BGH Beschluss v. - 5 StR 407/22

Instanzenzug: Az: 527 Kls 4/22

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 25 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt und Einziehungsentscheidungen getroffen. Von einem weiteren gleichgelagerten Tatvorwurf hat es ihn aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Nach den Urteilsfeststellungen handelte der Angeklagte unter Nutzung eines Encrochat-Mobilgerätes von Ende März bis Mitte Juni 2020 in B.   in 22 Fällen mit Marihuana im zweistelligen Kilogrammbereich und in drei Fällen mit Kokain von 50 bis 500 Gramm zu „marktüblichen Preisen“. In den Fällen 1 und 8 kam es zur Übergabe des verkauften Marihuanas, das einen THC-Gehalt von mindestens 6 Prozent aufwies. Im Übrigen konnte die Abwicklung der Geschäfte nicht festgestellt werden; weder zum Wirkstoffgehalt noch zur Wirkstoffmenge der gehandelten Betäubungsmittel hat das Landgericht in diesen Fällen Feststellungen getroffen.

32. Die in den Fällen 2 bis 7 und 9 bis 25 verhängten Einzelstrafen haben keinen Bestand. Das Landgericht hat es in diesen Fällen versäumt, den konkreten Wirkstoffgehalt der gehandelten Betäubungsmittel festzustellen.

4a) Solcher Feststellungen bedarf es bei einer Betäubungsmittelstraftat aber regelmäßig, da dadurch das Unrecht der Tat und die Schuld des Täters maßgeblich bestimmt werden. Stehen die tatgegenständlichen Betäubungsmittel für eine Untersuchung nicht zur Verfügung, ist die Wirkstoffmenge oder der Wirkstoffgehalt gegebenenfalls durch eine zahlenmäßige Schätzung unter Berücksichtigung des Zweifelssatzes festzustellen (st. Rspr.; vgl. , NStZ 2023, 46, 47 mwN).

5b) Der Schuldspruch kann auch in diesen Fällen bestehen bleiben, da sich aus den rechtsfehlerfrei festgestellten Mengen der gehandelten Betäubungsmittel zweifelsfrei ergibt, dass der Angeklagte mit einer nicht geringen Menge im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG handelte.

6c) Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass das Landgericht bei konkreten Feststellungen zu Wirkstoffgehalt und Wirkstoffmenge der Drogen in diesen Fällen niedrigere Strafen zugemessen hätte, sodass die hierfür verhängten Einzelstrafen aufzuheben sind. Dies entzieht dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage.

7d) Die Feststellungen können bestehen bleiben, weil sie nicht von dem Rechtsfehler betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen können getroffen werden, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen. Feststellungen zum Wirkstoffgehalt und zu den Wirkstoffmengen sind zu treffen.

83. Die für sich betrachtet rechtlich nicht zu beanstandenden Einziehungsentscheidungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und haben daher Bestand.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:160123B5STR407.22.0

Fundstelle(n):
BAAAJ-33376