Gesetze: EStG 2010 § 4 Abs. 1, EStG 2010 § 4 Abs. 3 S. 1, EStG 2010 § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 3, EStG 2010 § 15 Abs. 2 S. 1, DBA-Großbritannien 1964/1970 Art. II Abs. 1 Buchst. l, DBA-Großbritannien 1964/1970 Art. II Abs. 1 Buchst. i, DBA-Großbritannien 1964/1970 Art. III Abs. 1 S. 1, DBA-Großbritannien 1964/1970 Art. III Abs. 2 S. 1, DBA-Großbritannien 1964/1970 Art. III Abs. 2 S. 2, DBA-Großbritannien 1964/1970 Art. VIII Abs. 2, DBA-Großbritannien 1964/1970 Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a S. 1 1. Halbsatz, DBA-Großbritannien 1964/1970 Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a S. 2, DBA-Großbritannien 2010 Art. 5 Abs. 1, DBA-Großbritannien 2010 Art. 5 Abs. 2 Buchst. a, DBA-Großbritannien 2010 Art. 5 Abs. 4 Buchst. e, DBA-Großbritannien 2010 Art. 5 Abs. 5, DBA-Großbritannien 2010 Art. 7 Abs. 1, DBA-Großbritannien 2010 Art. 7 Abs. 2, DBA-Großbritannien 2010 Art. 23 Abs. 1 Buchst. d, AO § 12 S. 1, AO § 42, AO § 140, AO § 141 Abs. 1, AO § 141 Abs. 2, AO § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, AO § 180 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, HGB § 6 Abs. 1, HGB § 238, Regulations 2008 Art. 3 Abs. 1
Aufwendungen für die Anschaffung von Gold durch eine britische General Partnership als dem Progressionsvorbehalt unterliegende
negative gewerbliche Einkünfte der im Inland ansässigen Gesellschafter einer an der General Partnership beteiligten Personengesellschaft
(GbR)
Anforderungen an eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte bzw. eine Vertreterbetriebsstätte im Sinne des DBA-Großbritannien
kein Gestaltungsmissbrauch durch Goldfinger-Modell
Leitsatz
1. Sind an den Einkünften einer ausländischen Personengesellschaft (hier: mit der einer inländischen Personengesellschaft
vergleichbare britische General Partnership) neben einer Personengesellschaft mit im Inland steuerpflichtigen Gesellschaftern
(hier: GbR) lediglich Personen beteiligt, die nicht im Inland steuerpflichtig sind (hier: britische Limited), so können die
Einkünfte unmittelbar der inländischen Gesellschaft gegenüber festgestellt werden. Eines mehrstufigen Feststellungsverfahrens
bedarf es dann nicht.
2. Der kurzfristige und in erheblichem Umfang fremdfinanzierte Umschlag von Gold sowie Edelmetallen (Umsätze teils im zweistelligen
Millionenbereich) sowie kurzfristige Fremdwährungsankäufe und -verkäufe durch eine britische General Partnership führen zu
„gewerblichen Gewinnen” im Sinne des DBA-Großbritannien 1964/1970 bzw. DBA-Großbritannien 2010. Dabei steht einer Wertung
als händlertypisch (gewerblich) nicht entgegen, dass der Goldhandel nicht auf die Ausnutzung des Preisgefälles auf verschiedenen
Handelsstufen, sondern auf die Ausnutzung von Wertveränderungen am nämlichen Markt gerichtet war, und dass die Geschäfte nur
mit oder über eine einzige Bank als Handelspartner abgewickelt wurden.
3. Sind die Einkünfte der - über eine Betriebsstätte in Großbritannien verfügenden – General Partnership nach dem Gesellschaftsvertrag
allein einer GbR als Gesellschafterin zuzurechnen, die selbst in Deutschland ihren Sitz hat und deren Gesellschafter in Deutschland
ihren Wohnsitz haben, so ist aufgrund der ausnahmslos inländischen Wohnsitze der Gesellschafter Deutschland der Ansässigkeitsstaat
im Sinne des DBA-Großbritannien 1964/1970 bzw. 2010. Infolge der gewerblichen Tätigkeit der Partnership (siehe unter 2.),
erzielt die GbR Unternehmensgewinne im Sinne des Art. III Abs. 2 DBA-Großbritannien 1964/1970 bzw. Art. 7 Abs. 1 DBA-Großbritannien
2010, für die Großbritannien das Besteuerungsrecht zusteht und die in Deutschland nur im Rahmen des Progressionsvorbehalts
zu erfassen sind.
4. Der Betriebsstättenbegriff im Sinne des DBA-Großbritannien ist durch seine Anknüpfung an die feste Geschäftseinrichtung
mit dem entsprechenden Begriff des § 12 Satz 1 AO identisch. Eine Betriebsstätte besteht, sobald die Tatbestandsmerkmale der
Betriebsstätte vorliegen. Zeiten, in denen die Tätigkeit, der die Einrichtung der Betriebsstätte auf Dauer dienen soll, vorbereitet
wird, werden bereits der Betriebsstätte zugerechnet.
5. Werden die zur alleinigen Geschäftsführung bei der General Partnership berechtigte Limited sowie die General Partnership
erst neu gegründet und werden in der Gründungsphase die allgemeinen administrativen Aufgaben der General Partnership auf Dauer
angelegt in Büroräumen in Großbritannien (Mitnutzung der Büroräume einer anderen General Partnership unter anderem zur Entgegennahme
von Post) sowie in der Wohnung einer später als Managing Director bei der Limited angestellten Person in Großbritannien (im
Homeoffice) ausgeübt, so verfügt die General Partnership dadurch bereits in der Gründungsphase über eine Betriebsstätte in
Großbritannien.
6. Allein die Tatsache, dass es sich bei dem von der Partnership genutzten Büro um ein Büro handelt, das auch weiteren Gesellschaften
zur Verfügung steht, spricht grundsätzlich nicht gegen eine Betriebsstätte. Auch ein Wechsel der Nutzungszeiten eines Büroplatzes
kann die Verfügungsmacht nicht in Frage stellen. Denn grundsätzlich kann die Mitbenutzung von Räumen eine Betriebsstätte begründen,
wenn der Steuerpflichtige nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht besitzt und gewisse Betriebshandlungen stattfinden. Dies
schließt eine abwechselnde – oder auch gleichzeitige – Nutzung von Räumen für unterschiedliche Zwecke sowie in der Folge die
Tatsache, dass die Nutzung nicht ausschließlich einem einzigen Unternehmen zugutekommt, mit ein. Das gilt erst recht, wenn
der Umfang der ausgeübten Unternehmenstätigkeit keine Vollzeittätigkeit erfordert. Die Nutzungsbefugnis muss nicht auf einen
bestimmten Raum oder Arbeitsplatz bezogen sein; es genügt vielmehr, wenn aus tatsächlichen Gründen anzunehmen ist, dass dem
Unternehmer irgendein für seine Tätigkeit geeigneter Raum zur ständigen Nutzung zur Verfügung steht (Ausführungen zu den Anforderungen
an eine Betriebsstätte infolge einer festen Geschäftseinrichtung sowie an das Vorliegen einer Geschäftsleitungsbetriebsstätte
bzw. einer Vertreterbetriebsstätte im Sinne des DBA-Großbritannien).
7. Sind die Einkünfte einer britischen General Partnership ausschließlich einer GbR, bestehend aus im Inland anssässigen Gesellschaftern,
zuzurechnen, steht das Besteuerungsrecht nach dem DBA-Großbritannien Großbritannien zu und sind die Einkünfte der GbR von
Deutschland als Ansässigkeitsstaat für Zwecke des Progressionsvorbehalts zu ermitteln, so waren weder die Partnership noch
die GbR im Streitjahr 2010 verpflichtet, für Zwecke der Berechnung der steuerfreien Progressionseinkünfte den Gewinn durch
Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln. Zudem waren weder die GbR noch die Partnership nach § 140 AO
im Verbindung mit ausländischem Recht (z. B. britische Partnerships Accounts Regulations 2008 – Regulations 2008 –) verpflichtet,
Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen, weshalb das Wahlrecht, den Gewinn aufgrund einer Einnahmenüberschussrechnung gemäß
§ 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln, nicht ausgeschlossen war.
8. Ein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO lag beim Goldfinger-Modell nicht vor.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n): DStRE 2023 S. 1078 Nr. 17 KAAAJ-34397
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