BGH Beschluss v. - 3 StR 274/22

Schwere mittelbare Falschbeurkundung und Urkundenfälschung: Beweiskraft einer notariellen Urkunde bei Verwendung eines Aliasnamens; Erwerb einer GmbH unter Vorlage eines gefälschten Personalausweises zur Vorbereitung von Betrugstaten

Gesetze: § 52 StGB, § 267 StGB, § 271 Abs 1 StGB, § 271 Abs 3 StGB

Instanzenzug: Az: 3 StR 274/22 Beschlussvorgehend Az: 3 StR 274/22 Beschlussvorgehend LG Mönchengladbach Az: 22 KLs 29/21nachgehend Az: 3 StR 274/22 Beschlussnachgehend Az: 3 StR 274/22 Beschluss

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten R.    wegen Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in acht Fällen unter Freispruch im Übrigen, Auflösung einer anderweitigen Gesamtstrafe und Einbeziehung der dortigen Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt. Den Angeklagten I.     hat es wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in acht Fällen und Urkundenfälschung in Tateinheit mit schwerer mittelbarer Falschbeurkundung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Zudem hat es Einziehungsentscheidungen getroffen. Die Angeklagten erheben mit ihren Revisionen die Sachrüge, der Angeklagte I.     beanstandet zudem die Verletzung formellen Rechts. Die Rechtsmittel führen zu einer Teileinstellung des Verfahrens in Bezug auf eine Tat und einer entsprechenden Änderung der Schuldsprüche, haben darüber hinaus aber keinen Erfolg.

21. Der Senat stellt das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO aus prozessökonomischen Gründen ein, soweit die Angeklagten im Fall II. 1. 6.) Fallakte 5 - jeweils wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges - verurteilt worden sind.

32. Der Wegfall der Tat führt zu einer entsprechenden Änderung der Schuldsprüche und entzieht den insofern verhängten Einzelstrafen von jeweils einem Jahr und drei Monaten die Grundlage. Diese entfallen. Die Gesamtfreiheitsstrafen bleiben davon unberührt, weil angesichts der jeweils verbleibenden acht Einzelstrafen auszuschließen ist, dass das Landgericht ohne die fortfallenden Strafen geringere Gesamtstrafen festgesetzt hätte.

43. Im verbleibenden Umfang hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen, wie vom Generalbundesanwalt in seinen Antragsschriften dargelegt, keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erbracht. Näherer Ausführungen bedarf allein der den Angeklagten I.     betreffende Schuldspruch wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit schwerer mittelbarer Falschbeurkundung.

5a) Nach den vom Landgericht hierzu getroffenen Feststellungen erwarb der Angeklagte I.     eine GmbH, nutzte dabei gegenüber dem Notar einen fiktiven Namen und legte einen entsprechend gefälschten kroatischen Personalausweis vor. Nach dem Vertragsschluss teilte der Notar die Übertragung dem Handelsregister mit, in dem die Änderung erfasst wurde. Das Vorgehen diente dazu, die nachfolgenden Betrugstaten vorzubereiten.

6b) Danach liegt eine Urkundenfälschung gemäß § 267 Abs. 1 StGB vor, weil der Angeklagte zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte oder verfälschte Urkunde, nämlich den gefälschten Ausweis, gebrauchte. Hinzu tritt eine schwere mittelbare Falschbeurkundung nach § 271 Abs. 1 und 3 StGB.

7aa) Der notarielle Vertrag stellt eine öffentliche Urkunde dar (vgl. , BGHR StGB § 348 Abs. 1 Notar 1; Urteil vom - V ZR 295/14, WM 2018, 475 Rn. 6). Der darin genannte Name des Angeklagten war unrichtig. Auf ihn bezog sich auch der öffentliche Glaube der Urkunde, also die volle Beweiskraft für und gegen jedermann (vgl. , BGHR StGB § 348 Abs. 1 Notar 6; Urteile vom - 3 StR 391/91, wistra 1992, 181; vom - 3 StR 150/89, juris Rn. 1, 28 f.; RG, Urteil vom - III 658/27, RGSt 61, 410, 413; offen gelassen von , juris Rn. 26 mwN; Urteil vom - XII ZR 41/09, NJW 2011, 778 Rn. 18 mwN).

8bb) Das Qualifikationsmerkmal der Bereicherungsabsicht (§ 271 Abs. 3 StGB) ist gegeben. Hierfür ist nicht erforderlich, dass der Täter sich oder einen Dritten unmittelbar durch die mittelbare Falschbeurkundung bereichern will. Vielmehr genügt, dass es zu der bei Tatbegehung bezweckten Vermögensmehrung mittels der falschen Urkunde durch folgende Taten kommen soll (im Ergebnis ebenso , NJW 2020, 1080 Rn. 15; demgegenüber MüKoStGB/Erb, 4. Aufl., § 271 Rn. 71; LK/Zieschang, StGB, 12. Aufl., § 271 Rn. 94). Dies ergibt sich aus Folgendem:

9Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es darauf an, dass der Täter in der Absicht handelt, sich oder einen Dritten zu bereichern. Eine Beschränkung auf eine unmittelbar durch das Urkundsdelikt herbeigeführte Bereicherung ergibt sich daraus nicht. Vielmehr kommen auch mittelbare Vorteile in Betracht (vgl. - zur „gewinnsüchtigen Urkundenfälschung“ - bereits RG, Urteil vom - III 430/28, RGSt 62, 218, 220 f.; SSW-StGB/Wittig, 5. Aufl., § 271 Rn. 32; aA SK-StGB/Hoyer, 9. Aufl., § 271 Rn. 33). Somit reicht es aus, dass die Tat als Mittel zur Erlangung des Vermögensvorteils dienen soll. Dies ist der Fall, wenn sie im Bewusstsein des Täters mit einem erstrebten Vermögensvorteil im Zusammenhang steht (s. , BGHSt 34, 299, 303; vgl. auch NK-StGB/Puppe/Schumann, 5. Aufl., § 271 Rn. 62). Motiv für die an § 203 Abs. 6 StGB angelehnte Qualifikation ist die höhere Verwerflichkeit der mittelbaren Falschbeurkundung zu wirtschaftlichen Zwecken (vgl. , NStZ 1993, 538, 539; BT-Drucks. 13/8587 S. 39). Für diese ist nicht entscheidend, ob dazu nach Vorstellung des Täters noch weitere Zwischenschritte - wie etwa der Einsatz der Urkunde bei einer anderen Straftat - erforderlich sind. Es stellt sogar gewissermaßen den Regelfall des Qualifikationsmerkmals dar, dass die Vermögenslage gerade mit Hilfe und unter Benutzung der falschen Beurkundung günstiger gestaltet werden soll (s. , BGHSt 34, 299, 302 f.).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:070223B3STR274.22.2

Fundstelle(n):
OAAAJ-35803