BGH Beschluss v. - 5 StR 128/22

Gesetze: § 29a Abs 1 Nr 2 BtMG

Instanzenzug: Az: 632 KLs 14/21

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen 18 Fällen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, teils in Tateinheit mit weiteren Betäubungsmitteldelikten, sowie weiteren zwei Fällen der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 731.730 Euro angeordnet. Die mit der nicht näher ausgeführten Sachrüge geführte Revision ist im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO überwiegend unbegründet. Der Erörterung bedarf nur Folgendes:

21. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts hält auch der Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den Fällen II.9, 10 und 14 der Urteilsgründe rechtlicher Überprüfung stand.

3a) Nach den Urteilsfeststellungen handelte der Angeklagte zwischen März und Juni 2020 über ein „EncroChat“-Handy mit Drogen. Hierbei kam es unter anderem zu folgenden Taten:

4aa) In den Abendstunden des vermittelte der Angeklagte zwischen dem EncroChat-Nutzer „n.           “ (Lieferant) und einem „K.  “ (Abnehmer) für eine Vermittlungsprovision von 1.000 Euro den Verkauf von 1 kg Kokain (Wirkstoffgehalt mindestens 80 % KHC) zum Preis von 31.100 Euro pro Kilogramm. Hierzu bestellte der Angeklagte die für „K.  “ bestimmten Drogen bei „n.           “ und teilte diesem in Chatnachrichten Einzelheiten zur geplanten Übergabe mit. Eine Fahrerin des „n.        “ (EnchroChat-Name „b.         “), von diesem instruiert, übergab am vormittags das Kokain an den Abnehmer. Der Provisionsbetrag wurde dem Angeklagten von „n.           “ aus dem erhaltenen Kaufpreis zugeleitet (Tat II.9).

5bb) Am frühen Nachmittag des vermittelte der Angeklagte zwischen den EncroChat-Nutzern „n.           “ (Lieferant) und „s.        “ (Abnehmer) für eine verabredete Vermittlungsprovision von 100 Euro/kg den Verkauf von 10 kg Haschisch (Wirkstoffgehalt mindestens 20 % THC). Hierzu fragte der Angeklagte zunächst für „s.      “ bei „n.           “ die Verfügbarkeit von Haschisch an und erhielt die Auskunft, dass noch 28 kg vorrätig sind. Der Angeklagte kündigte die Abnahme der Gesamtmenge durch „s.        “ an. Allerdings bestand „n.           “ auf sofortiger Bezahlung, während „s.       “ einen Zahlungsaufschub erbat. Schließlich einigte man sich über den Angeklagten auf den Verkauf von zunächst 10 kg Haschisch. Der Angeklagte traf sich sodann mit „s.        “, etwas später kam es zu einem Treffen aller drei. Ob es im Rahmen dieses Treffens zu einer Übergabe von Betäubungsmitteln kam, konnte die Strafkammer letztlich ebenso wenig sicher feststellen wie die Zahlung der verabredeten Provision (Tat II.10).

6cc) Am frühen Nachmittag des vermittelte der Angeklagte zwischen den EncroChat-Nutzern „n.         “ (Lieferant) und „e.      “ (Abnehmer) für eine verabredete Vermittlungsprovision von 100 Euro/kg den Verkauf von 7 kg Haschisch (Wirkstoffgehalt mindestens 20 % THC). Hierzu nahm der Angeklagte mit „n.          “ Kontakt auf und bestellte für „e.      “ zum Preis von 3.850 Euro/kg die Menge; anschließend erklärte er gegenüber „e.     “, dass dieser sich entsprechend der diesbezüglichen Anweisung des „n.           “ zum Zweck der Vereinbarung der Übergabemodalitäten bei diesem melden solle. Die Fahrerin des „n.          “ (EnchroChat-Name „b.          “), von diesem instruiert, übergab am am späten Nachmittag die Drogen an den Abnehmer (Tat II.14).

7b) Die Feststellungen tragen auch in den Fällen II.9, 10 und 14 jeweils den Schuldspruch wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.

8aa) Handeltreiben im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ist jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit; der Begriff ist weit auszulegen (, BGHSt 50, 252, 256, 262).

9Für bloße Vermittlungsgeschäfte, die in Erwartung einer Provision vorgenommen werden, gilt (vgl. Patzak in Patzak/Volkmer/Fabricius, BtMG, 10. Aufl., § 29 Rn. 298 f.; Weber in Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Aufl., § 29 Rn. 425 ff. jeweils mwN): Auch eine eigennützige Förderung fremder Umsatzgeschäfte kann dem Begriff des Handeltreibens unterfallen; er setzt weder ein eigenes Umsatzgeschäft mit Betäubungsmitteln noch deren Absatz voraus, daher kann Handeltreiben auch vorliegen, wenn es nicht zur Anbahnung bestimmter Geschäfte gekommen ist (vgl. , BGHSt 34, 124; vom – 5 StR 135/80, BGHSt 29, 239, 240). Handeltreiben durch eigennützige Förderung fremder Verkäufe kann insbesondere auch bei Vermittlung eines Absatzgeschäftes oder bei Nennung potentieller Kunden erfüllt sein (; vom – 3 StR 232/78, NJW 1979, 1259; Beschlüsse vom – 1 StR 640/18, NStZ-RR 2019, 117 f.; vom – 5 StR 42/10, NStZ-RR 2010, 319; vom – 4 StR 757/94 jeweils mwN; vgl. zur Einziehung des Werts von Taterträgen in Vermittlungsfällen , NStZ-RR 2019, 22). Maßgeblich ist deshalb nicht, wer Lieferant des Betäubungsmittels ist (vgl. ).

10Für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme gelten auch bei Vermittlungsgeschäften die allgemeinen Grundsätze (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 640/18, NStZ-RR 2019, 117 f.; vom – 3 StR 339/10, NStZ-RR 2011, 57), wobei insbesondere auf die Bedeutung des Tatbeitrags, das Tatinteresse und die Tatherrschaft oder wenigstens den Willen zur Tatherrschaft abzustellen ist (vgl. ; Beschluss vom – 3 StR 337/12). In Grenzfällen ist eine wertende Gesamtwürdigung der für die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme relevanten Kriterien vorzunehmen (vgl. , NStZ-RR 2019, 117 f.). Von Bedeutung hierbei ist insbesondere, welches Gewicht dem konkreten Tatbeitrag für das Umsatzgeschäft insgesamt zukommt (BGH, aaO). Für eine Täterschaft kann sprechen, dass der eigennützig handelnde Vermittler erst den Kontakt hergestellt hat und noch weitergehend in das Umsatzgeschäft eingebunden ist (vgl. ).

11bb) Nach diesen Maßstäben hat das Landgericht den Angeklagten zu Recht auch in den Fällen II.9, 10 und 14 wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. In allen Fällen hat er durch die vereinbarten Provisionen nicht unerheblich wirtschaftlich von den Geschäften profitiert oder wollte dies. Die Provisionen entsprachen in den Fällen II.9 und II.14 den vom Landgericht festgestellten Gewinnspannen, die der Angeklagte beim eigenhändigen Weiterverkauf der Drogen regelmäßig erzielte. In Fall II.9 bestellte er beim Verkäufer die Drogen und teilte diesem den Ort der Lieferung mit. Im Fall II.10 führte lediglich er – in Absprache mit dem Käufer – die Verkaufsgespräche und war schließlich bei einem Treffen aller drei anwesend, um das Drogengeschäft zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. Im Fall II.14 schloss er zunächst das Geschäft mit dem Verkäufer ab und vermittelte erst anschließend die direkte Kommunikation zwischen Verkäufer und Abnehmer zwecks Vereinbarung der Übergabemodalitäten. All dies belegt jeweils seinen erheblichen Einfluss auf das Tatgeschehen. Einer eingehenden Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme bedurfte es deshalb vorliegend nicht.

122. Der Senat ist durch den Antrag des Generalbundesanwalts auf Schuldspruchkorrektur nicht gehindert, die Revision des Angeklagten insgesamt nach § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine vom Generalbundesanwalt beantragte Schuldspruchänderung, welcher der Senat nicht folgen will, einer Verwerfung des Rechtsmittels durch Beschluss nicht entgegensteht; daran ändert der Umstand nichts, dass sich der Generalbundesanwalt auch auf § 349 Abs. 4 StPO bezogen hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 158/19; vom – 5 StR 111/11 jeweils mwN). Dies gilt auch, soweit der Generalbundesanwalt eine Herabsetzung der Einzelstrafen in den genannten Fällen auf das gesetzliche Mindestmaß beantragt hat (BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 158/19; vom – 1 StR 433/15).

133. Die Revision führt lediglich zur Korrektur der Einziehungsentscheidung um 10 Euro. Die rechnerische Summe der vom Angeklagten erlangten Einnahmen beträgt 731.720 Euro anstelle der vom Landgericht tenorierten 731.730 Euro. In Höhe von 10 Euro muss die Einziehungsentscheidung deshalb entfallen.

144. Der geringfügige Teilerfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten mit deren gesamten Kosten zu belasten (§ 473 Abs. 4 Satz 1 StPO).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:080622B5STR128.22.0

Fundstelle(n):
VAAAJ-30747