Instanzenzug: LG Frankfurt (Oder) Az: 22 KLs 1/22
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren sexuellen Übergriffs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Seine auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Die Verfahrensrügen haben aus den in der Zuschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen keinen Erfolg.
32. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Nachprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler ergeben.
4Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat, dass die Darstellung der Ergebnisse der DNA-Analyse zwar nicht den vom Bundesgerichtshof gestellten Anforderungen genügt (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 50/17, BGHSt 63, 187; vom – 6 StR 211/20). Denn sie enthält keine Angaben zur biostatistischen Wahrscheinlichkeit und teilt zudem bezüglich der Mischspuren die Anzahl der untersuchten Systeme nicht mit. Darauf beruht das Urteil aber nicht, weil die Beweiswürdigung sich maßgeblich auf andere Beweismittel stützt und den Ergebnissen der DNA-Analyse trotz der unzureichenden Darstellung nicht jeglicher Beweiswert fehlt (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 148/15; vom – 6 StR 597/21).
53. Der Strafausspruch hält sachlich-rechtlicher Prüfung jedoch nicht stand.
6Es kann insoweit dahinstehen, ob das Landgericht gegen das in § 46 Abs. 3 StGB normierte Doppelverwertungsverbot verstoßen hat, indem es dem Angeklagten sowohl bei der Prüfung, ob ein minder schwerer Fall gemäß § 177 Abs. 9 Halbsatz 3 StGB vorliegt, als auch bei der konkreten Strafzumessung „die sich aus dem objektiven Tatbild ergebende erhebliche Aggressivität“ angelastet hat, obwohl diese Umstände die Qualifikation gemäß § 177 Abs. 8 Nr. 2 StGB zumindest (mit)begründet haben könnten (vgl. ; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 689, 691). Der Strafausspruch begegnet indes durchgreifenden Bedenken, weil das Landgericht strafschärfend gewertet hat, dass der Angeklagte „quasi im Sinne einer Gewaltorgie ganz massiv auf die Geschädigte eingewirkt“ habe, ohne dabei erkennbar zu bedenken, dass dessen Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit alkoholbedingt erheblich vermindert war.
7Die Art der Tatausführung darf einem Angeklagten nur dann strafschärfend zur Last gelegt werden, wenn sie vorwerfbar ist, nicht aber, wenn ihre Ursache in einer von ihm nicht zu vertretenen geistig-seelischen Beeinträchtigung liegt. Allerdings ist auch der im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert schuldfähige Täter für die von ihm begangene Tat in ihrer konkreten Ausgestaltung verantwortlich, so dass für eine strafschärfende Berücksichtigung durchaus Raum bleibt, jedoch nur nach dem Maß der geminderten Schuld (st. Rspr., vgl. , BGHSt 16, 360, 364; vom – 2 StR 17/93, NJW 1993, 3210, 3211; Beschluss vom – 5 StR 186/21, NStZ-RR 2021, 336). In einem solchen Fall muss das Urteil erkennen lassen, dass sich das Tatgericht dieser Problematik bewusst war und ihr Rechnung getragen hat. Dies ergeben die Gründe des angefochtenen Urteils, in denen die Tatintensität als maßgeblicher Strafschärfungsgrund uneingeschränkt hervorgehoben wird, weder ausdrücklich noch in ihrer Gesamtschau. Der Senat vermag daher nicht mit Sicherheit auszuschließen, dass die Strafkammer zum Nachteil des Angeklagten der konkreten Ausgestaltung der Tat ein zu großes Gewicht beigemessen hat.
8Angesichts des bloßen Wertungsfehlers bedarf es keiner Aufhebung der getroffenen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:141122B6STR412.22.0
Fundstelle(n):
NAAAJ-28629