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Preisgrenzen, Zölle und Preiselastizität
Nach § 4 WiPrPrüfV ist die Angewandte Betriebswirtschaftslehre und Volkswirtschaftslehre ein Prüfungsgebiet im WP-Examen. Dieses Prüfungsgebiet umfasst u. a. Aspekte der Kostenrechnung sowie der Volkswirtschaftspolitik. Beide Teilgebiete umfassen – wie im vorliegenden Examensfall aus dem 2. Halbjahr 2019 (Aufgabe 3) – die Preisgestaltung von Unternehmen, die u. a. von Zöllen beeinflusst werden kann.
I. Einordnung
Zölle sind Abgaben, die üblicherweise beim Eingang von Waren in den Wirtschaftskreislauf erhoben werden. Genauer gesagt, wird in diesem Fall vom Einfuhrzoll gesprochen. Davon abzugrenzen sind Ausfuhrzölle, die beim Verlassen der Ware des Wirtschaftskreislaufs erhoben werden.
Ganz grundsätzlich wird zwischen spezifischen Zöllen und Wertzöllen unterschieden. Ein spezifischer Zoll bemisst sich pro quantifizierbarer Einheit (z. B. kg, m 3), während ein Wertzoll einen bestimmten Prozentsatz des Zollwertes ausmacht (ad-valorem).
Im Jahr 1968 wurde die EU-Zollunion gegründet, welche die Zölle auf Waren aus Nicht-EU-Ländern harmonisiert hat. Somit werden auf Waren, die aus Drittländern außerhalb der EU in ihr Hoheitsgebiet eingeführt werden, einheitlich die gleichen Zolltarife angewendet. Im Gegensatz dazu werden bei Handel innerhalb der EU keine Zölle mehr erhoben. Die EU-weiten Zolleinnahmen fließen voll der EU zu.
Für die angewandte Betriebswirtschaftslehre stellen Zölle einen Kostenbestandteil dar, welcher bei der Preisgestaltung zu berücksichtigen ist. Die Kosten- und Leistungsrechnung hilft Unternehmen, rentable Absatzpreise zu ermitteln. Hierbei spielen vor allem die Ermittlung von Preisober- und Preisuntergrenzen sowie Deckungsbeiträge eine tragende Rolle.
Im Rahmen der Volkswirtschaftslehre spielen Zölle sowohl in der makro- als auch der mikroökonomischen Theorie eine große Rolle. Aus makroökonomischer Sicht stellen Zölle ein ganz zentrales Handelshemmnis dar, das den Handel zwischen zwei Nationen verringern kann. In der Mikroökonomik können die Auswirkungen eines Zolls auf einzelnen Märkten analysiert werden. Auf einem vollkommenen Wettbewerbsmarkt führt die Einführung eines Zolls zu einem Anstieg der Rente der einheimischen Produzenten, aber zu einem Rückgang der Konsumentenrente. Es entstehen zwar Einnahmen durch den Zoll, aus gesamtwirtschaftlicher Sicht führt die Einführung eines Zolls jedoch zu einem Wohlfahrtsverlust.
II. Aufgabenstellung
Die US-amerikanische PRODUCER INC. stellt monatlich 2.000 Einheiten des Produktes P-500 her. Die gesamte Produktionsmenge kann zum aktuellen Marktpreis von – umgerechnet – 100 €/Stück verkauft werden. Eine weitere Ausweitung der Produktion ist ohne die Investition in neue Anlagen nicht möglich.
Für die Produktion einer Einheit von P-500 benötigt die PRODUCER INC. zwei Einheiten des Vorprodukts L-123. Die für die aktuelle Produktionsmenge notwendigen 4.000 Stück des Vorprodukts liefert die deutsche LIEFERANT GMBH zum Preis von derzeit 10 €/Stück.
Die folgende Tabelle enthält weitere Daten aus der Kosten- und Erlösrechnung der beiden Firmen.
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Übersicht 1: Daten aus der Kosten- und
Erlösrechnung der beiden Firmen | |
PRODUCER INC. | |
Verkaufspreis für eine Einheit von P-500 | 100 €/Stück |
Variable Kosten pro Einheit von P-500 (
ohne die Kosten für die jeweils zwei Einheiten von
L-123) | 60 €/Stück |
Budgetierte Fixkosten pro Einheit von P-500 bei einem
Produktions- und Absatzvolumen von 2.000 Stück | 20 €/Stück |
LIEFERANT GMBH | |
Variable Kosten pro Einheit von L-123 | 7 €/Stück |
Monatliche Fixkosten | 8.000 € |
Monatliches Produktions- und Absatzvolumen | 4.000 Stück |
Ermitteln Sie aus der Perspektive der LIEFERANT GMBH die kurz- und langfristigen Preis untergrenzen (hier: Verkaufspreis) für das Produkt L-123 unter sonst unveränderten Bedingungen! ( 4 Punkte)
Ermitteln Sie aus der Perspektive der PRODUCER INC. die kurz- und langfristigen Preis obergrenzen (hier: Einkaufspreis) für das Produkt L-123 unter sonst unveränderten Bedingungen! ( 6 Punkte)
Aufgrund eines internationalen Handelsstreits wird befürchtet, dass zukünftig ein Zoll von 20 % auf die grenzüberschreitende Lieferung von L-123 erhoben werden könnte. Wie würde sich die Einführung des Zolls kurz- S. 92und langfristig auf die Lieferbeziehung auswirken? Unterscheiden Sie bei Ihrer Antwort folgende zwei Szenarien bezüglich der Preiselastizität der Nachfrage nach dem Produkt P-500:
c 1) sehr hohe Preiselastizität der Nachfrage nach P-500,
c 2) sehr niedrige Preiselastizität der Nachfrage nach P-500.
Stellen Sie Ihrer Antwort eine Erläuterung des durch die Preiselastizität beschriebenen Zusammenhangs zwischen Absatzpreis und Nachfrage voran. ( 20 Punkte)