BGH Beschluss v. - 1 StR 435/22

Instanzenzug: LG Tübingen Az: 5 Ks 38 Js 16391/21

Gründe

1Der Senat hebt entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts – nachdem das Landgericht zu dem erstinstanzlichen Verfahren ein anhängiges Berufungsverfahren analog § 4 Abs. 1 StPO hinzuverbunden hat – das dem Berufungsverfahren zugrunde liegende Urteil des Amtsgerichts Calw vom (Az. 5               ) deklaratorisch als gegenstandslos auf.

2Zudem hat die Einziehungsentscheidung nur teilweise Bestand. Sie begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, soweit das Landgericht in den Fällen II.1 und II.2 der Urteilsgründe Tat- und Betäubungsmittel eingezogen hat, die den vormals erstinstanzlich durch das Amtsgericht Calw abgeurteilten Taten zuzuordnen sind. Einer – grundsätzlich möglichen – Einziehung durch das Landgericht stand das Verbot der Schlechterstellung (§ 331 StPO) entgegen, denn das Amtsgericht hatte keine Einziehung angeordnet (vgl. , BGHSt 64, 48 Rn. 19 ff.). Der Generalbundesanwalt hat dazu ausgeführt:

„Die Verbindung eines beim Landgericht anhängigen Berufungsverfahrens zu einem dort anhängigen erstinstanzlichen Verfahren analog § 4 Abs. 1 StPO führt zur Verschmelzung beider Verfahren mit der Folge, dass insgesamt erstinstanzlich zu verhandeln ist ( –, Rn. 23 f.; Urteil vom – 4 StR 81/92 –, BGHSt 38, 300, 301; Beschluss vom – 4 StR 159/90 –, BGHSt 37, 15, 18; Urteil vom – 4 StR 616/89 –, BGHSt 36, 348). Obwohl die für das erstinstanzliche Verfahren vorgesehenen Regelungen gelten, können sich Besonderheiten daraus ergeben, dass in demselben Verfahren bereits eine Hauptverhandlung stattgefunden hat und eine zu Gunsten des Angeklagten wirksame Entscheidung mit ‛beschränkter Rechtskraft’ ergangen ist ( –, BGHSt 34, 204, 207). Das Verschlechterungsverbot gemäß § 331 Abs. 1 StPO ist in einem Verfahren bei allen späteren Entscheidungen zu beachten (Gössel in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2012, § 331 Rn. 17; Paul in Karlsruher Kommentar zur StPO, 8. Aufl. 2019, § 331 Rn. 9; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl. 2022, § 331 Rn. 4). Es gilt daher auch nach einer Verfahrensverbindung analog § 4 Abs. 1 StPO (ebenso wohl –, BGHSt 34, 204, 207 f., sowie in einer ähnlichen Konstellation –, Rn. 3 m.w.N.).“

3Dem schließt sich der Senat an; er hat den Einziehungsausspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO geändert.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:100123B1STR435.22.0

Fundstelle(n):
HAAAJ-33374