Umsatzsteuer | Steuerentstehung und -berichtigung bei späterer Vereinnahmung des Entgelts (BFH)
Die Steuer entsteht auch dann mit der Leistungsausführung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Sätze 1 und 2 UStG), ohne dass es zu einer Steuerberichtigung (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 1 Satz 1 UStG) kommt, wenn der Unternehmer für die Errichtung einer Photovoltaikanlage mit dessen Betreiber vereinbart, dass das Entgelt hierfür nur insoweit geschuldet wird, als es durch Einnahmen aus der Stromeinspeisung beglichen werden kann (Anschluss an : ; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 UStG entsteht die Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen bei der Berechnung der Steuer nach vereinbarten Entgelten (Soll-Besteuerung i.S. des § 16 Abs. 1 Satz 1 UStG) mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Leistungen ausgeführt worden sind. Dies gilt auch für Teilleistungen (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 UStG). Teilleistungen liegen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 UStG vor, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart wird.
Sachverhalt: Die Klägerin, eine GbR, verpflichtete sich gegenüber der A-GmbH (A), als Generalunternehmerin eine Photovoltaikanlage zu errichten. A sollte die Gesamtvergütung in Höhe von 1.258.000 € zuzüglich Umsatzsteuer in drei Teilbeträgen zahlen (450.000 € nach Montage der Module auf den Modultischen, 450.000 €, nach Installation der Wechselrichterstation mit Vorbereitung für den Netzanschluss, 358.000 € nach einem Probebetrieb der Anlage von zehn Monaten). Die Teilbeträge sollten jeweils nur insoweit zur Zahlung fällig werden, als sie von A aus den laufenden Einnahmen der Stromeinspeisung beglichen werden konnten.
Die Klägerin stellte A am für die noch im Jahr 2011 ausgeführte Montage der Module auf den Modultischen 450.000 € zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung. Hierauf gingen am auf dem Konto der Klägerin 77.350 € ein.
In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2011 gab die Klägerin Umsätze zu 19 % in Höhe des vereinnahmten Entgelts von (netto) 65.000 € an. Dieser zu einer Steuervergütung führenden Steueranmeldung stimmte das FA nicht zu. Es nahm die Gestattung der Ist-Besteuerung nach § 130 Abs. 2 Nr. 3 und 4 AO mit Wirkung für die Vergangenheit zurück und ermittelte die Steuer nach vereinbarten Entgelten. Mit Bescheid v. setzte es die Umsatzsteuer für das Jahr 2011 auf 66.499,96 € fest. Dabei ging es von Umsätzen zu 19 % mit einer Bemessungsgrundlage in Höhe von (netto) 450.000 € aus.
Im Jahr 20212 stellte die Klägerin für die restlichen Arbeiten Rechnungen in Höhe von 450.000 € bzw. 358.000 € jeweils zuzüglich Umsatzsteuer aus. In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2012 berücksichtigte die Klägerin Umsätze zu 19 % in Höhe des vereinnahmten Entgelts von (netto) 52.000 €. Auch dieser gleichfalls zu einer Steuervergütung führenden Steueranmeldung stimmte das FA nicht zu. Es setzte die Umsatzsteuer für das Jahr 2012 nach den vereinbarten Entgelten in Höhe von (netto) 808.000 € auf 142.770,87 € fest.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg. Nach Auffassung des FG war die Klägerin nicht zur Ist-Besteuerung berechtigt, da die hierfür erforderliche Gestattung vom FA wirksam zurückgenommen worden sei ().
Mit hat der BFH die Wirksamkeit der Rücknahme der Gestattung bestätigt (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 25.3.2021 mit Anmerkung Nacke).
Die Richter des BFH wiesen nun auch die Revision der Klägerin, mit der sie die Herabsetzung der Umsatzsteuer für 2011 und 2012 auf ./. 6.650,04 € bzw. ./. 869,13 € begehrt, zurück:
Die Steuer für die Errichtung der Photovoltaikanlage ist mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums entstanden, in dem die jeweilige Teilleistung ausgeführt wurde. Über die Modulmontage, Wechselrichterinstallation und den Probebetrieb hinaus liegen keine Teilleistungen vor.
Die Klägerin ist nicht berechtigt, die Steuer für die jeweilige Teilleistung im Umfang des jeweiligen Unterschiedsbetrags zwischen dem vereinbarten und dem vereinnahmten Entgelt nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG zu berichtigen.
Ist das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich geworden, kommt es gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG zu einer sinngemäßen Anwendung von § 17 Abs. 1 UStG. Aufgrund dieses Verweises hat der Unternehmer, der einen steuerpflichtigen Umsatz i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag bei Uneinbringlichkeit zu berichtigen.
Jedoch ist bei einer die Fälligkeit aufschiebenden Ratenzahlungsvereinbarung die sich aus ihr ergebende Nichtbezahlung eines Teilbetrags der Vergütung mangels Fälligkeit nicht als Nichtbezahlung des Preises i.S. des Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL einzustufen. Sie führt deshalb nicht zu einer Verminderung der Steuerbemessungsgrundlage.
Eine Uneinbringlichkeit i.S. des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG liegt nicht bereits aufgrund der Vereinbarung einer Ratenzahlung vor, die im Streitfall die jeweiligen Teilbeträge für die Teilleistungen betrifft und nach der vertraglichen Abrede durch die laufenden Einnahmen aus der Stromeinspeisung bedingt ist. Die Rechtsprechung zu sog. Sicherungseinbehalten bei Gewährleistungsansprüchen, die die Anwendung des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG bejaht (vgl. , BStBl II 2015, 674), ist auf den Streitfall nicht übertragbar, da sie einen anderen, mit dem Streitfall nicht vergleichbaren Sachverhalt betrifft.
Soweit im Schrifttum vertreten wird, dass im Wege der verfassungskonformen Auslegung des nationalen Rechts eine (teilweise) Uneinbringlichkeit i.S. des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG auch bei einer langfristig vereinbarten Ratenzahlung angenommen werden müsse, weil die nationalen Grundrechte und das Verhältnismäßigkeitsprinzip des Grundgesetzes, die aufgrund des durch Art. 66 MwStSystRL den Mitgliedstaaten eröffneten Umsetzungsspielraums anwendbar seien, dies erforderten (vgl. Hummel, Zeitschrift für das gesamte Mehrwertsteuerrecht 2022, 606; ferner Stadie, Umsatzsteuer-Rundschau UR 2022, 1; derselbe, UR 2022, 490), ist dem nicht zu folgen.
Eine derartige Verhältnismäßigkeitsprüfung kann das durch Art. 66 MwStSystRL eingeräumte Regelungsermessen, "für bestimmte Umsätze oder Gruppen von Steuerpflichtigen" eine Sonderreglung zu schaffen, nicht erweitern.
Im Hinblick auf die so nur eingeschränkt bestehende Ermächtigung erweist sich die Annahme, allen (der Sollbesteuerung unterliegenden) Unternehmern sei (aus Gründen der Verhältnismäßigkeit) eine Uneinbringlichkeit in der Weise zuzubilligen, dass sie wie die der Ist-Besteuerung unterliegenden Unternehmer erst aufgrund einer Vereinnahmung versteuern müssten, als ersichtlich unzutreffend, da sie sonst für alle Steuerpflichtigen und nicht nur für "Gruppen von Steuerpflichtigen" gelten würde.
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
DAAAJ-34745