Besitzen Sie diesen Inhalt bereits, melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.

Dokumentvorschau
FG Bremen Urteil v. - 2 K 37/20 (3)

Gesetze: EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3, EStG § 62 Abs. 1 S. 1, EStG § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, EStG § 63 Abs. 1 S. 2, SGB IX § 2 Abs. 1 S. 1, SGB IX § 2 Abs. 1 S. 2

Seelische Behinderung als Voraussetzung für eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG eines volljährigen, stark verhaltensauffälligen, Drogen konsumierenden Kindes

Leitsatz

1. Ein volljähriges Kind kann auch dann für das Kindergeld nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG infolge einer seelischen Behinderung zu berücksichtigen sein, wenn zwar keine Feststellung über das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung nach § 152 Abs. 1 SGB IX vorliegt und ein Arzt auf eine gerichtliche Nachfrage hin das Vorliegen einer Behinderung nicht ausdrücklich bestätigt hat, wenn jedoch starke psychische Auffälligkeiten (unter anderem paranoide Schizophrenie, skurriles Verhalten) im Zusammenhang mit regelmäßigem Cannabiskonsum attestiert sowie eine stationäre Langzeittherapie empfohlen worden sind und wenn das Kind nach der Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls zur Überzeugung des Gerichts im Streitzeitraum aufgrund einer psychischen Erkrankung ausbildungs- und arbeitsunfähig war und die Erkrankung offensichtlich auch dazu geführt hat, dass das Kind an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate gehindert war.

2. Für die Frage des Vorliegens einer Behinderung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG ist auf die in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX in der im Streitzeitraum geltenden Fassung enthaltene Legaldefinition zurückzugreifen. Ob im Einzelfall eine Behinderung vorliegt, hat das Finanzgericht aufgrund der ihm obliegenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen.

3. Als seelische Beeinträchtigung kommen körperlich nicht begründbare Psychosen, seelische Störungen als Folge von Krankheit oder Verletzung des Gehirns, Anfallsleiden oder körperliche Beeinträchtigungen, Suchtkrankheiten, Neurosen und Persönlichkeitsstörungen in Betracht. Wegen der Dauer der Beeinträchtigung ist nicht allein auf die seit Beginn der Erkrankung oder die seit ihrer erstmaligen ärztlichen Feststellung tatsächlich abgelaufene Zeit, sondern auf die ihrer Art nach zu erwartende Dauer der von ihr ausgehenden Funktionsbeeinträchtigung abzustellen. Zur Beurteilung dieser Frage ist ggf. eine Prognose zur Entwicklung der Funktionsbeeinträchtigung zu stellen.

Fundstelle(n):
NWB-Eilnachricht Nr. 42/2023 S. 2886
PAAAJ-32181

Preis:
€5,00
Nutzungsdauer:
30 Tage
Online-Dokument

FG Bremen, Urteil v. 10.11.2022 - 2 K 37/20 (3)

Erwerben Sie das Dokument kostenpflichtig.

Testen Sie kostenfrei eines der folgenden Produkte, die das Dokument enthalten:

NWB MAX
NWB PLUS
NWB PRO
Wählen Sie das für Ihre Bedürfnisse passende NWB-Paket und testen Sie dieses kostenfrei
Jetzt testen