BGH Beschluss v. - VIa ZB 15/21

Instanzenzug: Az: I-10 U 158/21vorgehend LG Wuppertal Az: 5 O 308/19

Gründe

I.

1Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Fahrzeugs mit Dieselmotor. Gegen das ihm am zugestellte klageabweisende Urteil des Landgerichts hat er am Berufung eingelegt, diese begründet und Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist beantragt. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat er ausgeführt, mit der Überprüfung der Vorfrist zur am ablaufenden Begründungfrist sei seinem Prozessbevollmächtigten aufgefallen, dass die Berufung zwar am erstellt, entgegen dessen Anweisung aber nicht versandt worden sei. Die zuständige Rechtsanwaltsfachangestellte habe dennoch am die Frist für die Einlegung der Berufung als erledigt notiert und dies dem Prozessbevollmächtigten am Abend des Fristablaufs mitgeteilt.

2Das Berufungsgericht hat die Berufung unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es, soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse, ausgeführt, der Wiedereinsetzungsantrag sei verfristet. Dem Vorbringen des Klägers sei nicht zu entnehmen, dass die Wiedereinsetzungsfrist gewahrt sei. Aus dem Vortrag, die Fristversäumnis sei bei der Überprüfung der Vorfrist zur Berufungsbegründung aufgefallen, ergebe sich nicht, wie lang diese Vorfrist gewesen sei. Eine über zwei Wochen hinausgehende Vorfrist sei angesichts des Umfangs der Berufungsbegründung nicht ausgeschlossen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

3Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist aber unzulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verletzt die angefochtene Entscheidung insbesondere nicht den Anspruch des Klägers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).

41. Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zu Recht zurückgewiesen.

5a) Nach § 234 Abs. 1 Satz 1, § 236 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO müssen alle Tatsachen, die für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Bedeutung sein können, innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist vorgetragen werden. Zu diesen Tatsachen gehören diejenigen, die die Einhaltung der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO einschließlich der Antragstellung rechtzeitig nach der Behebung des Hindernisses (§ 234 Abs. 2 ZPO) ergeben (st. Rspr.; , BGHZ 5, 157, 160; Beschluss vom - II ZR 225/98, NJW 2000, 592; Beschluss vom - IX ZB 214/09, NJW-RR 2011, 490 Rn. 14). Daran fehlt es im Streitfall. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Zeitpunkt, zu dem die Fristversäumnis bemerkt wurde, nicht bestimmt werden konnte, weil der Kläger in seinem Wiedereinsetzungsgesuch weder zu diesem Zeitpunkt noch zur Länge der eingetragenen Vorfrist zur Berufungsbegründung vorgetragen hat.

6b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde gilt nicht deshalb etwas anderes, weil das Berufungsgericht dem Kläger einen Hinweis hätte erteilen und ihm Gelegenheit zur Ergänzung seines Vorbringens zu der Vorfrist zur Berufungsbegründung hätte geben müssen. Hierauf kommt es nicht an.

7Zwar können erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten ist, noch nach Fristablauf ergänzt oder erläutert werden; eine solche Vervollständigung kann auch noch mit der Rechtsbeschwerde erfolgen (, juris Rn. 21 mwN). Der unterbliebene, mit Blick auf § 234 Abs. 2 ZPO maßgebliche Vortrag zur Vorfrist zur Berufungsbegründung, innerhalb derer die Versäumung der Berufungsfrist bemerkt worden sei, ist - die Zulässigkeit einer Ergänzung unterstellt - im Streitfall aber nicht nachgeholt worden. Die Rechtsbeschwerde verhält sich zur Länge der für die Berufungsfrist notierten Vorfrist, nicht aber zu derjenigen zur Berufungsbegründung. Diesen fehlenden Vortrag gemäß § 236 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 ZPO ersetzt auch weder die als Mittel der Glaubhaftmachung gemäß § 236 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO vorgelegte anwaltliche Versicherung des vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten, die sich im Übrigen allein mit der für die Berufungseinlegungsfrist eingetragenen Vorfrist befasst, noch der als Mittel der Glaubhaftmachung (vgl. , juris Rn. 3) für die Notierung der ersten Vorfrist vorgelegte Auszug aus dem elektronischen Fristenkalender.

82. Da der Kläger die Berufungsfrist nicht gewahrt hat, hat das Berufungsgericht die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:281122BVIAZB15.21.1

Fundstelle(n):
GAAAJ-32132