Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerde bzgl der Ausweitung der Besteuerung privater Veräußerungen von Kapitalanteilen durch § 17 Abs 1 S 1 EStG idF des Steuersenkungsgesetzes vom (juris: StSenkG 2001/2002) - Willkürverbot als Grenze des gesetzgeberischen Ermessens - hier: keine Verletzung des Art 3 Abs 1 GG durch Besteuerung des Wertzuwachses, durch Absenkung der Beteiligungsgrenze von 10% auf 1% sowie durch Differenzierung zwischen Beteiligungen unterhalb und oberhalb der 1%-Grenze
Gesetze: Art 3 Abs 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 17 Abs 1 S 1 EStG vom , StSenkG 2001/2002
Instanzenzug: Az: IX R 36/11 Urteilvorgehend Az: 8 K 3811/09 E Urteil,
Gründe
1Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob die Ausweitung der Besteuerung privater Veräußerungen von Kapitalanteilen durch § 17 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung des Steuersenkungsgesetzes (StSenkG) vom (BGBl I S. 1433) aufgrund der damit bewirkten Abkehr von einer zuvor geltenden Wesentlichkeitsgrenze (Beteiligungen von 10 %) zugunsten einer 1 %-Grenze insgesamt verfassungswidrig ist oder jedenfalls insoweit gegen das Grundgesetz verstößt, als danach auch Wertsteigerungen der Besteuerung unterliegen, die in der Zeit nach Verkündung des Steuersenkungsgesetzes am bis zum Tag der erstmaligen Anwendbarkeit am angefallen sind.
A.
I.
21. § 17 EStG erfasst Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, die im Privatvermögen gehalten werden. Hierfür war bis zum Ergehen der verfahrensgegenständlichen Vorschrift eine wesentliche Beteiligung Voraussetzung, wobei die insoweit maßgebliche Beteiligungsgrenze durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom (BGBl I S. 402) von 25 % auf 10 % abgesenkt wurde (vgl. BVerfGE 127, 61 <62 ff.> zur Rechtsentwicklung bis unmittelbar vor Geltung der hier verfahrensgegenständlichen Norm).
32. Im Zuge des Systemwechsels im Körperschaftsteuerrecht vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren und der gleichzeitigen Absenkung des Körperschaftsteuersatzes auf 25 % durch das Steuersenkungsgesetz (vgl. dazu BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom - 2 BvR 1424/15 -, Rn. 2 ff.) wurde auch § 17 Abs. 1 EStG geändert und die Beteiligungsgrenze auf 1 % abgesenkt.
4Zu der Änderung enthielt der Gesetzentwurf der Bundesregierung folgende Begründung (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 113 f.):
"Künftig werden die Gewinne auf der Ebene der Kapitalgesellschaft mit 25 % Körperschaftsteuer (definitiv) belastet. Dividenden werden beim Anteilseigner nur zur Hälfte in die Ermittlung der Einkünfte einbezogen; eine Anrechnung der Körperschaftsteuer unterbleibt.
Die Besteuerung kann beim Anteilseigner dann umgangen werden, wenn der Anteilseigner seine Beteiligung vor der Gewinnausschüttung veräußert, er sich dabei die in der Gesellschaft angesammelten offenen Rücklagen vergüten lässt und der Veräußerungsgewinn nicht steuerpflichtig ist.
Gehört die Beteiligung zum Privatvermögen, ist nach geltender Rechtslage der Veräußerungsgewinn nur steuerpflichtig, wenn die Veräußerung innerhalb von 12 Monaten nach dem Erwerb erfolgt (Spekulationsgewinn) oder es sich bei einer Veräußerung zu einem späteren Zeitpunkt um eine wesentliche Beteiligung handelt.
Eine wesentliche Beteiligung setzt nach geltender Rechtslage eine Beteiligung von mindestens 10 % voraus.
Zur Vermeidung von Steuerumgehungen ist es geboten, die Grenze für die wesentliche Beteiligung auf mindestens 1 % zu senken."
5Der Finanzausschuss des Bundestages empfahl, wegen der beabsichtigten Absenkung auf 1 % das Tatbestandsmerkmal der "wesentlichen Beteiligung" in § 17 EStG (i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002) zu streichen und zusätzlich eine absolute Beteiligungsgrenze von 5.000 DM einzuführen. Hierdurch sollte erreicht werden, dass bei der Veräußerung kleinerer Beteiligungen, die zum Beispiel bei der Gründung von Unternehmen eingegangen würden, keine Steuerpflicht von Veräußerungsgewinnen entstehe (vgl. BTDrucks 14/3366, S. 13 f., 112, 118).
6Nachdem der Bundesrat am den Vermittlungsausschuss angerufen hatte (BTDrucks 14/3640), wurde in dessen Einigungsvorschlag vom im Hinblick auf die hier verfahrensgegenständliche Norm nur noch die Absenkung der Beteiligungsgrenze auf 1 % vorgeschlagen (BTDrucks 14/3760, S. 3).
7Diesem Vermittlungsvorschlag stimmten der Deutsche Bundestag mit Beschluss vom (vgl. BT-Plenarprotokoll 14/114, S. 10799 f.) und der Bundesrat mit Beschluss vom (vgl. BRDrucks 410/00 <B>) zu.
8Sodann wurde das Steuersenkungsgesetz am vom Bundespräsidenten ausgefertigt und am (BGBl I S. 1433 <1435>) verkündet.
9§ 17 EStG (in der Fassung des StSenkG) hat folgenden Wortlaut:
§ 17 Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften
(1) 1Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 vom Hundert beteiligt war. …
(2) …
(3) 1Der Veräußerungsgewinn wird zur Einkommensteuer nur herangezogen, soweit er den Teil von 20 000 Deutsche Mark übersteigt, der dem veräußerten Anteil an der Kapitalgesellschaft entspricht. 2Der Freibetrag ermäßigt sich um den Betrag, um den der Veräußerungsgewinn den Teil von 80 000 Deutsche Mark übersteigt, der dem veräußerten Anteil an der Kapitalgesellschaft entspricht.
(4) …
10Nach § 52 Abs. 34a EStG (i.d.F. des StSenkG) war § 17 EStG (i.d.F. des StSenkG) erstmals auf Veräußerungen anzuwenden, die nach Ablauf des ersten Wirtschaftsjahres der Gesellschaft, deren Anteile veräußert werden, vorgenommen wurden, für das das Körperschaftsteuergesetz in der Fassung des Steuersenkungsgesetzes erstmals anzuwenden war. Letzteres war grundsätzlich ab dem Veranlagungszeitraum 2001 der Fall (§ 34 Abs. 1 KStG i.d.F. des StSenkG); bei vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahren war das neue Körperschaftsteuerrecht erstmals für den Veranlagungszeitraum 2002 anzuwenden, wenn das erste im Veranlagungszeitraum 2001 endende Wirtschaftsjahr vor dem begonnen hatte (§ 34 Abs. 1a KStG i.d.F. des StSenkG).
II.
111. Der Beschwerdeführer ist Gründungsgesellschafter einer im Jahr 1993 errichteten GmbH, die im Jahr 2000 in eine AG umgewandelt wurde. Seine Beteiligung an der GmbH beziehungsweise AG betrug während dieser Zeit zwischen 4,9 % und 7 %. Im August 2003 (Streitjahr) erzielte der Beschwerdeführer einen Gewinn aus der Veräußerung von Aktien der AG oberhalb des in § 17 Abs. 3 EStG (i.d.F. des StSenkG) festgelegten Freibetrags.
122. Diesen Veräußerungsgewinn unterwarf das Finanzamt gemäß § 17 EStG (i.d.F. des StSenkG) unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens der Besteuerung, wobei es zunächst noch den Teil des Veräußerungsgewinns versteuerte, der auf die Zeit bis zum Tag der Verkündung des Steuersenkungsgesetzes () entfiel. Der gegen die Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2003 erhobene Einspruch des Beschwerdeführers blieb erfolglos.
133. Nachdem der Beschwerdeführer dagegen Klage vor dem Finanzgericht erhoben hatte, erging ein richterlicher Hinweis, wonach aufgrund des , FMNR659000010 - (BStBl I 2011 S. 16, unter D.) unter entsprechender Anwendung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 127, 61 Wertsteigerungen bei den Aktien bis zum Tag der Verkündung des Steuersenkungsgesetzes () freizustellen seien. Das Finanzamt folgte diesem Hinweis und änderte die Einkommensteuerfestsetzung zugunsten des Beschwerdeführers entsprechend ab.
14Im Nachgang zu dieser Änderung erklärte der Beschwerdeführer, der Änderungsbescheid entspreche den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 127, 61. Gleichwohl sei der Veräußerungsgewinn insgesamt von der Besteuerung auszunehmen, da der entsprechende Besteuerungstatbestand des § 17 EStG (i.d.F. des StSenkG) gegen das Grundgesetz verstoße.
15Das Finanzgericht wies die Klage mit verfahrensgegenständlichem Urteil vom - 8 K 3811/09 E - ab. Der angefochtene Steuerbescheid sei rechtmäßig, § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG (i.d.F. des StSenkG) verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
164. a) Gegen das dem Beschwerdeführer am zugestellte Urteil des Finanzgerichts legte dieser Revision ein. Er vertrat weiterhin die Auffassung, § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG (i.d.F. des StSenkG) sei verfassungswidrig, so dass aufgrund der Nichtigkeit dieser Vorschrift eine Versteuerung des Veräußerungsgewinns ohne Rechtsgrund erfolge. In seiner Revisionsbegründungsschrift vom rügte er nur einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG durch Einführung der 1 %-Schwelle.
17Nachdem der Bundesfinanzhof die Revision mit Gerichtsbescheid vom als unbegründet zurückgewiesen hatte, beantragte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom die Durchführung der mündlichen Verhandlung und erweiterte inhaltlich seine Begründung zur Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG. Hilfsweise für den Fall, dass § 17 EStG (i.d.F. des StSenkG) nicht insgesamt verfassungswidrig sein sollte, stellte er den Antrag, Wertsteigerungen bei den Aktien zwischen der Verkündung des Steuersenkungsgesetzes () und dessen Inkrafttreten am in entsprechender Anwendung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 127, 61 von der Besteuerung auszunehmen. Der Wert der Aktien habe am 25 Euro betragen. Dieser Wert ergebe sich aus einer Kapitalerhöhung im Mai 2001 sowie aus einer Aktienveräußerung durch den Beschwerdeführer am . Bei beiden Vorgängen sei ein Aktienwert von 25 Euro zugrunde gelegt worden, was aus bestimmten - erstmalig im Revisionsverfahren vorgelegten - Dokumenten folge, nämlich aus dem Auszug eines Berichts einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sowie aus dem Inhalt des Kaufvertrags vom .
18b) Der Bundesfinanzhof wies die Revision mit ebenfalls verfahrensgegenständlichem Urteil vom - IX R 36/11 - (BFHE 239, 334) als unbegründet zurück. Die 1 %-Grenze des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG liege im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit.
19aa) Ob Gewinne aus der Veräußerung von Gegenständen des Privatvermögens besteuert werden, sei eine Entscheidung politischer Gestaltung und liege innerhalb des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums (unter Hinweis auf BVerfGE 26, 302; 122, 210; 127, 61 <85>).
20Der Gesetzgeber treffe mit der Einführung der 1 %-Grenze eine neue Systementscheidung. Dementsprechend erkläre er in der BTDrucks 14/3366, S. 118, dass die Wesentlichkeit nicht mehr relevant sei. Vielmehr komme § 17 EStG (i.d.F. des StSenkG) ausweislich der Gesetzesmaterialien (BTDrucks 14/3366, S. 118) die neue Funktion zu, grundsätzlich sicherzustellen, dass es nicht durch Veräußerung der Beteiligung möglich sei, die Halbeinkünftebesteuerung auf der Ebene des Anteilseigners zu vermeiden, der seine Anteile nicht in einem Betriebsvermögen halte. Insoweit erachte es der Gesetzgeber zur Vermeidung von Steuerumgehungen für geboten, die Grenze für die wesentliche Beteiligung auf 1 % zu senken (unter Hinweis auf BTDrucks 14/2683, S. 114). Es komme nicht darauf an, dass der Gesetzgeber sein genanntes Ziel, wie der Beschwerdeführer meine, treffsicher und in folgerichtiger Fortführung seiner - schon mit der Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze auf 10 % sowie der Verlängerung der so genannten Spekulationsfristen des § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 begonnenen - Gesetzgebungslinie einer zunehmend weitergehenden Besteuerung privater Wertzuwächse auch mit einer ausnahmslosen Gewinnbesteuerung bei Beteiligungsveräußerungen habe erreichen können. Auch dass ein prozentualer Anteil an einer Kapitalgesellschaft die Leistungsfähigkeit des Gesellschafters in Abhängigkeit von der Größe der Gesellschaft abbilde, mache die prozentuale Beteiligung nicht zum gleichheitswidrigen Anknüpfungspunkt für die Einkommensbesteuerung. Vielmehr füge sich diese typisierende tatbestandliche Abbildung einer Minimalgrenze für den Steuerzugriff in die bisherige Struktur des § 17 EStG ein. Es handele sich im Gesamtkontext des Einkommensteuergesetzes um ein praktikables Kriterium für die Abgrenzung steuerbarer und nichtsteuerbarer Anteilsveräußerungen. Sie biete eine hinreichend klare Differenzierung für den Gesetzesvollzug.
21bb) Nicht zu beanstanden sei auch die steuerliche Erfassung von Wertsteigerungen von der Gesetzesverkündung bis zum Inkrafttreten der 1 %-Grenze.
22Zur rückwirkenden Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze von 25 % auf 10 % bei der Besteuerung privater Veräußerungen von Kapitalanteilen durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 habe das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 127, 61 keine Gleichheitswidrigkeit im Hinblick auf Wertsteigerungen zwischen Verkündung und Inkrafttreten der neuen Rechtslage angenommen. Die Erfassung von Wertsteigerungen von der Verkündung bis zum Inkrafttreten der 1 %-Grenze sei eine Frage des Vertrauensschutzes, nicht eine von Art. 3 Abs. 1 GG.
III.
231. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG).
24Die verfahrensgegenständliche Norm sei wegen Verstoßes gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit sowie gegen das Gebot der Folgerichtigkeit verfassungswidrig (a). Darüber hinaus widerspreche die rückwärts gerichtete Steuerverstrickung Art. 3 Abs. 1 GG (b).
25a) Durch die Anknüpfung der Steuerverstrickung an die Beteiligungsgrenze von 1 % würden andere Steuerpflichtige im Gegensatz zum Beschwerdeführer summenmäßig viel höhere und gleichwohl nicht zu versteuernde Veräußerungsgewinne erzielen können.
26aa) Weil die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns nicht an die Höhe des Gewinns, sondern nur an die Beteiligungshöhe von mindestens 1 % gekoppelt sei, hänge die Frage der Steuerverstrickung von einem Umstand ab, den ein Steuerpflichtiger durch Auswahl seiner Beteiligung an einer Gesellschaft festlegen könne. Jedoch knüpften die horizontale und die vertikale Steuergerechtigkeit an die Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen an. Die Höhe des Gewinns und nicht die Höhe der Beteiligung im niedrigen einstelligen Bereich müsse jedoch nach dem Prinzip der horizontalen Steuergerechtigkeit die entscheidende Größe für die Leistungsfähigkeit und damit die Frage sein, ob ein Gewinn zu versteuern sei. Bei Großunternehmen gebe es regelmäßig keine Beteiligungen von Privatpersonen von mehr als 1 %, so dass die Veräußerung entsprechender Beteiligungen nicht von der Einkommensteuer erfasst werde. Hieraus folge auch, dass die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich zu niedrigen Einkommen nicht angemessen sei (vertikale Steuergerechtigkeit). Trotz entsprechenden Vortrags des Beschwerdeführers habe sich der Bundesfinanzhof in dem verfahrensgegenständlichen Urteil mit dieser Frage nicht hinreichend auseinandergesetzt. Vielmehr habe er insoweit lediglich festgestellt, die prozentuale Beteiligung sei auch deshalb kein gleichheitswidriger Anknüpfungspunkt, weil ein prozentualer Anteil an einer Kapitalgesellschaft die Leistungsfähigkeit des Gesellschafters in Abhängigkeit von der Größe der Gesellschaft abbilde.
27bb) Darüber hinaus werde die verfahrensgegenständliche Norm den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine folgerichtige Umsetzung einkommensteuerrechtlicher Belastungsentscheidungen nicht gerecht.
28Der Gesetzgeber habe mit der hier streitigen Neufassung die Besteuerung von Kapitalerträgen aus Beteiligungen nach Ablauf der Jahresfrist bei den Spekulationseinkünften im Sinne des § 23 EStG nicht einheitlich und damit nicht folgerichtig verwirklicht. Die Frage der Folgerichtigkeit könne sich nicht alleine daran orientieren, ob der Gesetzgeber einen bestimmten Sachverhalt in sich schlüssig geregelt habe. Vielmehr müsse der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darauf abzielen, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern. Für die Beteiligungsgrenze finde sich in den Gesetzesmaterialien keine nachvollziehbare Begründung. Weil die 1 %-Grenze in den Gesetzesmaterialien zur Vermeidung von Steuerumgehungen sowie zur Sicherstellung der Halbeinkünftebesteuerung auf der Ebene des Anteilseigners als geboten angesehen werde, wäre es folgerichtig gewesen, sämtliche privaten Beteiligungsgewinne zu versteuern. Vor diesem Hintergrund sei nicht verständlich, weshalb der Gesetzgeber eine unterschiedslose Besteuerung 1 %-iger Beteiligungen an großen und kleinen Kapitalgesellschaften festgelegt habe, obwohl es genügend andere Möglichkeiten gegeben hätte, die Leistungsfähigkeit als Steuermaßstab in der gesetzlichen Regelung durch absolute betragsmäßige Grenzen zu berücksichtigen. Eine Abwägung ergebe, dass die Legitimation des Gesetzes allein auf die Vermeidung von Steuerumgehungen abziele. Der Gesetzgeber sei zur Umsetzung dieses Zieles gehalten gewesen, sämtliche Steuerpflichtige möglichst gleich zu belasten. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die fehlende beziehungsweise nur begrenzte Umsetzung des Gesetzesziels mehr Gewicht haben solle als der Verfassungsverstoß, der mit der vom Gesetzgeber gewählten Beteiligungsgrenze geschaffen werde.
29cc) Es fehle auch an einem besonderen sachlichen Grund, der für Ausnahmen von der Steuergerechtigkeit und dem Gebot der Folgerichtigkeit aber erforderlich sei.
30Verfassungsrechtlich hinreichende sachliche Gründe ergäben sich weder aus dem vom Gesetzgeber verfolgten Zweck der Vermeidung von Steuerumgehungen (1) noch aus denkbaren, jedoch vom Gesetzgeber nicht erkennbar verfolgten Förderungs- und Lenkungszielen (2) noch aus gesetzgeberischen Typisierungsbefugnissen unter dem Aspekt der klaren Abgrenzung steuerbarer von nicht steuerbaren Sachverhalten (3). Zudem lägen weder ein verfassungskonformer Systemwechsel noch eine neue Zuordnungsentscheidung vor, die den Gesetzgeber von der Beachtung der verfassungsrechtlichen Anforderungen an die folgerichtige Umsetzung einkommensteuerrechtlicher Belastungsentscheidungen würden befreien können (4).
31(1) Die Gesetzesbegründung liefere keinen Hinweis darauf, weshalb gerade die 1 %-Grenze eingeführt worden sei. Im Gegenteil könne eine konsequente Vermeidung von Steuerumgehungsmöglichkeiten nur gelingen, wenn unterschiedslos sämtliche Veräußerungsgewinne im Zusammenhang mit im Privatvermögen gehaltenen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften der Besteuerung unterfielen. Der Gesetzgeber habe damit verdeutlicht, dass er für sich bei Beteiligungen unterhalb der 1 %-Grenze einen politischen Gestaltungsspielraum und mithin keinen sachlichen Grund in Anspruch nehme. Indes ergebe eine Analyse der verfahrensgegenständlichen Norm, dass das Gesetz einschließlich seiner Begründung an erheblichen Defiziten leide.
32(a) So seien nach der Gesetzessystematik Gewinne aus der Veräußerung privaten Kapitalvermögens nicht steuerbar, was allerdings durch die verfahrensgegenständliche Norm mit ihrer geringen Beteiligungsgrenze von 1 % ausgehebelt werde.
33(b) Der in den Gesetzesmaterialien für die Beteiligungsgrenze angeführte Grund der Verhinderung eines Steuerumgehungstatbestands in Gestalt der Veräußerung von Aktien zur Vermeidung einer Dividendenbesteuerung liege in Wirklichkeit gar nicht vor, weil bei einer Veräußerung der Beteiligung jedenfalls der Erwerber die Dividenden zu versteuern hätte. Mit der Versteuerung des Veräußerungsgewinns als "Dividendenersatzbesteuerung" über die verfahrensgegenständliche Norm erreiche der Fiskus sogar eine Doppelversteuerung der Einnahmen, weil so nicht nur der die Beteiligung Veräußernde, sondern auch der Empfänger der aus dieser Beteiligung resultierenden Dividenden Steuern zahlen müsse. Damit ziele die Gesetzesbegründung auf eine Zusatzversteuerung und nicht nur auf eine Vermeidung der Dividendenbesteuerung.
34(c) Als Zielgruppe für die in den Gesetzesmaterialien angenommene Steuerumgehung blieben nur Aktionäre börsennotierter Aktiengesellschaften. Hier gebe es wiederum nur sehr wenige Personen, die mehr als 1 % an einer Aktiengesellschaft hielten und damit von der streitigen Beteiligungsgrenze erfasst würden. Es sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen, bei börsennotierten Gesellschaften auch nur ein Beispiel zu finden, in dem Aktionäre mit einer Beteiligungsquote zwischen 1 % und 10 % von Bedeutung seien.
35(d) Auch vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 17 EStG (in BVerfGE 27, 111; 127, 61) sei die Gesetzesbegründung nicht tragbar.
36Wenn mehr als 95 % aller von § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG (i.d.F. des StSenkG) Betroffenen von einer Dividendenbesteuerungsvermeidung keinen Gebrauch machten und mithin die Differenzierung anhand der Beteiligungsgrenze von 1 % in der Praxis praktisch keine Bedeutung habe, könne die Gesetzesbegründung nicht als Legitimation angesehen werden.
37(2) Des Weiteren könnten Förderungs- und Lenkungsziele keine Grundlage für die sachliche Rechtfertigung der streitigen Beteiligungsgrenze sein.
38Der Gesetzgeber habe in seinen Gesetzesmaterialien keine Überlegungen offengelegt, die einen Lenkungs- oder Förderungsgrund erkennen ließen. Dass aufgrund des Gesetzes tatsächlich Investments bei Großunternehmen gefördert würden, könne kein legitimer Grund sein.
39(3) Die in ihren Auswirkungen verfassungswidrige Abgrenzung steuerbarer von nicht steuerbaren Sachverhalten durch die 1 %-Grenze sei auch nicht durch gesetzgeberische Typisierungsbefugnisse zu legitimieren.
40Zwar sei die Beteiligungsgrenze von 1 % ein praktikables Abgrenzungskriterium. Diese Abgrenzungsmöglichkeit im Gesetzesvollzug sei ein technischer Sachverhalt mit dem Ziel, "Steuerungerechtigkeiten" dann hinzunehmen, wenn andere Abgrenzungskriterien zu Schwierigkeiten bei der Steuerveranlagung führten. Jedoch könne eine klare Abgrenzungsmöglichkeit allein nicht zur Legitimierung von Verstößen gegen Art. 3 Abs. 1 GG dienen. Vielmehr bedürfe es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 27, 111 (128) einer Legitimation dafür, Veräußerungsgewinne bei Beteiligungen ab einer bestimmten Höhe als wesentlicher oder besteuerungswürdiger einzustufen. Indes führe eine Abwägung zwischen dem Gewicht des Gleichheitsverstoßes und dem Interesse des Gesetzgebers, aus Praktikabilitätsgründen die verfahrensgegenständliche Beteiligungsgrenze durchzusetzen, dazu, dass das Gewicht des Verfassungsverstoßes weitaus überwiege.
41(4) Von einer hinreichenden Folgerichtigkeit sei der Gesetzgeber auch nicht deshalb befreit, weil er sich mit der Einführung der 1 %-Grenze von der bis dahin geltenden unternehmerisch bedeutsamen (gewerblichen) Wesentlichkeitsgrenze gelöst habe.
42Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Entfernungspauschale in BVerfGE 122, 210 bedürfe es für die Einführung neuer Regelungen der Schaffung eines wirklich neuen Regelungswerks, an dem es hier aber gerade fehle. Insoweit könnten für den hier streitigen Veranlagungszeitraum 2003 nur solche Tatbestände Berücksichtigung finden, die auch bis dahin bereits bekannt gewesen seien. Daher könne die Entwicklung der Besteuerung von im Privatvermögen gehaltenen Beteiligungen nicht daran gemessen werden, dass entsprechende Veräußerungen seit der erst für Veranlagungszeiträume ab 2009 geltenden Abgeltungsteuer grundsätzlich zu versteuern seien. Die verfahrensgegenständliche Regelung weise bereits für sich betrachtet nicht jenes Mindestmaß an konzeptioneller Neuorientierung auf, das für einen Systemwechsel oder für eine grundlegend neue Zuordnungsentscheidung zu fordern sei. Dass der Gesetzgeber hier auf das sogenannte Wesentlichkeitserfordernis verzichtet habe, ändere nichts an der materiell-rechtlichen Belastungsentscheidung, nach der Gewinne aus privaten Veräußerungserlösen ohne eine unternehmerische Einflussmöglichkeit - also bei Beteiligungen von 1 % bis 10 % - so zu versteuern seien wie die Gewinne aus Verkaufserlösen von bisherigen "wesentlichen Beteiligungen".
43Wenn das Gesetz steuersystematisch private Veräußerungsgewinne in solche aus Gewerbebetrieb einbeziehe, sei dies bereits ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Herabsetzung der Beteiligungsgrenze von 10 % auf 1 % könne nur als "Stellschraubenkorrektur" des § 17 EStG verstanden werden. Jedenfalls sei hieraus ein Systemwechsel beziehungsweise eine neue Grundentscheidung nicht ableitbar. Der Bundesfinanzhof bestätige dies in seinem hier angegriffenen Urteil mittelbar, wenn er ausführe, diese typisierende tatbestandliche Abbildung einer Minimalgrenze füge sich in die bisherige Struktur des § 17 EStG ein.
44Entgegen der Auffassung des Bundesfinanzhofs liege auch darin keine Systementscheidung, dass es ausweislich der Gesetzesmaterialien nicht mehr auf eine Wesentlichkeitsgrenze ankommen solle. Ein solcher Verzicht sei vielmehr in der Natur der Sache begründet, wenn die für die Besteuerung maßgebliche Beteiligungsgrenze auf 1 % abgesenkt werde. Wenn sich die Neufassung nach Auffassung des Bundesfinanzhofs in die bisherige Struktur des § 17 Abs. 1 EStG einpasse, müsse man im Gegenteil annehmen, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf die Vermeidung von Steuerumgehungen einfach den Besteuerungszugriff im bisherigen gesetzlichen System habe ausweiten wollen.
45Zudem könne der vom Bundesfinanzhof in seinem verfahrensgegenständlichen Urteil genannte Begriff der Minimalgrenze nicht überzeugen. Soweit dies impliziere, der Gesetzgeber bewege sich hier innerhalb seines Gestaltungsspielraums, fehle es an einer verfassungsrechtlichen Legitimation für die Festlegung einer solchen Minimalgrenze aus den bereits aufgezeigten Gründen. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG läge am ehesten nicht vor, wenn der Gesetzgeber für seinen Steuerzugriff gerade nicht auf eine prozentuale Beteiligungsgrenze, sondern auf eine Beteiligung beziehungsweise auf Beteiligungserträge oberhalb einer betragsmäßig fixierten Mindestgröße abstellen würde.
46b) Ein weiterer Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz folge daraus, dass andere Steuerpflichtige ihre bis zum erzielten (steuerfreien) Wertzuwächse bei einer Veräußerung noch im Jahr 2001 im Hinblick auf die bis dahin geltende Wesentlichkeitsgrenze von 10 % hätten steuerfrei stellen können, während der Beschwerdeführer entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 127, 61 (82 f.) durch die Veräußerung im Jahr 2003 die bis Ende des Jahres 2001 erzielten Wertzuwächse der Besteuerung zu unterwerfen habe. Diese Zuwächse seien eine gefestigte Vermögensposition, die nach dem allgemeinen Gleichheitssatz von der Besteuerung auszunehmen sei. Mithin sei für die Bewertung der steuerfrei zu stellenden Wertzuwächse auf den Tag vor dem Inkrafttreten der verfahrensgegenständlichen Neuregelung und nicht auf den Tag ihrer Verkündung im Bundesgesetzblatt () abzustellen. Mit dem Verkauf der Beteiligung im Streitjahr 2003 habe der Beschwerdeführer auch den im Zeitraum vom bis zum erzielten Wertzuwachs realisiert. Verstehe man - wie das Bundesverfassungsgericht - den allgemeinen Gleichheitssatz als Maßstab für die gleiche Bemessung steuerlicher Leistungsfähigkeit und stufe man diese bei Verkaufserlösen aus Kapitalanteilen als eine Akkumulation von Wertzuwächsen in der Zeit zwischen Anschaffung und Veräußerung ein, müssten zur Verhinderung einer Ungleichbehandlung Wertzuwächse im Jahr 2001 steuerfrei sein.
47Der Bundesfinanzhof habe in der angegriffenen Entscheidung nicht einmal ansatzweise zu erkennen gegeben, dass er sich mit diesen schon im Revisionsverfahren vorgebrachten Argumenten des Beschwerdeführers auseinandergesetzt habe, obwohl das Gericht im Tatbestand den entsprechenden Vortrag des Beschwerdeführers aufführe. Wenn der Bundesfinanzhof ausweislich seines Beschlusses vom (- IX B 146/11 -, BFHE 236, 492) den Zweck des § 17 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 darin sehe, im Zeitpunkt ihrer Entstehung steuerbare Wertzuwächse von Anteilen an Kapitalgesellschaften zu erfassen, ergebe der Umkehrschluss hieraus, dass - wie es auch in der Literatur vertreten werde - nicht steuerbare stille Reserven im Zeitpunkt ihrer späteren Realisierung nicht als steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn erfasst werden dürften.
482. Die Verfassungsbeschwerde sei anzunehmen, weil sie zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 GG angezeigt sei. Sie habe auch grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Das Bundesverfassungsgericht habe sich mit der Verfassungsmäßigkeit der 1 %-Grenze des § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG (i.d.F. des StSenkG) noch nicht befasst. Ebenso wenig gebe es eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu der Frage der Versteuerung von Werterhöhungen in dem Zeitraum zwischen Verkündung und Inkrafttreten des Gesetzes unter dem Gesichtspunkt einer gleichheitswidrigen Bemessung der steuerlichen Leistungsfähigkeit.
IV.
49Bundestag, Bundesrat, Bundeskanzleramt, sämtliche Länderregierungen und das im Ausgangsverfahren beklagte Finanzamt hatten Gelegenheit zur Äußerung. Außerdem ist der Präsident des Bundesfinanzhofs gebeten worden, eine Stellungnahme zur Vereinbarkeit der verfahrensgegenständlichen Vorschrift mit dem Grundgesetz herbeizuführen. Daraufhin haben Stellung genommen für die Bundesregierung das Bundesministerium der Finanzen, für den Bundesfinanzhof der VIII. und der IX. Senat sowie das Finanzamt.
501. Das Bundesministerium der Finanzen hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet.
51a) § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG (i.d.F. des StSenkG) verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
52aa) Der Gesetzgeber habe im Steuersenkungsgesetz mit der Beteiligungsschwelle von 1 % eine verfassungsrechtlich zulässige Typisierung vorgenommen.
53(1) (a) §17 EStG enthalte unverändert einen Tatbestand von gewerblichen Einkünften. Für die Qualifikation gewerblicher Einkünfte im Sinne der verfahrensgegenständlichen Norm komme es nicht darauf an, mit welcher Summe sich ein Steuerpflichtiger an einer Kapitalgesellschaft beteilige, sondern wie sich seine Beteiligung auch in Relation zu anderen Gesellschaftern darstelle. Die Besteuerung solle nur Anteilseigner von gewissem Gewicht erfassen. Veräußerungen bei geringfügigen Beteiligungen von weniger als 1 % habe der Gesetzgeber mit Ausnahme der von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG erfassten Spekulationsgeschäften nicht als besteuerungswürdig angesehen, wenn die Beteiligung nicht in einem Betriebsvermögen gehalten werde und diese somit eine der Mitunternehmerschaft nicht vergleichbare Form der privaten Vermögensverwaltung darstelle.
54(b) Mit dem Systemwechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren sei die gesetzgeberische Entscheidung verbunden gewesen, eine angemessene Besteuerung ausgeschütteter Gewinne künftig dadurch sicherzustellen, dass diese Gewinne auf Ebene der ausschüttenden Gesellschaft sowie des Anteilseigners mit jeweils reduzierten Besteuerungssätzen besteuert würden. Dementsprechend habe die verfahrensgegenständliche Absenkung der Beteiligungsgrenze auf 1 % sicherstellen sollen, dass auch bei im Privatvermögen gehaltenen Beteiligungen eine Besteuerung auf Ebene des Anteilseigners erfolge. Mithin habe der Gesetzgeber eine neue Systementscheidung getroffen, die aus dem Systemwechsel zum Halbeinkünfteverfahren resultiere. Nunmehr komme der verfahrensgegenständlichen Vorschrift die Funktion zu sicherzustellen, dass es nicht durch Veräußerung der Beteiligung möglich sei, die Halbeinkünfteversteuerung zu vermeiden, weshalb der Gesetzgeber innerhalb der ihm zustehenden Typisierungsbefugnis die Beteiligungsgrenze auf 1 % abgesenkt habe. Dieses Konzept beruhe auf dem Grundgedanken, dass die Veräußerung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft wirtschaftlich einer Totalausschüttung gleichstehe.
55(c) Dabei sei der Gesetzgeber nicht gezwungen gewesen, eine vollständige Besteuerung privater Wertzuwächse im Wege einer durchgehenden und für alle Fälle geltenden Besteuerung von Veräußerungsgewinnen vorzusehen. Wie der Bundesfinanzhof in dem angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt habe, sei die Entscheidung, ob und inwieweit Gewinne aus der Veräußerung von Gegenständen des Privatvermögens besteuert würden, eine solche politischer Gestaltung und liege - wie der Dualismus der Einkunftsarten - innerhalb des Gestaltungsspielraums, der dem Gesetzgeber bei der Erschließung von Steuerquellen zukomme.
56(d) Zudem sei zu beachten, dass sich am Vorliegen einer "gewerblichen" Beteiligung weitere Folgen knüpften, die der Gesetzgeber für eine Beteiligung von wenigstens 1 % als sachgerecht habe ansehen dürfen und auch angesehen habe. So gehöre die Beteiligung an inländischen Kapitalgesellschaften unter den Voraussetzungen des § 17 EStG (i.d.F. des StSenkG) zu den inländischen Einkünften, die eine beschränkte Einkommensteuerpflicht begründeten. Des Weiteren habe insbesondere das seinerzeit geltende Umwandlungssteuerrecht unterschiedliche Rechtsfolgen für "gewerbliche" Beteiligungen im Sinne des § 17 EStG (i.d.F. des StSenkG) und für andere Beteiligungen vorgesehen. Durch die "Bagatellgrenze" von 1 % kämen die vorgenannten zum Teil aufwendigen Folgen nur bei Beteiligungen von einem gewissen Grad zum Tragen.
57(e) Eine zusätzliche summenmäßige Untergrenze der Beteiligungshöhe für eine Steuerbarkeit nach § 17 EStG (i.d.F. des StSenkG) - wie sie vom Beschwerdeführer verlangt werde - habe der Gesetzgeber bewusst aus systematischen Gründen verworfen. Der Vorschlag des Finanzausschusses, die Steuerbarkeit von Gewinnen aus der privaten Veräußerung von Kapitalanteilen an die Voraussetzungen einer Beteiligung von wenigstens 5.000 DM zu knüpfen, sei im Vermittlungsverfahren nicht mehr aufgegriffen worden. Grund dafür sei gewesen, dass ein Sockelbetrag von 5.000 DM die dargestellten Zwecke der Absenkung der Beteiligungsgrenze nicht konsequent umgesetzt hätte. Denn bei dem (damaligen Mindest-)Stammkapital einer GmbH von 50.000 DM hätten 5.000 DM bereits eine Beteiligung von 10 % ausgemacht.
58(2) (a) Der mit der Absenkung der Mindestbeteiligungsgrenze von 10 % auf 1 % verfolgte Zweck der Verhinderung einer Umgehung des Halbeinkünfteverfahrens auf Gesellschafterebene dadurch, dass Anteilseigner Anteile kurz vor dem Dividendentag steuerfrei veräußerten, um sie nach dem Dividendentag zurückzuerwerben und so die Dividendenbesteuerung zu umgehen, sei durch die Absenkung auch tatsächlich erreicht worden. Die gesetzgeberische Absicht, steuerliche Anreize für solche Gestaltungen zu verringern, sei legitim und verfassungsrechtlich zulässig. Auch wenn der Beschwerdeführer von einer Bestrafung des Anteilseigners spreche, habe der Gesetzgeber nicht in repressiver Absicht gehandelt, sondern einzig zu dem Zweck, eine sich beim Veräußerer realisierende Steigerung der Leistungsfähigkeit zu besteuern. Es komme nicht darauf an, ob der Gesetzgeber - wie vom Beschwerdeführer geltend gemacht - unzutreffend einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten suggeriere.
59(b) Das Vorbringen des Beschwerdeführers, § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG sei ungeeignet, das unterstellte Regelungsziel zu erreichen, sei eine nicht näher substantiierte Behauptung und nicht nachvollziehbar. Die Aussage, dass bei der Hauptkategorie der betroffenen Gesellschaftsformen (GmbH und Fonds) aufgrund der Übertragungsmodalitäten praktisch keine Anteilsverkäufe stattfänden, sei eine bloße, empirisch nicht belegte Behauptung, die viel zu weit gehe. Insbesondere im Hinblick auf Fonds sei die Behauptung auch rechtlich nicht nachvollziehbar. Des Weiteren sei die Auffassung des Beschwerdeführers, dass § 17 EStG bei der Fallgruppe der Steuerausländer, die ein Interesse an der Dividendenbesteuerungsvermeidung hätten, nicht gelte, materiell-rechtlich nicht zutreffend.
60Es komme auch nicht zu einer (endgültigen) Zusatzversteuerung. Ausgeschüttete Dividenden verminderten in der Regel den Wert der ausschüttenden Gesellschaft, so dass bei einer späteren Veräußerung nur ein geringerer Veräußerungserlös erzielt werden könne. Sofern vor der Veräußerung keine Ausschüttung erfolgt sei, habe der Erwerber der Anteile zwar die Dividenden zu versteuern, obwohl der Veräußerer ebenfalls den Veräußerungsgewinn versteuern müsse. Dennoch habe der Erwerber keinen endgültigen Nachteil, da er bei einer späteren Veräußerung höhere Anschaffungskosten ansetzen könne und somit später einen geringeren Veräußerungsgewinn zu versteuern habe. Es gehe nicht darum, dass eine Dividende überhaupt einmal versteuert werde, sondern aus dem Subjektsteuerprinzip folge, dass grundsätzlich jedes Steuersubjekt sein eigenes erwirtschaftetes Einkommen zu versteuern habe.
61(c) Die bestehende Ungleichbehandlung gegenüber Anteilseignern, die zu weniger als 1 % an einer Kapitalgesellschaft beteiligt seien, rechtfertige sich wiederum durch die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers, die dessen Absicht, Dividendenstripping zu verhindern, nicht ersetze, sondern ergänze.
62(3) Durch die Absenkung der Beteiligungsgrenze zusammen mit der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens habe der Gesetzgeber innerhalb seines Gestaltungsspielraums die Steuerverstrickung des Privatvermögens fortentwickelt. Er sei bei dieser neuen Systementscheidung nicht gehalten gewesen, die Mindestbeteiligungsschwelle auf unter 1 % abzusenken oder ganz abzuschaffen.
63(4) Zudem verfolge die Typisierung das unter Gleichheitsgesichtspunkten nicht zu beanstandende Konzept, offene Rücklagen einer Körperschaft unabhängig davon der Besteuerung zu unterziehen, ob sie in Form einer Dividende ausgeschüttet oder sich in Form eines Veräußerungsgewinns realisieren würden.
64bb) Die Absenkung der Beteiligungsgrenze genüge auch dem Leistungsfähigkeitsprinzip. Dieses erlaube typisierende und generalisierende gesetzliche Regelungen. Der Maßstab der Leistungsfähigkeit als Ausprägung des Gleichheitssatzes könne nur dort angelegt werden, wo der Gesetzgeber zwei vergleichbare Tatbestände besteuere. Die Differenzierung nach der 1 %-Schwelle diene gerade dazu, eine der Mitunternehmerschaft vergleichbare Tätigkeit von der insoweit nicht vergleichbaren privaten Vermögensverwaltung abzugrenzen.
65cc) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers führe die aus der Absenkung der Beteiligungsgrenze resultierende Ausweitung der Besteuerung bei der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft beim Erwerber - auch unter Berücksichtigung der Dividendenbesteuerung - nicht zu einer Doppelbesteuerung. Im Gegenteil seien mit der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens die Besteuerung von Dividenden sowie von Veräußerungsvorgängen im Zusammenhang mit Anteilen an Kapitalgesellschaften aufeinander abgestimmt worden. Das System des Halbeinkünfteverfahrens führe nur dann zu sachgerechten Ergebnissen, wenn die Besteuerung sowohl auf der Ebene der ausschüttenden Gesellschaft als auch auf der Ebene des Anteilseigners tatsächlich sichergestellt sei. Da Veräußerungsgewinne aus Beteiligungen im Regelfall den nicht ausgeschütteten Dividenden entsprächen, dürfe es keinen Unterschied machen, ob der Anteilseigner diese Gewinne durch Bezug von Dividenden oder durch Veräußerung der Beteiligung realisiere. Daraus ergebe sich keine Doppelerfassung (siehe oben unter Rn. 60).
66b) Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Erfassung der vom (Zeitpunkt der Verkündung) bis zum erzielten Wertsteigerungen wende, habe er ab dem Zeitpunkt der Gesetzesverkündung kein schutzwürdiges Vertrauen auf eine steuerliche Freistellung dieser Wertsteigerungen ausbilden können.
67c) Des Weiteren sei die Versteuerung der Wertsteigerungen im vorgenannten Zeitraum entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht gleichheitswidrig.
68aa) Zwischen der vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung in BVerfGE 127, 61 festgestellten Ungleichbehandlung und dem verfassungsrechtlich geschützten Vertrauen bestehe ein untrennbarer Zusammenhang. Die genannte Entscheidung lasse sich nicht dahingehend verstehen, dass eine Besteuerung des in Wertsteigerungen akkumulierten Zuwachses an Leistungsfähigkeit unzulässig wäre. Vielmehr habe das Bundesverfassungsgericht lediglich eine im Einzelfall nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung darin erkannt, dass die Besteuerung nur vom zufälligen Realisationszeitpunkt abhing.
69Demgegenüber habe der Beschwerdeführer im Streitfall die Steuerbarkeit von einer bewussten Verkaufsentscheidung abhängig machen können. Denn spätestens seit Verkündung des Gesetzes am habe jeder von der Neuregelung betroffene Anteilseigner wissen können, dass Veräußerungen ab 2002 steuerpflichtig seien. Auch gehe es anders als beim vom Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 127, 61 entschiedenen Fall nicht um die Versteuerung jahrzehntelanger Wertsteigerungen, sondern nur um solche von maximal 14 Monaten. Weiterhin habe das Bundesverfassungsgericht in jener Entscheidung den Erwerb einer steuerfreien Position, also das Vertrauen der Steuerpflichtigen in die steuerliche Irrelevanz nachträglich steuerverstrickter Wertzuwächse, als Grundlage der nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung angesehen. Indes habe im Streitfall beim Beschwerdeführer kein steuerfrei erworbener Wertzuwachs nach dem vorgelegen, weshalb auch keine Ungleichbehandlung auf dieser Basis festgestellt werden könne. Des Weiteren sei eine Vermögensposition im Sinne eines steuerfrei erworbenen Wertzuwachses auch nur insofern entstanden, als sich der Anteilseigner bis zum zur Veräußerung entschieden habe. Was die Steuerfreiheit der Wertzuwächse zwischen dem und dem betreffe, handle es sich hierbei im Übrigen lediglich um Unschärfen geringen Ausmaßes, die mit jeder Stichtagsregelung verbunden und grundsätzlich hinzunehmen seien. Eine erstmalige Anwendung des Gesetzes in der streitgegenständlichen Fassung sei dem Gesetzgeber aufgrund der parallelen Einführung des Halbeinkünfteverfahrens und damit zusammenhängenden Besonderheiten erst ab dem Veranlagungszeitraum 2002 möglich gewesen.
70bb) Dass die Neuregelung erst 14 Monate nach ihrer Verkündung wirksam geworden sei, sei zwingende Folge des erst zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Systemwechsels zum Halbeinkünfteverfahren, mit dem die verfahrensgegenständliche Vorschrift verknüpft sei. Auch dies rechtfertige eine Ungleichbehandlung. Die Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen bei einer Beteiligungsquote zwischen 1 % und 10 % bei Veräußerungen zwischen dem und dem habe wegen des Systemwechsels in Kauf genommen werden müssen.
712. Der Präsident des Bundesfinanzhofs hat Stellungnahmen des VIII. und des IX. Senats des Bundesfinanzhofs übersandt.
72a) Nach Auffassung des VIII. Senats des Bundesfinanzhofs wirft § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG (i.d.F. des StSenkG) verfassungsrechtliche Bedenken auf.
73So sei die Rechtfertigung der vor Inkrafttreten der verfahrensgegenständlichen Neuregelung geltenden Wesentlichkeitsgrenze von 25 %, die auf der Nähe des wesentlich Beteiligten zur Geschäftsführung der Gesellschaft und den damit verbundenen Einflussmöglichkeiten beruht habe, auf die abgesenkte Wesentlichkeitsgrenze von 1 % nicht übertragbar. Gehe man von einem Paradigmenwechsel dergestalt aus, dass § 17 EStG (i.d.F. des StSenkG) nicht mehr die mitunternehmerische Beteiligung aufgrund der Einflussmöglichkeiten auf die Gestaltung des Veräußerungspreises, sondern allein die kapitalmäßige Beteiligung zur Verbreiterung der Bemessungsgrundlage erfassen solle, sei zu hinterfragen, inwieweit die Ungleichbehandlung gegenüber Beteiligungen von unter 1 % verfassungsrechtlich gerechtfertigt sei, die nach Ablauf der in § 23 EStG (a.F.) geregelten Spekulationsfrist von einem Jahr nicht mehr zu versteuern gewesen seien. Für die angestrebte Verbreiterung der Bemessungsgrundlage sei die Anknüpfung an eine 1 %-ige Beteiligung ohne Rücksicht auf deren absolute Höhe nicht sachgerecht.
74Indes ließen sich mehrere Gründe zur Rechtfertigung der Regelung anführen. Weil der Anteil nicht besteuerter Gewinne nach den älteren Fassungen des § 17 EStG noch höher gewesen sei, entspreche die 1 %-Grenze eher dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als es bei den zuvor geltenden Beteiligungsgrenzen von 10 % und 25 % der Fall gewesen sei. Auch habe der Gesetzgeber den Weg hin zu einer gleichheitsgerechten Besteuerung privater Veräußerungsgewinne konsequent weiterverfolgt. Dies zeige sich darin, dass seit Inkrafttreten des Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008 vom (BGBl I S. 1912) jeder nach dem erzielte Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften unabhängig von der Beteiligungshöhe oder einer Haltefrist als Einkunft aus Kapitalvermögen der Besteuerung unterliege. Die angegriffene Regelung könne mit der 1 %-Grenze als Zwischenschritt im Rahmen eines längerfristigen Systemwandels verstanden werden. Die wenig sachgerechte Anknüpfung der Besteuerung an eine Beteiligung von mindestens 1 % möge danach als Übergangsphänomen hinnehmbar sein.
75Nach dem Maßstab des verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbots ergäben sich im Streitfall keine Bedenken.
76b) Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs hält die vom Beschwerdeführer angegriffene Beteiligungsgrenze im Hinblick auf das mit dem Steuersenkungsgesetz eingeführte Halbeinkünfteverfahren dagegen für eine folgerichtige Ausgestaltung der steuerlichen Belastungsentscheidung.
77Läge die Beteiligungsgrenze in § 17 Abs. 1 EStG nach Inkrafttreten des Halbeinkünfteverfahrens weiterhin bei einer an den gesellschaftsrechtlichen Einflussmöglichkeiten orientierten Schwelle von 10 % oder 25 %, könnten Gesellschafter mit Beteiligungen bis zu dieser Höhe die im Halbeinkünfteverfahren vorgesehene Versteuerung der in der Gesellschaft thesaurierten und mit 25 % Körperschaftsteuer belasteten Gewinne durch eine nicht steuerbare Veräußerung verhindern. Damit wären Gesellschaftern mit Beteiligungen in dieser Höhe sogenannten Ballooning-Gestaltungen möglich, die in der Praxis geläufig seien. Diese ermöglichten es, nur mit der Halbbelastung auf der Ebene der Kapitalgesellschaft versteuerte Einkünfte der zweiten Halbbesteuerung auf Gesellschafterebene zu entziehen. Gerade bei Kapitalgesellschaften im Familienbesitz, deren Anteilseigner häufig Beteiligungen zwischen 1 % und 10 % hielten und die sich über Poolverträge zu einer gemeinsamen Willensbildung verpflichtet hätten sowie auf laufende Ausschüttungen der Gesellschaft nicht angewiesen seien, könnte auf diese Weise die zweite Halbbelastung umgangen werden. Mit der verfahrensgegenständlichen Neuregelung würden daher Steuerumgehungen in der Folge des Systemwechsels zum Halbeinkünfteverfahren verhindert.
78Die streitige Absenkung der Beteiligungsgrenze sei eine folgerichtige Ausprägung des Systemwechsels vom körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren. Im Hinblick auf die nun deutlich niedrigere Vorbelastung thesaurierter Gewinne mit (damals) 25 % sei es folgerichtig gewesen, Veräußerungsgewinne nach § 17 EStG ab einer Beteiligungsgrenze von 1 % zur Hälfte in die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer einzubeziehen.
79Überdies sei die 1 %-Grenze ausweislich der Gesetzesmaterialien (BTDrucks 14/2683, S. 113) im Zusammenhang mit der in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG enthaltenen Jahresfrist für private Veräußerungsgeschäfte zu sehen. Die vorrangig gegenüber § 17 EStG zu erfassenden Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sollten nicht mit anderen positiven Einkünften, sondern nur beschränkt verrechenbar sein. Bei An- und Verkäufen innerhalb der Jahresfrist würden auch typischerweise Anteile von weniger als 1 % gehandelt. Dagegen erfasse § 17 EStG das mittel- und langfristige Halten von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, das regelmäßig bei Beteiligungen ab einer bestimmten Höhe vorliege.
80Soweit der Beschwerdeführer aus verfassungsrechtlichen Gründen eine bestimmte Höhe des Veräußerungsgewinns oder eine Wertgrenze der Beteiligung verlange, führe dies im Hinblick auf die in der Praxis akzeptierte und angewandte Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu § 17 EStG zu zahlreichen Folgeproblemen. Abgesehen davon, dass sich eine allein an der Beteiligungshöhe orientierte Grenze einfach und ohne Streitpotenzial anhand des Nennkapitals und der notariellen Verträge überprüfen lasse, würde eine zusätzlich am Veräußerungsgewinn oder am Wert der Beteiligung orientierte Wertgrenze die Anwendung und Vollziehbarkeit der Vorschrift erheblich erschweren. So wäre unklar, was im praktisch häufigen Fall eines Veräußerungsverlusts geschehen würde. Ferner ließen sich die in der Praxis ebenfalls häufigen Fälle der Auflösung der Gesellschaft infolge einer Insolvenz und die steuerliche Berücksichtigung des Auflösungsverlusts sowie des Entstehens nachträglicher Anschaffungskosten infolge der Inanspruchnahme der Steuerpflichtigen aufgrund von Gesellschafterbürgschaften auf der Grundlage von § 17 Abs. 4 EStG nicht mehr hinreichend lösen. Zudem zöge das vom Beschwerdeführer befürwortete Anknüpfen an den Wert der Beteiligung in jedem Einzelfall eine zeit- und kostenaufwendige Unternehmensbewertung nach sich, die zusätzliches Streitpotenzial beinhaltete. Im Übrigen übersehe der Beschwerdeführer die bereits existierende Freibetragsregelung des § 17 Abs. 3 EStG, die Bagatellfälle aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift heraushalte.
81Die vom Beschwerdeführer angeführten Fälle des "Dividendenstrippings" sowie der "Cum-Ex-Geschäfte" spielten in Bezug auf Beteiligungen an Kapitalgesellschaften von mindestens 1 % in der Praxis keine Rolle. Überdies gehe es in diesen Fällen auch nicht um die Vermeidung der Dividendenbesteuerung im System des Halbeinkünfteverfahrens, sondern um die (ggf. mehrfache) Nutzung bereits abgeführter anrechenbarer Kapitalertragsteuer.
82Soweit sich der Beschwerdeführer schließlich unter Berufung auf Art. 3 Abs. 1 GG gegen die Steuerbarkeit von Wertzuwächsen in dem Zeitraum zwischen der Verkündung des Gesetzes am und dem Inkrafttreten am wende, seien die dafür geltenden verfassungsrechtlichen Grundsätze mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 127, 61 geklärt. Danach sei der Gesetzgeber nicht gehindert, Gewinne aus der Veräußerung von Gegenständen des Privatvermögens zu besteuern. Ob und inwieweit er davon Gebrauch mache, sei eine Frage politischer Gestaltung.
833. Das Finanzamt schließt sich uneingeschränkt den Ausführungen in den verfahrensgegenständlichen fachgerichtlichen Entscheidungen an. Die durch das prozentsatzbezogene Abgrenzungskriterium möglicherweise entstehende faktische Begünstigung von Investments in Großunternehmen sei Ausfluss einer entschiedenen Praktikabilitätsumsetzung, die der Verfassungsmäßigkeit nicht entgegenstehe. Durch die verfahrensgegenständliche Norm werde der für den Gesetzgeber grundsätzlich zulässige Weg einer breiteren steuerlichen Erfassung von Wertsteigerungen im Privatvermögen fortgesetzt; sie sei überdies ausweislich der Gesetzesmaterialien zur Vermeidung von Steuerumgehungen geboten gewesen. Der Beschwerdeführer habe die von ihm angenommene Benachteiligung von 95 % der Anteilseigner nicht nachvollziehbar belegt.
84Wegen der steuerlichen Erfassung von Wertsteigerungen zwischen der Verkündung des Steuersenkungsgesetzes am und dem Tag vor dessen Inkrafttreten () werde auf die Entscheidung in BVerfGE 127, 61 verwiesen, in der die Absenkung der Beteiligungsgrenze von 25 % auf 10 % durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 nur am Vertrauensschutz gemessen worden sei. Daraus ergebe sich im Umkehrschluss, dass sämtliche Wertsteigerungen im Nachgang zur Verkündung der hier streitigen Neuregelung ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz der Besteuerung unterworfen worden seien.
V.
851. Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom repliziert. Keine der Stellungnahmen nehme Bezug auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaft- und Schenkungsteuer in BVerfGE 138, 136. Die dort entwickelten Grundsätze zur Steuerverschonung müssten wegen des enormen Ausmaßes der Ungleichbehandlung auch im vorliegenden Fall Anwendung finden. Die Differenzierung zwischen Beteiligungen unterhalb und oberhalb von 1 % müsse einer Verhältnismäßigkeitsprüfung unterzogen werden, der sie nicht standhalte.
86Die Grenze zulässiger Typisierung sei überschritten, weil die Nichtversteuerung aufgrund der Unterschreitung der 1 %-Grenze der Regelfall sei und die Versteuerung nur ausnahmsweise stattfinde. Im Regelfall würden Aktien der großen Publikumsgesellschaften mit Beteiligungen von unter 1 % und nicht solche von kleineren mittelständischen Unternehmen gehandelt. Im Übrigen gehe die Diskussion um eine Typisierung im Zusammenhang mit dem Halbeinkünfteverfahren fehl. Es werde kein Grund dafür angegeben, weshalb anhand der 1 %-Grenze differenziert werde. Die von der Bundesregierung hierzu geäußerte Ansicht, eine Beteiligung von 1 % führe zu einer Mitunternehmerschaft der Beteiligten, habe nichts mit der unternehmerischen Praxis zu tun, weil - worauf auch der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs in diesem Verfahren hingewiesen habe - mit dem Halbeinkünfteverfahren eine Abkehr vom Leitbild des Mitunternehmers verbunden gewesen sei.
872. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben der Kammer vorgelegen.
B.
88Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG liegt nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung (§ 93a Abs. 2 Buchst. a BVerfGG), weil die Maßstäbe für die Vereinbarkeit der Besteuerung privater Veräußerungen von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft mit Art. 3 Abs. 1 GG in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich geklärt sind (vgl. BVerfGE 27, 111 <127 ff.>; 127, 61 <85 f.>). Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt, weil die Verfassungsbeschwerde keinen Erfolg hat. Sie ist unzulässig, soweit sie die Rüge einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG durch die steuerliche Erfassung der Wertsteigerungen ab dem Zeitpunkt der Verkündung des Steuersenkungsgesetzes bis zu dessen Inkrafttreten betrifft (I.). Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet (II.).
I.
89Soweit der Beschwerdeführer eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) im Verhältnis zu denjenigen Steuerpflichtigen mit einer Beteiligung zwischen 1 % und 10 % rügt, die eine Veräußerung von Anteilen in der Zeit zwischen der Verkündung des Steuersenkungsgesetzes und dessen Inkrafttreten vorgenommen haben, genügt seine Verfassungsbeschwerde nicht den Begründungsanforderungen von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG.
901. Eine Begründung im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG erfordert, dass der Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Verletzung seiner Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte hinreichend deutlich aufzeigt (vgl. BVerfGE 89, 155 <171>; 98, 169 <196>). Soweit das Bundesverfassungsgericht für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss anhand dieser Maßstäbe dargelegt werden, inwieweit Grundrechte durch die angegriffene Maßnahme verletzt werden (vgl. BVerfGE 99, 84 <87>; 101, 331 <346>; 102, 147 <164>). Bei Urteilsverfassungsbeschwerden ist zudem in der Regel eine ins Einzelne gehende argumentative Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung erforderlich. Es bedarf demnach einer substantiierten Auseinandersetzung mit dem zugrundeliegenden einfachen Recht und mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des vorgetragenen Sachverhalts (vgl. BVerfGK 20, 327 <329>).
912. Diesen Anforderungen genügt die Begründung der vorliegenden Verfassungsbeschwerde nicht in Bezug auf den Einwand des Beschwerdeführers, im Streitfall hätten die Wertsteigerungen bei den Aktien bis zum Tag vor dem Inkrafttreten des Steuersenkungsgesetzes nicht besteuert werden dürfen. Insoweit fehlt es an einer hinreichenden Aufarbeitung der Rechtslage zum einfachen Recht (a) sowie zum Verfassungsrecht (b).
92a) aa) Zunächst hätte es einer nachvollziehbaren Darlegung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Steuersenkungsgesetzes und der zeitlichen Anwendbarkeit von § 17 Abs. 1 EStG (i.d.F. des StSenkG) auf die Veräußerung von Anteilen an der Aktiengesellschaft bedurft, an der der Beschwerdeführer beteiligt war. Der Beschwerdeführer ging in seiner Klageschrift davon aus, dass § 17 Abs. 1 EStG (i.d.F. des StSenkG) seit dem galt. In seinem Antrag auf mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzhof machte er dagegen geltend, die Regelung sei zum in Kraft getreten. Er begründete dies jedoch nicht näher, sondern verwies lediglich auf eine Quelle im Schrifttum (Söffing/Bron, DB 2012, S. 1585 ff.). Auch in seiner Verfassungsbeschwerde geht er ohne Weiteres vom Inkrafttreten des Steuersenkungsgesetzes am aus, ohne dass er sich mit den einschlägigen Regelungen des Steuersenkungsgesetzes auseinandersetzt.
93Die Änderungen des Einkommensteuergesetzes durch Art. 1 des Steuersenkungsgesetzes sind insgesamt am in Kraft getreten (vgl. Art. 19 Abs. 1 StSenkG). Der zeitliche Anwendungsbereich von § 17 Abs. 1 EStG (i.d.F. des StSenkG) ergibt sich aus § 52 Abs. 34a EStG in Verbindung § 34 Abs. 1 und Abs. 1a KStG (i.d.F. des StSenkG). Danach kommt es für den Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung von § 17 Abs. 1 KStG (i.d.F. des StSenkG) darauf an, ob das Wirtschaftsjahr der Gesellschaft, deren Anteile veräußert werden, mit dem Kalenderjahr übereinstimmt (vgl. Schmidt, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 17 EStG Rn. 1 <Aug. 2018>). Dazu verhält sich die Verfassungsbeschwerde jedoch nicht.
94bb) Unabhängig davon hat der Beschwerdeführer nicht hinreichend dazu vorgetragen, ob der von ihm erstmals in der Revisionsinstanz behauptete Aktienwert am , aus dem sich nach seiner Rechtsauffassung ein niedrigerer steuerbarer Wertzuwachs bis zum Veräußerungszeitpunkt ergab, im fachgerichtlichen Verfahren noch hätte Berücksichtigung finden können. Dies wäre jedoch angesichts der verfahrensrechtlichen Regeln zur Berücksichtigung neuen Tatsachenvortrags in der Revisionsinstanz erforderlich gewesen.
95Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Aktienwert für den ist nicht durch das Finanzgericht festgestellt worden. Dazu bestand für das Gericht verfahrensrechtlich schon deshalb kein Anlass, weil der Beschwerdeführer nach dem Ergehen des Änderungsbescheids, in dem das Finanzamt entsprechend dem (- IV C 6-S 2244/10/10001, FMNR659000010 -, BStBl I 2011 S. 16 unter D.) den Aktienwert am Tag der Verkündung des Steuersenkungsgesetzes () berücksichtigt hatte, vor dem Finanzgericht mit Schriftsatz vom erklärte, der Änderungsbescheid entspreche insoweit den Grundsätzen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 127, 61.
96Erst im Revisionsverfahren, nämlich im Rahmen des Antrags auf mündliche Verhandlung gegen den Gerichtsbescheid des Bundesfinanzhofs trug der Beschwerdeführer zu dem für den Einwand gegen die steuerliche Erfassung von Wertzuwächsen im Zeitraum zwischen der Verkündung des Gesetzes und dem Inkrafttreten nach seiner Auffassung maßgeblichen tatsächlichen Umstand - also dem Aktienwert zum - vor. Indes unterliegen der Beurteilung des Revisionsgerichts gemäß § 118 Abs. 2 FGO nur die Tatsachen, die sich aus dem Urteil der Tatsacheninstanz, hier also aus der finanzgerichtlichen Entscheidung ergeben (vgl. BFHE 133, 421 <425>). Bei dem Vorbringen des Beschwerdeführers zum Aktienwert am handelt es sich dagegen um einen neuen Tatsachenvortrag, der in der Revisionsinstanz keine Berücksichtigung finden kann (vgl. BFHE 240, 394 <400 Rn. 38>). Ob gleichwohl der Rechtsstreit vom Bundesfinanzhof zum Zwecke weiterer Feststellungen hätte an das Finanzgericht zurückverwiesen werden müssen, wenn dieses einen Wertzuwachs zwischen dem und dem materiell-rechtlich fehlerhaft der Besteuerung unterworfen haben sollte, wird von dem Beschwerdeführer nicht erörtert.
97b) Daneben dessen fehlt es an einer hinreichend substantiierten Auseinandersetzung mit den Anforderungen des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG), dessen Verletzung der Beschwerdeführer im Hinblick auf Wertsteigerungen der veräußerten Anteile im Zeitraum zwischen der Verkündung des Steuersenkungsgesetzes und der erstmaligen Anwendbarkeit von § 17 Abs. 1 EStG rügt.
98aa) Allerdings beanstandet der Beschwerdeführer zu Recht, dass der Bundesfinanzhof insoweit von vornherein keinen Anknüpfungspunkt für die Anwendung von Art. 3 Abs. 1 GG gesehen hat (vgl. BFH in dem angegriffenen Urteil, BFHE 239, 334 <337 Rn. 13>). Damit setzt sich der Bundesfinanzhof in Widerspruch zu der auch von ihm herangezogenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 127, 61. In dieser Entscheidung zur Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze in § 17 EStG von 25 % auf 10 % durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 hat der Zweite Senat die Besteuerung von nach der alten Rechtslage steuerfreien Wertsteigerungen, die bis zum Zeitpunkt des (rückwirkenden) Inkrafttretens der Neuregelung bereits entstanden waren, aber erst danach im Wege der Veräußerung realisiert worden sind, als rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung im Verhältnis zu denjenigen Steuerpflichtigen qualifiziert, bei denen der Veräußerungsgewinn bereits vor dem Inkrafttreten der Neuregelung entstanden war (vgl. BVerfGE 127, 61 <81 f.>). Die verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung resultiert daraus, dass im Zeitpunkt der Realisation ein über den vorangegangenen Zeitraum akkumulierter Zuwachs an Leistungsfähigkeit nachholend der Besteuerung unterworfen wird, sich also die höhere Leistungsfähigkeit, auf die mit der steuerlichen Erfassung des Veräußerungsgewinns zugegriffen wird, materiell auf den gesamten Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung bezieht (vgl. BVerfGE 127, 61 <82>).
99Zutreffend hat der Beschwerdeführer weiter dargelegt, dass sich die hier zu beurteilende Absenkung der Beteiligungsgrenze von 10 % auf 1 % durch das Steuersenkungsgesetz vom mit Wirkung für künftige Veranlagungszeiträume ab 2002 deshalb von der Absenkung der Wesentlichkeitsgrenze durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom unterscheidet, weil die letztgenannte Gesetzesänderung rückwirkend auf den Beginn des Veranlagungszeitraums 1999 erfolgte (vgl. BVerfGE 127, 61 <65 f.>), während die verfahrensgegenständliche Aufgabe der Wesentlichkeitsgrenze zugunsten der 1 %-Grenze - wie bereits ausgeführt (Rn. 10) - erst für künftige Veranlagungszeiträume, nämlich frühestens ab dem anwendbar war.
100bb) Es fehlt jedoch eine Auseinandersetzung mit sich aus diesem Unterschied möglicherweise ergebenden Rechtfertigungsgründen. Der Beschwerdeführer hat zum Beleg für seine Auffassung lediglich auf Schrifttum verwiesen, nach der die Veräußerung von entsprechenden Anteilen bis zum 31. Dezember 2001nicht besteuert worden sei, so dass aufgrund des Gleichbehandlungsgebots und/oder aus Gründen des Vertrauensschutzes auch die bis zu diesem Zeitpunkt entstandenen Wertsteigerungen aus der Steuerbarkeit ausgeklammert werden müssten (Söffing/Bron, Der Betrieb 2012, S. 1585 <1591>; Gosch, in: Kirchhof, EStG, 11. Aufl. 2012, § 17 Rn. 34).
101Er setzt sich jedoch nicht mit der Gegenauffassung auseinander, die einen entscheidenden Unterschied zu dem Sachverhalt, der der Entscheidung BVerfGE 127, 61 zugrunde lag, darin sieht, dass die Anteilseigner seit der Verkündung des Gesetzes am wussten, dass ihre Beteiligung mit dem Beginn der zeitlichen Anwendbarkeit der verfahrensgegenständlichen Änderungen in die Steuerpflicht hineinwachsen würde. Ihnen musste von diesem Zeitpunkt an klar sein, dass zukünftig eintretende Wertsteigerungen bei einer Veräußerung nach dem Zeitpunkt der erstmaligen Anwendbarkeit von § 17 Abs. 1 EStG (i.d.F. des StSenkG) nicht mehr steuerfrei erzielt sein würden, und sie konnten sich darauf, auch durch eine Veräußerung vor dem , einstellen (vgl. nicht rechtskräftiges Urteil des -, juris, Rn. 124 f.; Gragert, Neue Wirtschaftsbriefe 2012, S. 474 <477>). Mit diesem Argument befasst sich die Verfassungsbeschwerde jedenfalls nicht hinreichend.
II.
102Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie unbegründet. Ein Verstoß gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden allgemeinen Gleichheitssatz liegt nicht vor.
1031. Der Gleichheitssatz belässt dem Gesetzgeber im Sachbereich des Steuerrechts einen weit reichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstands als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes (BVerfGE 137, 350 <366 Rn. 41>; 138, 136 <181 Rn. 123>; 145, 106 <143 f. Rn. 102> stRspr; vgl. insb. zum Einkommensteuerrecht BVerfGE 99, 88 <95>; 105, 73 <126>; 107, 27 <47>; 120, 1 <29>; 122, 210 <230>). Steuerwürdigkeitsentscheidungen beruhen wesentlich auf politischen Wertungen, die nach dem Grundgesetz der Legislative zustehen und von ihr im Wege der Gesetzgebung getroffen werden müssen. Die Entscheidung des Gesetzgebers ist deshalb nur daraufhin zu überprüfen, ob sie auf sachwidrigen, willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 120, 1 <29>; 137, 350 <366 f. Rn. 42>; 145, 106 <144 Rn. 102>).
104Das Bundesverfassungsgericht hat speziell im Zusammenhang mit der Versteuerung privater Veräußerungen von Kapitalanteilen wiederholt ausgeführt, der Gesetzgeber wäre nicht gehindert, Gewinne aus jeder Veräußerung von Gegenständen des Privatvermögens zu besteuern (BVerfGE 27, 111 <127>; 127, 61 <86>). Ob und inwieweit er von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, ist eine Frage politischer Gestaltung (BVerfGE 127, 61 <86> m.w.N.). Bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung der Auswahl des Steuergegenstands entspricht es der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass es nicht nachzuprüfen hat, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (BVerfGE 27, 111 <127> m.w.N.). Das gesetzgeberische Ermessen findet auch hier seine Grenze erst im Willkürverbot, und nur die Einhaltung dieser äußersten Grenzen der gesetzgeberischen Freiheit ist vom Bundesverfassungsgericht nachzuprüfen (vgl. BVerfGE 27, 111 <127 f.> m.w.N.).
1052. Nach diesen Maßstäben ist die verfahrensgegenständliche Norm Ausdruck der Steuerwürdigkeitsentscheidung des Gesetzgebers, dass Gewinne aus der Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Besteuerung unterliegen sollen, sofern die Beteiligung eine gewisse prozentuale Höhe erreicht. Damit hat der Gesetzgeber den Steuergegenstand in verfassungsgemäßer Weise gewählt. Die erweiterte steuerliche Erfassung gewinnbringender Veräußerungen von im Privatvermögen gehaltenen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften als solche einschließlich ihrer Zuordnung zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb beruht nicht auf sachwidrigen, willkürlichen Erwägungen (a). Auch die Differenzierung zwischen Beteiligungen unterhalb von 1 % und ab dieser Grenze ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (b).
106a) Die erweiterte steuerliche Erfassung gewinnbringender privater Veräußerungen von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften ist als solche einschließlich ihrer Zuordnung zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
107aa) Die unterschiedliche einkommensteuerrechtliche Erfassung von Wertsteigerungen im Vermögen des Steuerpflichtigen ist die systematische und insofern folgerichtige Konsequenz aus der das Einkommensteuerrecht prägenden Konzeption, nach der die Einkommensteuer grundsätzlich nur im Rahmen der Gewinneinkunftsarten den Gedanken der Reinvermögenszugangstheorie aufgreift und deshalb auch den Wertzuwachs bei Vermögensgegenständen erfasst, während die Einkünfte im Rahmen der übrigen Einkunftsarten, dem Gedanken der Quellentheorie entsprechend, als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt werden, so dass hier Zuwächse im Stammvermögen grundsätzlich außer Betracht bleiben. Dieser sogenannte Dualismus der Einkunftsarten liegt als historisch gewachsene Grundentscheidung innerhalb des Gestaltungsspielraums, der dem Gesetzgeber bei der Erschließung von Steuerquellen zukommt (BVerfGE 127, 61 <85 f.> m.w.N.).
108Der historische Steuergesetzgeber verfolgte mit der Besteuerung der Gewinne aus privaten Veräußerungen von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften insbesondere die Absicht, solche Gewinne beim Vorliegen einer wesentlichen Beteiligung den Gewinnen aus der Veräußerung von (Anteilen an) Personengesellschaften gleichzustellen, die ebenfalls als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu erfassen waren (vgl. Strutz, in: Kommentar zum Einkommensteuergesetz vom , II. Band, 1929, § 30 Anm. 2, m.w.N.; Blümich, in: Einkommensteuergesetz, 10. Aufl. 1972, § 17 Anm. 1a). Auf das Tatbestandsmerkmal der wesentlichen Beteiligung hat er mit der Absenkung der Beteiligungsschwelle auf 1 % bei der Neufassung des § 17 EStG durch das verfahrensgegenständliche Änderungsgesetz verzichtet (vgl. BTDrucks 14/3366, S. 118; vgl. BFHE 209, 275 <281>).
109An der fortdauernden steuersystematischen Zuordnung der verfahrensgegenständlichen Veräußerungsgewinne zu den Gewinneinkunftsarten war der Gesetzgeber von Verfassungs wegen gleichwohl nicht gehindert. Nach der im Zeitpunkt des verfahrensgegenständlichen Änderungsgesetzes maßgeblichen Rechtslage war die Veräußerung von Kapitalanteilen unterhalb der Beteiligungsgrenze, die im Privatvermögen länger als ein Jahr vor dem Veräußerungszeitpunkt gehalten worden waren, nicht mehr als ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne der § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu erfassen (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 113). Dementsprechend ermöglichte die Zuordnung von Gewinnen aus der Veräußerung von länger als einem Jahr im Privatvermögen gehaltenen Kapitalanteilen zur gewerblichen Sphäre die Anwendung des grundsätzlich nur im Rahmen der Gewinneinkunftsarten geltenden Gedankens der Reinvermögenszugangstheorie, nach der auch der Wertzuwachs bei Vermögensgegenständen zu erfassen ist (vgl. Trossen, in: BeckOK EStG, Kirchhof/Kulosa/Ratschow, § 17 Rn. 40 <Stand: >). Für die Vereinbarkeit der Regelung mit Art. 3 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt einer Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit kommt es entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auf diese Zuordnung ebenso wenig an, wie die systematische Unterscheidung der verschiedenen Einkunftsarten für sich allein eine Ungleichbehandlung rechtfertigen kann (vgl. BVerfGE 84, 348 <363 f.>; 96, 1 <6>; 99, 88 <95>; 105, 73 <126>; 116, 164 <181>).
110bb) Für das Absenken der Beteiligungsgrenze und die damit einhergehende Erweiterung der Besteuerung von Gewinnen aus privaten Veräußerungen von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften besteht ein sachlicher Grund; sie ist nicht willkürlich.
111(1) Ausweislich der bereits genannten Ausführungen in den Gesetzesmaterialien steht die Absenkung der Beteiligungsgrenze mit dem zugleich eingeführten Halbeinkünfteverfahren im Zusammenhang. Nach Auffassung des Gesetzgebers könne die Besteuerung beim Anteilseigner dann umgangen werden, wenn dieser seine Beteiligung vor der Gewinnausschüttung veräußert, er sich dabei die in der Gesellschaft angesammelten offenen Rücklagen vergüten lasse und der Veräußerungsgewinn bei einem Verkauf von im Privatvermögen länger als einem Jahr vor dem Veräußerungszeitpunkt gehaltenen, unterhalb der Beteiligungsschwelle liegenden Beteiligungen an Kapitalgesellschaften nicht steuerpflichtig sei (BTDrucks 14/2683, S. 113). Zur Vermeidung von Steuerumgehungen sei es geboten, die Grenze für die Beteiligung auf mindestens 1 % zu senken (BTDrucks 14/2683, S. 114). Auch in der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom (BTDrucks 14/3366) ist ausgeführt, die Vorschrift des § 17 EStG habe künftig grundsätzlich sicherzustellen, dass es nicht durch Veräußerung der Beteiligung möglich sei, die Halbeinkünftebesteuerung auf der Ebene des Anteilseigners zu vermeiden, der seine Anteile nicht in einem Betriebsvermögen halte (BTDrucks 14/3366, S. 118).
112Das Absenken der Beteiligungsgrenze beruht also auf der sachgerechten Überlegung, dass der Gesetzgeber infolge des Systemwechsels vom körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren auch der Besteuerung von Beteiligungsverkäufen im Sinne von § 17 EStG eine neue Funktion beigemessen hat (vgl. BFHE 209, 275 <281>). Mithin verfolgt der Gesetzgeber mit dem Absenken der Beteiligungsgrenze das legitime Ziel der Verhinderung oder zumindest Eindämmung steuerpolitisch unerwünschter Gestaltungsmöglichkeiten (vgl. BVerfGE 127, 224 <257>).
113(2) Die Legitimität dieses Ziels wird, anders als der Beschwerdeführer meint, nicht dadurch in Frage gestellt, dass bei einer Dividendenausschüttung nach einem Anteilsverkauf statt des früheren der neue Anteilseigner der Halbeinkünftebesteuerung unterliegt. Dieser Umstand ändert nichts daran, dass der Gewinn des Veräußerers regelmäßig höher ist als er bei einer Veräußerung nach einer - von ihm zu versteuernden Dividendenausschüttung - wäre. Ein späterer Veräußerungsgewinn des Erwerbers, der die Dividende zu versteuern hat, ist dagegen geringer, weil dieser infolge des Erwerbs vor Ausschüttung höhere Anschaffungskosten hat. Damit wird erreicht, dass jedes Steuersubjekt das von ihm erwirtschaftete Einkommen zu versteuern hat. Die Einkommensteuer erfasst gerade die im Einkommen zu Tage tretende Leistungsfähigkeit der einzelnen natürlichen Person und wird vom Grundsatz der Individualbesteuerung sowie demjenigen der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit beherrscht (vgl. BFHE 220, 129 <137 f.>).
114(3) Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, dass Zielgruppe für die in den Gesetzesmaterialien angenommene Steuerumgehung nur Aktionäre börsennotierter Aktiengesellschaften seien, die maximal 5 % der Gesellschaften ausmachten, die der Gesetzgeber mit Art. 17 Abs. 1 EStG (i.d.F. des StSenkG) erfasse, handelt es sich um eine nicht näher belegte, bloße Behauptung. Schon der Ausgangspunkt, dass bei der GmbH und bei Fonds, auf die mehr als 90 % der betroffenen Anteilseigner entfielen, in der Praxis keine Anteilsverkäufe stattfänden, ist so nicht nachvollziehbar.
115b) Auch die gesetzgeberische Differenzierung zwischen Beteiligungen unterhalb von 1 % und oberhalb dieser Grenze ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
116aa) Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, nach der die Frage, ob und inwieweit der Gesetzgeber Gewinne aus der Veräußerung von Gegenständen des Privatvermögens besteuert, eine solche politischer Gestaltung ist (vgl. BVerfGE 127, 61 <86>), ist bereits zweifelhaft, ob die Normierung einer Beteiligungsgrenze, unterhalb derer die Besteuerung von Gewinnen aus einer Anteilsveräußerung unterbleibt, überhaupt eine verfassungsrechtlich relevante Ungleichbehandlung darstellt, die der Rechtfertigung bedarf.
117bb) Jedenfalls ist der Gesetzgeber dabei nur an den Willkürmaßstab gebunden. Es ist keine Prüfung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erforderlich, wie sie der Beschwerdeführer in Anknüpfung an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer (BVerfGE 138, 136) wegen des Ausmaßes der Ungleichbehandlung für geboten hält. Unabhängig von der Frage, ob die Unterschiede der Besteuerung von Gewinnen aus Anteilsveräußerungen unterhalb und oberhalb der Beteiligungsgrenze in absoluten Beträgen in Abhängigkeit von der Größe der Kapitalgesellschaft, an der der Veräußerer beteiligt ist, überhaupt das vom Beschwerdeführer angenommene enorme Ausmaß erreichen, führt die vom Gesetzgeber vorgenommene Differenzierung nicht zu einer strukturellen Ungleichbehandlung, die bei einem erheblichen Ausmaß eine Verhältnismäßigkeitsprüfung verlangen kann (vgl. BVerfGE 138, 136 <185 Rn. 131>; 148, 217 <248 Rn. 117>). Der Gesetzgeber knüpft die Unterschiede in der Besteuerung nicht an absolute Beträge, sondern an das Gewicht der Beteiligung innerhalb der jeweiligen Kapitalgesellschaft. Dass dadurch in Relation zu dem Wert der jeweils veräußerten Anteile ein strukturell bedeutsamer Teil von Veräußerungsvorgängen von der Steuerpflicht befreit wäre (vgl. BVerfGE 138, 136 <185 Rn. 131>), ist nicht ersichtlich.
118cc) Für die Festlegung der Beteiligungsgrenze auf eine Mindestbeteiligung von 1 % bestehen sachliche Gründe.
119(1) Nach dem Vortrag des Bundesministeriums der Finanzen soll die Besteuerung nur solche Anteilseigner treffen, die aufgrund ihres Beteiligungsanteils ein gewisses Gewicht innerhalb der Gesellschaftsstruktur besitzen. Danach knüpft der Gesetzgeber trotz der Absenkung der Beteiligungsschwelle abweichend von der Auffassung des VIII. Senats des Bundesfinanzhofs (BFHE 229, 151) weiterhin an eine strukturelle Vergleichbarkeit zwischen Mitunternehmern und Anteilseignern an. Zwar ist ein nennenswerter gesellschaftsrechtlicher Einfluss auf unternehmerische Entscheidungen bei einer Beteiligung unterhalb von 10 % regelmäßig nicht mehr gegeben. Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs hat aber dargelegt, dass gerade bei Kapitalgesellschaften im Familienbesitz Anteilseigner häufig Beteiligungen zwischen 1 % und 10 % hielten und sich über Poolverträge zu einer gemeinsamen Willensbildung verpflichteten.
120Die Festlegung der Beteiligungsgrenze auf 1 % entspricht den Vorschlägen der vom Bundesministerium der Finanzen eingesetzten Expertenkommission zur Reform der Unternehmensbesteuerung, auf die sowohl die Einführung des Halbeinkünfteverfahrens als auch die damit im Zusammenhang stehende Absenkung der Beteiligungsschwelle in § 17 EStG zurückgeht (vgl. Bericht der Kommission zur Reform der Unternehmensbesteuerung <Brühler Empfehlungen>, BMF-Schriftenreihe Heft 66 <1999>, S. 52). Die Kommission hat dazu ausgeführt, die Herabsetzung der Wesentlichkeitsgrenze in § 17 EStG jedenfalls auf 1 % sei geboten, weil andernfalls die Thesaurierung mit anschließender steuerfreier Veräußerung der Anteile günstiger als die Ausschüttung nach dem Halbeinkünfteverfahren sei. Eine gänzliche Aufhebung der Beteiligungsgrenze erscheine dagegen nicht angebracht, weil sie Kleinanleger, die durch den Erwerb von Aktien Vermögen bildeten und für das Alter vorsorgen wollten, unangemessen belasten würde. Diese legitime Überlegung hat der Gesetzgeber, der das von der Expertenkommission vorgeschlagene Reformkonzept des Halbeinkünfteverfahrens übernommen hat (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 94), erkennbar aufgegriffen. Es ist nicht ersichtlich, dass die gewählte Regelung dafür ungeeignet wäre. Jedenfalls wird die Zahl der Kleinanleger im Verhältnis zur Gesamtzahl der Anteilseigner unterhalb einer Beteiligungsschwelle von 1 % deutlich größer sein als darüber.
121Hinzu kommt nach dem seitens des Beschwerdeführers unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Bundesministeriums der Finanzen das Ziel, weitere, zum Teil aufwendige Folgen, die sich an das Vorliegen einer "gewerblichen" Beteiligung knüpfen, etwa bei Auslandssachverhalten und im Umwandlungssteuerrecht, unterhalb einer Bagatellgrenze zu vermeiden.
122(2) Darauf, ob dem Gesetzgeber andere Gestaltungsmöglichkeiten, wie etwa eine Differenzierung anhand einer absoluten Beteiligungsgrenze zur Verfügung gestanden hätten, kommt es vor dem Hintergrund seiner Bindung nur an das Willkürverbot nicht an. Es kann deshalb dahinstehen, ob - wie das Bundesministerium der Finanzen vorträgt - eine (zusätzliche) summenmäßige Untergrenze der Beteiligungshöhe, wie sie nach der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom zunächst geplant war (vgl. BTDrucks 14/3366, S. 13 f., 112, 118), die dargestellten Zwecke der Absenkung der Beteiligungsgrenze nicht konsequent genug umgesetzt hätte.
123Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2023:rk20230106.2bvr036413
Fundstelle(n):
NJW 2023 S. 1715 Nr. 24
WM 2023 S. 739 Nr. 15
BAAAJ-35910