Instanzenzug: LG Nürnberg-Fürth Az: JKI KLs 355 Js 21410/21 jug
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten A. wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
21. Während die sachlich-rechtliche Nachprüfung des Urteils im Schuld- und im Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat, erweist sich die unterbliebene Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt als rechtsfehlerhaft.
3Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt:
„Für einen Hang ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene intensive Neigung ausreichend, immer wieder Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss (vgl. Senat, Beschluss vom – 6 StR 18/21 […]). Der Beeinträchtigung der Gesundheit oder der Arbeits- und Leistungsfähigkeit des Betroffenen kommt zwar indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hanges zu, deren Fehlen schließt ihn jedoch nicht aus (vgl. Senat, Beschluss vom – 6 StR 90/21 […]). Gleiches gilt für drogenfreie Intervalle (vgl. Senat, Beschluss vom – 6 StR 212/21 […]) und für einen Mangel ausgeprägter Entzugssymptome (vgl. , juris Rn. 4).
Daran gemessen drängt sich hier ein Hang des Angeklagten nachgerade auf.
Nach den Feststellungen ist der 27-jährige Angeklagte seit dem Jahr 2015 Betäubungsmittelkonsument. Zunächst kam er mit Haschisch und Ecstasy in Berührung, sodann mit Methamphetamin (‚Crystal‘), welches er schnupfte und rauchte, zuletzt ca. 0,5 Gramm. (…) Bis zu seiner Inhaftierung am konsumierte er vier bis fünf Gramm Marihuana täglich, manchmal auch Kokain und Ecstasy. (…) Das Ergebnis seiner Haarprobe weist auf einen regelmäßigen bis häufigen Konsum von Methamphetamin sowie einen gelegentlichen Umgang mit Cannabisprodukten, Cocain und Oxycodon hin. Ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen liegt bei dem Angeklagten eine Abhängigkeitserkrankung von Stimulanzien und Cannabinoiden vor.
Darüberhinaus ist für das Vorliegen eines symptomatischen Zusammenhangs zwischen dem Hang des Täters zum übermäßigen Konsum von Rauschmitteln und seiner Anlasstat nicht erforderlich, dass der Hang die alleinige Ursache für diese gewesen ist; es genügt, wenn der Hang neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte eine erhebliche rechtswidrige Tat begangen hat und dies bei unverändertem Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist (vgl. , NStZ 2019, 265). Ein solcher Zusammengang ist typischerweise gegeben, wenn die Straftat unmittelbar und mittelbar der Beschaffung von Drogen für den Eigenkonsum gedient hat oder dazu dienen sollte (vgl. Senat, Beschluss vom – 6 StR 113/21, NStZ-RR 2021, 244, 245 […]). Das war vorliegend der Fall; denn der Angeklagte nahm seine Helferrolle nicht nur um ihrer selbst willen wahr, sondern auch, um hierdurch einen – wenngleich geringen – Anteil an Methamphetamin für sich zu erlangen.“
4Dem schließt sich der Senat an.
52. Da das Vorliegen der übrigen Unterbringungsvoraussetzungen nicht von vornherein ausscheidet, bedarf die Frage der Anordnung der Maßregel (§ 64 StGB) – naheliegend unter Hinzuziehung eines neuen Sachverständigen (§ 246a Abs. 1 Satz 2 StPO) – einer neuen tatrichterlichen Entscheidung.
6Der Rechtsfehler lässt den Strafausspruch unberührt. Es ist auszuschließen, dass das Landgericht bei einer Anordnung der Unterbringung auf eine mildere Strafe erkannt hätte.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:131222B6STR468.22.0
Fundstelle(n):
MAAAJ-32597