BGH Beschluss v. - 6 StR 432/22

Einbeziehung einer früheren Gesamtstrafe in Gesamtstrafenausspruch

Gesetze: § 55 StGB, § 67 Abs 2 StGB

Instanzenzug: LG Dessau-Roßlau Az: 8 KLs 294 Js 18502/20

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in neun Fällen unter Einbeziehung von Strafen aus einem Urteil vom zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und vier Monaten verurteilt. Zur Kompensation einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung hat es vier Monate der Strafe als vollstreckt erklärt. Die im einbezogenen Urteil angeordnete Maßregel nach § 64 StGB hat es aufrechterhalten und einen Vorwegvollzug angeordnet. Ferner hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet und die im einbezogenen Urteil getroffene Einziehungsentscheidung aufrechterhalten. Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Der Strafausspruch hält der rechtlichen Prüfung nicht in vollem Umfang stand.

3Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Antragsschrift ausgeführt:

„1. Das Landgericht hat sich bei seiner Strafbemessung am Wert des gehehlten Diebesgutes orientiert (UA S. 21). Indessen hat es diesen Maßstab bei der Verhängung der Sanktion für die Tat 7 der Urteilsgründe nicht eingehalten. Während es hier betreffend ein im Herbst 2020 gehehltes Fahrrad Pitch im Wert von 350 EUR (UA S. 13, 22) eine Einzelfreiheitsstrafe von neun Monaten verhängt hat, wurden für die im selben Zeitraum vom Angeklagten in den Fällen 3, 6 und 8 der Urteilsgründe übernommenen Diebesgüter im Wert von ebenfalls unter 1.000 EUR – nämlich ein Fahrrad Giant im Wert von rund 850 EUR, eine Angelausrüstung im Wert von 420 EUR sowie ein iPhone X (UA S. 12 f.) – jeweils Einzelfreiheitsstrafen von lediglich acht Monaten gefunden. Eine Erklärung für die höhere Freiheitsstrafe liefern die Urteilsgründe nicht. Bei dieser Sachlage kann der Senat von § 354 Abs. 1a Satz 2 StPO Gebrauch machen und – der tatrichterlichen schadensbezogenen Bemessung der Einzelstrafen folgend – die verhängte Einzelfreiheitsstrafe auf acht Monate herabsetzen, um eine den Angeklagten ausschließlich begünstigende, sofort abschließende Sachentscheidung zu treffen (vgl. Senat, Beschluss vom – 6 StR 626/21 –, juris Rdnr. 4).

2. Darüber hinaus hält der Gesamtstrafenausspruch einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Da bei der Einbeziehung einer früher erkannten Gesamtstrafe die ursprünglichen und die neu verhängten Einzelstrafen die Grundlage des neuen Gesamtstrafenausspruchs bilden, müssen zur Ermöglichung ihrer revisionsgerichtlichen Nachprüfung alle einbezogenen Einzelstrafen konkret bezeichnet (…) werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 530/86 –, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Strafen, einbezogene 1; und vom – 1 StR 264/94 –, juris Rdnr. 3; MüKoStGB/v. Heintschel-Heinegg, 4. Aufl., § 55 Rdnr. 56; Fischer, StGB, 69. Aufl., § 55 Rdnr. 34).

b) Diesen Anforderungen ist die Strafkammer nicht gerecht geworden. Das angegriffene Urteil leidet an einem durchgreifenden Darstellungsmangel, weil von den insgesamt 51 Einzelstrafen aus dem der Einbeziehung zugrunde liegenden Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom lediglich die Einsatzfreiheitsstrafe von drei Jahren sowie die hieraus vormalig gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten mitgeteilt werden.“

4Dem schließt sich der Senat an. Die Aufhebung der Gesamtstrafe zieht die Aufhebung des angeordneten Vorwegvollzugs nach sich (§ 67 Abs. 2 StGB). Die Kompensationsentscheidung hat hingegen Bestand.

52. Zudem bedarf die Einziehungsentscheidung – wie vom Generalbundesanwalt beantragt – entsprechend § 354 Abs. 1 StPO der Korrektur, weil das Landgericht auf eine einheitliche Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe der Summe der Einziehungsbeträge aus dem einbezogenen und dem angefochtenen Urteil hätte erkennen müssen (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 6 StR 342/21; vom – 6 StR 31/22).

63. Schließlich weist der Senat darauf hin, dass das Tatgericht gehalten ist, die Urteilsgründe sorgfältig und sprachlich korrekt abzufassen (vgl. ), weil diesbezügliche Unzulänglichkeiten den Bestand des Urteils gefährden können.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2023:100123B6STR432.22.0

Fundstelle(n):
LAAAJ-32823