Leitsatz
1. Statthafte Klageart für die gerichtliche Geltendmachung eines gegen eine Behörde gerichteten Auskunftsanspruchs aus Art.
15 Abs. 1 DSGVO ist die Verpflichtungsklage (§ 40 Abs. 1 FGO).
2. Die DSGVO ist auf die Verarbeitung personenbezogener Daten bei der Bearbeitung direkter Steuern durch ein Finanzamt anwendbar.
Grundsätzlich sind alle in einer Steuerakte erfassten Informationen als personenbezogene Daten zu verstehen, weil sie über
Ordnungsmerkmale (Steuernummer oder Steuerliche Identifikationsnummer) mit einer natürlichen Person unmittelbar oder mittelbar
verknüpft werden können.
3. Die in Art. 15 Abs. 1 DSGVO verankerten Betroffenenrechte verleihen dem Steuerpflichtigen bei Finanzbehörden, die große
Mengen an Informationen verarbeiten, keinen Anspruch auf Auskunftserteilung, wenn das Auskunftsverlangen nicht nach Maßgabe
des § 32c Abs. 2 AO spezifiziert und weder in gegenständlicher noch zeitlicher Hinsicht limitiert ist. Entsprechendes gilt
für den Anspruch auf Erteilung einer Kopie nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO, der inhaltlich nicht umfassender sein kann, als der
Anspruch nach Art. 15 Abs. 1 2. Halbsatz DSGVO.
4. Die Soll-Vorgabe in § 32c Abs. 2 AO hat Bedeutung für die Wertung, ob etwa im Einzelfall ein unverhältnismäßiger Aufwand
im Sinne von Art. 14 Abs. 5 Satz 1 Buchst. b DSGVO vorliegt. Dabei ist der Aufwand der Finanzbehörde mit dem Leistungsinteresse
der betroffenen Person an der Auskunft abzuwägen, wobei die Kriterien des Art. 14 Abs. 5 Buchst. b DSGVO heranzuziehen sind
und zudem zu berücksichtigen ist, welche Angaben nach § 32c Abs. 2 AO gemacht worden sind, um das Auffinden der begehrten
Daten zu erleichtern. Dem Verantwortlichen ist ein umso höherer Aufwand zuzumuten, je wichtiger die Mitteilung für die betroffene
Person zum wirksamen Gebrauch ihrer Rechte und je größer die Risiken der Datenverarbeitung für sie ausfallen.
5. Bei der Beurteilung des unverhältnismäßigen Aufwands sind auch die Interessen des Verantwortlichen zu berücksichtigen,
wobei allein zusätzlicher Verwaltungsaufwand für die Finanzbehörde für eine Ablehnung der Auskunftserteilung nicht den Ausschlag
geben kann. Denn insbesondere begründet eine zusätzliche Arbeitsbelastung grundsätzlich keine Gefährdung der Aufgabenerfüllung
im Sinne von Art. 23 Abs. 1 Buchst. e DSGVO und Art. 23 Abs. 1 Buchst. h DSGVO.
6. Ein auf allumfassende Auskunft gerichteter Antrag des Steuerpflichtigen nach Art. 15 DSGVO, mit dem er insbesondere die
kostenfreie Übersendung aller E-Mails, Grundsatzberichte, Vergleichsmitteilungen, Gelbzettel, Urteilssammlungen und jeder
anderen Form von Unterlagen begehrt, die bei der Finanzverwaltung in Zusammenhang mit dem Steuerpflichtigen und seinen Firmen
gespeichert sind, erfüllt die Voraussetzungen des § 32c Abs. 2 AO nicht. Das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO gibt dem Steuerpflichtigen
keinen Anspruch, Zugang zu ganzen Beständen ihn betreffender Verwaltungsdokumente zu erlangen. Eine anspruchserhaltende inhaltliche
oder zeitliche Reduktion auf einen zulässigen Antrag auf Erteilung einer Datenauskunft durch das Gericht kommt nicht in Betracht.
7. Die nationale Regelung des § 32c Abs. 2 AO ist durch die Regelungen der DSGVO gedeckt.
8. Die Frage, ob und in welchem Umfang datenschutzrechtliche Auskunftsrechte zugleich auch Rechte auf Zugang zu behördlichen
Dokumenten gewähren, ist durch die EuGH-Rechtsprechung bereits eindeutig geklärt, sodass es insoweit einer Vorlage an den
EuGH im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens (Art. 267 AEUV) nicht bedarf.