Einkommensteuer | Zurechnung des Mehrgewinns aus der Korrektur eines unrechtmäßigen Betriebsausgabenabzugs (BFH)
Ein Mehrgewinn, der aus der
Korrektur nicht betrieblich veranlasster Betriebsausgaben stammt und im
laufenden Gesamthandsgewinn enthalten ist, ist bei der Gewinnermittlung durch
Einnahmen-Überschuss-Rechnung abweichend vom allgemeinen
Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen, wenn die zugrundeliegenden Aufwendungen
ausschließlich einem Mitunternehmer zugutegekommen sind (; veröffentlicht am ).
Sachverhalt: Streitig ist, ob Mehrgewinne, die ein untreuer Gesellschafter einer zweigliedrigen Personengesellschaft, die ihre Gewinne nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, unter Vorspiegelung von Betriebsausgaben zu Unrecht entnommen hatte, dem untreuen Gesellschafter allein als Sonderbetriebseinnahmen oder den Gesellschaftern nach Maßgabe des gesellschaftsvertraglich vereinbarten oder gesetzlichen Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen sind: Der Kläger und der Beigeladene betrieben vom bis zum in der Rechtsform der GbR ein Ingenieurbüro. Sie waren nach dem Gesellschaftsvertrag jeweils hälftig am Gewinn der Gesellschaft beteiligt. Eine Abrede zur Verteilung steuerlicher Mehrgewinne enthielt der Gesellschaftsvertrag nicht. Die GbR ermittelte den Gewinn aus selbständiger Arbeit im Wege der Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG. Gewinnermittlungszeitraum war das Kalenderjahr.
Der Kläger kündigte das Gesellschaftsverhältnis zum fristlos und schied an diesem Tag aus der GbR aus. Sein Anteil wuchs dem Beigeladenen an. Der fristlosen Kündigung lag zugrunde, dass der Beigeladene diverse Aufwendungen in Höhe von rund 14.500 € ohne Zustimmung des Klägers aus den Gesellschaftsmitteln gezahlt hatte (u.a. Ausbildungkosten zum Lerncoach sowie für die Anschaffung privat verwendeter Gegenstände).
Im zivilgerichtlichen Verfahren verfolgt der Kläger das Ziel, dass Ersatzansprüche der GbR gegen den Beigeladenen aufgrund der unberechtigten Verausgabung der Gesellschaftsmittel für die private Lebensführung in die Auseinandersetzungsbilanz einbezogen werden und seinen Abfindungsanspruch erhöhen. In der ersten Instanz hatte der Kläger insoweit keinen Erfolg. Das Berufungsverfahren war bis zur Entscheidung des FG nicht abgeschlossen.
Das FA berücksichtigte die streitigen Aufwendungen von rund 14.500 € als laufende Betriebsausgaben auf der Gesamthandsebene und erhöhte während des vom Kläger betriebenen Einspruchsverfahrens die festgestellten laufenden Einkünfte der GbR aus der Gesamthand für das Streitjahr vom um diesen Betrag auf 68.955,91 €. Es sah die aus den Mitteln der GbR für private Zwecke und den Konsum des Beigeladenen bestrittenen Aufwendungen als nicht betrieblich veranlasst an. Den Gewinn aus der Gesamthand rechnete das FA dem Kläger und dem Beigeladenen jeweils hälftig zu. Die gegen die hälftige Aufteilung des Gesamthandsgewinns gerichtete Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg ().
Die Richter des BFH hoben das Urteil auf und gaben der Klage statt:
Entgegen der Auffassung des FG ist der laufende Gesamthandsgewinn der GbR in Höhe von 14.500 € allein dem Beigeladenen zuzurechnen und nur der Restgewinn nach dem gesellschaftsvertraglichen Gewinnverteilungsschlüssel hälftig zu verteilen.
Die alleinige Zurechnung des Mehrgewinns hängt nicht davon ab, dass ein Ersatzanspruch der GbR gegen den Beigeladenen im Streitjahr nicht durchsetzbar oder nicht werthaltig ist.
Es genügt, dass die dem Mehrgewinn zugrundeliegenden nicht betrieblich veranlassten Aufwendungen ausschließlich dem Beigeladenen zugutegekommen sind.
Anmerkung von Dr. Christian Levedag, Richter im VIII. Senat des BFH:
Mit Urteil v. - VIII R 6/19 hat der VIII. Senat des BFH zur Verteilung von Mehrgewinnen im Gesamthandsbereich, die auf der ungerechtfertigten Inanspruchnahme eines Mitunternehmers beruhten und deren Verausgabung nur diesem Mitunternehmer zugutegekommen war, eine bislang ungeklärte streitige Frage entschieden. Die Entscheidung betrifft Mitunternehmerschaften, die ihren Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermitteln.
Bei der Umlenkung von Einnahmen an der Mitunternehmerschaft vorbei in den Verfügungsbereich eines untreuen Mitunternehmers und bei der Verausgabung von Gesellschaftsmitteln zugunsten eines untreuen Mitunternehmers, die als Betriebsausgaben der Gesellschaft geltend gemacht worden sind und dann korrigiert werden, sind für die Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG und gemäß § 4 Abs. 3 EStG drei mögliche Auswirkungen zu unterscheiden.
Der zu niedrige Gewinn ist
zu erfassen,
zu verteilen und
Schadensersatzansprüche der Gesellschaft auf der Gesamthandsebene und deren Erfüllung durch den schädigenden Gesellschafter in dessen Sonderbereich sind zu berücksichtigen.
Zur Gewinnerfassung und -verteilung gilt nach dem Besprechungsurteil im Rahmen des § 4 Abs. 3 EStG Folgendes: Einnahmen, die ein Gesellschafter an der Gesellschaft vorbei vereinnahmt, sind nur diesem Gesellschafter als Sonderbetriebseinnahmen zuzurechnen. Mehrgewinne aus der Korrektur von zu Unrecht als Betriebsausgaben behandelten Aufwendungen, die nur einem Mitunternehmer zugutegekommen sind, sind ebenfalls nur demjenigen Mitunternehmer zuzurechnen, dem sie ausschließlich zugutegekommen sind, was technisch durch die alleinige Zurechnung des Korrekturgewinns als Teil des zu verteilenden Gesamthandsgewinns erreicht wird.
Die Besteuerung hat sich in beiden Fallgruppen danach zu richten, was im Gewinnermittlungszeitraum der Einnahmenerzielung und -verkürzung einstweilen tatsächlich geschehen ist und dass kein Steuerpflichtiger ein Einkommen zu versteuern hat, das tatsächlich einem anderen zugeflossen ist. Soweit für diese einseitige Zurechnung solcher Mehrgewinne beim schädigenden Gesellschafter (als Sonderbetriebseinnahme oder Teil des Gesamthandsgewinns) in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung (, Rz 23 ff. [das betreffende Revisionsverfahren VIII R 47/15 wurde aus dem Verfahrensregister des BFH gelöscht] und des , EFG 2016, 706, Rz 13 ff.) zusätzlich verlangt wurde, dass feststehen müsse, ob Ersatzansprüche der Gesellschaft oder der Mitgesellschafter bereits im Veranlagungszeitraum des Entstehens des Mehrgewinns uneinbringlich oder wertlos seien, ist der VIII. Senat dem für die Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG entgegen getreten. Die Anwendung dieses Kriteriums würde zur Besteuerung eines den geschädigten Mitgesellschaftern nicht zugeflossenen Einkommens führen, was auch nicht damit zu vereinbaren sei, dass Ersatzansprüche der Gesellschaft und der Mitgesellschafter bei der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG erst im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erfüllung Bedeutung erlangen können.
Zur Gewinnauswirkung von Ersatzansprüchen der Gesellschaft oder der Mitgesellschafter gilt bei der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG, dass die Aktivierung des Anspruchs auf der Gesamthandsebene und die Passivierung einer korrespondierenden Verpflichtung im Sonderbereich des Gesellschafters (SBV II) aufgrund der Art der Gewinnermittlung von vornherein ausgeschlossen sind. Ein Gewinn bei der Gesellschaft und eine Sonderbetriebsausgabe des schädigenden Mitunternehmers kann erst entstehen, wenn der Ersatzanspruch der Mitunternehmerschaft (oder nach deren Beendigung ein Auseinandersetzungsanspruch eines Mitunternehmers) vom Schädiger tatsächlich befriedigt wird (siehe insoweit schon das , BFHE 194, 151, BStBl II 2001, 238, Rz. 25).
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
XAAAJ-27791