BGH Urteil v. - VIa ZR 260/22

Instanzenzug: Az: 13 U 1471/21vorgehend LG Trier Az: 5 O 548/20

Tatbestand

1Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Zusammenhang mit der Abgasrückführung in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.

2Der Kläger erwarb am von der Beklagten einen von ihr hergestellten Neuwagen des Typs VW Touran zum Preis von 27.433,49 €. Der darin verbaute Dieselmotor der Baureihe EA 189 verfügte über eine Motorsteuerungssoftware, die den Betrieb auf dem Prüfstand erkannte und in diesem Fall einen geringeren Stickoxidausstoß als im Normalbetrieb bewirkte.

3Der Kläger hat mit der im Dezember 2020 anhängig gemachten Klage in erster Instanz zuletzt beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 13.722,89 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs (Klageantrag zu 1) sowie von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.003,86 € (Klageantrag zu 2), jeweils nebst Zinsen, zu verurteilen. Daneben hat er die Feststellung begehrt, dass sich der Rechtsstreit insoweit erledigt habe, als der Klageantrag zu 1 sich wegen der Differenz der zwischen Klageeinreichung und Tag der mündlichen Verhandlung erster Instanz gefahrenen Kilometer und des sich daraus ergebenden Abzugs des Nutzungswertersatzes verringert habe (Klageantrag zu 3). Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Das Landgericht hat dem Klageantrag zu 1 in voller Höhe und dem Klageantrag zu 2 in Höhe von 1.003,40 €, jeweils nebst Zinsen seit dem , stattgegeben. Zudem hat es festgestellt, dass sich die Hauptsache in Höhe von 605,62 € nebst Zinsen erledigt habe. Auf die dagegen mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels hinsichtlich des Klageantrags zu 1 teilweise abgeändert und die Beklagte insoweit zur Zahlung von 12.865,47 € Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs nebst Zinsen verurteilt. Gegen das Berufungsurteil hat die Beklagte die vom Berufungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Im Revisionsverfahren hat sie sich zuletzt nur noch gegen ihre Verurteilung zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gewandt und beantragt, insoweit nach den von ihr in der Berufungsinstanz gestellten Anträgen zu erkennen.

Gründe

4Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Über das Rechtsmittel ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung trotz rechtzeitiger Ladung zum Termin nicht vertreten war. Inhaltlich ist das Urteil jedoch keine Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (vgl. , BGHZ 37, 79, 81 f.). Der von der Beklagten zuletzt gestellte Antrag ist als Beschränkung ihres Revisionsangriffs auf die Zurückweisung ihrer Berufung betreffend die Verurteilung zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gemäß dem Klageantrag zu 2 und als Teilrücknahme des zunächst darüber hinaus eingelegten Rechtsmittels auszulegen (vgl. VIa ZR 601/21, NJW 2022, 2752 Rn. 5). Im Umfang des hiernach reduzierten Angriffs ist die Revision begründet.

I.

5Das Berufungsgericht hat, soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung, ausgeführt, dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 826, 31 BGB zu, der jedoch aufgrund der von der Beklagten erhobenen Verjährungseinrede nicht mehr durchsetzbar sei. Die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist, die für den Anspruch gelte, sei spätestens zum Ende des Jahres 2019 abgelaufen, denn dem Kläger sei spätestens mit Ablauf des Jahres 2016 grob fahrlässige Unkenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der individuellen Betroffenheit nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 BGB vorzuwerfen. Die Klageeinreichung am habe die Verjährung daher nicht mehr hemmen können. Nach Eintritt der Verjährung seines Schadensersatzanspruchs aus §§ 826, 31 BGB stehe dem Kläger jedoch ein Restschadensersatzanspruch gemäß § 852 Satz 1 BGB zu.

6Als Teil des ihm entstandenen Schadens könne der Kläger die Erstattung der Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung verlangen. Das vorgerichtliche Anspruchsschreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers an die Beklagte datiere vom und der Gegenstandswert entspreche der Höhe des damaligen Anspruchs. Die Beauftragung eines Rechtsanwalts sei für den Kläger als Laien jedenfalls als erforderlich anzusehen.

II.

7Diese Ausführungen halten in Bezug auf die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Dem Kläger steht insoweit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein durchsetzbarer Anspruch zu.

8Der Schadensersatzanspruch des Klägers aus §§ 826, 31 BGB ist, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, nicht durchsetzbar, weil die Beklagte dem Anspruch gemäß §§ 195, 199 Abs. 1, § 214 Abs. 1 BGB die Einrede der Verjährung entgegenhalten kann (vgl. , VersR 2022, 1039 Rn. 25 ff.; Urteil vom - VIa ZR 8/21, BGHZ 233, 16 Rn. 38 ff.). Dies gilt auch, soweit der Anspruch die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten umfasst (vgl. VIa ZR 57/21, WM 2022, 742 Rn. 20).

9Nach §§ 826, 852 Satz 1 BGB kann der Kläger von der Beklagten nicht die Erstattung seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verlangen, weil die Vermögensnachteile, die dem Kläger durch die Beauftragung seiner vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten mit der vorgerichtlichen Geltendmachung seines Schadensersatzanspruchs entstanden sind, nicht zu einer Vermögensmehrung bei der Beklagten geführt haben (vgl. VIa ZR 57/21, WM 2022, 742 Rn. 21).

10Schließlich ist die Beklagte dem Kläger nicht aus § 280 Abs. 1 und 2, § 286 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs zur Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verpflichtet. Der Kläger behauptet mit seiner Klageforderung einen Verzugseintritt aufgrund des Schreibens seiner vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom . Die Kosten der den Verzug begründenden Mahnung stellen aber keinen Schaden infolge des Verzugs dar (vgl. VIa ZR 57/21, WM 2022, 742 Rn. 22).

III.

11Das Berufungsurteil unterliegt danach der Aufhebung (§ 562 ZPO), soweit das Berufungsgericht die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen aufrechterhalten hat, weil es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO). Der Senat kann zugunsten der Beklagten in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung des Berufungsurteils insoweit nur wegen einer Rechtsverletzung bei der Anwendung des Gesetzes auf den festgestellten Sachverhalt erfolgt und danach die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Gegen das Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung des Versäumnisurteils bei dem Bundesgerichtshof, Karlsruhe, durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:141122UVIAZR260.22.0

Fundstelle(n):
ZAAAJ-32289