Bewertung | Grundstückswertermittlung bei Existenz eines zeitnahen Kaufpreises (BFH)
Bei der Bewertung eines Grundstücks
für Zwecke der Schenkungsteuer sind bei Anwendung des Vergleichswertverfahrens
vorrangig die von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Vergleichspreise
heranzuziehen (; veröffentlicht am
).
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über die Bewertungsmethode bei einer mittelbaren Grundstücksschenkung: Die Tochter des Klägers erwarb ein bebautes Grundstück zum Preis von 920.000 €. Den für die Zahlung des Kaufpreises erforderlichen Geldbetrag hatte der Kläger ihr zuvor geschenkt.
Zum Zwecke der Festsetzung der Schenkungsteuer ermittelte das beklagte Finanzamt einen Grundbesitzwert für das von der Tochter erworbene Grundstück. Das Finanzamt stellte einen Wert i.H.v. 920.000 € fest. Dabei legte es im Vergleichswertverfahren den von der Tochter gezahlten Kaufpreis i.H.v. 920.000 € zugrunde.
Mit seinem Einspruch machte der Kläger geltend, der Grundbesitzwert könne nicht im Vergleichswertverfahren bestimmt werden, da Vergleichspreise für mehrere Grundstücke und damit eine Abbildung der Marktsituation nicht vorlägen. Ein einzelner Verkaufspreis könne sich nur im Rahmen von § 198 BewG als Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts zugunsten des Steuerpflichtigen auswirken.
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das FG ab ( BG; siehe hierzu unsere Online-Nachricht v. 13.8.2020).
Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen:
Das FG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass das FA den Grundbesitzwert für das vom Kläger im Wege der mittelbaren Grundstücksschenkung zugewandte Grundstück richtig mit 920.000 € festgestellt hat.
Bei der Bewertung eines Grundstücks für Zwecke der Schenkungsteuer sind bei Anwendung des Vergleichswertverfahrens vorrangig die von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Vergleichspreise heranzuziehen.
Liegen keine vom Gutachterausschuss ermittelten Vergleichspreise vor, kann sich der Vergleichspreis nach § 183 Abs. 1 Satz 1 BewG auch aus einem zeitnah zum Bewertungsstichtag vereinbarten Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück ergeben.
Anmerkung von Prof. Dr. Matthias Loose, Richter im II. Senat des BFH:
Grundbesitzwerte sind nach § 12 Abs. 3 ErbStG i.V.m. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BewG gesondert festzustellen, wenn die Werte für die Erbschaft- oder Schenkungsteuer von Bedeutung sind. Maßstab für die Bewertung ist der sog. gemeine Wert. Das ist der Wert, der nach der Beschaffenheit des Grundstücks im normalen Geschäftsbetrieb bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 1 BewG), also der Verkehrswert. Die Ermittlung dieses Werts erfolgt anhand (grob) typisierender Bewertungsregeln, die in §§ 179 und 182 bis 196 BewG festgelegt sind. Ein- und Zweifamilienhäuser sind danach im sog. Vergleichswertverfahren zu bewerten (§ 182 Abs. 2 Nr. 3 BewG). Dafür sind Kaufpreise von Grundstücken heranzuziehen, deren wertbeeinflussenden Merkmale mit denen des zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmen (sog. Vergleichsgrundstücke). Grundlage sind vorrangig die von den Gutachterausschüssen (§§ 192 ff. BauGB) mitgeteilten Vergleichspreise (§ 183 Abs. 1 Satz 2 BewG).
Liegen weder vom Gutachterausschuss ermittelte Vergleichspreise noch Vergleichsfaktoren vor, kann sich der Vergleichspreis auch aus einem zeitnah zum Bewertungsstichtag vereinbarten Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück selbst ergeben. Das hat der BFH nun für einen Fall der sog. mittelbaren Grundstücksschenkung klargestellt. Ein Vergleichspreis lässt sich nämlich auch aus der Veräußerung eines einzelnen Grundstücks ableiten. Man braucht nicht eine Vielzahl von Vergleichsgrundstücken. Die Entscheidung des BFH ist jedoch nicht so zu verstehen, dass nun in allen Fällen der mittelbaren Grundstücksschenkung stets der Kaufpreis für das erworbene Grundstück für die Bewertung heranzuziehen ist. Das ist nur der Fall, wenn keine Vergleichspreise oder Vergleichsfaktoren vom Gutachterausschuss mitgeteilt werden. Ungeachtet dessen können die Beteiligten nach § 198 BewG auch einen niedrigeren gemeinen Wert anhand eines Gutachtens nachweisen.
Quelle: ; NWB Datenbank (RD)
Fundstelle(n):
UAAAJ-29227