Wiedereinsetzung in Strafsachen: Verschuldenszurechnung bei formwidriger Revisionseinlegung
Gesetze: § 32 StPO, § 32d StPO, § 345 StPO
Instanzenzug: LG Bochum Az: II-11 KLs 34/21
Gründe
1Dem Angeklagten war nach Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision auf seinen – zulässigen – Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und 2 StPO). Nach den durch den Pflichtverteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Hi. , anwaltlich versicherten Gründen ist die Versäumung der Frist auf ein dem Angeklagten nicht zuzurechnendes Verschulden des Pflichtverteidigers zurückzuführen (§ 44 Satz 1 StPO). Dem Vorbringen des Pflichtverteidigers, die mangelnde Wahrung der vorgeschriebenen Form (§§ 32a, 32d StPO) bei der durch ihn per Telefax veranlassten Revisionseinlegung am erst infolge eines Hinweises des Gerichts bemerkt zu haben, kann hinreichend entnommen werden, dass auch der Angeklagte selbst, auf dessen Kenntnis es ankommt (vgl. Rn. 3), nicht früher von der Fristversäumung erfahren hatte. Aus dem aus der Verfahrensakte insoweit offensichtlichen (vgl. , juris Rn. 4 mwN) zeitlichen Ablauf, nachdem die hinweiserteilende Verfügung der Kammervorsitzenden am erfolgte, ergibt sich zudem, dass der am als elektronisches Dokument in der von §§ 32a, 32d StPO vorgeschriebenen Form beim Landgericht Bochum eingegangene Wiedereinsetzungsantrag, mit dem zugleich erneut Revision gegen das Urteil der Strafkammer vom eingelegt wurde, die Frist gemäß § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 StPO wahrte. Weiteren Vortrags diesbezüglich und der korrespondierenden Glaubhaftmachung bedurfte es daher hier insoweit ausnahmsweise nicht (, juris Rn. 4 mwN).
2Die auf seinen Antrag bewilligte, für den Angeklagten kostenpflichtige, Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand ist auch nicht im Hinblick auf die durch den Wahlverteidiger Rechtsanwalt H. eingelegte Revision entbehrlich, da diese – ungeachtet der anwaltlichen Versicherung vom , wonach er die Revisionseinlegung persönlich per beA versandt habe – ebenfalls nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form eingereicht wurde. Denn aus dem in der Akte befindlichen Prüfvermerk vom ergibt sich weder, dass das übermittelte Dokument eine qualifizierte elektronische Signatur (§ 32a Abs. 3 Var. 1 StPO) aufweist noch, dass es bei dem Landgericht auf einem sicheren Übermittlungsweg im Sinne von § 32a Abs. 3 Var. 2, § 32a Abs. 4 StPO eingereicht wurde. Mangels Wahrung der sich aus § 32a Abs. 3 StPO ergebenden Mindestanforderungen scheidet auch die Möglichkeit einer Heilung des Formverstoßes gemäß § 32a Abs. 6 Satz 2 StPO aus (vgl. – zu § 130a Abs. 6 ZPO – BT-Drucks. 17/12634, S. 27; BAG, NZA 2018, 1214 Rn. 8 ff.).
3Da das Landgericht bereits ein vollständiges Urteil abgefasst hat, das zudem wirksam zugestellt worden ist, bedarf es keiner Rückgabe der Akten an das Landgericht zur Ergänzung der Urteilsgründe oder dessen Zustellung. Mit der Zustellung dieses Beschlusses beginnt die Frist zur Begründung der Revision (vgl. Rn. 2).
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:310123B4STR237.22.0
Fundstelle(n):
YAAAJ-34939