Einkommensteuer | Sofortabzug von Mieterabfindungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus VuV (BFH)
Der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG ist auf bauliche Maßnahmen an Einrichtungen des Gebäudes oder am Gebäude selbst beschränkt. Aufwendungen, die durch die Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen lediglich (mit-)veranlasst sind, unterfallen nicht § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Die Klägerin ist eine GbR, deren Gesellschaftszweck die Vermietung von Grundstücken ist. Im Jahr 2016 erwarb sie eine denkmalgeschützte Immobilie mit vier Wohnungen für 1,2 Mio. €, die sie in den folgenden zwei Jahren für 615.000 € renovierte. Um die früheren Mieter zum vorzeitigen Auszug zu bewegen und die Renovierungsarbeiten dadurch einfacher zu gestalten, zahlte die Klägerin Mieterabfindungen von insgesamt 35.000 €. Ohne die Räumung wäre die Renovierung zwar technisch möglich, aber umständlicher gewesen.
Die Klägerin machte die Mieterabfindungen als sofort abzugsfähige Werbungskosten geltend. Das Finanzamt behandelte die Abfindungen dagegen als anschaffungsnahe Herstellungskosten. Das FG der ersten Instanz wies die hiergegen gerichtete Klage ab (; s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 15.12.2021).
Die Richter des BFH folgten dem nicht und gaben der Klage statt:
Das FG hat die Mieterabfindungen zu Unrecht als anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a i.V.m. § 9 Abs. 5 Satz 2 EStG behandelt. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sofort abzugsfähig.
Der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG ist auf bauliche Maßnahmen an Einrichtungen des Gebäudes oder am Gebäude selbst beschränkt.
Das Bestehen eines (mittelbaren oder unmittelbaren) Veranlassungszusammenhangs zwischen den Kosten und den Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen reicht allein nicht aus, um die Aufwendungen § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG unterwerfen zu können.
Die Begrenzung des sachlichen Anwendungsbereichs des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG auf Aufwendungen für bauliche Maßnahmen ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Norm ("Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen"). Erforderlich ist demnach, dass es sich um Aufwendungen für die bauliche Maßnahme selbst handelt.
Für dieses enge Begriffsverständnis spricht zudem die Gesetzesbegründung zu § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG. Danach sollte die Behandlung von "Reparatur- und Modernisierungsaufwendungen" (BT-Drucks 15/1562, S. 24), "Aufwendungen für die Instandsetzung und Modernisierung" bzw. "Aufwendungen für Instandsetzungsarbeiten" (BT-Drucks 15/1562, S. 32) geregelt werden. Sonstige Aufwendungen, die allein in einem (mittelbaren oder unmittelbaren) Veranlassungszusammenhang mit der Instandsetzung und Modernisierung stehen, sind dort nicht genannt.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Sinn und Zweck der Norm.
Nach diesen Grundsätzen zählen die Mieterabfindungen nicht zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG. Sie stellen keine Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG dar. Sie gehören nicht zu den baulichen Maßnahmen.
Auch wenn der Begriff der Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen zur Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten im Grundsatz weit zu verstehen ist (vgl. , BStBl 2016 II S. 996, Rz 15), sind Maßnahmen zur Aufhebung bestehender Mietverhältnisse nicht Teil der Instandsetzung bzw. Modernisierung der Gebäudesubstanz.
Die gegenteilige Auffassung des FG überschreitet die Wortlautgrenze (vgl. Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht, 24. Aufl., Kap. 5, Rechtsanwendung im Steuerrecht, Rz 5.58). Die Verwendung der Präposition "für" (Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen) rechtfertigt keine andere Beurteilung.
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
VAAAJ-30961