 4 AGG, § 61 Abs 1 S 3 BBG 2009, § 9 BDG, § 17 Abs 1 S 1 BDG, § 24 Abs 1 S 2 Nr 2 BDG, § 34 Abs 2 BDG, § 52 Abs 1 BDG, § 56 S 1 BDG

Tatbestand

1Mit ihrer Disziplinarklage erstrebt die Klägerin die Zurückstufung des Beklagten wegen Verstoßes gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 61 Abs. 1 Satz 3 BBG) sowie wegen Verstoßes gegen das Verbot der sexuellen Belästigung (§ 3 Abs. 4 AGG).

2Der ... geborene Beklagte steht seit April 2002 in der Laufbahn des nichttechnischen Verwaltungsdienstes im Dienst der Klägerin und wird beim Bundesnachrichtendienst (BND), derzeit als Regierungsdirektor (Besoldungsgruppe A 15 BBesO), verwendet.

3In der Zeit vom bis zum war der Beklagte innerhalb der Abteilung X in verschiedenen Bereichen an den Dienstorten H. und B. als Sachgebietsleiter tätig. Vom bis oblag ihm vertretungsweise die Wahrnehmung der Aufgaben des Sachgebietsleiters im Bereich Y. Anschließend übernahm der Beklagte bis zum die kommissarische Leitung des Referats Z. Mit Wirkung vom wurde er hiervon entbunden und auf den Dienstposten eines Referenten umgesetzt.

4Der Beklagte hat an zahlreichen Fortbildungen teilgenommen, unter anderem zu den Themen "Gesundes Führen" und "Grenzüberschreitungen am Arbeitsplatz". In seiner letzten dienstlichen Beurteilung vom hat er im Gesamturteil neun Punkte ("übertrifft die Anforderungen durch stets herausragende Leistungen") erhalten. Leistungsprämien erhielt der Beklagte im Juli 2006 sowie im Oktober 2007. Ab dem nahm er an einer Maßnahme zur stufenweisen Wiedereingliederung teil. Disziplinarrechtlich ist der Beklagte bisher nicht in Erscheinung getreten.

5Im Frühjahr 2019 wandten sich zunächst die Beamtin J., später auch die Zeugin V. an die Gleichstellungsbeauftragte des BND in Person der Zeugin F1 und berichteten über ihrer Ansicht nach beanstandungswürdige Äußerungen des Beklagten. Am kam es daraufhin zu einer Besprechung, zu der auch der damalige Ermittlungsführer S1 hinzugezogen wurde. Anlässlich dieser Zusammenkunft übergab die Zeugin V. unter anderem eine mit "Zitate von L. im Zeitraum 10/2014 - 08/2018" überschriebene Liste. Diese enthält von der Zeugin V. gesammelte undatierte Äußerungen des Beklagten, die dieser ihr gegenüber oder in ihrer Anwesenheit getätigt haben soll.

6Vor diesem Hintergrund leitete der Präsident des BND am ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten wegen Verstoßes gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten im Dienst ein. Hierüber wurde der Beklagte mit Schreiben vom unterrichtet.

7In der Folgezeit holte der Ermittlungsführer S1, ab Mai 2020 der Ermittlungsführer M., teils wiederholt und auch auf Anregung des Beklagten - fast ausnahmslos schriftliche - Zeugenaussagen von diesem unterstellten Mitarbeitern sowie von Vorgesetzten ein. Der anwaltlich vertretene Beklagte erhielt jeweils Gelegenheit zur Stellungnahme. Davon machte dieser im Wesentlichen dahingehend Gebrauch, die ihm vorgeworfenen Äußerungen weit überwiegend in Abrede zu stellen oder - in geringem Umfang - inhaltlich abzuschwächen und deren Disziplinarwürdigkeit zu hinterfragen.

8Die im Hinblick auf laufende Stellenbesetzungsverfahren im Februar sowie April 2021 gestellten Anträge des Beklagten auf Erlass einstweiliger Anordnungen lehnte der Senat mit Beschlüssen vom - 2 VR 1.21 - (Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 109), - 2 VR 2.21 - (NVwZ 2021, 1857) und - 2 VR 4.21 - (juris) ab. Die gegen den Beklagten erhobenen Disziplinarvorwürfe seien nicht offensichtlich unbegründet, sodass die Entscheidung, den Beklagten wegen des laufenden Disziplinarverfahrens nicht in den Leistungsvergleich für das Beförderungsamt einzubeziehen, nicht zu beanstanden sei.

9Am übersandte die Klägerin den abschließenden Ermittlungsbericht vom . Unter dem teilte die Gleichstellungsbeauftragte mit, keine Einwände gegen die beabsichtigte Disziplinarklage zu erheben. Der auf Antrag des Beklagten beteiligte Personalrat stimmte mit Schreiben vom ebenfalls zu.

10Am hat der Präsident des BND, vertreten durch Vizepräsident B., Disziplinarklage erhoben. Darin werden dem Beklagten 77 Äußerungen mit teils antisemitischen, diskriminierenden, sexistischen, frauenfeindlichen und beleidigenden Inhalten vorgeworfen, die dieser zwischen Oktober 2014 und März 2019 im Beisein von Mitarbeitern getätigt haben soll. Hierdurch habe er gegen die beamtenrechtliche Wohlverhaltenspflicht verstoßen. Darüber hinaus stelle sein pflichtwidriges innerdienstliches Verhalten eine sexuelle Belästigung im Sinne des § 3 Abs. 4 AGG dar.

11Das vom Beklagten begangene Dienstvergehen wiege besonders schwer und rechtfertige an sich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Die Pflicht zur Wahrung des Betriebsfriedens sei eine wesentliche Dienstpflicht. Umso schwerwiegender seien die über einen langen Zeitraum getätigten vielfachen sexuellen – wenngleich rein verbalen - Belästigungen gegenüber unterstellten Mitarbeiterinnen. Der Beklagte habe in seiner Vorbildfunktion völlig versagt. Das Dienstvergehen habe eine erhebliche Vertrauensbeeinträchtigung der Klägerin sowie der Allgemeinheit in den Beklagten als Bundesbeamten und als Führungskraft zur Folge gehabt. Zu seinen Gunsten sei zu werten, dass der Beklagte disziplinarrechtlich unbelastet sei; zu berücksichtigen seien zudem seine tadellosen und einwandfreien Leistungen im Dienst. Das Merkmal "Soziale Kompetenz und Führung" sei stets als herausragend bewertet worden. Im Juli 2006 und Oktober 2007 habe er Leistungsprämien erhalten. Der Beklagte könne sich außerdem auf erheblichen Rückhalt innerhalb eines nicht unerheblichen Teils seiner damals unterstellten Mitarbeiter und Vorgesetzten stützen. Das Verfahren habe sich auch bereits negativ auf sein berufliches Fortkommen ausgewirkt. Dies und die Verfahrensdauer seien mildernd zu berücksichtigen. Eine Zurückstufung sei daher angemessen.

12Die Klägerin beantragt,

den Beklagten in das Amt eines Oberregierungsrates (Besoldungsgruppe A 14 BBesO) zurückzustufen.

13Der Beklagte beantragt,

die Disziplinarklage abzuweisen.

14Er trägt im Wesentlichen vor: Der Personalrat sei nicht ordnungsgemäß beteiligt worden; unklar sei zudem, ob die Gleichstellungsbeauftragte beteiligt worden sei. Das Disziplinarverfahren sei nicht in der gebotenen beschleunigten Art und Weise durchgeführt worden. Der Umstand, dass nur zwei ehemalige Vorgesetzte persönlich befragt und im Übrigen nur schriftliche Zeugenaussagen eingeholt worden seien, stelle eine Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs dar. Ohne Sachgrund sei der Ermittlungsführer ausgetauscht worden, wodurch es zu weiteren Verzögerungen gekommen sei. Der daraufhin tätig gewordene Ermittlungsführer sei befangen. Dies zeige sich in der Bewertung der Zeugenaussagen, weil nahezu alle ihn entlastenden Aussagen als unglaubhaft eingestuft worden seien. Im Übrigen werde bestritten, dass zum Zeitpunkt der Klageerhebung der Präsident des BND verhindert und die Person, die die Klageschrift unterzeichnet habe, vertretungsberechtigt gewesen sei.

15Nur zwei der ihm vorgeworfenen Äußerungen habe er getätigt. Hierzu habe es bereits ein klärendes Gespräch mit seiner Vorgesetzten gegeben. Die Zitate, die eine Einstufung als sexistisch, frauenfeindlich, antisemitisch oder diskriminierend rechtfertigten, seien von keinem Zeugen bestätigt worden. Hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Zeugin V. müsse berücksichtigt werden, dass deren Beschreibung seiner Person von nahezu allen befragten Zeugen in entgegengesetzter Weise dargestellt worden sei. Mehrere Zeugen hätten zudem angegeben, dass zwischen ihm und der Zeugin V. in der Vergangenheit Streitpunkte bestanden hätten. Diese könnten mögliches Motiv einer Belastung sein.

16Es erscheine nicht lebensnah, dass das ihm vorgeworfene Verhalten weder Vorgesetzten noch unterstellten Mitarbeitern aufgefallen sei. Die Disziplinarklage lasse des Weiteren unberücksichtigt, dass er nach Einschätzung der Zeugen, die sein Verhalten als teilweise unangemessen geschildert hätten, auf entsprechende Hinweise sofort mit einer Verhaltensänderung reagiert habe. Nicht nachvollziehbar sei, dass die Zeugin V. einerseits in der Lage gewesen sei, in konkreten Belangen seine Vorgesetzten zu kontaktieren, andererseits aber der Empfehlung der Zeugen S. und O. nicht nachgekommen sei, sich in Bezug auf die ihm vorgeworfenen Äußerungen an Vorgesetzte oder die Interessenvertretung zu wenden.

17Im Übrigen liege kein einheitliches Dienstvergehen vor. Der von der Zeugin V. angegebene Zeitraum Oktober 2014 bis August 2018 umfasse fast 1 400 Tage. Somit lägen etwa drei Wochen zwischen zwei Äußerungen. Dies spreche gegen einen systematischen Vorgang. Die Dauer des Disziplinarverfahrens habe eine physische und psychische Belastungssituation zur Folge gehabt, die zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen einerseits und andererseits dazu geführt habe, dass aussichtsreiche Bewerbungen auf Beförderungsdienstposten erfolglos geblieben seien.

18Mit Beschluss vom hat der Senat die dem Beklagten in der Klageschrift vorgeworfenen Äußerungen Nr. 2, 12, 14, 15, 16, 17, 19, 20, 27, 30, 32, 33, 36, 37, 40, 45, 51, 52, 55, 56, 57, 60, 61, 62, 65, 68, 74 und 75 nach § 56 Satz 1 BDG aus dem Disziplinarverfahren ausgeschieden. Auf dieser Grundlage hat der Senat des Weiteren in der mündlichen Verhandlung die dem Beklagten ebenfalls vorgeworfenen Äußerungen Nr. 76 und 77 ausgeschieden.

19In der mündlichen Verhandlung hat der Senat Beweis durch Vernehmung der Zeugen V., S., O., G., F1, H., P., A., R., F. und K. zu den beanstandeten Äußerungen des Beklagten gegenüber Mitarbeitern im Zeitraum Oktober 2014 bis März 2019 erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, auf die dem Senat vorliegende Akte des behördlichen Disziplinarverfahrens sowie die Personalakten des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung waren.

Gründe

21Die Disziplinarklage, über die der Senat in erster und letzter Instanz (§ 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO und § 45 Satz 5 BDG) entscheidet, ist zulässig und begründet. Sie führt zur Zurückstufung des Beklagten in das Amt eines Oberregierungsrates (Besoldungsgruppe A 14 BBesO) unter gleichzeitiger Verkürzung des gesetzlichen Beförderungsverbots auf zwei Jahre nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung (§ 9 BDG).

221. Mit den innerhalb der Zwei-Monats-Frist des § 55 Abs. 1 BDG erhobenen Rügen zeigt der Beklagte keine wesentlichen Mängel des behördlichen Disziplinarverfahrens auf.

23a) Die Einleitung des Disziplinarverfahrens am entspricht der Vorgabe des § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG.

24Danach hat der Dienstvorgesetzte die Pflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. Zweck der Vorschrift ist der Schutz des Beamten. Die disziplinarischen Ermittlungen sollen so früh wie möglich im Rahmen des gesetzlich geordneten Verfahrens mit seinen rechtsstaatlichen Sicherungen zu Gunsten des Beamten, insbesondere dem Recht auf Beweisteilhabe nach § 24 Abs. 4 BDG, geführt werden. Der Dienstvorgesetzte darf, wenn die Voraussetzungen zur Einleitung vorliegen, nicht abwarten und weiteres Belastungsmaterial sammeln ( 2 C 60.17 - BVerwGE 163, 356 Rn. 21).

25Diesen Voraussetzungen genügt die Verfahrensweise der Klägerin.

26Zwar hatten sich die Zeuginnen J. und V. bereits im Frühjahr 2019 an die Gleichstellungsbeauftragte des BND gewandt. Eine die Pflicht aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG auslösende Kenntnis des Dienstvorgesetzten ist damit indes nicht verbunden.

27Eine entsprechende Information der Dienstherrin über den Verdacht eines Dienstvergehens des Beklagten fand vielmehr erst im Gespräch der Zeugin V. mit dem damaligen Ermittlungsführer vom statt. Erst hierdurch und durch die Übergabe der Zitatenliste sind der Dienstherrin die für das Disziplinarverfahren wesentlichen Umstände zur Kenntnis gebracht worden. Bereits am hat der Präsident des BND das Disziplinarverfahren gegen den Beklagten eingeleitet, wovon dieser mit am zugegangenem Schreiben vom unterrichtet worden ist (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 BDG). Zwischen der Kenntnis der Dienstherrin und der Einleitung des Disziplinarverfahrens lagen folglich gut zwei Wochen, zudem ist der Beklagte unverzüglich über dessen Einleitung unterrichtet worden.

28b) Entgegen der Auffassung des Beklagten war die Klägerin auch nicht aufgrund der "Aufarbeitung" des Vorfalls, der sich mutmaßlich am zugetragen hat und die vom Senat in der mündlichen Verhandlung aus dem Disziplinarverfahren ausgeschiedenen Äußerungen zum Gegenstand hatte, durch dessen ehemalige Vorgesetzte L1, an der Einleitung eines Disziplinarverfahrens gehindert.

29Ein damit in der Sache angesprochener Disziplinarklageverbrauch kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Reaktion der damaligen Vorgesetzten des Beklagten keinen disziplinarischen Charakter aufwies. Frau L1 war weder die hierfür zuständige Dienstvorgesetzte (§ 3 Abs. 2 BBG) noch hat sie einen Verweis im Sinne von § 6 Satz 2 BDG ausgesprochen.

30c) Die Dauer des Disziplinarverfahrens entspricht hier angesichts der konkreten Umstände des vorliegenden Falles noch den Anforderungen des Beschleunigungsgebots.

31Das Beschleunigungsgebot gemäß § 4 BDG verpflichtet die Behörde, das Disziplinarverfahren schnellstmöglich durchzuführen, wobei dies nicht zu Lasten eines sachgemäßen Verfahrens zu erfolgen hat.

32Der Senat hat bereits anlässlich des vom Beklagten angestrengten und auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichteten gerichtlichen Eilverfahrens (Beschluss vom - 2 VR 1.21 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 109 Rn. 28) ausgeführt, dass die Verfahrensdauer von zum damaligen Zeitpunkt 23 Monaten sich als noch angemessen erweist. Dabei hat er berücksichtigt, dass der Ermittlungsführer eine nicht unerhebliche Anzahl von über mehrere Jahre getätigten Äußerungen in rechtlicher Hinsicht auf ihre Disziplinarwürdigkeit und in tatsächlicher Hinsicht darauf zu überprüfen hatte, ob sie nachweisbar vom Beklagten getätigt worden sind. Der Beklagte selbst hat im Rahmen des Verfahrens eine Vielzahl weiterer möglicher Zeugen benannt - nämlich die ehemaligen Mitarbeiter A., F., K., O., P. und R. (vgl. S. 240 der Disziplinarakte) -, deren Vernehmung ebenfalls Zeit in Anspruch nahm.

33Diese Einschätzung stellt sich mit Blick auf das zwischenzeitlich abgeschlossene Disziplinarverfahren nicht anders dar. Denn im Zeitraum von Mai 2021 bis zur Erhebung der Disziplinarklage am sind lediglich rund fünf Monate vergangen, in denen seitens des BND das Disziplinarverfahren vorangetrieben und wesentliche Verfahrensschritte durchlaufen worden sind. So sind am die ehemaligen Vorgesetzten des Beklagten V1 und V2 als Zeugen vernommen sowie der Ermittlungsbericht erstellt und die Gleichstellungsbeauftragte beteiligt worden. Darüber hinaus hat der BND intern eine Klärung zu der Frage herbeigeführt, ob Disziplinarklage erhoben werden soll. Zudem ist dem Beklagten Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme eingeräumt worden, die in der Beteiligung des Personalrats Mitte Oktober 2021 mündete. Der Vorwurf einer überlangen Verfahrensdauer bzw. einer verzögerten Klageeinreichung kann der Klägerin nach alledem nicht gemacht werden.

34d) Die Rüge der nicht ordnungsgemäß erfolgten Beteiligung des Personalrats greift ebenfalls nicht durch.

35Der Beklagte führt dies zum einen darauf zurück, dass das Schreiben des Personalrats vom , mit dem dieser mitgeteilt hat, der Erhebung der Disziplinarklage zuzustimmen, nur von der stellvertretenden Personalratsvorsitzenden unterzeichnet worden ist. Mit diesem Einwand ist bereits nicht dargetan, dass der Personalrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden sei. Denn nach § 84 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BPersVG wirkt der Personalrat (auf Antrag) bei Erhebung der Disziplinarklage gegen einen Beamten mit. Damit kommt es nach dem Gesetz auf den Vorgang der Mitwirkung, nicht aber darauf an, wer das Ergebnis der Befassung des Personalrats übermittelt. Diese Aufgabe obliegt zwar dem Vorsitzenden (§ 35 Abs. 2 Satz 1 BPersVG), aus seiner Vertretungsfunktion erwachsen ihm aber keine eigenen Zuständigkeiten. In allen Fällen, in denen es sich um Angelegenheiten handelt, die einen förmlichen und offiziellen Schritt des Personalrats erfordern und der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben insbesondere im Bereich der Mitwirkung und Mitbestimmung dienen, ist eine Zuständigkeit des Vorsitzenden nicht gegeben; vielmehr ist ausschließlich der Personalrat als ganzer zur Erfüllung der ihm im Gesetz übertragenen Aufgaben berechtigt und verpflichtet ( - BVerfGE 91, 367 <383>). Unabhängig davon sind auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass der Vorsitzende des Personalrats bei Abfassung des Schreibens vom nicht verhindert gewesen wäre (vgl. hierzu § 35 Abs. 1 Satz 2 BPersVG).

36Der Personalrat hat zudem unter dem den Erhalt der 44-seitigen Disziplinarklage, einer Disziplinarverfahrensakte und der "Personalakte L." bestätigt. Dass die Personalakte - wie sich ebenfalls aus den von der Klägerin im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Aktenbestandteilen ergibt - aus zwei Akten besteht, zeigt sich auch daran, dass der Ermittlungsführer am den Empfang von "2 Personalakten" bestätigt hat. Demnach geht das Bestreiten des Beklagten im Hinblick auf die Übergabe aller erforderlichen Unterlagen an den Personalrat ebenfalls fehl.

37e) Der weitere Einwand des Beklagten, es sei unklar, ob die Gleichstellungsbeauftragte beteiligt worden sei, findet im vorliegenden Akteninhalt keine Stütze. Nicht nur hat das Disziplinarverfahren unter Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten seinen Anfang genommen. Diese ist ferner am über dessen Einleitung informiert sowie Ende August 2021 über die beabsichtigte Erhebung der Disziplinarklage verbunden mit der Bitte um Abgabe eines Votums unterrichtet worden. Dies genügt den Anforderungen der § 27 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d und Abs. 2 sowie § 32 Abs. 2 BGleiG in der jeweils gültigen Fassung.

38f) Anhaltspunkte für die vom Beklagten behauptete Besorgnis der Befangenheit des Ermittlungsführers liegen nicht vor.

39Nach § 3 BDG i. V. m. § 21 Abs. 1 Satz 1 VwVfG (vgl. 2 B 63.08 - juris Rn. 19; Urteil vom - 2 A 4.09 - juris Rn. 119) hat, wer in einem Verwaltungsverfahren für eine Behörde tätig werden soll, den Leiter der Behörde oder den von diesem Beauftragten zu unterrichten und sich auf dessen Anordnung der Mitwirkung zu enthalten, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen, oder wenn von einem Beteiligten das Vorliegen eines solchen Grundes behauptet wird. Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht nicht aus (vgl. etwa 9 A 4.15 - Buchholz 407.4 § 17a FStrG Nr. 12 Rn. 26; Schuler-Harms, in: Schoch/Schneider, VwVfG, Stand 04/2022, § 21 Rn. 17).

40Objektivierbare, über eine rein subjektive Besorgnis hinausgehende Anhaltspunkte werden vom Beklagten indes nicht dargetan. Dies gilt insbesondere, soweit der Beklagte die Besorgnis der Befangenheit darin begründet sieht, dass alle ihn entlastenden Aussagen als unglaubhaft eingestuft worden seien. Denn der Ermittlungsführer hat seine Würdigung der Zeugenaussagen auf sachliche und nachvollziehbare Gründe gestützt.

41Soweit der Beklagte beanstandet, es seien nicht alle Mitarbeiter befragt worden, denen gegenüber bzw. in deren Anwesenheit angeblich Äußerungen gefallen seien, folgt hieraus im Ergebnis nichts anderes. Der Beklagte benennt bereits nicht, welche weiteren Mitarbeiter als Zeugen in Betracht gekommen wären. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagte eine weitere Sachverhaltsaufklärung durch Vernehmung zusätzlicher Zeugen nicht beantragt.

42g) Soweit der Beklagte eine Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs rügt, weil - von zwei Ausnahmen abgesehen - der Ermittlungsführer auf der Grundlage des § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BDG die Zeugen lediglich schriftlich vernommen hat, ist ein Verfahrensmangel im Sinne von § 55 BDG ebenfalls nicht dargetan.

43§ 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BDG lässt das Verfahren, zur Beweiserhebung im behördlichen Disziplinarverfahren auf die schriftliche Äußerung eines Zeugen zurückzugreifen, vielmehr ausdrücklich zu. Die Vorschrift enthält damit - wie auch § 24 Abs. 2 BDG - eine Durchbrechung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes. Sie unterscheidet sich auch von den im gerichtlichen Verfahren geltenden Grundsätzen: Nach § 96 Abs. 1 VwGO hat das Verwaltungsgericht die Beweisaufnahme unmittelbar in der mündlichen Verhandlung durchzuführen, Zeugen sind demnach (selbst) zu vernehmen (§ 96 Abs. 1 Satz 2 VwGO).

44Grundsätzlich ist es daher nicht zu beanstanden, wenn im behördlichen Disziplinarverfahren von der Vernehmung eines Zeugen abgesehen wird, denn eine Rangordnung der zulässigen Beweismittel gibt es nach ständiger Rechtsprechung nicht (vgl. etwa 2 C 30.05 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 Rn. 16). Es ist daher auch nicht - im Sinne eines Verstoßes gegen verfahrensrechtliche Vorschriften - fehlerhaft, wenn die Behörde dieses, im behördlichen Disziplinarverfahren ausdrücklich zugelassene, Beweismittel heranzieht (vgl. hierzu auch bereits 2 A 4.04 - Buchholz 235.1 § 24 BDG Nr. 1 Rn. 25).

45Wie der Beklagte zutreffend ausführt, kann die Glaubhaftigkeit der nur schriftlich eingeholten Zeugenaussagen aber nicht abschließend beurteilt werden. Die zur Sachaufklärung berufene Stelle hat sich von Zeugen grundsätzlich selbst einen unmittelbaren persönlichen Eindruck zu verschaffen; dies gilt jedenfalls dann, wenn die Glaubwürdigkeit des Zeugen oder die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen zu beurteilen sind (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom - 2 B 22.12 - NVwZ-RR 2013, 557 Rn. 11 und vom - 2 B 4.15 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 86 Rn. 10 m. w. N. für gerichtliche Beweisaufnahmen). Wird dies unterlassen, beruht die Beweiswürdigung auf einer unsicheren Tatsachengrundlage. Ob die Angaben des Zeugen der Würdigung tatsächlich zugrunde gelegt werden können, steht dann nicht mit hinreichender Sicherheit fest.

46Dieser Fehler berührt indes nicht die Handhabung des behördlichen Verfahrens im Sinne von § 55 BDG, er betrifft vielmehr die Beweiswürdigung (vgl. 2 C 30.05 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 50 Rn. 19). Da das Verwaltungsgericht gemäß § 58 Abs. 1 BDG im Rahmen einer Disziplinarklage die erforderlichen Beweise selbst zu erheben und auf dieser Grundlage seine Entscheidung zu treffen hat (vgl. zur Aufhebung der unter der BDO noch geltenden Bezugnahmemöglichkeiten BT-Drs. 14/4659 S. 49), wäre ein entsprechender Mangel durch die gerichtliche Beweiserhebung jedenfalls "geheilt" (vgl. zu Verstößen gegen das Recht auf Beweisteilhabe etwa BVerwG, Beschlüsse vom - 2 B 62.09 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 9 Rn. 11 und vom - 2 B 123.11 - ThürVBl 2012, 246 Rn. 17).

472. Die Rüge des Beklagten zeigt auch keine wesentlichen Mängel der Klageschrift auf.

48a) Die Erhebung der Disziplinarklage lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

49Nach § 34 Abs. 2 Satz 2 BDG kann die oberste Dienstbehörde ihre Befugnis zur Erhebung der Disziplinarklage durch allgemeine, im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichende Anordnung ganz oder teilweise auf nachgeordnete Dienstvorgesetzte übertragen ( 2 B 76.20 - Buchholz 235.1 § 34 BDG Nr. 7 Rn. 8). Hiervon ist für den Zuständigkeitsbereich der Klägerin durch die Anordnung zur Übertragung disziplinarrechtlicher Zuständigkeiten und Befugnisse im Bereich des Bundesnachrichtendienstes vom (BGBl. I S. 560) Gebrauch gemacht worden, nach deren Ziff. 3 die Befugnis, nach § 34 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 BDG Disziplinarklage zu erheben, der Präsidentin oder dem Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes übertragen wird. In Wahrnehmung dieser Befugnis hat der Vizepräsident B. als Vertreter des zum maßgeblichen Zeitpunkt, ausweislich des Schreibens der Klägerin vom , verhinderten Präsidenten Disziplinarklage erhoben.

50b) Die Klageschrift leidet auch im Übrigen nicht an Mängeln.

51Nach § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG muss die Klageschrift den persönlichen und beruflichen Werdegang des Beamten, den bisherigen Gang des Disziplinarverfahrens, die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen. Die Klageschrift muss die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, aus sich heraus verständlich darstellen. Sie muss Ort und Zeit der einzelnen Handlungen möglichst genau angeben und die Geschehensabläufe nachvollziehbar beschreiben. Dadurch wird sichergestellt, dass sich der Beamte gegen die disziplinarischen Vorwürfe sachgerecht verteidigen kann. Außerdem tragen die gesetzlichen Anforderungen an die Klageschrift dem Umstand Rechnung, dass sie Umfang und Grenzen der gerichtlichen Disziplinarbefugnis festlegt. Denn nach § 60 Abs. 2 Satz 1 BDG dürfen nur die Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Beamten in der Klage (oder der Nachtragsdisziplinarklage) als Dienstvergehen zur Last gelegt werden. Aus der Klageschrift muss bei verständiger Lektüre deshalb eindeutig hervorgehen, welche konkreten Handlungen dem Beamten als Dienstvergehen vorgeworfen werden (vgl. 2 A 4.09 - juris Rn. 146 f. und Beschluss vom - 2 B 69.16 - Buchholz 235.1 § 52 BDG Nr. 8 Rn. 16 f., jeweils m. w. N.; siehe auch 1 D 1.06 - juris Rn. 14).

52Ausgehend von dem dem Beklagten vorgeworfenen einheitlichen Dienstvergehen genügt die Klageschrift den Anforderungen an ihre Bestimmtheit. Zwar ist der konkrete Zeitpunkt der dem Beklagten zur Last gelegten Äußerungen im Einzelnen nicht immer klar benannt. Durch die von der Zeugin V. jeweils konkret benannten Äußerungen, das zum Teil beschriebene Anlassgeschehen einschließlich weiterer anwesender Personen sowie den fest umrissenen Tatzeitraum war für den Beklagten aber hinreichend klar erkennbar, aus welchen Tatsachen ihm Vorwürfe gemacht werden (vgl. 1 D 70.87 - juris Rn. 35 f.). Der Beklagte war damit in die Lage versetzt, sich zu sämtlichen ihm vorgeworfenen Handlungen zu äußern; er hat hiervon auch Gebrauch gemacht.

533. In der Sache sieht der Senat aufgrund der Beweisaufnahme folgende, in den Zeitraum Oktober 2014 bis August 2018 fallende und dem Beklagten vorgeworfene Äußerungen und Sachverhalte als erwiesen an:

1. Dann geht´s rund. Erst in Popess, dann in Mund.

2. A1 T. Dem würde ich (so) gerne in den Helm pissen und dann einen Tag stehen lassen, damit die Fliegen schön darum kreisen.

3. Kollege S2? Den kann ich leiden wie Scheiße am Schuh.

4. Die muss jetzt erstmal zu Media Markt fahren und sich eine Packung neue Batterien für ihren Vibrator kaufen.

5. Scheißen-drecks-Arschloch.

6. Warum haben Mütter so ein kleines Gehirn? Weil sie bei der Schwangerschaft die Hälfte ihres Gehirns an den Nachwuchs abgeben müssen.

7. Je kürzer der Rock bei Frauen, desto mehr Infos will sie haben.

8. Sie haben bei sich da unten auch ganz viele Milchsäurebakterien.

9. What is the difference between a girl going into the church and a girl going into a bathroom? A girl who is going into the church is a soul full of hope, a girl going to a bathroom is a hole full of soap.

10. Wie macht man aus einer Frau wieder eine Jungfrau? Man stellt sie auf den Kopf, schüttet heiße Milch rein und wartet bis sich eine Pelle bildet.

11. Da bin ich ja froh, das heißt dann ja, dass Sie es entweder noch nie im Büro getrieben haben oder wenn ja, dann haben Sie sich wenigstens nicht erwischen lassen.

12. Stellen Sie sich mal vor, ich denke, was ist der K1 eigentlich für ein kleines pubertierendes Warzenschwein.

13. Morgen kommt der Kollege H., der ist dunkelhäutig, machen Sie da keine Witze, wie zum Beispiel: Hat es bei Ihnen gebrannt? Oder: Afrika ist ja nicht weit, sind Sie zu Fuß gekommen? Und wenn Sie den sehen, Frau V., dann lecken Sie sich bitte nicht die Lippen!

14. Ich unterschreibe Ihnen jetzt besser mal die Besucheranmeldung für den Schwarzen, nicht dass man denkt, dass Sie den hier für ein Schäferstündchen mit sich eingeladen haben.

15. Der Herr W., der kann mir mal den Hobel blasen.

16. Machen Sie das nochmal und ich werde bächtig möse.

17. Als der Beklagte gemeinsam mit dem Zeugen S. die Zeugin H. in der Teeküche antrifft und deren Haarfärbe-Flasche bemerkt, in dem die Zeugin das Spülmittel aufbewahrte, fragt er diese unvermittelt, ob sie sich damit die Schamhaare färbe.

18. Was? Sie haben Kinder? Ist bei Ihnen etwa das Kondom geplatzt?

19. Fick Dich doch in den Arsch.

20. Für diese Geldtransaktion machen wir dann einfach ein Fotzenkonto auf.

21. Na da muss ich dann auch mal fragen, warum sie das auserwählte Volk sind, wenn sie in Auschwitz immer die Selektionstreppe nehmen mussten.

22. Ich möchte ja nicht sagen, dass diese Arbeit für Frau V. zu kompliziert ist, aber (an die Zeugin V. gewandt) dafür können Sie dann heute die gesammelten Rechercheergebnisse beidseitig für mich kopieren.

23. Sie müssen bei der Kollegin, die immer so griesgrämig guckt, mal Pussyslapping machen. Da hauen Sie ihr von hinten mal zwischen die Beine und wenn Sie Glück haben, dann grüßt Ihr Handballen ihre Schamlippen. ... Und dann freut die sich endlich mal richtig. Ich hab gelesen, dass Frauen geschlagen werden wollen. Vielleicht schlägt ihr Freund sie nicht genug? Machen Sie das mal ruhig.

24. Wenn der Kollege S. wüsste, dass die Tusse auf dem Foto mit ihm in Wirklichkeit ein Typ mit Schwanz ist.

25. Was ist denn Frau V.? Nein, Sie sollen nicht nur die Mundwinkel hochziehen. Sie sollen entspannt lächeln. Naja, wenn gar nichts mehr hilft machen Sie einfach den Frankfurter Handschlag.

26. Na früher haben Sie mir aber besser gefallen. Oder gehen Sie so auf ne Demo? Und machen dann so? (Dabei macht der Beklagte eine Geste, die andeuten soll, dass er sein Oberteil hochschiebt.)

27. Welche Farbe hatte im Nationalsozialismus der Winkel für Schwule? Rosa.

54Diese Feststellungen beruhen im Wesentlichen auf den Bekundungen der vom Senat vernommenen Zeugen V., S. und O., soweit der Senat ihnen folgen konnte, und in Teilen auf Angaben und Einlassungen des Beklagten selbst. Der Senat hat seiner Beurteilung nur solche Äußerungen zugrunde gelegt, die aus der unmittelbaren Wahrnehmung jedenfalls eines Zeugen bestätigt worden sind; Äußerungen vom "Hören-Sagen" sind bei der Feststellung nicht berücksichtigt worden.

55a) Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit vernommener Zeugen sowie der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen unter Berücksichtigung der von den Prozessbeteiligten hierzu erhobenen Einwände ist grundsätzlich Sache des Gerichts und ureigene (originäre) tatrichterliche Aufgabe ( 2 A 4.09 - juris Rn. 158; Beschluss vom - 2 B 13.19 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 398 Rn. 7). Dabei ist zwar das Tatgericht nicht grundsätzlich schon dann aufgrund des Zweifelssatzes an einer Überzeugungsbildung zulasten des - hier - Beklagten gehindert, wenn "Aussage gegen Aussage" steht und außer der Aussage des einzigen Belastungszeugen keine weiteren belastenden Indizien vorliegen. Bei einer derartigen Sachlage muss allerdings dessen Aussage einer besonderen Glaubhaftigkeitsprüfung unterzogen werden. Hier ist eine lückenlose Ermittlung und anschließende Gesamtwürdigung der Indizien sowie aller anderen Umstände, welche die Entscheidung beeinflussen können, von besonderer Bedeutung (vgl. 2 WD 14.21 - juris Rn. 20 und vom - 2 WD 16.18 - juris Rn. 15). Mit anderen Worten bedarf es einer besonders sorgfältigen Würdigung der Aussage des Belastungszeugen, insbesondere einer genauen Inhaltsanalyse, einer Prüfung der Entstehungsgeschichte der belastenden Aussage, einer Bewertung des feststellbaren Aussagemotivs sowie einer Prüfung von Konstanz, Detailliertheit und Plausibilität der Angaben ( 2 WD 14.21 - juris Rn. 20; - juris Rn. 6 m. w. N.).

56Die Aussagen der Zeugen V., S. und O. sind nach dem Eindruck, den der Senat von ihnen in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, glaubhaft.

57aa) Die Zeugin V. ist glaubwürdig. Sie hat gegenüber dem Senat differenziert und anschaulich ihre Situation im Sachgebiet zum hier maßgeblichen Zeitpunkt geschildert. Sie hat - durch weitere (schriftliche) Zeugenaussagen belegt - dargestellt, wie sie sich aufgrund von Äußerungen des Beklagten bereits zu Beginn des Jahres 2014 am Dienstort H. an das Mitglied des Personalrats P1 gewandt hat. Weiter hat sie berichtet, dass dessen Gespräch mit dem Beklagten bei diesem nur zu einer Verhaltensänderung von wenigen Tagen geführt hat. Die Entstehung und das Führen der Zitatenliste, das der Zeugin V. nach eigenen Angaben bei der Verarbeitung der Geschehnisse geholfen hat, hat sie ebenso nachvollziehbar beschrieben wie ihre Ohnmacht angesichts der Äußerungen des Beklagten, dessen Verhalten zu einer nachhaltigen Klimaveränderung im Sachgebiet geführt und die auch Auswirkungen auf den Umgang der Kollegen mit ihr gehabt hat. Des Weiteren hat sie authentisch den Eindruck vermittelt, dass sie sich im Nachhinein dafür schäme, nichts gesagt zu haben.

58Für den Senat ist aufgrund der Schilderungen und des Auftretens der Zeugin V., aber auch in Anbetracht des Auftretens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ohne Weiteres nachvollziehbar, dass die Zeugin im damaligen Zeitraum nicht in der Lage war, den Beklagten mit seinem Verhalten zu konfrontieren oder Vorgesetzte hierüber in Kenntnis zu setzen. Entgegen der Auffassung des Beklagten steht hierzu nicht in Widerspruch, dass die Zeugin V. sich hinsichtlich der Urlaubsplanung oder ihrer Teilzeit gegenüber dem Beklagten behauptet und - wenn nötig - zur Durchsetzung ihrer Interessen an Vorgesetzte gewandt hat. Denn hierbei handelte es sich um singuläre Ereignisse, die konkrete Angelegenheiten ihrer Dienstausübung betrafen, nicht aber um alltägliche Abläufe, auf die die Zeugin teilweise mit Vermeidungsverhalten (Verlassen ihres Büros mit unterschiedlicher Begründung) reagierte und die sie "begünstigt" durch ihre negativen Erfahrungen gleich zu Beginn ihres Unterstellungsverhältnisses und der Erkenntnis, dass zumindest ihre unmittelbaren männlichen Kollegen, die Zeugen S. und O., die Äußerungen zwar ebenfalls nicht guthießen, dies aber folgenlos hinnahmen, zusammengefasst als aussichtslos empfand.

59Vor diesem Hintergrund ist ohne Weiteres erklärlich, dass die Zeugin erst durch einen Anstoß von außen - die Ansprache durch die Beamtin J. - das Zutrauen entwickelte, ihre Erlebnisse Dritten gegenüber zu offenbaren.

60bb) Die Glaubwürdigkeit des Zeugen S. steht für den Senat ebenso außer Frage. Der Zeuge hat die Situation im Sachgebiet und in den Morgenrunden, die im Dienstzimmer der Zeugen V., S. und O. stattfanden, ebenfalls detailreich und ausführlich beschrieben. Er hat glaubhaft ausgesagt, dass man die "Sprüche", die er vom Beklagten gehört habe, im "normalen Umgang" nicht höre, schon gar nicht bei der Arbeit. Die "Sprüche", von denen manche die Zeugin V. entwürdigt hätten, habe er erst einmal verarbeiten und sacken lassen müssen. Es habe eine "Chefwitzatmosphäre" geherrscht. Jeder sei an die Sprüche gewöhnt gewesen; er habe sich aber als Mitglied des mittleren Dienstes nicht als denjenigen gesehen, der gegen die Äußerungen etwas hätte machen müssen. Man habe der Zeugin V. aber angemerkt, dass sie gelitten habe.

61Eine Belastungstendenz hat der Zeuge S. nicht erkennen lassen. Der Zeuge hat im Ergebnis zwar mehr Äußerungen bestätigt, als dies im Rahmen seiner schriftlichen Zeugeneinvernahme der Fall war. Er hat dies indes nachvollziehbar damit erklärt, sich anlässlich seiner anstehenden Vernehmung noch einmal intensiv mit den Äußerungen befasst zu haben. Dies erachtet der Senat gerade in Anbetracht der unbefangenen und klaren Aussagen des Zeugen als plausibel. Das Verhalten des Zeugen S. hinsichtlich des durch die Zeugin H. bewiesenen Vorfalls in einer Teeküche (Nr. 17) beeinträchtigt die Bewertung seiner Glaubhaftigkeit nicht. Die Aussage, diese Äußerung des Beklagten gegenüber der Zeugin H. nicht wahrgenommen zu haben, beruht auf dem Empfinden des Zeugen, dass ihn sein damaliges passives Verhalten nachträglich als peinlich erschienen ist.

62cc) Der Zeuge O. hat sich ebenfalls als glaubwürdig erwiesen. Er hat in gleicher Weise das von den vorgenannten Zeugen beschriebene Klima im Sachgebiet und in den Morgenrunden anschaulich beschrieben. So hat er ausgeführt, dass die Äußerungen vom Beklagten ausgegangen und unter den Kollegen nicht allgemein üblich gewesen seien. Er selbst sei von den Aussagen des Beklagten negativ überrascht worden. Die Äußerungen seien ignoriert worden, teilweise habe man auch mitgelächelt, weil es sich um Äußerungen des Vorgesetzten gehandelt habe. Besprechungen mit Vorgesetzten (des Beklagten) hätten nur in großer Runde, nicht aber bilateral stattgefunden. Unter diesen Umständen traue sich kein Mitarbeiter, Missstände anzusprechen. Wie der Zeuge S. hat er bestätigt, dass die Zeugin V. die Morgenrunden erkennbar aufgrund der Äußerungen des Beklagten hin und wieder verlassen hat. Auch er habe vorübergehend eine Liste mit Äußerungen geführt.

63Der Zeuge O. hat zwar mitunter - und ausgeprägter als der Zeuge S. - auf Fragen des Senats eher zurückhaltend geantwortet. Daraus ist aber nicht auf eine Belastungstendenz zu Lasten des Beklagten zu schließen. Vielmehr ist für den Senat der Eindruck entstanden, der Zeuge wolle den Beklagten vor "Schlimmerem" bewahren.

64dd) Das sich anhand dieser Aussagen herauskristallisierende Bild des Beklagten zu dessen generellem Auftreten und Verhalten hat die Zeugin P. bruchlos bestätigt. Der Senat wertet die Äußerungen gleichwohl nicht zulasten des Beklagten, weil sie nicht im Zusammenhang mit konkreten, dem Beklagten mit der Disziplinarklage vorgehaltenen Äußerungen stehen. Auch hat der Zeuge K., der sichtlich um ein "schonendes" Aussageverhalten bemüht war, keine dem Beklagten vorgeworfene Äußerung bestätigen konnte und laut seiner schriftlichen Einlassung (noch) keine "verbalen Entgleisungen" wahrgenommen haben will, vor dem Senat ausgeführt, es habe Scherze mit frauenfeindlichen Elementen seitens des Beklagten gegeben. Die Begriffe "Titten" und "Vögeln" seien von diesem bestimmt gesagt worden. Der Zeuge F., dem zum Zeitpunkt seiner schriftlichen Zeugenaussage ebenfalls keine "verbalen Entgleisungen" erinnerlich waren, konnte sich - persönlich befragt - bei im Übrigen signifikant ausweichendem Aussageverhalten zumindest zu der Aussage durchringen, es habe im Sachgebiet keine Äußerungen unter "Mario-Barth-Niveau" gegeben.

65b) Ausgehend hiervon gilt für die unter 3. festgestellten Äußerungen und Sachverhalte das Folgende:

66Der Beklagte hat allgemein in Bezug auf die in der Disziplinarklage vorgeworfenen Äußerungen bekundet, "solche Sprachgewohnheiten" nicht zu haben; er wäre vielmehr "in höchstem Maße" verwundert gewesen, hätte ihn jemand auf solche Äußerungen angesprochen. Ungeachtet dessen hat der Beklagte in Bezug auf die Äußerung Nr. 1 (Nr. 1 der Disziplinarklageschrift) angegeben, diese privat, nicht aber im Rahmen einer Dienstbesprechung zu tätigen. Nach den Angaben des Zeugen S. ist diese Äußerung indes auch im Dienst "immer mal wieder" bzw. mehrfach und zusammenhanglos gefallen. Auch der Zeuge O. hat bestätigt, die Äußerung sei in der Morgenrunde öfter gefallen. Die übereinstimmenden und ohne Belastungseifer getätigten Aussagen sind plausibel. Soweit die Zeugen G., A. und K. bekundet haben, eine solche Äußerung könne ausgeschlossen werden, sei völlig unbekannt bzw. nicht bekannt, erachtet der Senat die Aussagen dieser Zeugen - in diesem Zusammenhang wie auch im Übrigen - nicht als glaubhaft. Das Aussageverhalten der vorgenannten Zeugen war - ebenso wie das der Zeugen F. und R. - durchgehend von auffälliger und deutlicher Zurückhaltung sowie dem Bemühen um Relativierung geprägt. Gezielte Fragen des Senats wurden wiederholt nur verallgemeinernd oder ausweichend beantwortet. Zur Überzeugung des Senats steht vor diesem Hintergrund fest, dass dem Beklagten zugeschriebene Äußerungen von diesen Zeugen bewusst negiert oder Erinnerungslücken geltend gemacht worden sind.

67Gestützt auf die Aussage des Zeugen O. steht zur Überzeugung des Senats fest, dass Äußerung Nr. 2 (Nr. 3 der Disziplinarklageschrift) ebenfalls vom Beklagten stammt. Hierzu hat der Zeuge O. plausibel und nachvollziehbar angegeben, mit der Äußerung sei ein Kollege aus einem anderen Referat belegt worden, der zum damaligen Zeitpunkt Sachgebietsleiter gewesen sei. Dieser habe Zigarre geraucht und sei mit dem Motorrad zur Arbeit gefahren.

68Auch Äußerung Nr. 3 (Nr. 4 der Disziplinarklageschrift) ist vom Zeugen O. ohne zu zögern bestätigt worden, wenngleich er angegeben hat, nicht mehr zu wissen, wann sich die Äußerung zugetragen habe und welche Person hiermit gemeint gewesen sei. Letzteres ist nicht schon wegen des Zeitablaufs, sondern deshalb für den Senat wenig überraschend, weil die Zeugin V. in ihrer Liste, die die Klägerin überwiegend zum Gegenstand der Disziplinarklage gemacht hat, Namen von "Beteiligten" (Zeugen von sowie Adressaten von Äußerungen) zu deren "Schutz" geändert hat. Dies zieht die Glaubwürdigkeit der Zeugin nicht in Frage. Denn sie hat diesen Umstand bereits im behördlichen Disziplinarverfahren offengelegt und nachvollziehbar ihre Motivation hierfür beschrieben.

69In Bezug auf Äußerung Nr. 4 (Nr. 5 der Disziplinarklageschrift) hat der Zeuge S. anschaulich beschrieben, die Äußerung sei im Anschluss an ein von seinem Apparat aus geführten Telefonat des Beklagten mit einer Kollegin gefallen. Der Beklagte sei offensichtlich unzufrieden gewesen. Soweit der Zeuge angegeben hat, es seien mehrere Personen anwesend gewesen, insbesondere auch der Zeuge F., ist dies von diesem nicht bestätigt worden. Dies steht aufgrund der generell fehlenden Glaubwürdigkeit des Zeugen F. einer Überzeugungsbildung des Senats jedoch nicht entgegen.

70Äußerung Nr. 5 (Nr. 6 der Disziplinarklageschrift) ist von den Zeugen V. und S. unabhängig voneinander bestätigt worden. Die Zeugin V. hat hierzu angegeben, dass der Beklagte diese Art von Äußerung nicht gegenüber Mitarbeitern aus dem eigenen Sachgebiet getätigt habe. Nach der Aussage des Zeugen S. sei die Äußerung immer mal wieder gekommen, es habe sich um einen "Evergreen" gehandelt. Der Zeuge O. hat ebenfalls bestätigt, die Äußerung "mehrfach" gehört zu haben.

71Die Zeugin V. hat zu Äußerung Nr. 6 (Nr. 8 der Disziplinarklageschrift) konkret und detailreich angegeben, diese sei in ihrer Anwesenheit am Dienstort H. gefallen. Einen konkreten Anlass habe es nicht gegeben. Zum Zeitpunkt der Äußerung habe sie sich mit dem Beklagten im Computerraum aufgehalten.

72Äußerung Nr. 7 (Nr. 9 der Disziplinarklageschrift) steht zur Überzeugung des Senats ebenfalls fest. Dass die Zeugen V. und S. abweichend voneinander angegeben haben, auf wen sich die Äußerung bezogen haben soll, ist unschädlich. Denn der Beklagte hat zugestanden, diese Äußerung gegenüber dem Zeugen O. getätigt zu haben, was dieser in der mündlichen Verhandlung erneut bestätigt hat.

73Ebenso wenig bestehen für den Senat Zweifel in Bezug auf die Äußerung Nr. 8 (Nr. 10 der Disziplinarklageschrift). Die Zeugin V. hat - ihre schriftliche Zeugenaussage wiederholend - angegeben, die Äußerung sei ihr gegenüber gefallen. Ihre Erinnerung hieran ist plausibel, weil sie einen anschaulichen Zusammenhang mit einem von ihr gerne getrunkenen, sauer fermentierten Saft herstellen konnte.

74Zu Äußerung Nr. 9 (Nr. 13 der Disziplinarklageschrift) konnte die Zeugin. überzeugend schildern, dass der Beklagte diese zusammenhanglos "rausgelassen" habe. Nach der Erinnerung des Zeugen S. hat der Beklagte die Äußerung "sicherlich" zwei Mal getätigt. Dem Zeugen O. war die Äußerung ebenfalls erinnerlich.

75Äußerung Nr. 10 (Nr. 18 der Disziplinarklageschrift) hat der Zeuge S. anders als zuvor nicht vom Hörensagen, sondern aufgrund unmittelbarer Wahrnehmung bestätigt. Dies überzeugt in Anbetracht der Tatsache, dass sich der Zeuge S. in Vorbereitung auf sein Erscheinen vor Gericht intensiver als zuvor mit den Äußerungen beschäftigt haben will.

76Den Kontext von Äußerung Nr. 11 (Nr. 21 der Disziplinarklageschrift) hat die Zeugin V. ebenfalls anschaulich beschrieben. So habe der Beklagte sie zuvor darüber unterrichtet, dass sie die Bürotür von innen abschließen könne, ohne die Alarmanlage auszulösen. Die Äußerung sei im Flur gefallen als sie beide vor ihrer Bürotür standen, sonst sei niemand anwesend gewesen.

77Übereinstimmend haben die Zeugen V. und S. Äußerung Nr. 12 (Nr. 22 der Disziplinarklageschrift) bestätigt und in diesem Zusammenhang von einem Streit mit dem tatsächlich gemeinten Kollegen "H1" (W.) berichtet. Dass der Beklagte einen solchen Streit in Abrede gestellt hat, führt angesichts der glaubhaften Aussagen der Zeugen hinsichtlich der Äußerung selbst zu keiner anderen Bewertung.

78Die Äußerungen Nr. 13 und 14 (Nr. 23 und 24 der Disziplinarklageschrift) hat der Beklagte zur Überzeugung des Senats ebenfalls unmittelbar gegenüber der Zeugin V. im Zusammenhang mit einer Besucheranmeldung im Sachgebiet getätigt. Der Beklagte hat die Äußerungen in Abrede gestellt. Er hat betont, Besucherformulare seien online ausgefüllt und verschickt worden; seiner Unterschrift habe es nicht bedurft. Letzteres hat der Zeuge S. bestätigt. Hingegen hat sich die Zeugin V. überzeugt davon gezeigt, dass eine elektronische Erledigung zu dem Zeitpunkt, als sie mit diesen Angelegenheiten befasst gewesen sei, noch nicht möglich war. Dieser Umstand bedarf keiner Aufklärung und hindert den Senat auch nicht an einer entsprechenden Überzeugungsbildung. Denn die Zeugin V. hat - konfrontiert mit den Angaben des Beklagten sowie des Zeugen S. - ausdrücklich daran festgehalten, dass die Äußerungen, gerade auch im Hinblick auf die Notwendigkeit des Unterschreibens, so gefallen sind. Dies hat die Zeugin damit erklärt, dass selbst eine rein elektronische Abwicklung der Besucheranmeldung nicht ausschließe, dass die Äußerung - wie von ihr aufgeschrieben - gefallen sei. Sie sei mit Besucheranmeldungen selten betraut gewesen und habe angenommen, dass das Besucherformular ausgedruckt und zur Unterschrift vorgelegt werden müsste. Dies hält der Senat für nachvollziehbar. Denn in der konkret vorgeworfenen Äußerung liegt die verbalisierte Demonstration eines Machtgefälles zwischen der Zeugin und dem Beklagten, wie es von diesem auch bei anderen Gelegenheiten gegenüber der Zeugin zum Ausdruck gebracht worden ist. Für den Senat liegen in Anbetracht des konsistenten Aussageverhaltens der Zeugin V. auch keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass der Beklagte, der - von wenigen Aussagen abgesehen - die ihm zugeschriebenen Äußerungen trotz mehrfacher Bestätigung durch vom Senat vernommene Zeugen in Abrede gestellt hat, in diesem Punkt zutreffende Angaben gemacht haben soll. Dass der Beklagte mit Verweis auf einen angeblichen Anruf der Zeugin V. bei einem Dritten insinuiert hat, die Zeugin habe die Äußerung erfunden, ist nach alledem lediglich als (zulässiges) Verteidigungsverhalten zu qualifizieren.

79Äußerung Nr. 15 (Nr. 25 der Disziplinarklageschrift) ist dem Beklagten ebenfalls zur Last zu legen. Die Zeugin V. hat die Äußerung ihrer Art nach als eine solche identifiziert, die der Beklagte gewöhnlich gegenüber (nicht anwesenden) Personen tätigte, die nicht zum Sachgebiet gehörten. Der Zeuge S. hat glaubhaft bestätigt, dass es sich um einen für den Beklagten "typischen Spruch" handle.

80In Bezug auf Äußerung Nr. 16 (Nr. 34 der Disziplinarklageschrift) hat die Zeugin schlüssig dargestellt, Anlass sei gewesen, dass der Beklagte verärgert über sie gewesen sei, weil sie ihm nicht die Tür aufgehalten habe.

81Die Zeugin H., die der Senat aufgrund ihrer anschaulichen und präzisen Schilderungen ebenfalls für glaubwürdig hält, hat die Äußerung Nr. 17 (Nr. 35 der Disziplinarklageschrift) und den damit zusammenhängenden Vorgang detailliert beschrieben und nachvollziehbar die näheren Umstände und ihre Gefühlslage dargelegt. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Zeuge S. an das Ereignis, bei dem er ebenfalls zugegen gewesen ist und über die Äußerung des Beklagten gelacht hat, nicht erinnert hat. Denn es ist die einzige Begebenheit, die das Verhalten des Zeugen S. beanstandungswürdig und daher die behauptete Erinnerungslücke nachvollziehbar erscheinen lässt. Hinzu kommt, dass die Zeugin H. den vom Senat am Vortag vernommenen Zeugen S. seinem Äußeren nach eindeutig beschrieben hat. Vor diesem Hintergrund werden Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage der Zeugin H. auch nicht dadurch gesät, dass der Beklagte bekundet hat, er sei sich sehr sicher, die vorgeworfene Äußerung nicht gesagt zu haben - es sei unvorstellbar, so etwas im Dienst zu sagen.

82Auch die Äußerung Nr. 18 (Nr. 39 der Disziplinarklageschrift) ist dem Beklagten zuzuschreiben. Dies ergibt sich aus der überzeugenden Schilderung der Zeugin V., die betont hat, die Äußerung sei gegenüber dem Zeugen A. gefallen, als beide bei den Listen gestanden hätten, in die die Dienstgänge eingetragen wurden. Normalerweise habe der Zeuge A., den die Zeugin ebenso wie den Zeugen R. als "Fan" des Beklagten bezeichnet hat, dessen Witze zwar gut gefunden, in diesem Fall habe er jedoch nur etwas gebrummelt. Diese ins Detail gehenden Angaben werden nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass der Zeuge A. selbst ausgesagt hat, er könne sich an eine solche Äußerung nicht erinnern. Denn dessen Aussageverhalten war, wie bereits ausgeführt, offensichtlich davon geprägt, dem Beklagten nicht zu schaden.

83Äußerung Nr. 19 (Nr. 41 der Disziplinarklageschrift) ist in Gegenwart der Zeugin V. gefallen, was diese schriftlich wie mündlich bestätigt hat. Der Ausspruch sei in Bezug auf eine nicht anwesende Person gefallen. Anlass an der Authentizität der Angaben der Zeugin zu zweifeln, bestehen für den Senat nicht.

84Zu Äußerung Nr. 20 (Nr. 42 der Disziplinarklageschrift) hat sich der Beklagte dahingehend eingelassen, es habe sich bei dem Begriff "Fotzenkonto" um einen geläufigen Begriff in der Dienststelle H. gehandelt. Es sei nicht gut gewesen, diesen zu verwenden. Dessen Verwendung hat der Zeuge S. bestätigt. Dieser Begriff sei häufiger gefallen, sicherlich ein oder zwei Mal. Auch den Zusammenhang hat der Zeuge plausibel erläutert. Dies deckt sich mit den Angaben des Zeugen O., der ausgesagt hat, ihm sei der Begriff zuvor nicht bekannt gewesen. Er sei im Dienst auch nicht gebräuchlich, vom Beklagten aber mehrfach gefallen. In Anbetracht dessen kommt dem Umstand keine Bedeutung zu, dass der Zeuge A. mit dem Begriff nichts anfangen und der Zeuge F. sich an dessen Verwendung im Sachgebiet nicht erinnern konnte.

85Der Senat ist des Weiteren mit der erforderlichen Gewissheit davon überzeugt, dass die Äußerung Nr. 21 (Nr. 49 der Disziplinarklageschrift) vom Beklagten stammt. Dieser hat die Äußerung zwar in Anbetracht seines nicht näher beleuchteten "Familienhintergrunds" entschieden zurückgewiesen. Der Zeuge S. hat indes angegeben, die Äußerung selbst gehört zu haben. Sie sei in Anwesenheit der weiteren Zeugen V. und O. gefallen. Der Senat verkennt nicht, dass der Zeuge O. sich hieran nicht hat erinnern können und zudem pauschal angegeben hat, die "antisemitischen Sprüche" nicht bestätigen zu können. Auch die Zeugin V. hat - wie bereits zuvor - im Rahmen ihrer Zeugenvernehmung bestätigt, die Äußerung sei ihr vom Zeugen S. erst im Nachhinein zur Kenntnis gebracht worden. Diese Abweichung ist für den Senat jedoch mit einer lückenhaften Erinnerung des Zeugen S. in Bezug auf die Umstände, nicht jedoch bezüglich der Äußerung selbst zu erklären. Denn der Zeuge S. hat weiter berichtet, sie hätten die Bedeutung erst nachschauen müssen. Dies stimmt wiederum mit der weiteren Schilderung der Zeugin V. überein, wonach ihnen der Begriff nichts gesagt habe und sie (zusammen) erst im Internet danach hätten googeln müssen. Bei alledem erscheint es zwar insgesamt wahrscheinlicher, dass Bestandteil der Äußerung der Begriff "Selektionsrampe" war, wenngleich die Zeugin V. auf die Verwendung des Begriffs "Selektionstreppe" bestanden hat. Aufgrund der insgesamt glaubhaften Aussagen der Zeugen V. und S. (in Bezug auf diesen allein mit der Einschränkung im Hinblick auf Äußerung Nr. 17), die über den gesamten Zeitraum der Befragung hinweg konsistente und schlüssige Angaben gemacht haben, besteht für den Senat kein durchgreifender Zweifel daran, dass der Beklagte die Äußerung getätigt hat. Dabei ist im Hinblick auf den Schweregrad der Äußerung für den Senat ohne Belang, ob tatsächlich von "Selektionstreppe oder -rampe" die Rede war.

86Zu Äußerung Nr. 22 (Nr. 53 der Disziplinarklageschrift) hat die Zeugin V. detailliert geschildert, dass diese während einer Morgenrunde und in Reaktion darauf gefallen sei, dass sie angeboten habe, eine Aufgabe zu übernehmen.

87Weiter steht gestützt auf die Aussage des Zeugen S. zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte die Äußerung Nr. 23 (Nr. 58 der Disziplinarklageschrift) getätigt hat. Mit dem Einwand, er duze den Zeugen S. nicht, vermag der Beklagte die Angaben des unmittelbaren Zeugen nicht zu erschüttern. Zwar findet sich in der Disziplinarklageschrift eine in Du-Form gehaltene Bemerkung ("F1, das ist dieselbe Handbewegung, die du auch beim Bowling machst"). Hierbei handelt es sich jedoch um eine erläuternde (Zwischen-)Bemerkung des Zeugen A. Dies hat die Zeugin V. bereits anlässlich ihrer schriftlichen Befragung unter Berufung auf die ihr gegenüber in zeitlichem Zusammenhang gemachten Schilderungen des Zeugen S. angegeben. Auch hat der Zeuge S. das Zustandekommen der Äußerung des Beklagten damit anschaulich und nachvollziehbar erklärt, dass auf dem Monitor, der hinter seinem Arbeitsplatz gestanden habe und daher für den Beklagten einsehbar gewesen sei, ein entsprechender Spiegel-Artikel geöffnet gewesen sei. Man habe sich gefragt, was der Begriff des "Pussyslapping" bedeute. Im Anschluss sei es durch den Beklagten - im Stehen - zu der Äußerung gekommen. Dass es einen entsprechenden Bericht im Spiegel gab, hat der Beklagte selbst berichtet.

88Überzeugt ist der Senat auch davon, dass die Äußerung Nr. 24 (Nr. 64 der Disziplinarklageschrift) auf den Beklagten zurückgeht. Dies haben die Zeugen O. und V. - wie bereits in ihrer schriftlichen Vernehmung - bestätigt. Die Zeugin V. war darüber hinaus in der Lage sich zu erinnern, dass der Beklagte mit einem weiteren Kollegen, den sie namentlich nicht mehr benennen könne, vor dem Foto gestanden habe, während sie auf ihrem Stuhl gesessen sei. Der Kollege habe gelacht.

89Zu Äußerung Nr. 25 (Nr. 66 der Disziplinarklageschrift) hat die Zeugin V. ergänzend angegeben, sie habe normal vor ihrem Computer gesessen, als die Äußerung gefallen sei. Die Bedeutung des Begriffs "Frankfurter Handschlag" habe sie im Nachgang erst googeln müssen.

90Den Kontext der Äußerung Nr. 26 (Nr. 67 der Disziplinarklageschrift), die sich am Dienstort B. zugetragen haben soll, hat die Zeugin einleuchtend damit beschrieben, dass sie selbst schwarze Kleidung, der Beklagte einen Pullover getragen habe. Diesen habe er anlässlich der Äußerung "hochgeschoben". Der Beklagte hat hierauf zwar erwidert, im Dienst keine Pullover zu tragen; Gegenteiliges konnte auch der Zeuge S. nicht bestätigen. Indessen hat der Zeuge O. dahingehend befragt eindeutig und unmissverständlich angegeben, der Beklagte trage im Winter gelegentlich auch mal Pullover.

91Dass der Beklagte die Äußerung Nr. 27 (Nr. 73 der Disziplinarklageschrift) ihm gegenüber getätigt hat, ist vom Zeugen K. ausgeschlossen worden ("deutsche Geschichte ist mein Steckenpferd"). Der Senat sieht die Äußerung gleichwohl als erwiesen an, weil der Beklagte die Tatsache der Äußerung als "sicher" bezeichnet hat. Allerdings kann der Senat bei Würdigung der Gesamtumstände der weiteren Einlassung, dies sei nicht in der Sachgebietsrunde, sondern gegenüber einem Kollegen von der Panzertruppe geschehen, keinen Glauben schenken.

924. Mit dem festgestellten Verhalten hat der Kläger die ihm obliegenden Dienstpflichten vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft verletzt. Damit hat er ein einheitliches, innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG begangen.

93a) Entgegen der Auffassung des Beklagten liegt ein einheitliches Dienstvergehen vor.

94Das Disziplinarrecht wird durch den Grundsatz der Einheit des Dienstvergehens geprägt. Soweit die Vorwürfe Gegenstand des Disziplinarverfahrens sind, ist das durch mehrere Pflichtenverstöße zutage getretene Fehlverhalten eines Beamten danach einheitlich zu würdigen. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass es im Disziplinarrecht nicht allein um die Feststellung und Maßregelung einzelner Verfehlungen geht, sondern vor allem um die dienstliche Bewertung des Gesamtverhaltens des Beamten, das im Dienstvergehen als der Summe der festgestellten Pflichtverletzungen seinen Ausdruck findet (vgl. 2 C 63.11 - BVerwGE 147, 229 Rn. 21 m. w. N.).

95Die Rechtsprechung lässt eine isolierte Bewertung einzelner dienstrechtlicher Verfehlungen nur dann ausnahmsweise zu, wenn die das Dienstvergehen ausmachenden einzelnen Verfehlungen in keinem inneren oder äußeren Zusammenhang stehen und damit eine gewisse Selbstständigkeit haben (vgl. 1 D 18.03 - Buchholz 235.1 § 85 BDG Nr. 7 S. 14, vom - 1 D 6.06 - Buchholz 235 § 4 BDO Nr. 3 Rn. 56; OVG Magdeburg, Urteil vom - 10 L 4.19 - juris Rn. 67). Ein sachlicher Zusammenhang zwischen mehreren Pflichtverletzungen ist immer dann gegeben und folglich eine isolierte Betrachtung nicht zulässig, wenn eine bestimmte Neigung des Beamten, eine gewisse Charaktereigenschaft, gemeinsame innere Wurzel für sein Fehlverhalten bei den zu beurteilenden Pflichtverletzungen ursächlich ist ( 1 D 26.91 - NVwZ-RR 1992, 571 = juris Rn. 32; Beschluss vom - 1 DB 20.99 - BVerwGE 111, 54 <56 f.>; 16a D 12.1217 - juris Rn. 106; OVG Magdeburg, Urteil vom - 10 L 4/19 - juris Rn. 67).

96Ausgehend hiervon liegt ein einheitliches Dienstvergehen vor. Denn die disziplinarrechtlich relevanten Äußerungen sind auf ein dem Beklagten eigenes Verhaltensmuster zurückzuführen. Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, es lägen rein rechnerisch etwa drei Wochen zwischen zwei Äußerungen, weshalb nicht von einem einheitlichen Dienstvergehen auszugehen sei, nimmt er nicht in den Blick, dass sich die Frage der Einheitlichkeit eines Dienstvergehens nicht anhand eines statistischen Mittels der Pflichtverletzungen auf der Zeitschiene beantworten lässt.

97b) Der Beklagte hat das Dienstvergehen innerdienstlich begangen, weil sein pflichtwidriges Verhalten in sein Amt und in die damit verbundenen dienstlichen Pflichten eingebunden gewesen ist (vgl. 2 A 4.09 - juris Rn. 194 und vom - 2 C 60.17 - BVerwGE 163, 356 Rn. 19).

98c) Der Beklagte hat durch die festgestellten Äußerungen rechtswidrig und schuldhaft seine Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten aus § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG verletzt.

99Wie die Grundpflichten des Beamten in § 60 BBG dienen auch die Anforderungen an sein Verhalten in § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG dazu, eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung der Beamten und damit die Funktionsfähigkeit des Berufsbeamtentums zu gewährleisten. Anderen Beschäftigten gegenüber haben sich Beamte korrekt und kollegial zu verhalten, sie müssen den Betriebsfrieden wahren (vgl. 1 D 1.04 - NVwZ-RR 2006, 47 <50> = juris Rn. 91 m. w. N.). Unsachliche Äußerungen, die in einem dienstlichen Kontext deplatziert und geeignet sind, das kollegiale Dienstverhältnis der Beschäftigten zu beeinträchtigen, hat der Beamte zu unterlassen (vgl. zur Zulässigkeit der entsprechenden Einschränkung der Meinungsfreiheit: - NVwZ 2008, 416 m. w. N.). Beleidigungen, Herabsetzungen oder Diffamierungen sind ein innerdienstliches Dienstvergehen.

100Dies gilt in besonderer Weise für Äußerungen mit einer sexuellen Konnotation, für die im Dienst generell kein Raum ist. Beschäftigte müssen im Dienst und Dienstgebäude vor Bemerkungen mit sexuellem Inhalt sowie vor Zudringlichkeiten anderer Bediensteter sicher sein (vgl. bereits 1 D 90.95 - BVerwGE 113, 151 <155>). Diese Voraussetzung hat der Dienstherr zu gewährleisten und durch präventive sowie repressive Maßnahmen sicherzustellen (vgl. 1 D 15.03 - Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 36 S. 83). Sexuelle Belästigungen (§ 3 Abs. 4, § 24 Nr. 1 AGG), die ebenfalls bereits durch Bemerkungen erfüllt sein können (vgl. etwa 2 WD 13.19 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 74 Rn. 26 ff.), sind stets ein Dienstvergehen. Die Annahme eines Verstoßes gegen § 61 Abs. 1 Satz 3 BBG setzt die Einordnung als sexuelle Belästigung im Sinne des AGG aber nicht voraus (vgl. zur sexuellen Belästigung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BeschSchG bereits 1 D 12.05 - BVerwGE 128, 125 Rn. 17 m. w. N.).

101Die Verpflichtung zu achtungs- und vertrauensgerechtem Verhalten ist amtsbezogen, wird also durch die Anforderungen des dem Beamten verliehenen Statusamts geprägt (vgl. 2 C 9.14 - BVerwGE 152, 228 Rn. 16 ff. zur Parallelvorschrift in § 34 Satz 3 BeamtStG). Beamte in Führungsämtern haben ihr Verhalten an der mit dem ihnen verliehenen Amt verbundenen Vorbildfunktion und der Vertrauensstellung als Vorgesetzter auszurichten. Gegenüber den ihnen unterstellten Mitarbeitern sind sie zu einem respektvollen Umgang und zur Achtung der Privat- und Intimsphäre verpflichtet. Sexuelle Belästigungen von Vorgesetzten unter Ausnutzung ihrer überlegenen beruflichen Stellung sind regelmäßig ein schweres Dienstvergehen (vgl. 2 AV 4.09 - juris Rn. 25 m. w. N.).

102Diese Anforderungen hat der Kläger mit den festgestellten Äußerungen in drastischer Weise und über Jahre hinweg verfehlt. Insbesondere sein Verhalten gegenüber den ihm unterstellten Frauen war in hohem Maße geeignet, das kollegiale Dienstverhältnis und den "Betriebsfrieden" zu beeinträchtigen; es muss hinsichtlich der Äußerung Nr. 17 auch als sexuelle Belästigung bewertet werden.

1035. Das Dienstvergehen erfordert seiner Art und Schwere nach eine statusberührende Disziplinarmaßnahme. Unter Berücksichtigung sämtlicher bemessungsrelevanter Umstände ist das Dienstvergehen des Beklagten mit einer Zurückstufung (§ 9 BDG) in das Amt eines Oberregierungsrates (Besoldungsgruppe A 14 BBesO) zu ahnden.

104a) Welche Disziplinarmaßnahme erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten. Aus den gesetzlichen Vorgaben folgt die Verpflichtung, die Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall be- und entlastenden Gesichtspunkte zu bestimmen. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Sicherung der Funktion des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten ( 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 ff.>, vom - 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 16 ff., vom - 2 A 11.10 - juris Rn. 71 m. w. N. und vom - 2 A 7.21 - BVerwGE 174, 219 Rn. 46).

105Bei der Gesamtwürdigung sind die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen nach Maßgabe des § 58 Abs. 1 BDG zu ermitteln und mit dem ihnen zukommendem Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahme zuzuordnen ist. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist ( 2 A 11.10 - juris Rn. 72 f. m. w. N. und vom - 2 A 7.21 - BVerwGE 174, 219 Rn. 47).

106b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Zurückstufung des Beklagten in das Amt eines Oberregierungsrates (Besoldungsgruppe A 14 BBesO) die angemessene Maßnahme.

107Das Fehlverhalten des Beklagten ist nach seiner Schwere dem mittleren Bereich zuzuordnen. Hierbei ist in den Blick zu nehmen, dass sich das Dienstvergehen in verbalen Äußerungen erschöpft, die sich jedoch über einen Zeitraum von fast vier Jahren erstrecken.

108Zum Nachteil des Beklagten ist zu berücksichtigen, dass er die Äußerungen über den festgestellten Zeitraum hinweg teilweise wiederholt von sich gegeben und sich auch unmittelbar in Bezug auf die Zeuginnen V. und H. herabwürdigend geäußert hat; erstere befand sich zudem zumindest zu Beginn noch nicht in einer gesicherten beruflichen Position. Durch die zusammenhang- sowie anlasslos getätigten Äußerungen hat der Beklagte selbstgefällig und selbstherrlich über einen langen Zeitraum hinweg ein Klima der Verächtlichmachung insbesondere gegenüber Frauen geschaffen, das sich - wie die Zeugin V. nachvollziehbar berichtet hat - auch auf den Umgang der Kollegen mit ihr ausgewirkt hat. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gingen diese (sprachlichen) Ausfälle auf die Initiative des Beklagten zurück und waren nicht in eine allgemein vorherrschende, diese begünstigende Atmosphäre im Sachgebiet eingebettet.

109Durch seine Äußerungen hat der Beklagte den Betriebsfrieden fortwährend und tiefgreifend gestört und seine Pflichten als Vorgesetzter erheblich verletzt. Dies gilt umso mehr, als durch die Teilnahme an Fortbildungen, etwa zu den Themen "Gesundes Führen" und "Grenzüberschreitungen am Arbeitsplatz", von einer besonderen Sensibilisierung des Beklagten auszugehen ist. Schließlich fällt nachteilig ins Gewicht, dass der Beklagte trotz der ihn belastenden Zeugenaussagen (außer in Bezug auf Äußerung Nr. 20) bis zuletzt weder Einsicht noch Reue gezeigt hat. Vielmehr hat er sich am Schluss der mündlichen Verhandlung den Vorwurf gemacht, seine Mitarbeiter "verloren" zu haben, sodass diese empfänglich für unzutreffende, ihnen von außen zugetragene und ihm zugeschriebene Äußerungen gewesen seien. Ausgeblendet hat er hierbei, dass die Zeugen - jedenfalls soweit die Feststellungen des Senats reichen - von den Äußerungen aus eigenem Erleben und nicht vom Hörensagen berichtet haben.

110Demgegenüber ist entlastend zu berücksichtigen, dass der Beklagte zuvor während der Ausübung seines Dienstes disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist und entsprechendes beanstandungswürdiges Verhalten - wenngleich im Bewusstsein des laufenden Disziplinarverfahrens - in der jüngeren Vergangenheit nach Auskunft der Klägerin nicht mehr gezeigt hat. Zudem divergieren die Äußerungen in ihrem Schweregrad und sind nicht durchweg als besonders gravierend oder verwerflich einzustufen. Darüber hinaus ist entlastend zu berücksichtigen, dass die Vorgesetzten des Beklagten im Zeitraum Oktober 2014 bis August 2018 offensichtlich das gestörte Arbeitsklima nicht erkannt und nicht angemessen hierauf reagiert haben.

111Allerdings entlasten den Beklagten weder dessen Straffreiheit noch seine dienstlichen Leistungen. Denn abgesehen davon, dass der Dienstherr von jedem Beamten eine straffreie außerdienstliche Lebensführung erwarten darf ( 2 C 12.19 - BVerwGE 168, 254 Rn. 41; 3d A 4517/19.O - juris Rn. 72), sind auch eine langjährige pflichtgemäße Dienstausübung und überdurchschnittliche Leistungen für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, gravierende Pflichtenverstöße in einem mildernden Licht erscheinen zu lassen (vgl. etwa 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 43; Beschlüsse vom - 2 B 27.12 - juris Rn. 11 und vom - 2 B 4.18 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 59 Rn. 49). Dass der Beamte sich mit vollem persönlichen Einsatz seinem Beruf zu widmen hat, ist eine seiner Hauptpflichten (§ 61 Abs. 1 Satz 1 BBG, § 34 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG), und kann folglich kein besonderer, eine Maßnahmemilderung rechtfertigender Gesichtspunkt sein (vgl. 2 B 4.18 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 59 Rn. 49). Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Beklagte auch nach Einleitung des Disziplinarverfahrens und Zuweisung eines neuen Dienstpostens weiterhin hohe Leistungsbereitschaft gezeigt hat.

112Entgegen der Auffassung der Klägerin wirkt auch das von dieser beschriebene "positive Bild", welches einige der - allerdings fast ausschließlich männlichen - Mitarbeiter vom Beklagten gezeichnet haben, nicht entlastend. Denn zur pflichtgemäßen Dienstausübung, die der Dienstherr von seinen Beamten erwarten darf, zählt bei Vorgesetzten die uneingeschränkt positive, personenunabhängige Wahrnehmung von Führungsverantwortung. Der Klägerin kann überdies nicht darin gefolgt werden, entlastend sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte in der Vergangenheit im Rahmen seiner dienstlichen Beurteilungen hinsichtlich des Merkmals "Soziale Kompetenz und Führung" als stets herausragend bewertet worden ist. Denn hierbei handelt es sich jedenfalls bezogen auf den Zeitraum Oktober 2014 bis August 2018 um Fehleinschätzungen des Beurteilers.

113Die schriftsätzlich geäußerte Auffassung der Klägerin, die längere, wenngleich noch angemessene Verfahrensdauer sei mildernd zu berücksichtigen, teilt der Senat ebenfalls nicht. Denn erst eine unangemessen lange Verfahrensdauer kann - abgesehen von dem hier nicht einschlägigen Fall einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis - bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme aus Gründen der Verhältnismäßigkeit mildernd Berücksichtigung finden (vgl. 2 C 3.12 - BVerwGE 146, 98 Rn. 54).

114Mildernd hat der Senat insoweit aber in Ansatz gebracht, dass die gegen den Beklagten erhobenen Vorwürfe nicht zeitnah geltend gemacht, sondern über einen langen Zeitraum gesammelt wurden. Zwar liegt hierin kein Verfahrensverstoß gegen die Anordnung aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG, weil nicht der Dienstherr eine pflichtenmahnende Reaktion verzögert hat und die Verfahrensweise auf das - nachvollziehbare - Verhalten der Zeugin V. zurückgeht. Mit dem Grundsatz der zeitnahen Einleitung des Disziplinarverfahrens verfolgt die Disziplinargesetzgebung aber auch den Zweck einer an Verhältnismäßigkeitserwägungen orientierten Reaktion. Wenn sich der Beamte eine frühzeitige Disziplinarmaßnahme nicht hat zur Mahnung dienen lassen, ist eine stufenweise Steigerung der Disziplinarmaßnahme geboten (vgl. 2 C 60.17 - BVerwGE 163, 356 Rn. 31). Hieraus folgt umgekehrt, dass bei zeitnaher Reaktion bereits auf die ersten Verfehlungen des Beklagten das nachfolgende - und sich steigernde - Fehlverhalten möglicherweise hätte vermieden werden können. Wie auch bereits von der Zeugin P. erwogen, ist nicht fernliegend, dass der Beklagte auf eine frühzeitige und deutliche Maßnahme des Dienstherrn mit einer Verhaltensänderung reagiert hätte.

115Fehl geht zudem die Ansicht von Klägerin und Beklagtem, mildernd sei zu dessen Gunsten zu berücksichtigen, dass diesem mehrere Beförderungsmöglichkeiten verwehrt geblieben seien. Hierbei handelt es sich nicht um eine untypische, durch Milderung auszugleichende Nebenfolge eines Disziplinarverfahrens. Denn der Dienstherr setzte sich in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten, wenn er einen Beamten vor der abschließenden Klärung des disziplinarischen Vorwurfs beförderte und damit die Eignung des Betreffenden für eine höherwertige Verwendung bejahte, obwohl er zuvor mit der Einleitung disziplinarischer Ermittlungen zu erkennen gegeben hat, dass Anlass besteht, die Amtsführung oder das persönliche Verhalten des Betreffenden in seinem bisherigen Status zu beanstanden ( 2 VR 1.21 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 109 Rn. 16). Dem Aspekt entgangener Beförderungen kann im Falle einer Zurückstufung durch die Regelung des § 9 Abs. 3 BDG hinreichend Rechnung getragen werden. Er ist vom Senat entsprechend gewürdigt worden.

116Ob (akute) gesundheitliche Beeinträchtigungen einen entlastenden Umstand begründen können, wenn sie ihren Ursprung in der (angemessenen) Dauer eines Disziplinarverfahrens finden, kann dahinstehen. Denn der Beklagte hat sich lediglich auf eine erhebliche physische und psychische Belastungssituation berufen, ohne dies näher zu konkretisieren oder durch die Vorlage aussagekräftiger ärztlicher Atteste zu belegen.

117Die mit Beschlüssen vom 20. und nach § 56 Satz 1 BDG ausgeschiedenen Handlungen werden nicht wieder in das Disziplinarverfahren einbezogen (§ 56 Satz 2 BDG). Diese Handlungen fallen für die Art und Höhe der Disziplinarmaßnahme nicht ins Gewicht.

118Bei der Gesamtwürdigung aller be- und entlastenden Gesichtspunkte sieht der Senat eine Zurückstufung des Beklagten um eine Stufe (Amt der Besoldungsgruppe A 14 BBesO) als erforderlich, aber auch als ausreichend an. Hierdurch ist sichergestellt, dass der Beklagte zumindest vorübergehend keine Vorgesetztenfunktion ausüben wird. Der Zeitraum des Verbots der Beförderung in ein höheres Amt ist im Hinblick auf die Dauer des Disziplinarverfahrens und den Umstand, dass der Beklagte von zurückliegenden Bewerbungsverfahren wegen des anhängigen Disziplinarverfahrens ausgeschlossen worden ist, zudem auf zwei Jahre zu verkürzen (§ 9 Abs. 3 Satz 2 BDG).

1196. Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 1 BDG und § 154 Abs. 1 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts für das gerichtliche Verfahren bedarf es nach § 78 Satz 1 BDG nicht, weil Gerichtsgebühren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 78 BDG erhoben werden.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2022:280922U2A17.21.0

Fundstelle(n):
NJW 2023 S. 10 Nr. 15
MAAAJ-36310