OFD Karlsruhe - S 0166

Pfändung von Steuererstattungs- und Steuervergütungsansprüchen

Bezug: BStBl 2015 I S. 83

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1. Bearbeitung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen

Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse sind als Sofortsachen zu behandeln. Insbesondere ist nach Eingang eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses unverzüglich sicherzustellen, dass die gepfändeten Beträge nicht mehr an den Erstattungsberechtigten ausgezahlt werden.

Für die Bearbeitung der beim Finanzamt eingehenden Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse gelten die nachstehenden Grundsätze. Die Einzelheiten des Verfahrens zur Bearbeitung der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse sind von den Finanzämtern unter Beachtung dieser Grundsätze nach den jeweiligen Bedürfnissen in eigener Zuständigkeit zu regeln.

2. Allgemeine Grundsätze

Erstattungs- und Vergütungsansprüche des Steuerpflichtigen, die sich aus dem Steuerschuldverhältnis ergeben, unterliegen wie andere Geldforderungen der Pfändung nach § 829 ZPO; zusätzlich gelten die Sonderbestimmungen des § 46 AO.

Die Pfändung wird durch die förmliche Zustellung des vom Amtsgericht erlassenen Pfändungsbeschlusses bewirkt (§ 829 Abs. 3 ZPO). Mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses wird das Finanzamt zum Drittschuldner und hat dessen Pflichten zu beachten. Auf Verlangen des Gläubigers hat es die Drittschuldnererklärung nach § 840 ZPO abzugeben. Ferner darf das Finanzamt nicht mehr an den erstattungs- oder vergütungsberechtigten Steuerpflichtigen zahlen. Es hat daher sofort alle Maßnahmen (Sperrvermerk VE) zu ergreifen, die notwendig sind, um den geltend gemachten Anspruch für den neuen Gläubiger zu sichern. In aller Regel ist mit dem Pfändungsbeschluss auch der Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts nach § 835 ZPO verbunden. Er verpflichtet das Finanzamt, bis zur Höhe des gepfändeten Betrags an den Gläubiger zu zahlen, soweit der zu erstattende oder zu vergütende Betrag reicht und verfügbar ist. Jeder Pfändungs- und Überweisungsbeschluss stellt als Maßnahme des zuständigen Vollstreckungsgerichts einen staatlichen Hoheitsakt dar und ist daher bis zu seiner Aufhebung grundsätzlich zu beachten. Dies gilt auch für den Fall, dass er fehler- oder mangelhaft ergangen ist. Von vornherein unwirksam und nichtig ist ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nur ausnahmsweise, nämlich bei grundlegenden und schweren Mängeln, so bei Verstößen gegen wesentliche Formvorschriften oder bei Fehlen jeglicher Vollstreckungsvoraussetzung. Wegen anderer Fehler kann der Beschluss allenfalls im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.

Zahlt das Finanzamt aufgrund eines für wirksam gehaltenen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss an den Pfändungsgläubiger und stellt sich danach die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses heraus, kann sich das Finanzamt dem Steuerpflichtigen gegenüber auf die Schutzwirkung des § 836 Abs. 2 ZPO berufen und eine nochmalige Erstattung an ihn ablehnen.

3. Vorpfändung

Schon vor Erlass des Pfändungsbeschlusses kann der Gläubiger zur Sicherung seiner Forderung das Finanzamt von der bevorstehenden Pfändung benachrichtigen (§ 845 ZPO). Diese Vorpfändung hat die Wirkung einer vorläufigen Beschlagnahme. Sie verbietet dem Finanzamt die Zahlung an den Steuerpflichtigen. Sie verliert ihre Wirkung, wenn innerhalb eines Monats – gerechnet vom Zustellungstag an – der angekündigte Pfändungsbeschluss nicht zugestellt wird. Die Bedeutung der Vorpfändung liegt in der Wahrung des Ranges der angekündigten Pfändung. Eine Drittschuldnererklärung kann nicht verlangt werden und ist vom Finanzamt daher nicht abzugeben.

Die an Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse zu stellenden Anforderungen hinsichtlich der Bestimmbarkeit des gepfändeten Erstattungs- oder Vergütungsanspruchs gelten entsprechend.

4. Anforderungen an den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss

Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss muss die Beteiligten, den vollstreckbaren Anspruch des Vollstreckungsgläubigers und den gepfändeten Steuererstattungs- oder Steuervergütungsanspruch mit hinreichender Bestimmtheit bezeichnen. Das als Drittschuldner in Anspruch genommene Finanzamt muss so deutlich bezeichnet sein, dass kein anderes Finanzamt gleichfalls als Zustellungsempfänger in Betracht kommt. Schreibfehler oder fehlerhafte Bezeichnungen, die keine Zweifel am richtigen Empfänger aufkommen lassen, sind unschädlich.

5. Bezeichnung des Anspruchs

Der gepfändete Anspruch muss im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss so bestimmt bezeichnet sein, dass er zweifelsfrei identifiziert und von anderen Forderungen unterschieden werden kann, und zwar nicht nur seitens des Vollstreckungsgläubigers, des Vollstreckungsschuldners sowie des Drittschuldner-Finanzamts, sondern auch durch weitere Gläubiger. Zur Identifizierung und Abgrenzung eines gepfändeten Steuererstattungsanspruchs ist deshalb die Angabe der Steuerart regelmäßig erforderlich. Bei kumulativer oder alternativer Pfändung (z.B. des Lohnsteuer- und des Einkommensteuer-Erstattungsanspruchs bzw. des Lohnsteuer- oder Einkommensteuer-Erstattungsanspruchs), kann die Bestimmbarkeit nicht verneint werden. Eine ausdrückliche Bezeichnung des gepfändeten Steuererstattungsanspruchs nach dem Besteuerungszeitraum (Kalenderjahr) kann dagegen nicht verlangt werden. Ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, mit dem die Steuererstattungsansprüche aufgrund der Einkommensteuerveranlagungen „für das abgelaufene Kalenderjahr und alle früheren Kalenderjahre" gepfändet werden sollen, genügt hinsichtlich der Bezeichnung des Anspruchs dem Bestimmtheitsgebot; eine solche Pfändung erstreckt sich auf alle vom Finanzamt noch nicht ausgezahlten Einkommensteuererstattungsansprüche aus den bei Eingang des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses abgelaufenen Veranlagungszeiträumen.

Fehlen Angaben zum Besteuerungszeitraum (Kalenderjahr) vollständig, so ist der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss hinsichtlich der bei seiner Zustellung bereits entstandenen Erstattungs- oder Vergütungsansprüche hinreichend bestimmt. Er ist dahin auszulegen, dass alle bereits entstandenen Ansprüche gepfändet sind. Sofern der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ferner dahin auszulegen ist, dass auch zukünftig entstehende Ansprüche betroffen sein sollen, ist er nur insoweit, nicht jedoch insgesamt auch hinsichtlich der schon entstandenen Ansprüche nichtig (, BStBl 2002 II S. 67). In der Drittschuldnererklärung wird darauf hingewiesen, dass der Beschluss nur für alle in der Vergangenheit entstandenen Guthaben berücksichtigt werden kann, hinsichtlich zukünftig entstehender Ansprüche aber gem. § 46 Abs. 6 Satz 2 AO nichtig ist.

Die Pfändung des Erstattungsanspruchs wirkt in der Regel nur für die im Beschluss angegebene Steuerforderung. Wird jedoch der Erstattungsanspruch „aus der Einkommensteuerveranlagung” gepfändet, so erstreckt sich die Pfändung auch auf die im Zusammenhang damit gleichzeitig zu erstattenden Annexsteuern, auch wenn diese nicht ausdrücklich aufgeführt sind. Annexsteuern in diesem Sinne sind z. B. die Kirchensteuer und der Solidaritätszuschlag, nicht jedoch Zinsen.

Auf den Anspruch auf Erstattungszinsen nach § 233a AO erstreckt sich eine Pfändung nur dann, wenn der betreffende Anspruch im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ausdrücklich bezeichnet ist (zum Entstehungszeitpunkt des Anspruchs auf Erstattungszinsen nach § 233a AO vgl. Tz. 6). Der dem Unternehmer aus § 15 UStG erwachsende Vorsteuerabzugsanspruch geht in die Steuerberechnung nach § 16 Abs. 2 UStG ein und stellt keinen eigenständigen pfändbaren Anspruch dar. Wird der Erstattungsanspruch im Steuerbescheid als Folge einer unzutreffenden Steuerfestsetzung zu niedrig konkretisiert, hat dies auf den Umfang der Pfändung keine Auswirkung. Wird später aufgrund von Änderungsvorschriften (§§ 129, 164 Abs. 2, 172 ff AO) die Steuerschuld herabgesetzt, wird deshalb der sich hieraus ergebende Erstattungsbetrag von der Pfändung mitumfasst. Dies gilt allerdings nicht, wenn die Grundlage für die Änderung erst nach der Pfändung eingetreten ist (z. B. bei Verlustrücktrag oder rückwirkendem Ereignis).

Beispiel

Durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom wird der ,,Erstattungsanspruch aus der Einkommensteuerveranlagung für das Kalenderjahr 01’’ wirksam gepfändet. Der unter Vorbehalt der Nachprüfung erteilte Einkommensteuerbescheid 01 vom führt zu einem Erstattungsbetrag von 1.000 €, der an den Pfändungsgläubiger ausgezahlt wird. Durch nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid 01 vom wird die Steuerschuld herabgesetzt. Hieraus ergibt sich ein weiterer Erstattungsbetrag von 500 €.

Der Anspruch des Pfändungsgläubigers erstreckt sich auch auf den Mehrbetrag von 500 € aus dem geänderten Einkommensteuerbescheid. Auch insoweit hat das Finanzamt daher Zahlung an den Pfändungsgläubiger zu leisten.

Die Pfändung eines Einkommensteuer-Erstattungsanspruchs erstreckt sich im Falle der Zusammenveranlagung nur auf den Erstattungsanspruch des Ehegatten, der Schuldner des pfändenden Gläubigers ist.

Zur Frage, welcher Ehegatte Gläubiger des Erstattungsanspruchs aus der Einkommensteuer-Zusammenveranlagung ist, vgl. AEAO zu § 37 Nr. 2.3. und BStBl I S. 83.

6. Entstehung des Anspruchs als Voraussetzung für die Wirksamkeit der Pfändung

Nach § 829 ZPO kann auch eine künftige Forderung gepfändet werden, wenn sie bestimmt genug bezeichnet oder hinreichend bestimmbar ist. Dagegen darf die Pfändung eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis nach § 46 Abs. 6 Satz 1 AO per Beschluss oder Verfügung erst erlassen werden, wenn der Anspruch entstanden ist. Die Entstehung des Anspruchs ist materielle Voraussetzung für die Anerkennung der Pfändung. War der Anspruch bei Erlass der Pfändung noch nicht entstanden, so ist die Pfändung nichtig (§ 46 Abs. 6 Satz 2 AO). Wann ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis entsteht, bestimmt sich nach § 38 AO und den Einzelsteuergesetzen.

Erstattungsansprüche aus der Einkommensteuerveranlagung entstehen grundsätzlich erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums (§ 38 AO i.V. mit § 36 Abs. 1 EStG). Rührt ein Einkommensteuer-Erstattungsanspruch aus einer erst nach Ablauf des Veranlagungszeitraums geleisteten Zahlung (z.B. nach Ablauf des Veranlagungszeitraums geleisteter Vorauszahlung) her, so ist der Zeitpunkt der Entstehung des Erstattungsanspruchs der Tag, an dem die Zahlung als entrichtet gilt (§ 224 Abs. 2 AO). Der auf einem Verlustrücktrag nach § 10d Abs. 1 EStG beruhende Erstattungsanspruch entsteht nicht schon mit Ablauf des Jahres des Verlustabzugs, sondern erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums, in dem der Verlust entstanden ist (, BStBl II S. 453).

Der Anspruch des leistenden Unternehmers auf Erstattung der nach Anrechnung gem. § 48c Abs. 1 EStG verbleibenden Abzugsbeträge von Bauabzugsteuer entsteht erst nach Abschluss der Veranlagung des Leistenden zur Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer des Jahres, in dem die Leistung erbracht wurde. Das bedeutet, dass nach § 46 Abs. 6 AO der Erstattungsanspruch nur in den seltenen Fällen wirksam gepfändet werden kann, in denen der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nach Durchführung der Veranlagung und vor Erstattung des restlichen Abzugsbetrags erlassen wird.

Der Anspruch auf Erstattungszinsen nach § 233a AO entsteht mit Bekanntgabe des der Zinsfestsetzung zugrundeliegenden Steuerbescheides (, BStBl II S. 677). Hinsichtlich der Frage, wann ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss als ,,erlassen’’ anzusehen ist, ist auf den Zeitpunkt der Entstehung des Beschlusses abzustellen. Maßgebend ist hierbei der Zeitpunkt, in dem der Beschluss den internen Bereich des Gerichts zum Zwecke der Zustellung verlassen hat. Auf den Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an das Finanzamt kommt es nicht an. Ein vor Entstehung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis erlassener Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist damit auch dann nichtig, wenn er nach Entstehung des Anspruchs zugestellt wurde. § 46 Abs. 6 AO enthält keine ausdrückliche Regelung für Vorpfändungen. Die Vorschrift ist jedoch sinngemäß anzuwenden. Eine vor Entstehung des Anspruchs beim Finanzamt angebrachte Vorpfändung ist daher als nichtig zu betrachten mit der Folge, dass sie keine Arrestwirkung für die innerhalb eines Monats nachfolgende Pfändung erlangt.

Ob die Vorpfändung im Hinblick auf die Regelung des § 46 Abs. 6 AO wirksam ist, ist – im Gegensatz zu den für Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen geltenden Grundsätzen – nach dem Datum der Zustellung zu beurteilen. Ein dem Finanzamt nach Entstehung des Anspruchs zugestelltes vorläufiges Zahlungsverbot ist daher auch dann wirksam, wenn es der Gläubiger bereits vor der Entstehung des Anspruchs abgefasst und dem Gerichtsvollzieher zur Zustellung übergeben hat.

7. Mehrfache Pfändung, Konkurrenz zwischen Pfändung und Abtretung

Wird der Erstattungs- oder Vergütungsanspruch durch mehrere Gläubiger gepfändet, so sind die einzelnen Gläubiger nach der zeitlichen Reihenfolge des Eingangs der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse zu befriedigen. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, der als erster zugestellt worden ist, hat Vorrang vor dem zu einem späteren Zeitpunkt zugestellten (§ 804 Abs. 3 ZPO). Der zweite (und jeder spätere) Pfändungsgläubiger kann nur erhalten, was von dem Erstattungs- oder Vergütungsanspruch nach Befriedigung seines Vorgängers übriggeblieben ist. Die Priorität wird auch durch eine ordnungsgemäße Vorpfändung gewahrt, wenn die eigentliche Pfändung des Erstattungs- oder Vergütungsanspruchs innerhalb eines Monats bewirkt wird.

Werden mehrere Pfandrechte gleichzeitig begründet, so sind sie im Verhältnis der einzelnen Forderungen der Gläubiger anteilmäßig zu befriedigen. Ist der gepfändete Erstattungs- oder Vergütungsanspruch an einen Dritten abgetreten und die Abtretung dem Finanzamt nach § 46 Abs. 2 AO angezeigt worden, bestimmt sich der Rang der Abtretung nach dem Zeitpunkt des Eingangs der Abtretungsanzeige. Liegt dieser Zeitpunkt vor dem Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, hat die Abtretung Vorrang vor der Pfändung.

8. Aufrechnung gegen den gepfändeten Anspruch

Auch beim Vorliegen eines ordnungsgemäßen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bleibt dem Finanzamt die Aufrechnung mit Gegenforderungen nach Maßgabe des § 226 AO i.V. mit §§ 387, 392 BGB vorbehalten. Soweit das Finanzamt gegen den Erstattungs- oder Vergütungsanspruch aufgerechnet hat, ist dieser zur Befriedigung des Pfändungsgläubigers nicht mehr verfügbar.

9. Drittschuldnererklärung

Mit dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ist regelmäßig zugleich auch die Aufforderung an den Drittschuldner verbunden, er solle sich nach § 840 Abs. 1 ZPO dem Gläubiger gegenüber dahingehend erklären,

  • ob und inwieweit er die Forderung als begründet anerkenne und Zahlung zu leisten bereit sei;

  • ob und welche Ansprüche andere Personen an die Forderung erheben;

  • ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet sei.

Diese sog. Drittschuldnererklärung ist, wenn sie vom Pfändungsgläubiger gefordert wird, innerhalb von 2 Wochen abzugeben. Der Drittschuldner macht sich schadensersatzpflichtig, wenn er sie verspätet, unvollständig oder überhaupt nicht abgibt und ihm hierbei ein Verschulden zur Last fällt (§ 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

Das Finanzamt, dem ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt wird, hat zur Vermeidung seiner Haftung in jedem Fall binnen 2 Wochen eine Drittschuldnererklärung nach TVS-Vordruck S 1-31 a, b abzugeben. Dies gilt auch dann, wenn das Finanzamt nicht oder nicht hinsichtlich aller gepfändeter Erstattungsansprüche Drittschuldner i.S. des § 829 Abs. 1 ZPO i.V. mit § 46 Abs. 7 AO ist, sondern ein anderes Finanzamt. Eine Weiterleitung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an dieses ersetzt weder die erforderliche Abgabe der Drittschuldnererklärung, noch bewirkt sie, dass dieses dadurch zum Drittschuldner wird. Sie hat daher zu unterbleiben. Das Vorliegen eines Erstattungs- und Vergütungsanspruchs und die Zahlungsbereitschaft i.S. des § 840 Abs. 1 Nr. 1 ZPO sind zu verneinen, wenn materielle, den Anspruch selbst berührende Einwendungen aus dem steuerlichen Rechtsverhältnis des Finanzamts zum Anspruchsberechtigten gegeben sind. Das ist insbesondere der Fall, wenn

  • das Finanzamt nicht Drittschuldner ist, weil ihm die Zuständigkeit für den im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss angeführten Anspruch fehlt,

  • der Anspruch aus steuerlichen Gründen nicht besteht oder

  • der Anspruch bereits erfüllt ist.

Liegt ein Grund zur Zahlungsverweigerung nicht vor, so ist der Anspruch und die Zahlungsbereitschaft ggf. vorbehaltlich des Abschlusses der Veranlagung anzuerkennen. Auf Ansprüche anderer Personen i.S. des § 840 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist hinzuweisen, falls der Erstattungs- oder Vergütungsanspruch bereits abgetreten ist.

Die Erklärung nach § 840 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet ist, ist wegen der Rangfolge der Pfandrechte von Bedeutung. In diesem Zusammenhang sind daher auch etwaige Vorpfändungen zu beachten.

Dem Pfändungsgläubiger ist in der Drittschuldnererklärung zusätzlich mitzuteilen, dass sich das Finanzamt eine mögliche Aufrechnung nach § 226 AO i.V. mit §§ 387 ff BGB vorbehält. Die Drittschuldnererklärung ist kein Verwaltungsakt, sondern eine bloße Mitteilung an den Pfändungsgläubiger. Sie ist deshalb nicht anfechtbar. Das Steuergeheimnis ist auch im Zusammenhang mit der Abgabe der Drittschuldnererklärung zu wahren. Hinsichtlich der in der Drittschuldnererklärung nach § 840 Abs. 1 ZPO erforderlichen Angaben ist die Offenbarung der durch das Steuergeheimnis geschützten Verhältnisse nach § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO zulässig. In steuerlich nicht geführten Fällen wird bei Eingang einer Pfändungsverfügung, eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses oder einer Abtretungsanzeige hinsichtlich etwaiger Steuererstattungen ein sog. Ü-Konto angelegt.

10. Drittschuldnerschaft beim Wechsel der örtlichen Zuständigkeit

Im Falle eines Zuständigkeitswechsels (§ 26 AO) sind auch die noch nicht abgewickelten, wirksam ausgebrachten Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse an das neu zuständig gewordene Finanzamt abzugeben. Aufgrund des Zuständigkeitswechsels geht die Verwaltungskompetenz mit allen Rechten und Pflichten auf das neu zuständig gewordene Finanzamt über. Auf dieses geht daher auch die Verpflichtung über, den gepfändeten und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesenen Erstattungsanspruch zu erfüllen. Steht fest, dass das Finanzamt bereits im Zeitpunkt der Zustellung nicht (mehr) zuständig war (z. B. vorheriger Zuständigkeitswechsel nach § 26 AO), so ist der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht wirksam geworden, und er darf nicht an das zuständige Finanzamt weitergeleitet werden; dieser Mangel kann nicht geheilt werden. Wird der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss einem unzuständigen Finanzamt zugestellt, so ist die Pfändung unwirksam. In diesen Fällen ist dem Pfändungsgläubiger unter Beifügung des zugestellten Beschlusses die Unzuständigkeit im Rahmen der Drittschuldnererklärung mitzuteilen. Im Übrigen gilt auch für die Abgabe der Drittschuldnererklärung die Pflicht zur Wahrung des Steuergeheimnisses. Dem Pfändungsgläubiger darf wegen des Steuergeheimnisses weder die neue oder abweichende Anschrift des Steuerpflichtigen noch das neu zuständige Finanzamt mitgeteilt werden. Mitgeteilt werden darf nur, welches Finanzamt für die im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss angegebene Adresse zuständig ist.

11. Rechtsbehelfe des Finanzamts als Drittschuldner

Bei Fehlerhaftigkeit des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (z.B. bei zweifelhafter zivilrechtlicher Rechtslage oder wenn der Pfändungsgläubiger unter Androhung von Schadensersatzansprüchen auf die Abgabe einer Drittschuldnererklärung in seinem Sinne besteht) ist das Finanzamt berechtigt, aber nicht verpflichtet, Erinnerung nach § 766 ZPO einzulegen. Die Erinnerung ist an keine Frist gebunden. Gegen den die Erinnerung zurückweisenden Beschluss des Amtsgerichts (= Vollstreckungsgericht) ist als weiterer Rechtsbehelf die sofortige Beschwerde nach § 793 i.V. mit § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gegeben. Sie ist binnen einer Notfrist von 2 Wochen (ab Zustellung des die Erinnerung zurückweisenden Beschlusses) einzulegen (§ 569 Abs. 1 ZPO). Ggf. kann gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts unter den Voraussetzungen des § 574 ZPO Rechtsbeschwerde eingelegt werden. Die Entscheidungen der einzelnen Gerichte sind für das Finanzamt kostenfrei (§ 2 Gerichtskostengesetz).

Ungeachtet der Möglichkeit der Einlegung der Erinnerung soll das Finanzamt über eine Streitigkeit, die einen durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zuerkannten Erstattungs- oder Vergütungsanspruch betrifft, durch Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 AO) entscheiden. Gegenstand eines Abrechnungsbescheids kann auch die Wirksamkeit des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses sein.

12. Hinterlegung des Steuerguthabens

Soweit sich Streitigkeiten zwischen mehreren Pfändungsgläubigern über die Rangfolge ihrer Rechte ergeben, ist das Finanzamt nach § 853 ZPO zur Hinterlegung berechtigt. Der Erstattungsbetrag ist bei dem Amtsgericht zu hinterlegen, dessen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zuerst zugestellt worden ist. Dabei ist die Sachlage anzuzeigen; die zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse – ggf. auch etwaige Vorpfändungen – sind beizufügen.

Trifft eine Pfändung mit einer Abtretung zusammen, ist im Fall einer Streitigkeit zwischen Pfändungsgläubiger und Abtretungsempfänger über die Rangfolge ihrer Rechte nach § 372 BGB zu hinterlegen. Nach dieser Vorschrift ist der Schuldner zur Hinterlegung berechtigt, wenn er infolge einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Ungewissheit über die Person des Gläubigers seine Verbindlichkeit nicht mit Sicherheit erfüllen kann. Diese Voraussetzungen sind durch Hinweis auf die gegensätzlichen Standpunkte darzutun. Die Hinterlegung hat bei der Hinterlegungsstelle des Leistungsorts zu erfolgen und ist den Gläubigern auf besonderem Vordruck des Amtsgerichts unverzüglich anzuzeigen (§ 374 BGB). Die Anzeigen an die Gläubiger sind zuzustellen. Zum Zwecke der schuldbefreienden Wirkung ist auf das Recht zur Rücknahme zu verzichten (§§ 376 Abs. 2 Nr. 1, 378 BGB).

13. Unanwendbarkeit der Pfändungsschutzvorschriften

Auf die Pfändung von Lohnsteuer-Erstattungsansprüchen sind die Pfändungs-Schutzvorschriften für das Arbeitseinkommen (§§ 850 ff ZPO) nicht anwendbar.

14. Pfändungs- und Einziehungsverfügungen anderer Behörden

Für Pfändungs- und Einziehungsverfügungen anderer Behörden gelten die vorstehenden Grundsätze entsprechend. Insbesondere darf auch eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung erst nach Entstehung des Anspruchs erlassen werden (§ 46 Abs. 6 AO). Maßgebend ist hierbei der Zeitpunkt, zu dem die Verfügung den internen Bereich der Vollstreckungsbehörde durch Übergabe an die Post oder den Zustellungsdienst der Behörde verlassen hat. Die Vorbereitung der Pfändung einschl. der Schlusszeichnung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung durch den zuständigen Beamten bereits vor der Entstehung des Anspruchs ist unschädlich.

Wegen der Anforderungen, die bei Pfändungsverfügungen nach § 309 AO an die Bezeichnung des vollstreckbaren Anspruchs des Vollstreckungsgläubigers zu stellen sind, siehe Hinweis auf § 309 Abs. 2 Satz 2 AO.

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