BVerwG Urteil v. - 9 A 1/21, 9 A 1/21 (9 A 8/18)

Neubau der A 20 von der A 28 bei Westerstede bis zur A 29 bei Jaderberg

Leitsatz

1. Die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG verstößt nicht gegen Art. 11 UVP-RL.

2. Es ist mit Art. 12 Abs. 1 Buchst. a FFH-RL vereinbar, Maßnahmen, die auf den Schutz von Tieren vor Tötungen oder Verletzungen gerichtet sind, gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG vom Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere auszunehmen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Maßnahmen entsprechend den fachlichen Standards und Sorgfaltspflichten durch qualifiziertes Personal durchgeführt werden. Der Planfeststellungsbeschluss muss hierfür die im Einzelfall erforderlichen Vorkehrungen treffen.

3. Die Grundsätze zur eingriffsrechtlich nur eingeschränkten Zulässigkeit der Inanspruchnahme ökologisch hochwertiger Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen gelten unabhängig davon, ob die Maßnahmen daneben auch eine artenschutzrechtliche Kompensation bezwecken.

Gesetze: § 1 Abs 3 Nr 4 BNatSchG 2009, § 13 S 2 BNatSchG 2009, § 34 BNatSchG 2009, § 44 Abs 1 Nr 1 BNatSchG 2009, § 44 Abs 1 Nr 2 BNatSchG 2009, § 44 Abs 1 Nr 3 BNatSchG 2009, § 44 Abs 5 S 2 Nr 2 BNatSchG 2009, § 44 Abs 5 S 2 Nr 3 BNatSchG 2009, Art 6 Abs 2 EWGRL 43/92, Art 6 Abs 3 EWGRL 43/92, Art 12 Abs 1 Buchst a EWGRL 43/92, § 1 Abs 2 S 2 FStrAbG, Art 19 Abs 4 GG, Art 20a GG, § 6 UmwRG, § 6 Abs 1 UVPG vom , § 9 Abs 1 S 4 UVPG vom , § 9 Abs 1a Nr 5 UVPG vom , § 9 Abs 1b UVPG vom , § 74 Abs 2 Nr 2 UVPG, § 13 Abs 1 S 1 KSG, § 17 Abs 1 S 4 FStrG, § 67 Abs 4 VwGO, § 87b VwGO, § 104 Abs 3 S 2 VwGO, § 73 Abs 4 VwVfG

Tatbestand

1Der Kläger, ein anerkannter Verein nach § 3 UmwRG, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom für den Neubau des ersten Abschnitts der A 20 von der A 28 bei Westerstede bis zur A 29 bei Jaderberg in der Fassung des 1. Änderungsbeschlusses vom sowie des Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsbeschlusses vom .

2Das planfestgestellte Vorhaben ist Teil der in insgesamt sieben Abschnitte gegliederten sogenannten "Küstenautobahn" A 20, die im Westen bei Westerstede an die A 28 anbindet und im Osten an den achten Abschnitt des dort als "Nord-West-Umfahrung Hamburg" bezeichneten weiteren Verlaufs der A 20 anknüpft. Die A 20 ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen zum Fernstraßenausbaugesetz in der Fassung vom (BGBl. I S. 3354) dem vordringlichen Bedarf zugeordnet und gemäß der Verordnung Nr. 1315/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über Leitlinien der Union für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes - TEN-V - Bestandteil des TEN-Gesamtnetzes. Die planfestgestellte 13 km lange Strecke beginnt an der vorhandenen Autobahn A 28 Leer - Oldenburg und endet östlich des geplanten Autobahnkreuzes mit der A 29. Die Trasse verläuft zunächst auf etwa 2 km durch ein Waldstück ("Garnholter Büsche") und sodann durch eine offene Felder- und Wiesenlandschaft. West-nordwestlich des geplanten Autobahndreiecks mit der A 28 grenzt das FFH-Gebiet "Garnholt" an die Trasse und an eine Rastanlage der A 28. Nördlich des planfestgestellten Abschnitts befindet sich der ehemalige Standortübungsplatz Friedrichsfeld, auf dem Ausgleichsmaßnahmen für das Vorhaben durchgeführt werden sollen.

3Die Vorhabenträgerin beantragte im Dezember 2014 die Planfeststellung. Nach Auslegung der Unterlagen ergänzte sie diese u. a. um einen wasserrahmenrechtlichen Fachbeitrag und nahm einzelne Änderungen vor. Nach einer erneuten Auslegung der Planunterlagen und deren Erörterung erließ der Beklagte am den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss. Dieser sieht u. a. vor, auf dem Gelände des Standortübungsplatzes Friedrichsfeld einen Lebensraum für Wiesenbrüter zu schaffen, indem Teile eines (Sumpf-)Waldes beseitigt und dort an anderer Stelle wieder aufgeforstet werden. Darüber hinaus wird an der A 28 in Höhe des FFH-Gebiets der Rastplatz zurückgebaut und auf der Richtungsfahrbahn Oldenburg aus Gründen der Verkehrssicherheit eine Begrenzung der Geschwindigkeit auf 120 km/h ab der Verkehrsfreigabe des planfestgestellten Abschnitts angeordnet.

4Mit seiner am erhobenen Klage rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Er macht u. a. geltend, die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets würden durch zu hohe Stickstoffeinträge beeinträchtigt. Das vorgesehene Umsetzen von Fledermäusen und Amphibien verstoße gegen das artenschutzrechtliche Fangverbot. Die auf dem Standortübungsplatz auf hochwertigen, nicht mehr aufwertungsfähigen Flächen vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen seien unzulässig und fachlich nicht geeignet; die damit verbundenen Eingriffe würden zudem ihrerseits nicht hinreichend ausgeglichen. Für den planfestgestellten Abschnitt bestehe kein Verkehrsbedarf. Auswirkungen auf den Klimawandel seien nicht berücksichtigt worden. In wasserrechtlicher Hinsicht seien u. a. die Verfahren zur Regenwasserbehandlung nicht hinreichend bestimmt geregelt.

5Auf Antrag des Beklagten hat der Senat das Verfahren mit Beschluss vom (Az. BVerwG 9 A 8.18) zur Durchführung eines ergänzenden Verwaltungsverfahrens ausgesetzt, mit dem der Beklagte einen von ihm erkannten Verfahrensfehler bezüglich der Straßenentwässerung beheben wollte. Der darauf ergangene Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsbeschluss vom regelt neben dem Einbau von Retentionsbodenfilteranlagen u. a. eine spätere Entsiegelung von Flächen auf dem Standortübungsplatz. Auf der Grundlage einer aktualisierten Stickstoffdepositionsberechnung, der zufolge das Abschneidekriterium von 0,3 kg/ha/a weiterhin nicht überschritten wird, und der entsprechend angepassten Verträglichkeitsprüfung wird darüber hinaus die Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Richtungsfahrbahn Oldenburg ab der Verkehrsfreigabe des planfestgestellten Abschnitts auch aus habitatschutzrechtlichen Gründen angeordnet und die Höchstgeschwindigkeit auf beiden Richtungsfahrbahnen ab der Verkehrsfreigabe des gesamten weiteren Verlaufs der A 20 bis Bad Segeberg aus Gründen der Verkehrssicherheit auf 120 km/h beschränkt.

6Der Kläger hat in seiner ergänzenden Klagebegründung sein Vorbringen u. a. bzgl. der Berechnung der Stickstoffbelastung sowie der Berücksichtigung des globalen Klimas vertieft und erweitert.

7Der Kläger beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom für den Neubau der A 20 von Westerstede bis Drochtersen, Abschnitt 1 von der A 28 bei Westerstede bis zur A 29 bei Jaderberg, in der Fassung des 1. Änderungsbeschlusses vom und des Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsbeschlusses vom und die wasserrechtliche Erlaubnis aufzuheben, hilfsweise für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.

8Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Klage abzuweisen.

9Sie verteidigen den Planfeststellungsbeschluss und treten dem Vorbringen des Klägers im Einzelnen entgegen.

Gründe

10Die Klage ist teilweise begründet. Das Vorbringen des Klägers führt, soweit es innerhalb der Klagebegründungsfrist erhoben wurde (A.), auf keine formelle (B.), jedoch auf eine teilweise materielle Rechtswidrigkeit (C.) des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses.

11A. Der gerichtlichen Überprüfung sind (nur) diejenigen Einwände zugrunde zu legen, die unter Beachtung der Frist des § 6 UmwRG i. d. F. der Bekanntmachung vom (BGBl. I S. 3290) substantiiert vorgebracht wurden (zur im Zeitpunkt der Klageerhebung vorrangigen Anwendbarkeit des § 6 UmwRG gegenüber fachgesetzlichen Klagebegründungsfristen vgl. 9 A 8.17 - BVerwGE 163, 380 Rn. 14).

12I. Gemäß § 6 UmwRG i. V. m. § 67 Abs. 4 VwGO hat der Kläger innerhalb der Begründungsfrist fundiert die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen zu benennen und den Prozessstoff dergestalt substantiiert darzulegen, dass für das Gericht und die übrigen Beteiligten klar und unverwechselbar feststeht, unter welchen tatsächlichen Gesichtspunkten eine behördliche Entscheidung angegriffen wird. Beweismittel für einen späteren förmlichen Beweisantrag sind innerhalb der Klagebegründungsfrist bereits anzugeben. Damit einher geht die Pflicht des Klägerbevollmächtigten zur Sichtung und rechtlichen Einordnung der Tatsachen, auf welche die Klage gestützt werden soll. Eine nur stichwortartige Benennung oder Zusammenfassung von Kritikpunkten beigefügter Gutachten oder deren bloße wörtliche Wiedergabe erfüllt diese Anforderungen nicht. Der Kläger muss sich zudem mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss auseinandersetzen; eine lediglich pauschale Bezugnahme auf im Planfeststellungsverfahren erhobene Einwände oder deren Wiederholung ohne Würdigung des Planfeststellungsbeschlusses genügt ebenso wenig wie ein bloßes Bestreiten tatsächlicher Feststellungen der Planung. Auch muss das Klagevorbringen aus sich heraus ohne Weiteres verständlich sein. Denn es ist nicht Aufgabe des Gerichts, aus den eingereichten Schriftsätzen im Wege der Auslegung den Sachvortrag sowie etwaige konkludent gestellte Anträge zu ermitteln oder zu konkretisieren (vgl. 9 A 7.19 - BVerwGE 170, 138 Rn. 14 ff. m. w. N.).

13II. Die von dem Kläger hiergegen vorgebrachten Einwände hat der Senat mit ausführlicher Begründung bereits in seinem Urteil vom - 9 A 7.19 - (BVerwGE 163, 380 Rn. 18 ff.) zurückgewiesen und eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union abgelehnt. Der Senat sieht keinen Anlass, von seiner gefestigten Rechtsprechung abzuweichen.

141. Die Kritik des Klägers, es sei einem Prozessbevollmächtigten nicht möglich, den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss innerhalb der Begründungsfrist unter Zuhilfenahme gutachterlichen Sachverstands umfassend zu prüfen und Einwände substantiiert zu formulieren, lässt die aus der Komplexität von Infrastrukturgroßvorhaben auch für dagegen gerichtete Klageverfahren folgenden besonderen Umstände unberücksichtigt, denen der Gesetzgeber zur Aufrechterhaltung eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung tragen musste. Die Kritik wird zudem durch die gegenteiligen Erfahrungen des Senats in anderen Verfahren widerlegt. Sie blendet des Weiteren aus, dass zum einen die rechtzeitige Fixierung des Prozessstoffs erforderlich ist, um in regelmäßig sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht hochkomplexen und umfangreichen planungsrechtlichen Streitigkeiten ein ordnungsgemäßes gerichtliches Verfahren überhaupt zu ermöglichen, und dass zum anderen die umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung garantiert, dass Einwendungsberechtigte das Planungs- und Genehmigungsverfahren über einen mehrjährigen Zeitraum begleiten und sich mit dessen Fragen frühzeitig vertraut machen können (vgl. 9 A 7.19 - BVerwGE 163, 380 Rn. 25, 27).

152. Es entspricht des Weiteren der ständigen Rechtsprechung, dass eine pauschale Bezugnahme auf beigefügte Stellungnahmen Dritter mit dem Zweck des Vertretungszwangs, eine geordnete und konzentrierte Verfahrensführung der Beteiligten zu gewährleisten (vgl. - BVerfGE 74, 78 <93>), nicht zu vereinbaren ist. Dies gilt auch für die Ausführungen von Sachverständigen. Parteigutachten dienen der Substantiierung des Klagevorbringens, ersetzen dieses jedoch nicht. Sie verhalten sich zu tatsächlichen Sachverhalten, denen erst dadurch Bedeutung für das gerichtliche Verfahren zukommt, dass aus ihnen rechtliche Schlussfolgerungen zu ziehen sind. Deshalb sowie aufgrund des regelmäßig erheblichen Umfangs und der auch qualitativ großen Bandbreite der Gutachten muss der Prozessbevollmächtigte eine eigene Prüfung, Sichtung und Durchdringung der Ausführungen vornehmen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 6 C 57.63 - BVerwGE 22, 38 <39> und vom - 8 B 58.12 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 74 Rn. 16). Deren bloße Beteuerung genügt hierfür ebenso wenig wie der einfache Verweis auf beigefügte Stellungnahmen, deren stichwortartige Zusammenfassung oder wörtliche Wiedergabe. Die strengen Anforderungen des Vertretungszwangs (vgl. 6 C 5.59 - VerwRspr 14, 292 <insoweit in Buchholz 231 § 32 DBG Nr. 2 nicht abgedruckt>; Beschluss vom - 6 C 57.63 - BVerwGE 22, 38 <39>) werden im Übrigen nicht dadurch verringert, dass daneben auch eine Klagebegründungsfrist gilt. Beide Anforderungen bestehen vielmehr nebeneinander.

163. Die klägerische Kritik läuft letztlich darauf hinaus, die Prozessordnung müsse es ohne zeitliche Begrenzung in das Belieben des Klägers stellen, in welchem Umfang und unter Einsatz welcher Ressourcen er einen Planfeststellungsbeschluss angreift. Danach soll es letztlich auch einem Einzelanwalt, der erst im Klageverfahren oder kurz davor mandatiert wurde, möglich sein, einen Planfeststellungsbeschluss unter allen denkbaren tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten einer gerichtlichen Überprüfung zuzuführen.

17Dies würde jedoch dazu führen, dass Klageverfahren gegen große Infrastrukturvorhaben nicht mehr handhabbar wären. Nur wenn der Streitstoff frühzeitig feststeht, können sich die Beteiligten und das Gericht ausreichend hiermit befassen und ist gewährleistet, dass eine zeitnahe Entscheidung nicht durch fortlaufend neuen Vortrag verhindert wird ( 9 A 7.19 - BVerwGE 170, 138 Rn. 25). Auch dann, wenn der Prozessstoff zu Beginn des Verfahrens dergestalt fixiert wird, dass sich das Gericht und die Beteiligten nachfolgend hierauf konzentrieren können, bindet er diese über Monate, zumal er bis zur mündlichen Verhandlung fortlaufend wechselseitig vervollständigt und vertieft wird. Gerade das vorliegende Verfahren, in welchem Streitpunkte noch in der mündlichen Verhandlung dergestalt ergänzt wurden, dass sie erst danach abschließend geklärt werden konnten, verdeutlicht, welche zeitliche Dimension Klagen gegen Infrastrukturgroßvorhaben selbst bei Beachtung der aus § 6 UmwRG und § 67 Abs. 4 VwGO folgenden Anforderungen noch haben. Ein Verzicht auf eine zeitliche und den Anforderungen eines Anwaltsprozesses genügende Fixierung des Prozessstoffs, mithin auf eine konzentrierte Verfahrensführung, findet daher im Gebot eines effektiven, d. h. (auch) zeitnahen Rechtsschutzes des Art. 19 Abs. 4 GG keine Grundlage (den Zusammenhang zwischen Anwaltszwang und effektivem Rechtsschutz betonend auch Schenke, in: BK, Art. 19 Abs. 4 Rn. 294). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, inwieweit die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG überhaupt auf Umweltverbände Anwendung findet (vgl. - NVwZ 2018, 1466 Rn. 3; BVerwG, Beschlüsse vom - 9 A 12.17 - DVBl 2018, 585 Rn. 11 und vom - 4 VR 2.20 - Buchholz 451.17 § 43e EnWG Nr. 5 Rn. 33).

18Etwas Anderes folgt auch nicht aus Art. 47 Abs. 2 GRCh, der von einem Gericht ausdrücklich fordert, eine Sache innerhalb angemessener Frist zu verhandeln (und zu entscheiden). Darüber hinaus verlangt - entgegen der Ansicht des Klägers - auch der Gerichtshof der Europäischen Union, dass sich das wesentliche tatsächliche und rechtliche Vorbringen zusammenhängend und verständlich aus der Klageschrift selbst ergibt, und lässt pauschale Bezugnahmen auf beigefügte Anlagen nicht genügen (vgl. [ECLI:EU:C:2015:184] - juris Rn. 50 m. w. N.; s. a. Generalanwältin Kokott, Schlussanträge vom - C-286/13 [ECLI:EU:C:2014:2437] - juris Rn. 89).

19Vor diesem Hintergrund besteht für die vom Kläger angeregten Vorlagen an den Gerichtshof der Europäischen Union und das Bundesverfassungsgericht kein Raum.

20B. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem der geltend gemachten formellen Fehler.

21I. Die Öffentlichkeitsbeteiligung im ursprünglichen Planfeststellungsverfahren war rechtmäßig.

221. Die Bekanntmachung des Planfeststellungsverfahrens am verstieß nicht wegen einer unzureichenden Bezeichnung der ausgelegten Unterlagen gegen § 74 Abs. 2 Nr. 2 UVPG i. V. m. § 9 Abs. 1a Nr. 5 UVPG in der bis zum geltenden Fassung vom - UVPG a. F. Die Vorschrift erfordert keine vollständige Auflistung aller vom Vorhabenträger vorgelegten Unterlagen, sondern lässt einen aussagekräftigen Überblick genügen (vgl. 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 21 und vom - 9 A 5.20 - BVerwGE 170, 378 Rn. 20). Der in der vorgenannten Bekanntmachung enthaltene Hinweis auf die Auslegung der landschaftspflegerischen Begleitplanung sowie von immissions-, boden-, wasser- und verkehrstechnischen Untersuchungen bildet das Spektrum möglicher umweltrelevanter Beeinträchtigungen und deren Untersuchung ab. Die erforderliche Anstoßfunktion ist damit noch gewahrt. Einer darüber hinausgehenden detaillierten Beschreibung der Einzelheiten des Vorhabens bedurfte es daher nicht.

232. Die fehlende Auslegung einzelner Unterlagen führt auf keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses.

24Das Chloridgutachten aus dem Jahr 2015 musste nicht ausgelegt werden. Die Auslegung nach § 9 Abs. 1b UVPG a. F. und § 17a FStrG i. V. m. § 73 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1 VwVfG muss nicht alle Unterlagen umfassen, die möglicherweise zur vollständigen Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Planung erforderlich sind. Sie kann sich vielmehr auf die Unterlagen beschränken, deren der Einzelne bedarf, um als Laie den Grad seiner Beeinträchtigung abschätzen und sich das Interesse, Einwendungen zu erheben, bewusst machen zu können. Ob dazu auch Gutachten gehören, beurteilt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalles. Jedenfalls dann, wenn sie ausgelegte Planunterlagen lediglich ergänzen, müssen sie nicht mit ausgelegt werden (stRspr, vgl. 9 A 19.19 - BVerwGE 169, 94 Rn. 18). Da der wesentliche Inhalt des Chloridgutachtens im ausgelegten wasserrechtlichen Fachbeitrag wiedergegeben wird, bedurfte es danach nicht dessen gesonderter Auslegung. Der Kläger geht fehl in der Annahme, gegenüber Umweltverbänden bestehe eine umfassendere Auslegungspflicht; das Gesetz differenziert insoweit nicht zwischen Individualbetroffenen und Vereinigungen.

25Darüber hinaus bestand weder nach § 73 Abs. 8 VwVfG noch nach § 9 Abs. 1 Satz 4 UVPG a. F. eine Pflicht zu einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung wegen der nachträglichen Änderung der FFH-Verträglichkeitsprüfung, der Berechnung der Stickstoffdeposition sowie der luftschadstofftechnischen Untersuchung im Jahr 2017. Die genannten Dokumente aktualisieren lediglich bereits ausgelegte Unterlagen und bestätigen deren Ergebnis. Sie berühren daher weder erstmals oder stärker als bisher den Aufgabenbereich des Klägers noch wird darin eine nach Gegenstand, Systematik und Ermittlungstiefe neue oder über die bisherigen Untersuchungen wesentlich hinausgehende Prüfung der Umweltbetroffenheiten vorgenommen (vgl. 9 A 12.19 - juris Rn. 76 <insoweit in BVerwGE 170, 33 nicht abgedruckt>).

26Es bedurfte des Weiteren keiner Auslegung der im Raumordnungsverfahren durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die entscheidungserheblichen Unterlagen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens i. S. d. § 6 Abs. 1 Satz 1 UVPG a. F. nicht in einer bestimmten Form vorgelegt und insbesondere nicht in einem gesonderten Dokument erfasst werden müssen; es besteht daher auch keine Pflicht, eine in einem vorgelagerten Verwaltungsverfahren angefertigte Umweltverträglichkeitsstudie zum Gegenstand der Öffentlichkeitsbeteiligung zu machen (vgl. 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <144>). Der ausgelegte Erläuterungsbericht geht ausführlich auf den Variantenvergleich einschließlich der Auswahlkriterien im Raumordnungs-/Linienbestimmungsverfahren ein. Ebenfalls ausgelegt wurden die Dokumentation der Trassenentscheidung West 2/West 3 sowie die Untersuchung über die Ausbaumöglichkeiten im westlichen Streckenabschnitt als Alternative zur geplanten A 20 (Null Plus-Variante). Damit ist den Anforderungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 UVPG a. F. genügt.

27Schließlich rügt der Kläger zu Unrecht die fehlende Auslegung der Rohdaten artenschutzrechtlicher Erfassungen als Verfahrensfehler (vgl. ergänzende Klagebegründung vom , S. 57). Die Methoden der faunistischen Kartierung sind im ausgelegten floristischen und faunistischen Gutachten beschrieben (Unterlage 19.2.1 S. 7 ff.). Die erforderliche Anstoßwirkung war damit erzielt. Soweit sich der Kläger für seine gegenteilige Ansicht auf Passagen in Urteilen des OVG Lüneburg, Urteil vom - 7 KS 27/15 - (juris Rn. 298) sowie des .AK - (juris Rn. 454 ff.) beruft, verkennt er, dass diese nicht die Auslegung und somit die formelle, sondern - wie auch das 3 A 4.15 - (BVerwGE 160, 263 Rn. 46) - unter dem Gesichtspunkt der ordnungsgemäßen Bestandserfassung die materielle Rechtmäßigkeit der Planfeststellung betreffen. Im Übrigen verneinen beide Entscheidungen eine Pflicht zur Vorlage sogenannter Rohdaten und lassen methodische Angaben zur Bestandserfassung einschließlich der Häufigkeit, der Jahreszeit und der Örtlichkeit als Dokumentation einer sachgerechten Bearbeitung genügen.

283. Die Rüge des Klägers, die kurze Beteiligungsfrist im Bekanntmachungstext vom verbunden mit dem Einwendungsausschluss verstoße gegen europarechtliche Vorgaben, ist unbegründet. Die Präklusionsregelung des § 73 Abs. 4 VwVfG entfaltet vorliegend keine materielle Ausschlusswirkung; der Hinweis auf die im Verwaltungsverfahren fortgeltende formelle Präklusion ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Planfeststellungsbehörde ist bei der Entscheidung über ein Vorhaben, für das eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann, ungeachtet § 73 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwVfG gehalten, abwägungsbeachtliche Gesichtspunkte auch dann zu berücksichtigen, wenn sie ihr erst nach Ablauf der Einwendungsfrist bekannt werden. Denn die vorgenannte Präklusionsregelung darf in einem nachfolgenden Rechtsbehelfsverfahren gegen eine solche Entscheidung nicht angewendet werden (vgl. [ECLI:EU:C:2015:683] - Rn. 75 ff.) und entfaltet folglich keine materielle Ausschlusswirkung (vgl. 9 A 14.16 - BVerwGE 160, 78 Rn. 14). Dem entsprechend hat die Planfeststellungsbehörde vorliegend auch für das Planfeststellungsverfahren präkludierte Einwendungen bei ihrer Entscheidungsfindung berücksichtigt (vgl. PFB S. 29).

294. Der räumliche Umgriff der Auslegung in den Jahren 2015 und 2017 begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

30Gemäß § 73 Abs. 2 VwVfG ist der Plan in den Gemeinden auszulegen, in denen sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird. Der Bestimmung des Auslegungsortes zugrunde zu legen sind solche Auswirkungen, die eine planerische Konfliktbewältigung gerade im anstehenden Planfeststellungsverfahren erforderlich machen. Dies können bei linienförmigen Vorhaben wie dem Ausbau eines Verkehrsweges auch hierauf zurückzuführende Steigerungen des Verkehrs auf nachfolgenden Streckenabschnitten sein. Eine solche Feststellung ist beim engmaschigen Straßennetz mit seinen sich vielfältig aufspaltenden Verkehrsströmen indes auf einen engeren Bereich beschränkt. Bei einem in mehrere Planungsabschnitte unterteilten Gesamtvorhaben gilt darüber hinaus der Grundsatz der abschnittsbezogenen Auslegung mit der Folge, dass diese grundsätzlich auf den unmittelbaren Einwirkungsbereich des Vorhabens beschränkt werden kann, sofern nicht das Gesamtvorhaben mit dem nunmehr geplanten Abschnitt endet oder ungeachtet einer vorgesehenen Anschlussplanung der Verweis auf die Möglichkeit der dortigen Konfliktbewältigung wegen der zeitlichen Verhältnisse unzureichend ist (vgl. 7 A 28.12 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 71 Rn. 20 ff., vom - 9 A 9.15 - juris Rn. 15 <insoweit in BVerwGE 155, 91 nicht abgedruckt> und vom - 9 A 18.15 - Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 68 Rn. 16). Danach bedurfte es keiner Auslegung in den vom Kläger benannten Orten. Die Klagebegründung setzt sich weder mit der vorgenannten Rechtsprechung auseinander noch benennt sie für die einzelnen Orte Auswirkungen, die eine Auslegung auch dort erforderlich gemacht hätten, sondern verweist lediglich pauschal auf eine nicht nur geringfügige Lärmerhöhung durch eine Verkehrszunahme.

31II. Die Kritik des Klägers an der vor Erlass des Planänderungs- und -ergänzungsbeschlusses vom durchgeführten Öffentlichkeitsbeteiligung ist gleichfalls unbegründet.

321. Einer Auslegung in der Gemeinde Jade bedurfte es nicht. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass die bloße Belegenheit der Gemeinde im Einzugsgebiet des Grundwasserkörpers "Lockergestein Jade links" keine abwägungserhebliche Betroffenheit auslöst, welche gemäß § 73 Abs. 2 VwVfG eine Auslegung erfordert.

332. Darüber hinaus musste der hydrogeologische Fachbeitrag nicht erneut ausgelegt werden. Dieser war bereits Gegenstand der ursprünglichen Auslegung, konnte weiterhin online abgerufen werden und war für das Verständnis des im Planänderungs- und -ergänzungsverfahren überarbeiteten wasserrechtlichen Fachbeitrags nicht erforderlich. Entsprechendes gilt bezüglich der Änderung der Maßnahme 12 A für die Maßnahmenblätter 201 VCEF und 202 VCEF, zumal deren wesentlicher Inhalt in den Maßnahmenblättern in der Fassung der 2. Planänderung (Unterlage 09.4 D) wiedergegeben wird.

34Schließlich musste der Beklagte auch nicht die im wasserrechtlichen Fachbeitrag zitierte "Immissionsbezogene Bewertung der Einleitung von Straßenabflüssen" (2018) des Büros ifs zum Gegenstand der Öffentlichkeitsbeteiligung machen. Der Kläger beruft sich insoweit zu Unrecht auf Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union, Urteil vom - C-535/18 - (DVBl 2020, 1135 Rn. 76, 80 ff.) und des Senats ( 9 A 5.20 - BVerwGE 170, 378 Rn. 35 und vom - 9 A 8.20 - Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 80 Rn. 23). Danach muss die Öffentlichkeit anhand der ihr zugänglich gemachten Unterlagen einen Überblick über die (wasserrechtlichen) Auswirkungen des Vorhabens erhalten können. Gutachten, die lediglich Detailfragen betreffen oder auf die in anderen, ihrerseits ausgelegten Gutachten Bezug genommen wird, sind hingegen nicht auszulegen, es sei denn, ohne ihre Kenntnis wären Auswirkungen nicht hinreichend erkennbar (vgl. 9 C 1.17 - BVerwGE 161, 180 Rn. 31). Dass die ausgelegten Unterlagen diesen Anforderungen ohne Kenntnis der vorgenannten Bewertung nicht genügten, ist nicht ersichtlich und wird auch vom Kläger nicht dargelegt. Darüber hinaus handelt es sich bei der vermissten Unterlage um kein vorhabenbezogenes Gutachten, sondern um eine hiervon unabhängige Stellungnahme dazu, ob die damalige Praxis der Straßenentwässerung mit der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie vereinbar war. Eine vorhabenbezogene immissionsbezogene Bewertung der Einleitung von Straßenabflüssen ist dem wasserrechtlichen Fachbeitrag als Anlage beigefügt und war Gegenstand der Auslegung.

353. Soweit der Kläger darüber hinaus Einzelheiten der Einsichtnahme sowie den Umstand rügt, in der Bekanntmachung sei lediglich um eine telefonische Vereinbarung gebeten und diese nicht als verpflichtend bezeichnet worden, liegen darin keine Erschwernisse, welche geeignet sind, die Öffentlichkeitsbeteiligung zu beeinflussen (vgl. zur Notwendigkeit einer telefonischen Terminvereinbarung 4 C 16.07 - BVerwGE 133, 98 Rn. 35; Beschluss vom - 4 BN 28.13 - ZfBR 2013, 580 Rn. 7). Diese orientiert sich am Bild des mündigen Bürgers, der gegebenenfalls vor Ort darauf hinwirken kann, dass etwaige Beeinträchtigungen behoben werden (vgl. 9 A 18.15 - juris Rn. 18 <insoweit in BVerwGE 156, 215 nicht abgedruckt>). Die beanstandete Notwendigkeit des Herunterladens von Einzeldateien lässt von vornherein keine unzumutbare Erschwernis der Öffentlichkeitsbeteiligung erkennen.

36III. Der Planfeststellungsbeschluss ist schließlich nicht wegen eines Widerspruchs zum Gesehenvermerk des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) vom formell rechtswidrig.

37In dem Vermerk werden Kompensationsmaßnahmen auf dem Standortübungsplatz Friedrichsfeld abgelehnt, die ihrerseits mit neuen erheblichen Beeinträchtigungen auf vorhandene wertvolle Lebensräume und Arten verbunden sind und infolgedessen einen weiteren Kompensationsbedarf sowie einen unverhältnismäßig hohen Herstellungsaufwand hervorrufen. Der Einwand des Klägers, die nunmehr dort vorgesehenen Maßnahmen widersprächen dieser Maßgabe, führt nicht auf eine Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses.

38Allerdings liegt der Erteilung des Vermerks entgegen den Ausführungen des Beklagten nicht nur eine haushaltsrechtliche Prüfung zugrunde. Vielmehr erstreckt sich die Beurteilung und Bewertung des Ministeriums auch auf die Übereinstimmung mit den verkehrspolitischen und sonstigen Zielsetzungen des Bundes sowie den planerischen Vorgaben und auf die Beachtung gesetzlicher Vorschriften. Falls danach aus Sicht des BMVBS Änderungen erforderlich sind, werden diese im Rahmen seiner Aufsicht als Maßgaben oder Vorbehalt zu dem Gesehenvermerk formuliert (vgl. Nr. 1.2, 2.2.2 der Richtlinien zum Planungsprozess und für die einheitliche Gestaltung von Entwurfsunterlagen im Straßenbau <RE 2012>; Witting, in: Müller/Schulz, FStrG, 2. Aufl. 2013, Vor § 1 Rn. 32). Soweit sich bei der Weiterentwicklung des Entwurfs wesentliche Abweichungen gegenüber den Festlegungen des Gesehenvermerks ergeben, ist die erneute Zustimmung des BMVBS einzuholen (vgl. Nr. 2.1.5 RE 2012). Handelt es sich danach bei dem Vermerk zwar einerseits um eine bundeshaushaltsrechtlich erforderliche Zustimmung (VGH Mannheim, Urteil vom - 5 S 2149/97 - NVwZ 2000, 1304 <1305 f.>) sowie andererseits um eine über haushaltsrechtliche Fragen hinausgehende Kontrolle, so erstreckt Letztere sich gleichwohl nur auf die grundsätzliche technische Machbarkeit und rechtliche Durchführbarkeit (Nr. 1.2 RE 2012) und überlässt die Planung - einschließlich ihrer rechtlichen Bewertung - im Einzelnen der Länderverwaltung (Nr. 2.2.2 RE 2012). Es handelt sich danach um lediglich interne Vorgaben ohne Außenwirkung, deren rechtliche Stellung noch hinter derjenigen der Linienbestimmung zurückbleibt (vgl. Witting, in: Müller/Schulz, FStrG, 2. Aufl. 2013, Vor § 1 Rn. 32).

39Darüber hinaus hat das Ministerium mit Schreiben vom den Gesehenvermerk auf die Kostenfortschreibung vom erteilt, in der die Maßnahmen auf dem Friedrichsfeld berücksichtigt und eingerechnet waren, sowie mit weiterem Schreiben vom klargestellt, dass es diesen damit zugestimmt hat.

40C. Der Planfeststellungsbeschluss ist insoweit materiell rechtswidrig, als er eine Beeinträchtigung des FFH-Gebiets "Garnholt" nicht mit der erforderlichen Gewissheit ausschließt. Die weiteren vom Kläger erhobenen materiell-rechtlichen Einwände sind hingegen unbegründet.

41I. Die Planrechtfertigung ist für das im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen zum Fernstraßenausbaugesetz in der Fassung vom (BGBl. I S. 3354) - FStrAbG - dem vordringlichen Bedarf zugeordnete Vorhaben gegeben.

421. Die nach § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG für die Planfeststellung und das gerichtliche Verfahren verbindliche Feststellung des Gesetzgebers, dass ein Verkehrsbedarf besteht, schließt das Vorbringen, für den planfestgestellten Autobahnabschnitt bestehe kein Verkehrsbedarf, grundsätzlich aus (stRspr, vgl. 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 114).

43Die Bedarfsfeststellung gilt entgegen der Annahme des Klägers nicht nur für die A 20 insgesamt, sondern auch für deren einzelne Abschnitte; einer rechtlichen Verklammerung mit weiteren Abschnitten bedarf es daher nicht. Anhaltspunkte, dass die Feststellung des Bedarfs verfassungswidrig sein könnte, bestehen nicht. Das wäre nur der Fall, wenn sie evident unsachlich wäre, weil es für das Vorhaben im Hinblick auf die bestehende oder künftig zu erwartende Verkehrsbelastung oder auf die verkehrliche Erschließung eines zu entwickelnden Raums an jeglicher Notwendigkeit fehlte. Die Bedarfsfeststellung kann darüber hinaus auch dann verfassungswidrig werden, wenn sich die Verhältnisse seit der Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers so grundlegend gewandelt haben, dass das angestrebte Planungsziel unter keinen Umständen auch nur annähernd erreicht werden kann (stRspr, vgl. 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 114).

44Insoweit zielt die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung auch darauf ab, das straßenrechtliche Planfeststellungsverfahren und einen anschließenden Verwaltungsprozess von einem Gutachterstreit über die "richtigere" Verkehrsprognose zu entlasten. Dieser Zweck schließt es aus, den Abwägungsvorgang, den der Gesetzgeber auf dieser Stufe vollzogen hat, unter dem Blickwinkel fachlich zu überprüfen, ob eine andere Verkehrsprognose vorzugswürdig sein könnte. Entscheidend ist allein, ob das Ergebnis der Normsetzung den anzulegenden verfassungsrechtlichen Maßstäben genügt (stRspr, vgl. 9 A 9.15 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 241 Rn. 55 und vom - 9 A 7.19 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 95 Rn. 111 <insoweit in BVerwGE 170, 138 nicht abgedruckt>). Dies ist, wie der Senat wiederholt festgestellt hat, hinsichtlich der A 20 der Fall (vgl. 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 26, vom - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 54 und vom - 9 A 18.15 - BVerwGE 156, 215 Rn. 48). Dementsprechend hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sich die Kritik an der Verkehrsprognose auf die aus seiner Sicht erforderliche gebietsschutzrechtliche Abweichungsprüfung bezieht.

45Darüber hinaus hat der Kläger weder die Verfassungswidrigkeit der Bedarfsfeststellung dargelegt noch sind Anhaltspunkte hierfür ersichtlich. Er kritisiert im Wesentlichen die Ordnungsgemäßheit und Nachvollziehbarkeit der Bedarfsprognose, ohne dass ersichtlich ist, dass die angestrebten Planungsziele - die Schaffung einer durchgängigen Verbindung u. a. zwischen Skandinavien und den Benelux-Staaten, eine Entlastung der A 1 sowie der Abbau von Engpässen in den Ballungszentren Bremen/Bremerhaven und Hamburg - in einem Maße nicht (mehr) erreicht werden können, dass hieraus die Verfassungswidrigkeit folgt.

462. Zu Unrecht rügt der Kläger unter Verweis auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom - C-182/10 [ECLI:EU:C:2012:82] - (NVwZ 2012, 617 Rn. 29 ff.), die Bindungswirkung des Bedarfsplans sei mit den unionsrechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Überprüfungsbefugnis von Umweltvereinigungen gemäß Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (im Folgenden: UVP-RL) nicht vereinbar. Das genannte Urteil lässt keine dahingehenden Rückschlüsse zu; es betrifft in der vom Kläger in Bezug genommenen Passage die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Richtlinie gemäß deren Art. 1 Abs. 5 nicht für Projekte gilt, die im Einzelnen durch einen besonderen einzelstaatlichen Gesetzgebungsakt genehmigt werden.

47Auch sonst bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit von § 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG mit Art. 11 UVP-RL. Die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung schließt eine gerichtliche Kontrolle nicht gänzlich aus. So ist das Gesetz von den Gerichten daraufhin zu überprüfen, ob die Feststellung des Bedarfs evident unsachlich ist. Bei der gesamtstaatlichen Bundesverkehrswegeplanung handelt es sich im Übrigen um eine verkehrspolitische Leitentscheidung auf einer der individuellen Betroffenheit weit vorgelagerten Ebene. Diese findet durch die Aufnahme der A 20 in das TEN-Gesamtnetz mit der Verordnung (EU) Nr. 1315/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über Leitlinien der Union für den Aufbau eines transeuropäischen Verkehrsnetzes und zur Aufhebung des Beschlusses Nr. 661/2010/EU (ABl. L 348 vom , S. 1) auch europarechtlich ihre Anerkennung (vgl. 4 A 12.99 - NVwZ 2001, 1160 <1161>). Bei derart übergreifenden, von vielen politischen und wirtschaftlichen Faktoren bestimmten und auf lange Frist ausgerichteten Entscheidungen mit notwendig hohem prognostischem Gehalt stößt die gerichtliche Kontrolle unabhängig von der Rechtsform der Entscheidung an ihre Funktionsgrenzen ( - NVwZ 1998, 1060 <1061>). Darüber hinaus lässt die gesetzliche Bedarfsfeststellung die Geltung der weiteren (umwelt-)rechtlichen Vorschriften einschließlich der UVP-Pflicht und des sonstigen Unionsrechts unberührt und entbindet die Planfeststellungsbehörde nicht von der Prüfung und Abwägung entgegenstehender Belange (vgl. 4 A 7.97 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 137 S. 244 und vom - 9 A 13.18 - BVerwGE 166, 132 Rn. 57 ff.). Dementsprechend hat die Europäische Kommission ihre zunächst mit Schreiben vom geäußerten Bedenken an der gesetzlichen Bedarfsfeststellung in ihrer abschließenden Stellungnahme vom nicht aufrechterhalten, nachdem die Bundesregierung in ihrer Mitteilung vom darauf hingewiesen hatte, dass der Bedarfsplan nur den Verkehrsbedarf regelt, nicht aber das Vorhaben selbst verbindlich feststellt.

48II. Das planfestgestellte Vorhaben verstößt teilweise gegen Vorgaben des Gebietsschutzes.

491. Soweit der Kläger eine fehlerhafte Abgrenzung des FFH-Gebiets "Garnholt" rügt, beschränkt sich sein Vortrag innerhalb der Klagebegründungsfrist auf eine kurze Zusammenfassung des Gutachtens des Sachverständigen Dr. S. vom , auf welches der Kläger im Übrigen verweist. Dies genügt, wie vorstehend dargelegt, den Anforderungen an die Klagebegründung nicht.

50Die zur Gebietsabgrenzung gestellten Beweisanträge Nr. 1 bis 3 waren danach mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen. Einer Beweiserhebung darüber, dass die Grenzen des FFH-Gebiets "Garnholt" Flächen der LRT 9160 und 91E0* durchschneiden (Beweisantrag Nr. 1), bedarf es zudem deshalb nicht, weil dies als wahr unterstellt werden kann. Soweit der Kläger unter Beweis stellt (Beweisantrag Nr. 2), dass fachlich kein Grund ersichtlich ist, außerhalb des FFH-Gebiets gelegene Lebensraumtypen (LRT) gleicher Qualität nicht in die Gebietsmeldung einzubeziehen, betrifft der Antrag im Übrigen keine aufklärungsfähige Tatsachenbehauptung, sondern zielt darauf ab, die Beurteilung der für die Gebietsmeldung zuständigen Stelle durch die Einschätzung eines Gutachters zu ersetzen; dies ist einem Beweis nicht zugänglich (vgl. 9 A 2.18 - Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 75 Rn. 62 <insoweit in BVerwGE 166, 1 nicht abgedruckt>).

51Aufgrund der unzureichenden Substantiierung des Klagevorbringens und der daraus folgenden fehlenden Entscheidungserheblichkeit war das Verfahren zudem nicht auszusetzen, um dem Gerichtshof der Europäischen Union einzelne Fragen zur Gebietsabgrenzung vorzulegen (Vorlagefragen 10 bis 12).

522. Unter Zugrundelegung der bisher durchgeführten Berechnungen bestehen begründete Zweifel an der Gebietsverträglichkeit des Vorhabens.

53Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BNatSchG ist ein Projekt vor seiner Zulassung auf seine Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen; es darf nur zugelassen werden, wenn es nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen eines solchen Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Maßgebliches Beurteilungskriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinitionen des Art. 1 Buchst. e und i der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 S. 7 - FFH-Richtlinie <FFH-RL>); dieser muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben, ein bestehender schlechter Erhaltungszustand darf jedenfalls nicht weiter verschlechtert werden. Die Verträglichkeitsprüfung ist indes nicht auf ein - wissenschaftlich nicht nachweisbares - "Nullrisiko" auszurichten. Ein Projekt ist vielmehr dann zulässig, wenn nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung unter Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse, d. h. nach Ausschöpfung aller wissenschaftlichen Mittel und Quellen kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden. Die Prüfung darf nicht lückenhaft sein und muss vollständige, präzise und endgültige Feststellungen enthalten. Soweit sich Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge auch bei Ausschöpfung der einschlägigen Erkenntnismittel nicht ausräumen lassen, ist es zulässig, mit Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen zu arbeiten, die kenntlich gemacht und begründet werden müssen. Zugunsten des Projekts dürfen die vom Vorhabenträger geplanten oder von der Planfeststellungsbehörde angeordneten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt werden, sofern sie sicherstellen, dass erhebliche Beeinträchtigungen verhindert werden ( 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 364 m. w. N.).

54Dies zugrunde gelegt, steht nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass das planfestgestellte Vorhaben aufgrund der hierdurch bedingten Verkehrszunahme auf der bestehenden Autobahn A 28 zu keiner Beeinträchtigung des daran angrenzenden FFH-Gebiets "Garnholt" führt. Zwar sind die Einwände des Klägers hinsichtlich der Berücksichtigung charakteristischer Arten (a), der Anwendung des Stickstoffleitfadens (b) und der vermeintlich fehlenden Kongruenz zwischen der erwarteten Verkehrssteigerung und der Erhöhung der Stickstoffeinträge (c) unbegründet. Jedoch beruht die Stickstoffberechnung teilweise auf unzutreffenden Annahmen, sodass beachtliche Zweifel an der Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen verbleiben (d).

55a) Ohne Erfolg rügt der Kläger, Beeinträchtigungen charakteristischer Vogelarten durch Lärm auf einer Fläche von 7,4 ha sowie charakteristischer Insektenarten durch Lichtimmissionen seien nicht untersucht und berücksichtigt worden. Das Vorbringen beschränkt sich innerhalb der Begründungsfrist auf zwei Sätze sowie einen pauschalen Verweis auf ein Gutachten des Sachverständigen Dr. S. und genügt damit nicht den Anforderungen an die Klagebegründung. Darüber hinaus setzt sich auch das genannte Gutachten bezüglich der Auswirkungen der Verkehrszunahme auf die Habitateignung nicht substantiiert mit den Ergebnissen der FFH-Verträglichkeitsprüfung auseinander. Die Beweisanträge Nr. 4 und 7 zu vermeintlichen Auswirkungen auf charakteristische Arten waren daher mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen.

56b) Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht schon deshalb fehlerhaft, weil sich die FFH-Verträglichkeitsprüfung zu den vorhabenbedingten Stickstoffeinträgen auf den Forschungsbericht von Balla u. a. (Untersuchung und Bewertung von straßenverkehrsbedingten Nährstoffeinträgen in empfindliche Biotope, Bericht zum FE-Vorhaben 84.0102/2009 der Bundesanstalt für Straßenwesen, Bd. 1099 der Reihe "Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik", Hrsg. BMVBS, November 2013) und den daraus entwickelten Stickstoffleitfaden Straße (FGSV, Hinweise zur Prüfung von Stickstoffeinträgen in der FFH-Verträglichkeitsprüfung für Straßen - H PSE, 2019) stützt und dem Konzept der sogenannten Critical Loads unter Anwendung des vorhabenbezogenen Abschneidekriteriums von 0,3 kg N/(ha*a) folgt, welches die Grenze der unbedenklichen Immissionen markiert (vgl. 9 A 2.18 - BVerwGE 166, 1 Rn. 63 ff. und vom - 9 A 12.19 - juris Rn. 422 <insoweit in BVerwGE 170, 33 nicht abgedruckt>).

57Der Stickstoffleitfaden, der sich selbst als Fachkonvention bezeichnet, stellt eine Zusammenfassung aktueller wissenschaftlicher Ergebnisse dar und spiegelt auch hinsichtlich des Abschneidekriteriums den aktuell besten Kenntnisstand wider (vgl. 9 A 2.18 - BVerwGE 166, 1 Rn. 64, 69). Dementsprechend stellt der Entwurf der TA Luft ebenfalls auf das Abschneidekriterium ab (vgl. BR-Drs. 767/20 S. 425, 470) und ist dieses nicht auf einen Wert von beispielsweise 0,05 kg N/(ha*a) abzusenken (vgl. 7 C 27.17 - BVerwGE 165, 340 Rn. 30 ff.). Der Kläger macht nicht geltend, dass sich zwischenzeitlich in der Fachwelt ein anderer Erkenntnisstand durchgesetzt hat (vgl. hierzu 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 308), sondern stützt sich lediglich auf die abweichende Ansicht seiner beiden Gutachter. Diesbezüglich legt er auch keine neuen Erkenntnisse dar, sondern beruft sich im Wesentlichen auf Argumente, die Teil des Abstimmungsprozesses zum Stickstoffleitfaden waren, sich dort aber nicht durchgesetzt und folglich im Leitfaden nicht niedergeschlagen haben. Insofern ist zu berücksichtigen, dass dieser die praktische Handhabbarkeit gewährleisten soll. Dies begegnet gleichfalls keinen rechtlichen Bedenken.

58Den Beweisanträgen Nr. 28 bis 34 sowie 36 bis 46 war danach nicht nachzugehen. Sie beziehen sich auf die (vermeintliche) Unzulänglichkeit des vorgenannten Forschungsberichts und des Stickstoffleitfadens, nicht jedoch auf deren konkrete Anwendung im vorliegenden Fall oder auf den Nachweis einer in Fachkreisen und Wissenschaft allgemein anerkannten abweichenden Wertung. Ihnen kommt daher keine Entscheidungserheblichkeit zu.

59Der Anregung, dem Gerichtshof der Europäischen Union bezüglich des Stickstoffleitfadens mehrere Fragen vorzulegen (Vorlagefragen 4 bis 9), folgt der Senat nicht. Die vom Kläger formulierten Fragen zielen darauf ab, ob der Leitfaden die besten wissenschaftlichen Erkenntnisse widerspiegelt; dies ist indes eine Tatsachenfrage, die das Tatgericht beantworten muss (vgl. u. a. [ECLI:EU:C:2018:882] - NuR 2018, 852 Rn. 104).

60c) Zu Unrecht rügt der Kläger die Stickstoffberechnung mit der Begründung als nicht plausibel, die prognostizierte Zunahme der NOX-Belastung um 6 bis 13 % bleibe deutlich hinter der erwarteten Verkehrszunahme von 25 bis 30 % zurück. Der Kläger berechnet die prozentuale Steigerung der NOX-Belastung anhand der Differenz von 32 bis 34 μg/cbm im Prognosenullfall und 34 bis 36 μg/cbm im Planfall ohne Tempolimit; die Steigerung um 2 bis 4 μg/cbm entspricht 6 bis 13 % des Ausgangswertes von 32 μg/cbm. Hierbei verkennt der Kläger jedoch, dass die vorgenannten NOX-Werte auch die Hintergrundbelastung von 27 μg/cbm beinhalten (vgl. Unterlage 22.5D S. 22), der verkehrsbedingte Anteil mithin bei 5 bis 7 μg/cbm liegt; eine Zunahme um 2 μg/cbm bedeutet demnach eine Steigerung von 29 bis 40 %, um 4 μg/cbm sogar von 57 bis 80 %. Ein Anstieg der Belastung um mindestens 29 % steht daher nicht im Widerspruch zu demjenigen der Verkehrszahlen.

61d) Die vorgelegte Stickstoffberechnung schließt gleichwohl eine Beeinträchtigung des FFH-Gebiets "Garnholt" durch den vorhabenbezogenen Mehrverkehr auf der Autobahn A 28 nicht in dem gebotenen Maße aus. Allerdings folgt dies nicht schon daraus, dass dem Büro Lohmeyer bei der dem Planfeststellungsbeschluss zugrundeliegenden Stickstoffberechnung Eingabefehler unterlaufen sind (aa). Auch durfte die Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Richtungsfahrbahn Oldenburg berücksichtigt werden (bb). Sowohl die Ausgangs- als auch die im Nachgang der mündlichen Verhandlung durchgeführte vollständige Neuberechnung beruhen jedoch in einem wesentlichen Punkt auf einer unzutreffenden Annahme, weshalb ihr Ergebnis nicht hinreichend belastbar ist (cc). Da es somit - sofern der Beklagte und die Beigeladene an dem Vorhaben festhalten - einer erneuten Stickstoffberechnung bedarf, kann die Berechtigung weiterer vom Kläger erhobener Einwände dahingestellt bleiben (dd).

62aa) Die unstreitigen Eingabefehler der dem Planfeststellungsbeschluss zugrundeliegenden Berechnung der Stickstoffzusatzbelastung führen allein noch nicht zur Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses.

63Die Berechnung kam zunächst zu dem Ergebnis, dass die Zusatzbelastung mit Stickstoff im Planfall mit Tempolimit innerhalb des Schutzgebiets bis zu 0,326 kg N/(ha*a) beträgt. Im Zuge der vom Senat im Rahmen des Schriftsatznachlasses initiierten gemeinsamen Nachberechnung haben die Sachverständigen beider Seiten jedoch übereinstimmend festgestellt, dass in den Eingangsdateien des Büros Lohmeyer die Karte der landnutzungsabhängigen Depositionsgeschwindigkeiten um 180 Grad verdreht und dass einzelne Gitterzellen im Schutzgebiet für Ammoniak mit unzutreffenden Depositionsgeschwindigkeiten konfiguriert worden waren. Eine vollständige Neuberechnung des Büros Lohmeyer vom , die der Sachverständige des Klägers allerdings nach eigenen Angaben aus zeitlichen Gründen nicht mehr überprüfen konnte, ergab eine maximale Zusatzbelastung von 0,346 kg N/(ha*a) innerhalb des FFH-Gebiets.

64Da die Ergebnisse einer Modellierung vorhabenbedingter Zusatzbelastungen durch Stickstoffeinträge gemäß dem Stickstoffleitfaden (S. 98 unter Verweis auf Abs. 2.9 der TA Luft und die DIN 1333) grundsätzlich nur mit einer Dezimalstelle, d. h. einer Genauigkeit von 0,1 kg N/(ha*a) anzugeben sind, ist der vorgenannte Wert auf 0,3 kg N/(ha*a) zu runden und übersteigt danach das Abschneidekriterium nicht. Soweit der Kläger geltend macht, die Zusatzbelastung müsse mit zwei Dezimalstellen berechnet werden, findet dies in den genannten fachlichen Vorgaben keine Grundlage (vgl. zur Rundungsregelung schon 9 A 2.18 - Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 75 Rn. 104 <insoweit in BVerwGE 166, 1 nicht abgedruckt>).

65Ebenfalls unbegründet ist der Einwand, der Vergleich zwischen Prognosenullfall und Planfall komme nur deshalb auf einen Wert von unter 0,3 kg N/(ha*a), weil er unzulässigerweise den Sockel einer vorhandenen verkehrsbedingten Belastung einberechne. Gemäß dem Stickstoffleitfaden (S. 7) werden zusätzliche Verkehrsbelastungen aus der Differenz zwischen Planfall und Prognosenullfall ermittelt und sind nur diejenigen Emissionen als vorhabenbedingte Zusatzbelastung einzustufen, die sich aus dem Anstieg der Verkehrsstärke oder Verkehrsverlagerungen in Richtung eines FFH-Gebiets ergeben, die durch ein Ausbauvorhaben selbst bewirkt werden; unabhängig hiervon prognostizierte Verkehrssteigerungen sind nicht als vorhabenbedingte Zusatzbelastung zu werten. Zwar handelt es sich bei dem planfestgestellten Abschnitt um einen Neu- und keinen Ausbau; da es vorliegend um die hierdurch bewirkte Verkehrszunahme auf der vorhandenen A 28 geht, finden jedoch die vorgenannten Grundsätze Anwendung.

66bb) Der Beklagte durfte bei der Berechnung der Stickstoffeinträge die verfügte Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Richtungsfahrbahn Oldenburg der A 28 als Maßnahme zur Verminderung der Zusatzbelastung berücksichtigen.

67(1) In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass eine Maßnahme auch dann als Schadensbegrenzungsmaßnahme im Sinne des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL berücksichtigt werden kann, wenn sie nicht an der emittierenden Quelle, sondern am Immissionsort ansetzt, sie mithin nicht den Stickstoffausstoß des Vorhabens selbst, sondern den aus anderen Quellen resultierenden Stickstoffeintrag auf die geschützten Lebensraumtypen verringert. Danach begegnet es erst recht keinen Bedenken, wenn die Stickstoffbelastung zwar nicht im Verlauf der planfestgestellten Trasse, wohl aber dort begrenzt wird, wo in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Schutzgebiet vorhabenbedingt mit einer Zunahme des Verkehrs und damit von schädlichen Emissionen zu rechnen ist. Dass hiervon auch der vorhabenunabhängige Verkehr auf der A 28 erfasst wird, entspricht der bilanzierenden Betrachtungsweise des Stickstoffleitfadens und begegnet keinen Bedenken (vgl. zum Vorstehenden insgesamt 9 A 2.18 - BVerwGE 166, 1 Rn. 87 ff.).

68Der Senat hat bereits im Urteil vom - 9 A 2.18 - (BVerwGE 166, 1 Rn. 89 f.) mit ausführlicher Begründung dargelegt, dass auch der Gerichtshof der Europäischen Union bei der Berücksichtigung einer Maßnahme nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL nicht an der Quelle der Beeinträchtigungen und Emissionen, sondern an den Auswirkungen auf die Schutzgüter des FFH-Gebiets ansetzt. Seither gibt es weder neuere Erkenntnisse oder Rechtsprechung noch setzt sich der Kläger mit der vorgenannten Entscheidung auseinander. Der Anregung, dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage der Vereinbarkeit der beschriebenen Vorgehensweise mit Unionsrecht vorzulegen (Vorlagefragen 1 und 2), folgt der Senat daher nicht.

69(2) Ebenfalls unbegründet ist der weitere Einwand, die Geschwindigkeitsbegrenzung habe wegen der die Critical Loads übersteigenden Hintergrundbelastung sowieso aufgrund von Art. 6 Abs. 2 FFH-RL angeordnet werden müssen und könne deshalb nicht berücksichtigt werden.

70Der Beklagte hat - fachgutachterlich unterstützt - zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass die aktuell auf das FFH-Gebiet einwirkenden Stickstoffdepositionen nicht nur aus dem Betrieb der A 28 resultieren, sondern sich insbesondere aus der latenten Hintergrundbelastung und diffusen weiteren Quellen im Umfeld des Gebiets speisen. Darüber hinaus ist der Erhaltungszustand der LRT im Gebiet zum überwiegenden und flächenmäßig größten Teil mit "A" (hervorragend) und sind die LRT 9160 und 9190 nur kleinflächig in von der Autobahn entfernt gelegenen Teilen des Gebiets mit "C" (mittel bis schlecht) eingestuft. Hinsichtlich der allein vorsorglich im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung als LRT 9190 bewerteten Fläche im Nordwesten des FFH-Gebiets hat der Beklagte überzeugend ausgeführt, dass deren Entwicklungszustand derzeit nicht über "C" hinauskomme, weil der dortige Wald allein wegen seines geringen Alters die Anforderungen an eine Bewertung mit "B" oder "A" nicht erfüllen könne. Die klägerische Behauptung, auch künftig sei ein besserer Zustand wegen des Stickstoffeintrags nicht möglich, bleibt spekulativ und widerspricht dem Erhaltungszustand "A" der anderen LRT in Autobahnnähe. Im Übrigen scheidet eine Bewertung der Geschwindigkeitsbegrenzung als sogenannte Sowiesomaßnahme zum Schutz der vorgenannten Fläche bereits deshalb aus, weil deren Einstufung als LRT 9190 nicht Gegenstand der Gebietsmeldung war.

71Soweit der Kläger dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom - C-399/14 [ECLI:EU:C:2016:10] - (DVBl 2016, 566) eine Pflicht zur Durchführung einer nachträglichen FFH-Verträglichkeitsprüfung bezüglich der A 28 entnimmt, verkennt er, dass die vorgenannte Entscheidung die Erteilung der Genehmigung für ein Projekt betraf, welches in einem Gebiet lag, das erst nach der Genehmigung, aber vor Beginn der Ausführung des Projekts in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen wurde. Die Entscheidung weist damit keinen Bezug zu den hier inmitten stehenden Fragen auf.

72(3) Der Einwand, Critical Loads seien wegen der Nichtberücksichtigung von Flechten als charakteristische Arten fehlerhaft berechnet worden, begründet ungeachtet der Frage seiner hinreichenden Substantiierung bereits deshalb keine Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses, weil dieser nicht auf eine fehlende Überschreitung der Bagatellschwelle der Critical Loads, sondern auf die Wahrung des Abschneidekriteriums gestützt ist.

73Aufgrund dessen waren die Anträge, Beweis über die Überschreitung der Bagatellschwelle von 3 % der Critical Loads zu erheben (Beweisanträge Nr. 5 und 6), mangels Entscheidungserheblichkeit abzulehnen. Der unter Beweis gestellte Einwand, der vorgenannte Wert sei bereits durch umliegende (Mast-)Betriebe ausgeschöpft, wurde im Übrigen in der Klagebegründung weder erhoben noch substantiiert dargelegt.

74cc) Der Planfeststellungsbeschluss ist jedoch deshalb rechtswidrig, weil die Stickstoffberechnung und damit die Verträglichkeitsprüfung das Ausmaß der Stickstoffreduktion durch den Rückbau der Rastanlage an der A 28 in Höhe des FFH-Gebiets "Garnholt" überschätzt, sodass beachtliche Zweifel an der Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen verbleiben.

75(1) Ausweislich der gemeinsamen Erklärung der Sachverständigen Dipl.-Geogr. N. und Dipl.-Physiker Dr. vom erklärt sich der vergleichsweise niedrige Ammoniak-Beitrag in der Gesamtstickstoffdeposition teilweise mit dem Wegfall des Rastplatzes im Planfall, durch den ein Teil der vorhabenbedingten Ammoniak-Zusatzbelastung kompensiert wird. Der Modellierung zugrunde liegt die Annahme einer derzeitigen Nutzung des Rastplatzes durch 800 Kfz/24 h (Unterlage 22.5D S. 19). Es bestehen erhebliche Zweifel an der Belastbarkeit dieser Zahl, welche der Beklagte nicht ausgeräumt hat.

76So wurde in der Berechnung der Stickstoffdeposition in der ursprünglichen Fassung vom noch von einer Verkehrsstärke von 724 Kfz/24 h ausgegangen. Im Deckblatt vom hingegen wird diese mit 800 Kfz/24 h angegeben. Mangels konkret ermittelter Verkehrsbelegungsdaten werden als Grundlage beider Werte Beobachtungen des Vorhabenträgers und die Anzahl der Stellplätze benannt, ohne jedoch die nicht unerhebliche Differenz der Zahlen zu erläutern. Erst im Nachgang zur mündlichen Verhandlung hat der Beklagte auf die Parkplatzlärmstudie des Bayerischen Landesamts für Umwelt (6. Aufl. 2007) verwiesen, aus der sich eine Verkehrsstärke von 800 Kfz/24 h ergebe. Indes beruht die Studie auf Zählungen an Tank- und Rastanlagen nach heute üblicher Bauweise, wohingegen es sich vorliegend um einen unbewirtschafteten Rastplatz ohne WC handelt. Wenngleich die Erhebungen der bayerischen Studie im Bereich der Rast- und nicht der Tankanlagen durchgeführt wurden, liegt auch deren Attraktivität aufgrund des Vorhandenseins von Toiletten und Verkaufsräumen deutlich über derjenigen eines Rastplatzes, der über keinerlei Infrastruktur verfügt. Folglich sind die der Berechnung der Stickstoffdeposition zugrunde gelegten Belegungszahlen des Rastplatzes überhöht und wurde das Ausmaß der Reduzierung der Stickstoffbelastung durch dessen Rückbau überschätzt. Nur mit einer deutlich geringeren als der angenommenen Nutzung lässt sich im Übrigen erklären, dass der Rastplatz ohne Weiteres aufgegeben werden kann.

77Hinzu kommt, dass die Parkplatzlärmstudie selbst darauf hinweist, dass die in ihrem Rahmen ermittelten Fahrzeugbewegungen deutlich über denjenigen der Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen (RLS-90) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen liegen, jedoch empfiehlt, der schalltechnischen Berechnung von Tank- und Rastanlagen die höheren Ergebnisse zugrunde zu legen. Diese Empfehlung ist im Rahmen des Lärmschutzes wie auch dann, wenn es um die Berechnung zusätzlicher Schadstoffbelastungen geht, aus Gründen der Vorsorge unbedenklich. Sie kann jedoch - weil es dort die gegenteilige Wirkung hat - keine Geltung beanspruchen, wenn es darum geht, das Ausmaß einer möglichen Reduzierung von Stickstoffimmissionen zu ermitteln.

78(2) Die vorstehend beschriebenen Zweifel an der Belastbarkeit der zugrunde gelegten Daten ist entgegen der Ansicht des Beklagten nicht deshalb unerheblich, weil es im Wesentlichen nur zu einer Verschiebung von Emissionen von der Autobahn auf den Rastplatz komme und deshalb selbst bei Annahme einer geringeren Zahl von Rastplatznutzern das Abschneidekriterium gewahrt werde. Träfe der Einwand zu, d. h. würde es keinen wesentlichen Unterschied machen, ob der Verkehr auf der Autobahntrasse oder dem Rastplatz verläuft, hätte der Rückbau des Rastplatzes insgesamt, d. h. unabhängig von der Zahl der Nutzer, nicht oder zumindest nur in geringem Maß als reduzierender Faktor bei der Stickstoffbelastung berücksichtigt werden können. Ausweislich der gemeinsamen Erklärung der Sachverständigen vom kam ihm jedoch maßgebliche Bedeutung für die Berechnung der Ammoniakbelastung zu. Der Einwand lässt unberücksichtigt, dass Beschleunigungsvorgänge, die für Rastplätze typisch sind, besonders schadstofflastig sind und über den Belastungen eines zwar schnelleren, aber gleichmäßigen Verkehrsflusses liegen (vgl. die Zusammenstellung verschiedener Studien in der Dokumentation des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags, Fahrzeug-Emissionen bei 30 km/h und 50 km/h, , WD 8 - 3000 - 102/19). Auch die Sachverständigen der Beteiligten weisen in ihrer gemeinsamen Stellungnahme dementsprechend darauf hin, auf dem Rastplatz werde im Prognosenullfall aufgrund der vom normalen Autobahnverkehr abweichenden Verkehrssituation ein relativ gesehen deutlich höherer Ammoniak-Beitrag emittiert.

79(3) Liegt danach der Berechnung der Stickstoffbelastung eine Überschätzung des Reduktionspotentials durch den Rückbau des Rastplatzes an der A 28 zugrunde, so verbleiben beachtliche Zweifel an der Vermeidung erheblicher Gebietsbeeinträchtigungen ungeachtet dessen, dass die genaue derzeitige Nutzung des Rastplatzes und damit die Auswirkungen seiner Beseitigung auf die Stickstoffbelastung bislang nicht ermittelt sind. Maßstab der gerichtlichen Überprüfung ist nicht, ob eine Gebietsbeeinträchtigung erwiesen, sondern ob hinreichend gewiss ist, dass die Grenze der Gebietsverträglichkeit nicht überschritten wird. Insoweit kennzeichnet den vorliegenden Fall, dass das Abschneidekriterium von 0,3 kg N/(ha*a) selbst nach den bisherigen, das Reduktionspotential des Rastplatzes überschätzenden Berechnungen nur wegen der Begrenzung auf eine Dezimalstelle und auch dann nur äußerst knapp nicht überschritten wird. Ausweislich der letzten Berechnung beläuft sich die vorhabenbedingte Zusatzbelastung auf 0,346 kg N/(ha*a). Schon bei einer Erhöhung um lediglich 4 g wäre der sich dann ergebende Wert von 0,35 auf 0,4 kg N/(ha*a) zu runden und folglich das Abschneidekriterium überschritten. Vorkehrungen für diesen Fall trifft der Planfeststellungsbeschluss nicht. Soweit der Beklagte geltend macht, bei einer Begrenzung der Geschwindigkeit auch auf der Fahrtrichtung Leer reduziere sich die vorhabenbedingte Zusatzbelastung auf 0,165 kg N/(ha*a), ist eine dahingehende Änderung des Planfeststellungsbeschlusses nicht erfolgt.

80(4) Der Senat kann seiner Entscheidung die Überschätzung der Rastplatznutzung ohne eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zugrunde legen.

81(a) Der Kläger ist mit der Geltendmachung der Einwände gegen die Berechnung der Stickstoffdeposition hinsichtlich der Kompensation vorhabenbedingter Mehrbelastungen durch den Wegfall des Rastplatzes nicht nach § 6 Satz 2 UmwRG, § 87b Abs. 3 VwGO präkludiert. Er hat bereits mit der Klagebegründung vom (S. 29) die Berechnung der vorhabenbedingten Zunahme des Stickstoffeintrags als nicht nachvollziehbar und unplausibel gerügt. Nachdem der Beklagte im Zuge des ergänzenden Verfahrens eine Aktualisierung der Stickstoffberechnung und der FFH-Verträglichkeitsprüfung auf der Grundlage aktueller Eingangsdaten und eines neueren Stands der Berechnungsmethodik veranlasst hatte (vgl. Unterlage 19.4-D S. 43), hat der Kläger seine Einwände nach Erlass des Planänderungs- und -ergänzungsbeschlusses ergänzt und vertieft und unter dem innerhalb der nach § 87b Abs. 1 Satz 1 VwGO gesetzten Frist fehlende Angaben zur Ammoniak-Deposition gerügt sowie - allerdings erfolglos - die Vorlage der Eingabedaten gefordert, um diese nachrechnen bzw. nachvollziehen zu können. In diesem Zusammenhang hat er Umstände geltend gemacht, welche nach seiner Ansicht die Plausibilität der Berechnung der Stickstoffdeposition in Frage stellen. Dieses Vorbringen hat er in der mündlichen Verhandlung durch eine Kontrollberechnung konkretisiert, die zu dem Ergebnis führte, dass sich die von dem Beklagten und der Beigeladenen errechnete Gesamtbelastung bereits allein aus den NOX-Werten ergibt, woraus der Kläger im Umkehrschluss gefolgert hat, dass die daneben maßgeblichen Ammoniakwerte nicht berücksichtigt worden sein können. Da es sich hierbei um die Konkretisierung eines fristgerecht erhobenen Einwands und nicht um dessen erstmalige Geltendmachung handelte, kann dem Kläger nicht entgegengehalten werden, dass sich die für die Berechnung erforderlichen Daten bereits aus den vorhandenen und dem Kläger bekannten Unterlagen ergaben.

82Hat der Kläger somit innerhalb der Begründungsfrist konkrete Einwände gegen die Stickstoffberechnung erhoben und den Vorwurf fehlender Plausibilität mittels mehrerer einzelner Kritikpunkte substantiiert, so gereicht es ihm vorliegend angesichts der Besonderheiten des Falls nicht zum Nachteil, dass sich die Ammoniakberechnung letztlich nicht aufgrund dieser, sondern wegen anderer Punkte als fehlerhaft erweist. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass sich die Bedeutung des Rückbaus des Rastplatzes als Kompensation zumindest eines Teils vorhabenbedingter Mehrbelastungen aus keiner der Fassungen der Stickstoffberechnung oder der FFH-Verträglichkeitsprüfungen ergibt. Darin wird der Wegfall lediglich kurz unter der Überschrift "Lagedaten" (Lohmeyer, Stickstoffdeposition <März 2020>, Unterlage 22.5D S. 14 sowie <August 2017> S. 10) bzw. "Eingangsdaten" (Lohmeyer, Stickstoffdeposition <November 2012> S. 6) erwähnt, nicht aber bei der ansonsten sehr ausführlichen Darstellung der Berechnungsfaktoren und -methoden. Der Einwand des Beklagten, es sei auch ohne weitere Erläuterungen selbst für Laien offenkundig, dass die bisher auf dem Rastplatz entstehenden Emissionen für die Berechnung im Planfall in Abzug gebracht würden, überzeugt nicht. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung auf wiederholte Nachfrage, wie die Differenz zwischen der zunächst plausiblen Kontrollrechnung des Sachverständigen des Klägers und den Berechnungen des Büros Lohmeyer zu erklären sei, weder von dem Beklagten noch von der Beigeladenen eine eindeutige, belastbare Auskunft erhalten. Deren Sachverständiger hat lediglich einmal die Vermutung geäußert, der vergleichsweise niedrige Ammoniakbeitrag könne sich durch den Wegfall des Rastplatzes erklären. Hinzu kommt, dass dem Kläger innerhalb der Begründungsfrist - und auch danach - trotz ausdrücklicher Bitte die Eingabedaten nicht zugänglich gemacht wurden.

83(b) Der Senat konnte die Fehlerhaftigkeit der Berechnung darüber hinaus berücksichtigen, obwohl der Kläger den Einwand eines überhöhten Ansatzes der auf die bisherige Nutzung des Rastplatzes entfallenden Emissionen erstmals mit nachgelassenem Schriftsatz vom erhoben hat. Gemäß § 173 VwGO i. V. m. § 283 ZPO hat das Gericht Vorbringen in nachgelassenen Schriftsätzen zu berücksichtigen, das sich im Rahmen des gewährten Nachschubrechts hält. Den Beteiligten wurde in der mündlichen Verhandlung vom ein Schriftsatznachlass gewährt, um das Ergebnis der gemeinsamen Überprüfung der Stickstoffberechnung in Bezug auf den Ammoniakeintrag darzulegen. Für dessen Berechnung war, wie die Sachverständigen beider Seiten in ihrer gemeinsamen Erklärung vom ausgeführt haben, u. a. der Wegfall des Rastplatzes maßgeblich. Der Einwand, dessen Bedeutung sei überschätzt worden, ist daher von dem gewährten Nachlass umfasst.

84(c) Der Senat konnte schließlich entscheiden, ohne die mündliche Verhandlung gemäß § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO wieder zu eröffnen. Die Beteiligten haben zu dem vorgenannten Einwand umfassend Stellung genommen. Der Sachverhalt war zudem hinsichtlich der Zahlen geklärt, die der Berechnung der Stickstoffdeposition bezüglich des Kompensationspotentials durch den Wegfall des Rastplatzes zugrunde lagen, einschließlich ihrer Herleitung aus der Parkplatzlärmstudie des Bayerischen Landesamts für Umwelt. Der Rechtsstreit bedurfte daher keiner weiteren Sachverhaltsermittlung oder Erörterung, sondern war entscheidungsreif.

85Eine Wiedereröffnung war auch nicht geboten, um dem Beklagten Gelegenheit zu geben, den Planfeststellungsbeschluss um eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Richtungsfahrbahn Leer zu ergänzen. Mit der Hinnahme einer denkbar knappen, allein auf mathematischen Rundungsregeln beruhenden Wahrung des Abschneidekriteriums sind der Beklagte und die Beigeladene das Risiko eingegangen, dass schon kleinste Fehler bei der Stickstoffberechnung zum Erfolg der Klage führen, obwohl aus ihrer Sicht die Möglichkeit bestanden hätte, den Vorgaben des Gebietsschutzes ausreichend und rechtzeitig Rechnung zu tragen. Angesichts dessen sowie des Umstands, dass ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme der A 20 im gesamten weiteren Verlauf bis Bad Segeberg ohnehin aus Gründen der Verkehrssicherheit eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf beiden Richtungsfahrbahnen der A 28 vorgesehen ist (vgl. Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss S. 8 Nr. 1.1.5.4), wäre die frühere Anordnung eines Tempolimits auf der Richtungsfahrbahn Leer entgegen der Ansicht des Beklagten keine "Maßnahme ins Blaue hinein" gewesen, sondern hätte gleichermaßen dem umweltrechtlichen Vorsorgegedanken wie auch prozessualen Erwägungen Rechnung getragen.

86Es widerspräche der gebotenen richterlichen Neutralität, derart grenzwertige Planungen dadurch abzusichern, dass Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörden auch in diesem Fall darauf vertrauen könnten, notfalls noch so rechtzeitig durch das Gericht "gewarnt" zu werden, dass sie den Planfeststellungsbeschluss zur Abwendung einer sich andernfalls abzeichnenden Prozessniederlage - gleichsam "in letzter Minute" - entsprechend richterlicher Vorgaben anpassen können. Auch insoweit fungieren die Verwaltungsgerichte nicht als "Reparaturbetrieb" der Verwaltung (vgl. zu den Grenzen der gerichtlichen Mitwirkung bei der Fehlerheilung 9 A 16.16 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 83 Rn. 9).

87Zugleich ist es angesichts der Vielzahl von Fehlern der Stickstoffberechnung sowie der weiteren aufgeworfenen Fragen der Berechnung der Stickstoffdeposition, zu denen teilweise sogar divergierende, zumindest aber nicht eindeutige, da kurzfristig eingeholte Stellungnahmen von Mitautoren des Stickstoffleitfadens vorliegen, angezeigt, diese nicht lediglich im Hinblick auf die Umgehung einzelner prozessualer Risiken einer Neubewertung zu unterziehen. Erst danach lässt sich auf verlässlicher Grundlage beurteilen, ob ein beidseitiges Tempolimit vernünftige Zweifel an der Gebietsverträglichkeit des Vorhabens ausschließt.

88dd) Ist folglich eine erneute Berechnung der Stickstoffdepositionen erforderlich, so bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob bzw. wie in den vorliegenden Modellierungen dem sogenannten Waldrandeffekt hätte Rechnung getragen werden müssen und welche Depositionsgeschwindigkeiten in Ansatz zu bringen sind.

89Zugleich war dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage, ob die habitatschutzrechtliche Dokumentationspflicht die Vorlage der Eingabedaten einer Immissionsprognose erfordert (Vorlagefrage 3), schon deshalb nicht vorzulegen, weil dem Kläger diese Daten zwischenzeitlich vorliegen und es hierauf daher für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.

90III. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf einen Verstoß gegen Regelungen des Artenschutzes berufen.

91Sein Vorbringen erschöpft sich diesbezüglich in weiten Teilen in Kurzzusammenfassungen von beigefügten Gutachten sowie Verweisungen hierauf und verzichtet zudem weitgehend auf eine Subsumtion unter rechtliche Vorgaben oder die bisherige Rechtsprechung sowie auf eine Auseinandersetzung mit den Planfeststellungsunterlagen. Es genügt insoweit, auch ohne dass hierauf im Folgenden gesondert eingegangen wird, nicht den Anforderungen gemäß § 6 Satz 1 UmwRG, § 67 Abs. 4 VwGO. Darüber hinaus beschränken sich die nachfolgenden Ausführungen auf die wesentlichen tatsächlichen Umstände und rechtlichen Erwägungen, welche der Senat seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (vgl. hierzu - NVwZ 2018, 1561 Rn. 19; 9 B 797.98 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 4 S. 3).

92Dies vorangestellt, führen die Einwände des Klägers zur Bestandserhebung (1.) sowie den einzelnen Verbotstatbeständen (2. bis 4.) auf keine Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Soweit die rechtliche Bewertung eine Unvermeidbarkeit der Beeinträchtigung i. S. d. § 15 Abs. 1 BNatSchG voraussetzt, ist diese Bedingung vorliegend erfüllt; insoweit wird auf die unter C. V. folgenden Ausführungen verwiesen.

931. Die gegen die artenschutzrechtliche Bestandserfassung erhobenen Einwände sind unbegründet.

94a) Die naturschutzfachliche Prüfung beruht auf hinreichend aktuellen Daten. Die klägerische Kritik ist unbegründet.

95Die der Planung zugrundeliegenden Kartierungen wurden zwischen Oktober 2009 und Dezember 2010 durchgeführt und für einzelne Artengruppen bis ins Jahr 2011 fortgesetzt bzw. vertieft. Zum Vorkommen von Reptilien, Amphibien, Tag- und Nachtfaltern, Heuschrecken und Käfern erfolgte 2011 eine Potentialabschätzung mittels einer Begehung sowie der Auswertung vorhandener Daten; 2013 wurden diesbezüglich zusätzliche Erhebungen durchgeführt. Im Jahr 2012 wurden die Ergebnisse der Kartierung der Brutvögel überprüft und ergänzende Untersuchungen zum Auftreten von Fledermäusen, Amphibien, Fischen, Rundmäulern und Libellen durchgeführt. In den Jahren 2015 und 2016 fand sodann zur Überprüfung der Biotopstruktur und -typen eine Plausibilitätsprüfung statt (vgl. Unterlage 19.2.4) und wurde die Bewertung zur Avifauna aktualisiert (Unterlage 19.3.1.1).

96Der Einwand des Klägers, es dürften keine Daten verwendet werden, die acht Jahre alt oder noch älter seien, ist unbegründet. Es gibt keine gesetzlichen Vorgaben zur Aktualität naturschutzfachlicher Bestandsaufnahmen. Diese hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, namentlich davon, ob zwischenzeitlich so gravierende Änderungen aufgetreten sind, dass die gewonnenen Erkenntnisse nicht mehr die tatsächlichen Gegebenheiten wiedergeben (vgl. 4 B 77.09 - juris Rn. 66; Urteil vom - 7 A 1.18 - Buchholz 406.403 § 34 BNatSchG 2010 Nr. 18 Rn. 38). Als Leitlinie für die Praxis mag es im Ansatz sinnvoll sein, die Tauglichkeit der Datengrundlage an einer zeitlichen - in der Regel fünfjährigen - Grenze auszurichten. Eine solche Grenze kann aber nur einen allgemeinen Anhalt bieten; sie ändert nichts daran, dass die Aktualität der Datengrundlage nach Maßgabe praktischer Vernunft unter Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände zu beurteilen ist (vgl. 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 149 f. und vom - 9 A 7.19 - BVerwGE 170, 138 Rn. 319; ausführlich hierzu Trautner/Mayer, NuR 2021, 315). Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde müssen daher zunächst prüfen, ob die Erkenntnisse trotz des Zeitablaufs im Zeitpunkt der Planfeststellung noch aussagekräftig sind; erst von den Ergebnissen dieser Überprüfung hängt ab, ob und in welchem Umfang neu kartiert werden muss (vgl. 9 A 18.15 - Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 68 <insoweit in BVerwGE 156, 215 nicht abgedruckt> Rn. 45, vom - 3 A 1.16 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 124 und vom - 3 A 4.15 - BVerwGE 160, 263 Rn. 44). Dem hat der Beklagte hier Rechnung getragen und in den Jahren 2015 und 2016 die Plausibilität der Ermittlungen mit dem Ergebnis untersucht, dass eine Aktualisierung der Bestandsdaten nicht erforderlich ist. Die Untere Naturschutzbehörde hat dem zugestimmt.

97Mit der Plausibilitätsprüfung und ihrer ausführlichen Begründung sowie der Aktualisierung der Bewertung der Avifauna hat sich der Kläger innerhalb der Klagebegründungsfrist nicht auseinandergesetzt. Soweit er im Rahmen seiner ergänzenden Klagebegründung vom nach Erlass des Planänderungs- und -ergänzungsbeschlusses unter Verweis auf ein Gutachten des Sachverständigen Dr. S. geltend macht, auf einer Stichprobenfläche im Waldgebiet "Garnholt" seien im Jahr 2019 erheblich mehr Reviere kartiert worden als im Planfeststellungsbeschluss berücksichtigt, ist das Vorbringen ungeachtet der Frage seiner hinreichenden Substantiierung verspätet. Denn der Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsbeschluss enthält mit Ausnahme von Maßnahmen, welche an Brutversuche eines Seeadlers anknüpfen, keine neuen oder abweichenden artenschutzrechtlichen Feststellungen oder Bewertungen, so dass insoweit die Klagebegründungsfrist nicht erneut in Gang gesetzt worden ist. Hinzu kommt, dass nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses durchgeführte Erhebungen in einem Naturraum in der Regel nicht geeignet sind, eine der Planung zugrundeliegende frühere, nach Methodik und Umfang ordnungsgemäße artenschutzrechtliche Bestandsaufnahme in Frage zu stellen ( 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 50 und - zum Biotopschutz - Urteil vom - 9 A 9.19 - BVerwGE 170, 210 Rn. 175). Im Übrigen weist der Beklagte zutreffend darauf hin, dass die unterschiedlichen Angaben des Planfeststellungsbeschlusses und des Sachverständigen des Klägers nicht auf eine unzureichende Erfassung oder nachträgliche Änderungen schließen lassen, sondern darauf beruhen, dass Dr. S. alle vorkommenden Brutreviere dargestellt hat, die faunistische Bestandserfassung hingegen nur diejenigen planungsrelevanter und einzelscharf zu betrachtender Arten.

98b) Soweit der Kläger Einwände gegen die der artenschutzrechtlichen Erfassung zugrundeliegende Gildenbildung erhebt, verweist er im Wesentlichen lediglich auf die Stellungnahme seines Sachverständigen und setzt sich auch nicht mit der vorgenannten Aktualisierung der Bewertung der Avifauna auseinander. Im Übrigen ist es grundsätzlich zulässig, wenn die Behörde eine naturschutzfachlich begründete Auswahl zwischen denjenigen geschützten (planungsrelevanten) Arten, die bei der Artenschutzprüfung im Sinne einer Art-für-Art-Betrachtung einzeln zu bearbeiten sind, und nicht gefährdeten, sondern allgemein verbreiteten Vogelarten (sog. Allerweltsarten) mit günstigem Erhaltungszustand und großer Anpassungsfähigkeit vornimmt, bezüglich derer im Regelfall davon ausgegangen werden kann, dass nicht gegen die Verbote des § 44 BNatSchG verstoßen wird und bei denen die raumbezogene Prüfung durch eine Gildenbildung ersetzt werden kann (vgl. 9 A 12.19 - juris Rn. 517 <insoweit in BVerwGE 170, 33 nicht abgedruckt>; Beschluss vom - 9 B 5.20 - NVwZ 2021, 254 Rn. 16 ff.). Dem steht das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom - C-473/19 u. a. [ECLI:EU:C:2021:166] - (NuR 2021, 186) nicht entgegen; darin ging es um pauschale Legalausnahmen, die bestimmte Vogelgruppen von vornherein von einer Artenschutzprüfung ausnehmen, und damit um eine andere Fallkonstellation (vgl. 9 B 5.20 - NVwZ 2021, 254 Rn. 19).

992. Der Planfeststellungsbeschluss verletzt nicht § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG. Insbesondere verstößt die Umsetzung von Moorfröschen und Fledermäusen zur Vermeidung von deren bauzeitlicher Gefährdung nicht gegen das Verbot, wildlebende Tiere besonders geschützter Arten zu fangen.

100a) Gemäß der Maßnahme 17.11 VCEF soll das Einwandern von Moorfröschen in das Baufeld durch Fangzäune vermieden und sollen die gesammelten Tiere an ihre traditionellen Laichgewässer umgesetzt werden. Die Maßnahme 17.23 VCEF bestimmt, vor der Baufeldfreiräumung Bäume auf Fledermausbesatz zu prüfen und gefundene Tiere fachgerecht umzusetzen. Damit handelt es sich um erforderliche und unvermeidbare Maßnahmen, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung gerichtet sind. Sie verstoßen daher gemäß § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG nicht gegen das Fangverbot.

101b) Die vorgenannte Regelung ist mit Art. 12 Abs. 1 Buchst. a FFH-RL vereinbar. Danach verbieten die Mitgliedstaaten alle absichtlichen Formen des Fangs oder der Tötung von aus der Natur entnommenen Exemplaren geschützter Arten. Bereits die Zusammenfassung des Fangs und der Tötung in einem Verbotstatbestand zeigt, dass auch dem Fang nur eine endgültige Entnahme aus dem Naturhaushalt unterfällt. Soweit es Art. 16 Abs. 1 FFH-RL den Mitgliedstaaten ermöglicht, von den Verboten des Art. 12 FFH-RL abzuweichen, steht dies unter dem Vorbehalt, dass die Population der betreffenden Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung in einem natürlichen Erhaltungszustand verbleibt. Dies legt ebenfalls nahe, dass als Fang nur die endgültige Entnahme aus dem Naturhaushalt gemeint ist. Auch der Sinn und Zweck der Regelung streiten dafür, eine Maßnahme, die dem Schutz der Tiere gilt, nicht unter ein Verbot zu stellen. Darüber hinaus unterbindet das Unionsrecht nur ein absichtsvolles Handeln und setzt insoweit voraus, dass der Handelnde den Fang oder die Tötung will oder zumindest in Kauf nimmt (vgl. [ECLI:EU:C:2006:329] - NuR 2007, 261 Rn. 71); der Wille, Tiere zu schützen, schließt diese Absicht aus (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom - 7 KS 17/16 - juris Rn. 265; BT-Drs. 18/11939 S. 18). Dementsprechend hat auch die Europäische Kommission in ihrem Schreiben an das Bundesministerium für Umwelt vom mitgeteilt, dass das übergeordnete Ziel einer Maßnahme maßgeblich ist und dass Verfolgen und Fangen sowie unvermeidbare Beeinträchtigungen im Rahmen geeigneter CEF-Maßnahmen deshalb keinen vorsätzlichen Verstoß gegen Art. 12 FFH-RL darstellen, da sie darauf abzielen, Schäden an der Funktion, Qualität oder Integrität der Standorte einer Art so weit wie möglich zu vermeiden, und nur vorübergehender Natur sind.

102Bestehen danach - zumal nach der Klarstellung durch die Kommission - keine Zweifel an der Vereinbarkeit von § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG mit Unionsrecht, hält der Senat an seiner im Urteil vom - 9 A 12.10 - (BVerwGE 140, 149 Rn. 130) geäußerten Ansicht, die Frage könne nur im Rahmen einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union geklärt werden, nicht fest.

103c) Der Einwand des Klägers, die Rahmenbedingungen der Schutzmaßnahmen i. S. d § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BNatSchG seien im Gesetz nicht hinreichend festgelegt, um ihre Ausnahme vom Verbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG zu rechtfertigen, ist unbegründet. Die Privilegierung erstreckt sich nur auf das Fangen und Nachstellen sowie die Entnahme, Beschädigung und Zerstörung der Entwicklungsformen; die übrigen Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 bis 3 BNatSchG bleiben hiervon unberührt. Darüber hinaus muss die Maßnahme erforderlich und müssen die Beeinträchtigungen unvermeidbar sein. Dies setzt u. a. voraus, dass die Maßnahme entsprechend den fachlichen Standards und Sorgfaltspflichten durch qualifiziertes Personal durchgeführt wird (vgl. BT-Drs. 18/11939 S. 18). Angesichts der streng artenbezogenen Prüfung der Maßnahmen und ihrer Abhängigkeit von den Umständen des Einzelfalls scheidet eine weitergehende Festlegung auf der abstrakt-generellen Ebene des Gesetzes aus. Allgemeine Vorgaben zu fachlichen Standards können gegebenenfalls in Leitfäden formuliert werden (vgl. zur Umsiedlung beispielsweise Lüttmann et al., Methodenhandbuch zur Artenschutzprüfung in NRW, 2021, S. 55 ff.). Letztlich muss die Durchführung der Schutzmaßnahmen auf der Ebene der Planfeststellung im Einzelfall geprüft und konkret anhand der Kriterien der Erforderlichkeit und Unvermeidbarkeit ausgestaltet werden.

104Dem trägt die vorliegende Planung dadurch Rechnung, dass die Umsetzung der Moorfrösche nur durch geeignetes Fachpersonal durchgeführt werden darf und die Maßnahmenumsetzung im Rahmen einer Umweltbauüberwachung erfolgt. Die Lage der Laichgewässer, in welche die Umsetzung erfolgt, ist ebenso vorgegeben wie die Einzelheiten der Einrichtung und Kontrolle der Fangzaunanlage, u. a. im Rahmen einer Umweltbaubegleitung. Die Fledermausbesatzprüfungen, das Verschließen von Quartieren und das Umsetzen von Tieren dürfen nur von art- und sachkundigen Fachleuten unter rechtzeitiger Einbindung der Unteren Naturschutzbehörde erfolgen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Maßnahmen nicht erforderlich oder dass die damit verbundenen Beeinträchtigungen vermeidbar wären. Auch der Kläger hat keine dahingehenden Einwände erhoben.

105d) Der Antrag des Klägers, Beweis darüber zu erheben, dass es für einzelne, in dem Gutachten des Sachverständigen Dr. S. genannte Arten aus den dort genannten Gründen zu einer signifikanten Erhöhung des Tötungsrisikos kommen würde (Beweisantrag Nr. 8), war abzulehnen. Ihm liegt kein substantiierter Klagevortrag zugrunde. Die Klagebegründung benennt weder die betroffenen Arten noch legt sie dar, worin ein artenschutzrechtlicher Fehler liegen soll. Eine Auseinandersetzung mit dem Planfeststellungsbeschluss, insbesondere den umfangreichen Bauzeitenbeschränkungen zur Vermeidung u. a. von Tötungen, erfolgt ebenfalls nicht.

106Der weitere Antrag, Beweis darüber zu erheben, dass es zur Verwirklichung der im Gutachten des Sachverständigen Dr. S. genannten Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG kommt (Beweisantrag Nr. 9), hat dementsprechend ebenfalls keinen Erfolg. Der Beweisantrag betrifft im Übrigen keine einzelne naturschutzfachlich aufklärungsfähige Tatsachenbehauptung, sondern zielt darauf ab, die rechtliche Prüfung eines Verbotstatbestands durch einen Sachverständigen vorzunehmen; dies ist einem Beweis nicht zugänglich (vgl. 9 A 2.18 - Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 75 Rn. 62 <insoweit in BVerwGE 166, 1 nicht abgedruckt>).

107Es bedarf des Weiteren keiner Beweiserhebung, dass der zur Beseitigung vorgesehene Sumpfwald auf dem ehemaligen Standortübungsplatz Friedrichsfeld Lebensraum für einzeln benannte wildlebende Tiere ist, die an diesen besonderen Lebensraum angepasst und von ihm abhängig sind, und dass dieser für die Tier- und Pflanzenarten nach seiner Umwandlung verloren geht oder nur noch in sehr eingeschränktem Maß zur Verfügung steht (Beweisantrag Nr. 14). Auch hierzu enthält die Klagebegründung keinen substantiierten Vortrag; sie legt weder dar, wie welcher Verbotstatbestand erfüllt wird, noch geht sie auf die CEF-Maßnahmen zum Schutz von Tier- und Pflanzenarten ein oder setzt sich mit dem gesonderten Artenschutzbeitrag Friedrichsfeld auseinander (Unterlage 19.3.3). Das Vorkommen der genannten Tier- und Pflanzenarten, die allerdings keinesfalls alle einen besonderen Bezug zum Sumpfwald haben, ist darüber hinaus ebenso unstreitig wie der Verlust von 16,2 ha Sumpfwald einschließlich seiner Biotop- und Habitatfunktion.

108Dazu, dass die Umwandlung des Sumpfwaldes für einzeln benannte Arten zur Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände - u. a. des § 44 Abs. 1 Nr. 1, aber auch des § 44 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BNatSchG - führen würde (Beweisantrag Nr. 15), war mangels einer ordnungsgemäßen Klagebegründung ebenfalls kein Beweis zu erheben. Darüber hinaus ist die rechtliche Prüfung einzelner Verbotstatbestände - wie bereits dargelegt - keinem Sachverständigenbeweis zugänglich.

1093. Der Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht gegen das Störungsverbot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG.

110a) Soweit der Kläger eine Gleichsetzung des Lebensraumschutzes gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG und des Störungstatbestands des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG kritisiert, verkennt er, dass der Planfeststellungsbeschluss den rechtlichen Ansatz des Artenschutzbeitrags (Unterlage 19.3.1) nicht übernimmt, sondern auf einer eigenständigen Prüfung und Wertung beruht.

111Gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG sind erhebliche Störungen der dort genannten Arten während bestimmter, für die Arterhaltung besonders bedeutsamer Zeiträume verboten, wobei eine Störung dann erheblich ist, wenn sich durch sie der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Der Störungstatbestand kann vor allem durch bau- und betriebsbedingte Beeinträchtigungen der geschützten Tierarten in Gestalt von akustischen und optischen Störwirkungen, aber auch durch Trennwirkungen erfüllt werden, die von der vorgesehenen Trasse ausgehen ( 9 A 22.11 - BVerwGE 146, 145 Rn. 118 m. w. N.). Insoweit sind - abhängig vom Ausmaß der vorgenannten Einwirkungen - Überschneidungen mit dem Tatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG möglich, der u. a. die Zerstörung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten verbietet (vgl. LANA, Hinweise zu zentralen unbestimmten Rechtsbegriffen des Bundesnaturschutzgesetzes, 2009, S. 5; BfN, Besonderer Artenschutz bei Eingriffen, https://www.bfn.de/besonderer-artenschutz-bei-eingriffen#anchor-4113). Maßgeblich für die Abgrenzung ist, ob die mit Störungen verbundenen Verdrängungswirkungen nur temporärer Art sind und sich deshalb nicht nachhaltig auf die Habitatbedingungen der betroffenen Arten auswirken (vgl. 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 86) oder ob Fortpflanzungs- oder Ruhestätten dauerhaft verloren gehen.

112Der Artenschutzbeitrag behandelt vorhabenbedingte Beeinträchtigungen der Avifauna teils als Störung i. S. d. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG, teils als Beschädigung i. S. d. § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG. Der Beklagte hat diese rechtliche Einordnung nicht unbesehen übernommen, sondern die Sachverständige Dr. M. um eine Überprüfung gebeten. Dies führte zu einer differenzierteren Betrachtung, wonach das Beschädigungsverbot (nur) bei einer dauerhaften Überbauung von Revieren betroffen ist, der Eintritt beider Verbotstatbestände aber dadurch verhindert wird, dass die vorgesehenen CEF-Maßnahmenkomplexe 12 ACEF und 13 ACEF zugleich als Schadensvermeidungsmaßnahmen die lokalen Populationen der von Störungen betroffenen Arten so stabilisieren, dass keine erhebliche Störung eintritt. Da in der Rechtsprechung des Senats anerkannt ist, dass Ausgleichsmaßnahmen auch im Rahmen der Prüfung des Störungstatbestands zu berücksichtigen sind, soweit sie verhindern, dass Störungen Populationswirksamkeit erreichen (vgl. 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 258 f., vom - 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 86, vom - 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 90 und vom - 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 128), bestehen hiergegen keine grundsätzlichen rechtlichen Bedenken. Der Planfeststellungsbeschluss übernimmt die Bewertung der Sachverständigen, indem er (nur) dauerhafte Störungen im Trassenbereich, d. h. im überbauten Bereich, als Beschädigung behandelt und bezüglich der als Störung zu wertenden Beeinträchtigungen darauf verweist, dass die Maßnahmenkomplexe 12 ACEF und 13 ACEF insoweit die Funktion von Vermeidungsmaßnahmen haben (vgl. PFB S. 244).

113Der Kläger setzt sich mit der vorstehend beschriebenen Wertung nicht auseinander. Unstreitig ist, dass eine Überbauung eine Zerstörung des Reviers und nicht lediglich eine Störung der dort lebenden Arten darstellt. Ob darüber hinaus weitere Beeinträchtigungen als Beschädigung oder Zerstörung i. S. d. § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG hätten bewertet werden müssen, kann dahingestellt bleiben, da der Kläger - umgekehrt - allein rügt, dem Störungsverbot unterfallende Tatbestände seien zu Unrecht als Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten bewertet worden.

114b) Die planfestgestellten Maßnahmenpakete 12 ACEF und 13 ACEF verhindern eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der lokalen Populationen der betroffenen Arten (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG) und sichern zugleich den Fortbestand der ökologischen Funktion der betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten (§ 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BNatSchG). Das hiergegen gerichtete Vorbringen des Klägers beschränkt sich im Wesentlichen auf Verweise auf das artenschutzrechtliche Gutachten von Dr. S., dessen Ausführungen der Beklagte im Übrigen sachverständig unterstützt im Einzelnen entgegengetreten ist. Danach bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Eignung der Maßnahmen. Insbesondere sind auf dem ehemaligen Standortübungsplatz Friedrichsfeld, auf welchem die Maßnahmen verwirklicht werden, die strengen Anforderungen eines räumlich-funktionalen Zusammenhangs (vgl. 9 B 5.20 - NVwZ 2021, 254 Rn. 21) gewahrt.

115aa) Die Voraussetzungen der Privilegierung unvermeidbarer Beeinträchtigungen bezüglich des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots überschneiden sich mit denjenigen des Tatbestands des Störungsverbots; insofern verhindert die Maßnahme den Eintritt beider Verbotstatbestände. Wenn danach maßgeblich ist, ob sich durch eine Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population verschlechtert, so umfasst Letztere diejenigen (Teil-)Habitate und Aktivitätsbereiche der Individuen einer Art, die in einem für die Lebens(-raum)ansprüche der Art ausreichenden räumlich-funktionalen Zusammenhang stehen (vgl. BT-Drs. 16/5100 S. 11), und wählt damit den selben Bezugspunkt wie § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BNatSchG. Maßgeblich sind insoweit die artspezifischen Vernetzungsdistanzen, d. h. etwaige weitere Teilpopulationen oder Ersatzlebensräume müssen sich innerhalb des Aktionsradius der in ihrem bisherigen Habitat betroffenen Arten befinden (vgl. - juris Rn. 267; Lau, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 44 Rn. 79 m. w. N.). Die bloße Erreichbarkeit genügt daher nicht. Vielmehr muss dergestalt ein Zusammenhang zwischen den Individuen des Eingriffgebiets und denjenigen des Umsiedlungsgebiets bestehen, dass zwischen ihnen bioökologische Wechselbeziehungen im Sinne eines trennungs- und störungsfreien ökologischen Austauschs bestehen bzw. - sofern ein Ersatzhabitat erst geschaffen wird - bestehen können (vgl. 4 A 29.95 - Buchholz 407.4 § 19 FStrG Nr. 8 S. 10 und vom - 9 A 14.12 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 233 Rn. 122 <insoweit in BVerwGE 148, 373 nicht abgedruckt>; Gerichtsbescheid vom - 4 A 35.97 - Buchholz 406.401 § 8 BNatSchG Nr. 25 S. 28).

116Maßgeblich hierfür sind die Verhaltensweisen und Habitatansprüche der einzelnen Arten. Mit dem Maßnahmenpaket 12 ACEF wird für die von dem Vorhaben betroffenen Wiesenvogelarten in bis zu 12 km Entfernung auf dem ehemaligen Standortübungsplatz eine Fläche extensiv genutzten Grünlands mit dem Kiebitz als Leitart geschaffen. Damit liegt die Maßnahmenfläche innerhalb des Aktionsradius der betroffenen Arten, insbesondere des Kiebitzes, bezüglich dessen Heranziehung als Leitart der Kläger keine Einwände erhoben hat. Der Kiebitz ist in begrenztem Umfang gelegeorts- und brutplatztreu; etwa 70 % der Kiebitzfunde beringter Tiere während der Brutzeit fielen in Studien in einen Umkreis von 20 km um den Ort der Herkunft. Daher können die Vorkommen im Umkreis von bis zu 20 km zu einer lokalen Individuengemeinschaft zusammengefasst werden (vgl. den Endbericht des entsprechenden Forschungs- und Entwicklungsvorhabens Runge et al., Rahmenbedingungen für die Wirksamkeit von Maßnahmen des Artenschutzes bei Infrastrukturvorhaben, 2010, S. A 120, A 122). Die vorliegend inmitten stehende Distanz bleibt deutlich hinter den vorgenannten Erkenntnissen, auf die der Kläger nicht eingeht, zurück und wahrt daher die Anforderungen an die räumliche Nähe der Maßnahmen. Auf die in der mündlichen Verhandlung angesprochene Frage einer sogenannten Kaskadenbesiedlung kommt es danach nicht an.

117Darüber, dass die im Rahmen der Maßnahme 12 ACEF Friedrichsfeld geplante Herstellung von Bruthabitaten für Wiesenvögel die Anforderungen des räumlichen Zusammenhangs nach § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BNatSchG nicht erfüllt, weil eine Entfernung von 9 bis 12 km zu den Eingriffsflächen zu groß ist und daher nicht damit gerechnet werden kann, dass die Tiere auf die neue Fläche umsiedeln (Beweisantrag Nr. 18), war danach kein Beweis zu erheben. Nach ständiger Rechtsprechung kann sich ein Gericht in Planfeststellungsverfahren grundsätzlich auch auf bereits vorliegende gutachterliche Stellungnahmen einschließlich der Erkenntnisse aus Forschungsvorhaben stützen, falls sich deren fehlende Eignung nicht aufdrängt. Gutachten und fachtechnische Stellungnahmen sind dann ungeeignet, wenn sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sie von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder wenn Zweifel an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters bestehen (vgl. 9 B 25.17 - DVBl 2018, 1179 Rn. 32 m. w. N.). Derartige Mängel sind weder ersichtlich noch vom Kläger aufgezeigt; auch sonst hat er keine Tatsachen vorgetragen, welche die Annahmen der Planfeststellungsbehörde erschüttern.

118bb) Die Einwände des Klägers hinsichtlich der Eignung bzw. des Erfolgs der Maßnahmen 12 ACEF sind - ungeachtet der Frage ihrer hinreichenden Substantiierung - unbegründet.

119Zu Unrecht unterstellt der Kläger, der Planfeststellungsbeschluss gehe davon aus, auch die zwischen dem Vorhaben und dem Friedrichsfeld liegende Fläche solle, obwohl ungeeignet, als angrenzender Lebensraum zur Verfügung gestellt werden. Der Planfeststellung liegt vielmehr, wie auch die mündliche Verhandlung bestätigt hat, die Annahme zugrunde, dass der auf dem ehemaligen Standortübungsplatz geplante Offenlandbereich mit 133 ha für die Schaffung eines Ersatzlebensraums für Brutvögel des Offenlandes und der halboffenen Gehölzstrukturen - für die von dem Vorhaben betroffenen gehölzbewohnenden Vogelarten greift die Maßnahme 13 ACEF im Waldgebiet Rechter Brok - ausreichend ist.

120Ebenfalls unbegründet ist die Kritik, zwischen der Ausgangs- und der Zielfläche befinde sich eine Biotopausstattung, die von den Tieren nicht gerne angenommen werde mit der Folge, dass eine Besiedlung des Standortübungsplatzes verhindert würde. Waldbestände finden sich erst im Abstand von etwa 2 km zu der Maßnahmenfläche. Im Übrigen ist die Landschaft zwischen dieser und der geplanten Trasse durch Äcker und Grünland geprägt; Anhaltspunkte für eine Barriere sind daher nicht ersichtlich. Hiergegen spricht im Übrigen auch die in der mündlichen Verhandlung dargelegte zwischenzeitliche Besiedlung der bereits hergestellten Flächen auf dem Friedrichsfeld durch Kiebitze.

121Die mündliche Verhandlung hat darüber hinaus gezeigt, dass die Fläche auch unter Berücksichtigung eines zu erwartenden Abstands der Vögel zu den am nördlichen, östlichen und westlichen Rand des Offenlandes gelegenen Waldflächen hinreichend groß ist. Die dahingehenden Einwände des Klägers und seines Sachverständigen Dr. S. hat der Gutachter des Beklagten und der Beigeladenen, Dipl.-Ing. K., zur Überzeugung des Gerichts entkräftet. Soweit der Kläger einen "Meidebereich" auch in südlicher Richtung behauptet, ist angesichts der sich dort anschließenden Ackerland- und Grünflächen zudem nicht erkennbar, worauf dieser beruhen sollte.

122Ebenfalls unbegründet ist die Kritik des Klägers, eine ausreichende Vernässung des Offenlandbereichs sei nicht möglich. Der diesbezügliche Vortrag erschöpft sich in der Klagebegründung im Wesentlichen in einem Verweis auf eine beigefügte Stellungnahme des BUND Ammerland und genügt damit nicht den Begründungsanforderungen nach § 6 UmwRG. Das Ausweichhabitat entsteht zudem auf einer Fläche, die bislang mit Sumpfwald bestanden war. Ausweislich der Unterlage 19.6.2, Blatt 5, ist diese Fläche durch Biotoptypen mit Bindung an feuchte bzw. nasse Standortverhältnisse sowie durch grundfeuchte bis grundnasse Standorte geprägt. Vorgesehen ist zudem der Rückbau bislang vorhandener Entwässerungseinrichtungen. Die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Lichtbilder haben darüber hinaus die danach zu erwartende ausreichende Vernässung der Fläche bestätigt.

123Der Erfolg der Maßnahmen wird nicht dadurch gefährdet, dass mit dem Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsbeschluss der Zeitpunkt der Entsiegelung von Flächen auf dem Friedrichsfeld (Maßnahme 12.2 A) dahingehend geändert wurde, dass sie nicht schon vor Beginn, sondern erst im Zuge der Straßenbauarbeiten auszuführen ist. Da die Maßnahme - anders als die übrigen Maßnahmen des Pakets 12 ACEF - nicht der Herstellung avifaunistischer Funktionsräume als Ausgleich für deren Beeinträchtigung, sondern dem Ausgleich versiegelungsbedingter Beeinträchtigungen der Schutzgüter Boden und Wasser dient, musste sie nicht bereits zum Zeitpunkt des artenschutzrechtlichen Eingriffs wirksam sein. Die Entsiegelungsflächen machen zudem insgesamt nur weniger als 8 % des vorgesehenen Offenlandbereichs für Wiesenbrüter aus. Das hierfür trotz der Beschränkung der Bauzeiten (Maßnahmen 203.1 VCEF, 202.4 VCEF) zur Verfügung stehende Zeitfenster ist ausreichend, zumal der Vertreter der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen dargelegt hat, dass gegebenenfalls benötigte Lagerflächen auf dem Gelände vorhanden sind.

124cc) Schließlich sieht die Maßnahme 12.1 ACEF neben einer Herstellungskontrolle im Rahmen der Umweltbaubegleitung umfangreiche und längerfristige Funktions- und Erfolgskontrollen vor. So erfolgt im zweiten Jahr nach der Herstellung eine Funktionskontrolle zur Überprüfung, ob die Entwicklung der Grünlandbestände feuchter Standorte im Südosten der Maßnahmenfläche eingeleitet ist und die Maßnahmen zur Wasserhaltung funktionieren; gegebenenfalls sind bauliche Nachbesserungen durchzuführen und zwei Jahre später erneut zu kontrollieren. Für die Offenlandfläche wird darüber hinaus ein jährliches Brutvogelmonitoring über einen Zeitraum von fünf Jahren nach der Flächenherstellung vorgesehen um festzustellen, ob das neu geschaffene Offenland als Wiesenbrutvogellebensraum angenommen und sich die Entwicklung einer stabilen Lebensgemeinschaft einstellen wird. Parallel hierzu wird das Flächenmanagement (extensive Bewirtschaftung, Störungsfreiheit, Wasserhaltung) gemeinsam u. a. mit der zuständigen Naturschutzbehörde beurteilt und anhand der Monitoringergebnisse optimiert. Sollte sich nach fünf Jahren kein signifikanter Ansiedlungsnachweis der Zielarten einstellen, ist die zuständige Naturschutzbehörde einzubinden, um weitere Umsetzungsstrategien und Modifikationen für die Offenlandarten festzulegen. Nach der erfolgreichen Einrichtung der Maßnahme und Festlegung des Managements erfolgt zudem eine fortlaufende Auflagenkontrolle im Rahmen der Flächenbetreuung. Damit legt der Planfeststellungsbeschluss ein hinreichendes Risikomanagement fest, welches den Erfolg der Maßnahme zusätzlich absichert.

125dd) Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom weitere Einwände erhoben hat, sind diese verfristet. Dies gilt auch hinsichtlich der Kritik, der Beklagte habe prüfen müssen, ob ein Lebensraum für Offenlandbrüter nicht an anderer Stelle - etwa durch die Extensivierung von Grünlandflächen in der Wesermarsch - hätte geschaffen werden können. Innerhalb der Klagebegründungsfrist hat der Kläger lediglich geltend gemacht, das Friedrichsfeld werde von den Vögeln nicht angenommen werden, diese würden stattdessen in die Wesermarsch ausweichen. Letztere stellt im Übrigen einen von der Geest, wo der Eingriff erfolgt, gesonderten Landschaftsraum dar. Dort vorhandene oder anzusiedelnde Individuen bilden daher eine gesonderte Population gegenüber den vom Vorhaben betroffenen Vögeln. Dort durchgeführte Maßnahmen wären daher weder im Rahmen des § 44 Abs. 1 Nr. 2 noch des § 44 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BNatSchG beachtlich (zum Abgrenzungskriterium naturräumlicher Landschaftseinheiten vgl. LANA, Hinweise zu zentralen unbestimmten Rechtsbegriffen des Bundesnaturschutzgesetzes, 2009, S. 5; BfN, Besonderer Artenschutz bei Eingriffen, https://www.bfn.de/besonderer-artenschutz-bei-eingriffen#anchor-4113; Runge et al., Rahmenbedingungen für die Wirksamkeit von Maßnahmen des Artenschutzes bei Infrastrukturvorhaben, 2010, S. 81).

126c) Die Annahme, dass bei ubiquitären Arten in der Regel von keiner Verschlechterung des Erhaltungszustands ausgegangen werden kann, entspricht fachlichen Stellungnahmen (vgl. Trautner/Joos, NuL 2008, 265 <270 f.>; LANA, Hinweise zu zentralen unbestimmten Rechtsbegriffen des Bundesnaturschutzgesetzes, 2010, S. 6; s. a. Bernotat/Dierschke, Übergeordnete Kriterien zur Bewertung der Mortalität wildlebender Tiere im Rahmen von Projekten und Eingriffen, 3. Fassung, Stand , S. 7) und wird in der Rechtsprechung grundsätzlich gebilligt (vgl. 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 258 und vom - 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 128; OVG Lüneburg, Urteil vom - 7 KS 17/16 - juris Rn. 286). Danach sind die Verbotstatbestände (nur) im Ausnahmefall im Einzelnen zu prüfen, etwa bei Arten, die gemäß der Roten Liste im entsprechenden Naturraum bedroht sind, oder bei bedeutenden lokalen Populationen mit nennenswerten Beständen im Bereich des Plans oder Vorhabens (vgl. 9 B 25.17 - DVBl 2018, 1179 Rn. 26). Derartige Umstände sind hinsichtlich der vorliegend als Gilden betrachteten Vogelarten weder ersichtlich noch vom Kläger geltend gemacht.

127d) Der Antrag, Beweis darüber zu erheben, dass die östlich der beiden Eingriffsflächen, für die die Maßnahme 12 ACEF Friedrichsfeld einen Ausgleich herstellen soll, liegenden Grünlandbereiche in der Wesermarsch besser geeignet sind als der nördlich bzw. nordwestlich gelegene Standortübungsplatz Friedrichsfeld und daher die Wahrscheinlichkeit, dass die Brutvögel die Flächen in Friedrichsfeld annehmen, gering ist (Beweisantrag Nr. 19), hat keinen Erfolg. Wörtlich verstanden, führt der unter Beweis gestellte Sachverhalt zur Eignung der Flächen in der Wesermarsch auf keine Fehlerhaftigkeit des Planfeststellungsbeschlusses, da - so man ihn als wahr unterstellt und mit dem Kläger die Frage unterschiedlicher Landschaftsräume außer Betracht lässt - auch dann gewährleistet wäre, dass sich der Erhaltungszustand der lokalen Population nicht verschlechtert. Soweit damit unter Beweis gestellt werden soll, dass es der Beklagte versäumt habe, für die Ausgleichsmaßnahmen einen Alternativstandort zu suchen, liegt dem Antrag hingegen - wie vorstehend ausgeführt - innerhalb der Klagebegründungsfrist kein substantiierter Vortrag zugrunde und fehlt es daher auch insoweit an der Entscheidungserheblichkeit.

128Ebenfalls war kein Beweis über den Einwand zu erheben, die am ehemaligen Standortübungsplatz Friedrichsfeld im Rahmen des Maßnahmenkomplexes 12 ACEF vorgesehene Fläche sei für die Schaffung eines Bruthabitats für Wiesenvögel deshalb nicht geeignet, weil die Fläche nicht hinreichend vernässt werden könne und weil die auf dieser Fläche vorgesehenen Blänken aufgrund des Untergrunds immer wieder trockenfallen würden (Beweisantrag Nr. 20). Ungeachtet der unzureichenden Substantiierung des zugrundeliegenden klägerischen Vortrags handelt es sich angesichts der vorstehend beschriebenen tatsächlichen Gegebenheiten, mit denen sich die Klagebegründung nicht auseinandersetzt, um Behauptungen ins Blaue hinein, welche die Annahmen des Planfeststellungsbeschlusses und die ihm zugrundeliegenden gutachterlichen Stellungnahmen nicht erschüttern.

129Schließlich war auch der Antrag abzulehnen, Beweis darüber zu erheben, dass es zu den im Gutachten Dr. S. genannten Verbotstatbeständen des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG kommt (Beweisantrag Nr. 10). Auch insoweit fehlt es an einem hinreichend substantiierten Vortrag und zielt der Antrag nicht auf eine Tatsachenbehauptung, sondern darauf ab, die rechtliche Prüfung eines Verbotstatbestands durch einen Sachverständigen vorzunehmen.

1304. Das Vorhaben führt zu keiner unzulässigen Beeinträchtigung von Lebensstätten i. S. v. § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG. Ob insoweit zumindest der Vortrag, Lebensstättenzerstörungen könnten für Fledermäuse nicht durch eine Installation von Kastenrevieren ausgeglichen werden, hinreichend substantiiert ist, kann dahingestellt bleiben. Der Einwand ist jedenfalls unbegründet, da nach der Maßnahme 17.23 VCEF die Kästen in Übereinstimmung mit entsprechenden fachlichen Empfehlungen (vgl. Runge et al., Rahmenbedingungen für die Wirksamkeit von Maßnahmen des Artenschutzes bei Infrastrukturvorhaben, 2010, S. 52) nur aufgehängt werden, um als "Überbrückungsmaßnahme" einen vorübergehenden Ersatzlebensraum zu schaffen, bis sich die Fledermäuse, sofern erforderlich, neue natürliche Stätten gesucht haben (vgl. Unterlage 9.4 S. 235 f.).

131Der Antrag, Beweis darüber zu erheben, dass es durch die Errichtung und/oder Inbetriebnahme des Vorhabens zu einzelnen, im Gutachten des Sachverständigen Dr. S. genannten Verbotstatbeständen nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG kommen wird (Beweisantrag Nr. 11), war abzulehnen. Ihm liegt weder ein hinreichend substantiierter Vortrag des Klägers zugrunde noch betrifft er eine naturschutzfachlich aufklärungsfähige Tatsachenbehauptung, sondern zielt wiederum auf die - einem Beweis nicht zugängliche - rechtliche Prüfung eines Verbotstatbestands durch einen Sachverständigen ab.

132IV. Der Einwand des Klägers, der Planfeststellungsbeschluss verstoße gegen biotopschutzrechtliche Vorschriften, ist unbegründet.

133Der Kläger rügt, die auf dem Friedrichsfeld vorgesehenen Maßnahmen seien unzulässig, weil hierdurch Biotope zerstört würden. Hiervon geht indes auch der Planfeststellungsbeschluss aus. Er enthält daher bezüglich der auf dem ehemaligen Standortübungsplatz durchgeführten Maßnahmen Befreiungen nach § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG (vgl. PFB S. 7), und zwar von den Verboten nach § 30 Abs. 2 BNatSchG für die Beschädigung/Zerstörung gesetzlich geschützter Biotope (Verlust von 16,2 ha Sumpfwald) und von den Verboten des § 29 Abs. 2 BNatSchG für die Umwandlung von geschütztem Ödland und sonstiger naturnaher Flächen in Sumpfwald durch Aufforsten und natürliche Sukzession. Die Befreiungen werden gemäß § 67 Abs. 3 BNatSchG mit der Verpflichtung verbunden, dass durch die in der Unterlage 9.4 dokumentierten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ein angemessener und zumutbarer Ausgleich oder Ersatz erfolgt. Dabei stehen beide Eingriffe in einem wechselseitigen Verhältnis dergestalt zueinander, dass der eine Eingriff zugleich die Kompensationsmaßnahme für den anderen ist und umgekehrt (vgl. PFB S. 97 f.).

134Auf die Voraussetzungen für die Erteilung der Befreiungen ist der Kläger innerhalb der Klagebegründungsfrist nicht eingegangen. Seine Kritik beschränkt sich darauf, knapp und unter Verweis auf eine Stellungnahme des BUND Ammerland die Möglichkeit einer Entwicklung von Sumpfwald wegen unzureichender Nässe und wegen einer invasiven Baumart in Zweifel zu ziehen. Mit den Einzelheiten der Maßnahme 12.4 A zur Entwicklung naturnaher Sumpfwaldbestände setzt sich die Klagebegründung nicht ansatzweise auseinander. So wird in dem Maßnahmenblatt ausgeführt, die Entwicklung naturnaher Sumpfwälder sei in Bereichen mit (stau)feuchten Standortverhältnissen durch die fortschreitende Etablierung von Schwarzerlen und Weidenarten im Bestand bereits eingeleitet, sodass auf diesen Flächen (ca. 8,9 ha) auf Aufforstungsmaßnahmen zugunsten einer natürlichen Sukzession verzichtet werden könne. Ausweislich der Darstellung der Hydrologie und der vorhandenen Biotoptypen (Unterlage 19.6.2 Blatt 5) soll der Sumpfwald ganz überwiegend an Stellen entstehen, an denen schon jetzt "Biotoptypen mit Bindung an feuchte bzw. nasse Standortverhältnisse" sowie "grundfrische Standorte" eingezeichnet sind.

135Der Einwand des Klägers, die Befreiungen hätten nicht angegriffen werden müssen, da deren Voraussetzungen infolge des Vorhandenseins von Alternativflächen für die auf dem Friedrichsfeld vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen entfielen, rechtfertigt schon deshalb keine abweichende Bewertung, weil der Kläger diesbezüglich - wie bereits dargelegt - innerhalb der Klagebegründungsfrist keine substantiierten Rügen erhoben hat.

136V. Das Vorhaben genügt der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung. Diese steht insbesondere nicht der Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen auf dem Gelände des ehemaligen Standortübungsplatzes entgegen.

1371. Nicht vermeidbare erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sind, soweit dies möglich ist, gemäß § 13 Satz 2 BNatSchG durch Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen zu kompensieren. Ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neu gestaltet ist (§ 15 Abs. 2 Satz 3 BNatSchG). Für Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen kommen daher nur Flächen in Betracht, die aufwertungsbedürftig und -fähig sind, d. h. die in einen Zustand versetzt werden können, der sich im Vergleich mit dem Früheren als ökologisch höherwertig einstufen lässt. Entscheidend ist die ökologische Gesamtbilanz aus der Verschlechterung durch die Baumaßnahme einerseits und der ökologischen Aufwertung der Kompensationsfläche andererseits ( 9 A 18.15 - Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 68 Rn. 52 m. w. N. <insoweit in BVerwGE 156, 215 nicht abgedruckt>).

138Soweit die Inanspruchnahme ökologisch hochwertiger Flächen inmitten steht, kommen diese, wenn sie bereits jetzt die Funktionen erfüllen, deren Beeinträchtigung kompensiert werden soll, für Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen grundsätzlich nicht in Betracht (vgl. 4 A 29.95 - Buchholz 407.4 § 19 FStrG Nr. 8 S. 14; Guckelberger, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 15 Rn. 64), sofern nicht ihr ökologischer Wert noch in einem Maße gesteigert werden kann, der das Ausmaß des vorhabenbedingten Eingriffs ausgleicht. Der Vorhabenträger ist dabei allerdings nicht darauf beschränkt, Landschaftsräume linear dergestalt fortzuentwickeln, dass vorhandene Strukturen lediglich aufgewertet, ausgebaut und verbessert werden. Daher steht der Eignung einer Fläche nicht grundsätzlich entgegen, dass darauf vorgesehene Maßnahmen ihrerseits einen Eingriff in Natur und Landschaft darstellen. Wegen eines naturschutznäheren Endziels kann die Behörde Maßnahmen ergreifen, die zunächst eine Beeinträchtigung des bestehenden naturhaften Zustands darstellen. Erweist sich die Maßnahme in der naturschutzfachlichen Gesamtbilanz als günstig, stellt sie also insbesondere eine wesentliche Verbesserung des bestehenden Zustandes dar, bedarf der mit der Maßnahme zunächst bewirkte Eingriff keiner weiteren Kompensation durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, sondern geht regelmäßig in die ökologische Gesamtbilanz ein ( 7 B 7.14 - ZUR 2015, 85 Rn. 18). Weist diese indes keine Verbesserung der in Anspruch genommenen Fläche aus, hat die Ausgleichsmaßnahme und damit der mit ihr verbundene Eingriff regelmäßig zu unterbleiben, es sei denn, dieser Eingriff wird seinerseits kompensiert ( 7 B 45.08 - Buchholz 406.400 § 18 BNatSchG 2002 Nr. 1 Rn. 20 f.; Gellermann, in: Landmann/Rohmer, § 15 BNatSchG Rn. 12). Zudem dürfen Flächen, die bereits ökologisch hochwertig sind und deshalb ein vergleichsweise geringes Verbesserungspotential aufweisen, regelmäßig nur nach vorheriger Prüfung, ob nicht auf eine Alternativfläche mit geringer ökologischer Wertigkeit zurückgegriffen werden kann, für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in Anspruch genommen werden (vgl. 7 B 45.08 - Buchholz 406.400 § 18 BNatSchG 2002 Nr. 1 Rn. 13 f.; Urteil vom - 9 A 18.15 - Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 68 Rn. 60 <insoweit in BVerwGE 156, 215 nicht abgedruckt>; OVG Schleswig, Urteil vom - 4 LB 15/06 - NuR 2009, 210 <211 f.>).

139Diese eingriffsrechtlichen Grundsätze gelten unabhängig davon, ob eine Maßnahme zugleich - wie vorliegend - neben der eingriffsrechtlichen auch eine artenschutzrechtliche Kompensation bezweckt. Die Annahme einer Hierarchie dergestalt, dass für eine Maßnahme, die artenschutzrechtlich der Wahrung ökologischer Funktionen im räumlichen Zusammenhang dient, auch dann hochwertige Flächen ohne Weiteres in Anspruch genommen werden können, wenn darin zugleich eine erhebliche Beeinträchtigung von Natur und Landschaft liegt, findet, da die arten-, biotop- und naturschutzrechtlichen Eingriffs- und Ausgleichsregelungen grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinander stehen, im Gesetz keine Stütze. Wo diese einander bedingen bzw. beeinflussen, ist dies - wie etwa in § 44 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG - ausdrücklich geregelt.

1402. Die Durchführung der Maßnahmen auf dem Friedrichsfeld genügt diesen Anforderungen. Es handelt sich um eine ökologisch hochwertige Fläche, deren Zustand sich durch die Durchführung der Kompensationsmaßnahme 12 ACEF zunächst verschlechtert (a). Dieser Eingriff wird jedoch dergestalt ausgeglichen, dass die ökologische Gesamtbilanz insgesamt eine Verbesserung aufweist (b). Ihm steht schließlich nicht entgegen, dass sich anstelle der ausgewählten eine andere Fläche als Alternative aufgedrängt hätte (c).

141a) Der ehemalige Standortübungsplatz stellt derzeit in Teilen einen ökologisch hochwertigen Biotopkomplex aus Wald sowie offenen und halboffenen Standorten dar. Dieser umfasst neben großflächigen Sumpfwaldbeständen u. a. magere Grünlandflächen und wertvolle Orchideenbestände. Von der Hauptfläche des Standortübungsplatzes entfallen 1,8 v. H. auf Biotoptypen von besonderer und weitere 46 v. H. auf Biotoptypen von besonderer bis allgemeiner Bedeutung; im Bereich des ehemaligen Munitionsdepots westlich des Hauptbereichs belaufen sich die entsprechenden Anteile auf 0,34 v. H. und 38 v. H. Gleichwohl bestimmt weiterhin die ehemalige Nutzung des Standortübungsplatzes und des westlich gelegenen Munitionsdepots die Bereiche, sodass sich auch großflächig versiegelte Flächen und Bebauung finden. Zudem bestehen eine starke Tendenz der Verbuschung sowie ein großer Druck durch eine zunehmende Freizeitnutzung (vgl. Unterlagen 9.4 S. 82 und 19.6.1 S. 31 ff.).

142Mit der Herstellung eines insgesamt 133 ha großen Offenlandbereichs für Wiesenbrüter (Maßnahme 12.1 ACEF) werden vorhabenbedingte Revierverluste ausgeglichen, jedoch zugleich großflächig Gehölze - insbesondere 16,2 ha gesetzlich geschützter Sumpfwald - gerodet. Damit handelt es sich, wovon auch der Planfeststellungsbeschluss ausgeht, nicht um lediglich vorübergehende Eingriffe auf dem Weg zu einem naturschutznäheren Endziel, sondern um erhebliche, ihrerseits kompensationsbedürftige Beeinträchtigungen.

143b) Diese werden indes innerhalb des Plangebiets durch die Entwicklung von Sumpfwald und weitere Aufforstungsmaßnahmen kompensiert (vgl. Maßnahmen 12.3 ACEF, 12.4 A und 200 EFORST).

144Die vorgesehenen Maßnahmen erreichen dabei insgesamt eine ökologische Wertigkeit, die nicht nur den vorhabenbedingten, sondern auch den Eingriff auf dem Standortübungsplatz ausgleicht und damit über diejenige des derzeitigen Bestandes hinausgeht. Insbesondere wird durch die Anpflanzung von Sumpfwaldbeständen und durch weitere Aufforstungen (vgl. Maßnahmen 12.3 ACEF, 12.4 A, 12.5 A und 200 EFORST) hinreichender Ersatz für die Rodung von Gehölzen zur Herstellung des Offenlandbereichs geschaffen. Entscheidend hierfür ist die Gesamtbilanz nach dem der Planung zugrunde gelegten Biotopbewertungsverfahren. Die Gutachter des Beklagten und der Beigeladenen, Prof. Dr. K. und Dipl.-Ing. K., haben hierzu zur Überzeugung des Senats in der mündlichen Verhandlung eine Erhöhung der Biotopwertpunkte spätestens nach 25 Jahren von derzeit rund 8 Mio. auf 12 Mio. und damit eine deutliche Verbesserung der ökologischen Gesamtbilanz dargelegt. Insoweit hat der Sachverständige Prof. Dr. Ka. darauf hingewiesen, dass es für die Aufwertung nicht allein darauf ankommt, dass der Sumpfwald zeitnah wieder aufgeforstet wird, sondern dass schon einem jungen Sumpfwald, insbesondere auch wegen der Vernässung, bereits innerhalb deutlich kürzerer Zeit eine hohe Wertigkeit zukommt und er lediglich zur Wiederherstellung der bisherigen Funktionen längere Zeit benötigt. Die Entwicklungszeiten sind zudem bereits im Biotopbewertungsverfahren berücksichtigt (vgl. beispielsweise Anlage 5 der BKompV, lit. B). Hinzu kommt, dass mit dem Rückbau von Entwässerungseinrichtungen eine Vernässung auch des Offenlandbereichs erfolgt, mithin auf der gesamten Fläche ein klimatisch positiver Effekt erzielt wird, und dass durch die Reduktion der Freizeitnutzung des Friedrichsfelds, welche bislang auf dem Gebiet lastete und dem Naturschutz abträglich war, die ökologische Funktion verbessert wird. Zudem wird einer zunehmenden Verbuschung entgegengewirkt.

145Der Vereinbarkeit mit den eingriffsrechtlichen Anforderungen steht dabei nicht entgegen, dass der Planfeststellungsbeschluss die Aufforstung nicht als Ausgleichs-, sondern als Ersatzmaßnahme bewertet. Denn seit der Neufassung des § 15 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG 2010 stehen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen gleichrangig nebeneinander (vgl. 7 B 7.14 - ZUR 2015, 85 Rn. 18).

146c) Wie ausgeführt, hat der Kläger innerhalb der Klagebegründungsfrist nicht dargelegt, dass auf eine Alternativfläche mit geringerer Wertigkeit hätte zurückgegriffen werden können, und liegen die von ihm verspätet benannten Alternativflächen in größerer Entfernung innerhalb eines anderen Naturraums. Gerichtlicher Überprüfungsmaßstab ist im Übrigen, ob sich ein anderer Standort aufgedrängt hätte. Hierfür hat auch die mündliche Verhandlung keine Anhaltspunkte ergeben. Danach streitet für die Wahl des ehemaligen Standortübungsplatzes vielmehr neben dessen Aufwertungsfähigkeit, dass es sich um eine große, zusammenhängende und deshalb besser zu kontrollierende Fläche handelt.

1473. Der eingriffsrechtlichen Bewertung liegt schließlich keine fehlerhafte Berechnung von Entsiegelungsflächen zugrunde. Der Vertreter der Beigeladenen hat die dahingehenden Einwände des Klägers in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Senats entkräftet.

148VI. Ohne Erfolg rügt der Kläger, auch nach der Anordnung des Einbaus von Bodenretentionsfilteranlagen und der Überarbeitung des wasserrechtlichen Fachbeitrags im Zuge des Planänderungs- und -ergänzungsverfahrens widerspreche das Vorhaben wasserrechtlichen Bestimmungen.

149Soweit er zur Begründung auf ein beigefügtes Gutachten des Sachverständigen Dr. So. verweist, werden dessen Ergebnisse lediglich punktuell erwähnt bzw. zusammengefasst, ohne dass eine rechtliche oder tatsächliche Einordnung erfolgt oder das Vorbringen aus sich heraus verständlich ist. Darüber hinaus rügt der Kläger, Parameter seien nicht untersucht worden und Einstufungen für mehrere Qualitätskomponenten fehlten, ohne diese auch nur zu benennen. Dies genügt den Anforderungen an die Klagebegründung nicht.

150Auch im Übrigen führt das Vorbringen des Klägers auf keine Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses in der Fassung des Planänderungs- und -ergänzungsbeschlusses. So verkennt sein Einwand, das Vorhaben genüge nicht den Anforderungen der Richtlinien für bautechnische Maßnahmen in Wasserschutzgebieten (RiStWag), dass im Zeitpunkt der Planfeststellung weder das geplante Wasserschutzgebiet Westerstede ausgewiesen noch ein Verfahren zu seiner Festsetzung eingeleitet war, und geht nicht darauf ein, dass der Planfeststellungsbeschluss in der Nebenbestimmung 1.1.5.3 Nr. 7 bereits Vorgaben für den Fall einer künftigen Ausweisung des Wasserschutzgebiets enthält. Die eher pauschalen Zweifel an der Reinigungsleistung mittels Versickerung lassen unberücksichtigt, dass dies den Empfehlungen des DWA-Arbeitsblatts A 178 entspricht und anstehende Oberböden und Torfe zur Verbesserung der Versickerungsleistung durch Sand ersetzt werden. Soweit der Kläger darüber hinausgehend ein Überschreiten der Jahresdurchschnitt-Umweltqualitätsnorm bei Cadmium, Blei und Fluoranthen rügt, erfolgte dieser Vortrag - ebenso wie seine Einwände hinsichtlich vermeintlicher Auswirkungen auf das Grundwasser - erst nach Ablauf der Klagebegründungsfrist. Seine Kritik an unterschiedlichen Angaben bezüglich der zu entwässernden Straßenflächen hat der Beklagte mit der Erläuterung entkräftet, dass die zu berücksichtigenden Flächenanteile abhängig vom Kontext der jeweiligen Untersuchung sind.

151VII. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem erheblichen Abwägungsmangel.

152Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Das Abwägungsgebot verlangt, dass - erstens - eine Abwägung überhaupt stattfindet, – zweitens - in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und - drittens - weder die Bedeutung der öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung ermächtigte Stelle in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (stRspr, vgl. 4 A 5.17 - BVerwGE 161, 263 Rn. 73 und vom - 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 656).

153Hiervon ausgehend liegen Abwägungsfehler weder hinsichtlich der Abschnittsbildung (1.), noch in Bezug auf den Klimaschutz (2.), Feinstaub-Expositionen (3.) oder die Gefahr der Ausbreitung von Seuchen (4.) vor. Soweit der Kläger zunächst Einwände auch hinsichtlich der Bewertung des Verkehrs erhoben hat, hat er in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass sie sich nur auf die aus seiner Sicht erforderliche habitatschutzrechtliche Abweichungsprüfung beziehen.

1541. Der Kläger macht ohne Erfolg die Fehlerhaftigkeit der Abschnittsbildung geltend.

155a) Sein Einwand, der isoliert für den planfestgestellten Abschnitt prognostizierte Verkehr von 12 700 bis 13 600 Kfz/24h rechtfertige nicht den Bau einer Autobahn, die gemäß den Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA) eine Verkehrsstärke von mindestens 18 000 Kfz/24h voraussetze, führt auf keinen Fehler der Planfeststellung. Autobahnprojekte dürfen - und können - (nur) abschnittsweise realisiert werden. Dem widerspräche es, müsste für jeden Abschnitt schon nach isolierter Betrachtung der Verkehrsbedarf für eine Autobahn nachgewiesen werden. Der Abschnitt muss daher für den Fall, dass sich das Gesamtkonzept der Planung im Nachhinein als nicht realisierbar erweist, zwar eine eigenständige, nicht jedoch in vollem Umfang die ihm in der Gesamtplanung zugedachte Verkehrsfunktion haben (vgl. 4 C 19.94 - BVerwGE 100, 370 <387 f.>, vom - 4 A 5.04 - BVerwGE 123, 23 <25 f.> und vom - 9 A 33.04 - juris Rn. 33). Es bedarf vorliegend daher auch keiner rechtlichen Verknüpfung der Abschnitte dergestalt, dass sie erst nach einer bestandskräftigen Planfeststellung aller Abschnitte umgesetzt werden dürfen.

156b) Die Abwägung ist darüber hinaus nicht wegen einer fehlerhaften Prüfung der Realisierbarkeit der Folgeabschnitte rechtswidrig.

157Für sämtliche niedersächsischen Abschnitte der A 20 liegen Unterlagen für die Planung mit unterschiedlichen Bearbeitungsständen vor. Für alle Abschnitte existieren Aussagen zur Gebietsverträglichkeit, die zum Teil für bestimmte Fragestellungen wie beispielsweise Stickstoffeinträge durch aktuelle Angaben ergänzt wurden. Für einen Teil der Abschnitte gibt es darüber hinaus bereits artenschutzrechtliche Fachgutachten. Unter anderem auf der Grundlage der vorgenannten Unterlagen hat die Vorhabenträgerin eine 180-seitige Vorausschau zur abschnittsweisen Planfeststellung der A 20 erstellt, die zu dem Ergebnis kommt, dass deren Realisierung keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstehen (Unterlage 22.8).

158Die Kritik des Klägers, die Prüfung unüberwindbarer Hindernisse hätte in einer für eine abschließende Beurteilung erforderlichen Tiefe erfolgen und berücksichtigen müssen, dass die A 20 im weiteren Verlauf mehrere - teils falsch abgegrenzte - Natura 2000-Gebiete beeinträchtige, ist unbegründet. Die Zulässigkeit einer planungsrechtlichen Abschnittsbildung ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich anerkannt. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass angesichts vielfältiger Schwierigkeiten, die mit einer detaillierten Streckenplanung verbunden sind, die Planfeststellungsbehörde ein planerisches Gesamtkonzept häufig nur in Teilabschnitten verwirklichen kann. Dementsprechend sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die verfahrens- und materiellrechtlichen Anforderungen an die fernstraßenrechtliche Planfeststellung einheitlich auf denselben Abschnitt als Vorhaben im fernstraßenrechtlichen Sinne zu beziehen. Eine Teilplanung kann allerdings nicht so weit verselbständigt werden, dass durch die Gesamtplanung geschaffene Probleme unbewältigt bleiben. Ihre Folgen für die weitere Planung dürfen daher nicht gänzlich ausgeblendet bleiben.

159Das läuft indes nicht darauf hinaus, bereits im Rahmen der Planfeststellung für einen einzelnen Abschnitt mit derselben Prüfungsintensität der Frage nach den Auswirkungen auf nachfolgende Planabschnitte oder gar auf das Gesamtvorhaben nachzugehen. Andernfalls würden die Vorteile, die eine Abschnittsbildung im Interesse einer praktikablen, effektiv handhabbaren und leichter überschaubaren Planung rechtfertigen, wieder zunichtegemacht. Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr eine summarische Prüfung, ob der Verwirklichung des Gesamtvorhabens von vornherein unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen ( 9 A 18.15 - Buchholz 451.91 EuropUmweltR Nr. 68 Rn. 31 f. m. w. N. <insoweit in BVerwGE 156, 215 nicht abgedruckt>). Diese Prognose fällt nicht schon deshalb negativ aus, weil das Vorhaben im weiteren Verlauf voraussichtlich nachteilige Auswirkungen auf ein FFH-Gebiet haben kann oder haben wird; vielmehr ist auch zu berücksichtigen, ob es möglich erscheint, mit Hilfe von Schutzmaßnahmen die Verträglichkeit zu gewährleisten oder aufgrund einer Abweichungsprüfung zur Zulässigkeit des Vorhabens zu gelangen ( 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 151 m. w. N.). Hiervon ausgehend hat der Senat bereits festgestellt, dass dem Gesamtvorhaben der A 20 nach dem Stand der Erkenntnis im jeweiligen Entscheidungszeitpunkt keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstehen ( 9 A 14.12 - BVerwGE 148, 373 Rn. 151 und vom - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 45).

160Dies gilt auch, soweit der Kläger geltend macht, zumindest in einzelnen der Folgeabschnitte müsse der globale Klimaschutz berücksichtigt werden, da auf diese die UVP-Richtlinie und das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG - in ihrer aktuellen Fassung Anwendung fänden. Insoweit verkennt das Vorbringen, dass Prüfungsmaßstab eines planfestgestellten Abschnitts lediglich ist, ob Folgeabschnitten unüberwindbare Hindernisse entgegenstehen. Weitere Abschnitte sind daher nicht schon jetzt einer umfänglichen Prüfung anhand künftiger Fassungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen, zumal der Kläger selbst darauf verweist, dass hierfür bislang noch keine gefestigten Kriterien vorliegen. Dies führt im Übrigen ebenso wenig wie eine unionsrechtlich vorgegebene künftige Berücksichtigung des globalen Klimas dazu, dass keine Autobahn mehr gebaut werden darf. Dem steht bereits entgegen, dass das Unionsrecht selbst gemäß der TEN-V von der grundsätzlichen Realisierbarkeit von Autobahnen einschließlich der A 20 ausgeht.

1612. Belange des globalen Klimaschutzes mussten vorliegend nicht in die Abwägung eingestellt werden.

162a) Eine Berücksichtigungspflicht ergibt sich hier nicht aus dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung. Für das streitgegenständliche Planfeststellungsverfahren ist nach § 74 Abs. 2 Nr. 2 UVPG das Gesetz noch in der bis zum geltenden Fassung vom - UVPG (a. F.) - anzuwenden, weil der Antrag auf Durchführung des Verfahrens unter Vorlage der Planfeststellungsunterlagen vor dem erfolgt ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats erfordert die Umweltverträglichkeitsprüfung nach altem Recht keine Berücksichtigung globaler Klimaauswirkungen (vgl. 9 A 7.19 - BVerwGE 170, 138 Rn. 77 und vom - 9 A 7.21 - juris Rn. 65 m. w. N.). Daran ändert auch das Inkrafttreten des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG) am nichts, weil dies nicht zu einer nachträglichen "Aufladung" und Erweiterung des Begriffs der Umweltauswirkungen bei der Umweltverträglichkeitsprüfung um den Aspekt des globalen Klimas geführt hat (vgl. 9 A 7.21 - juris Rn. 66).

163b) Auch auf § 13 Abs. 1 Satz 1 KSG, wonach die Träger öffentlicher Aufgaben bei ihren Planungen und Entscheidungen den Zweck des Klimaschutzgesetzes und die zu seiner Erfüllung festgelegten Ziele zu berücksichtigen haben, kann sich der Kläger hier nicht mit Erfolg berufen. Diese Vorschrift begründet zwar eine Verpflichtung der Planfeststellungsbehörde, den globalen Klimaschutz und die Klimaschutzziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes als öffentlichen Belang in die Gesamtabwägung nach § 17 Abs. 1 Satz 4 FStrG einzustellen (vgl. im Einzelnen 9 A 7.21 - juris Rn. 60 ff.), sie galt jedoch zum Zeitpunkt der umfassenden Abwägung der maßgeblichen Belange im Planfeststellungsbeschluss vom noch nicht, weil das Bundes-Klimaschutzgesetz erst am in Kraft getreten ist. Darauf, dass der Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss erst danach - am - erlassen wurde, kommt es hier nicht an. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses ist grundsätzlich dessen Erlass. Auf den Zeitpunkt eines Ergänzungsbeschlusses ist nur insoweit abzustellen, als die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidung im ergänzenden Verfahren auf veränderte tatsächliche oder rechtliche Verhältnisse stützt und auf der Grundlage einer Aktualisierung der Beurteilungsgrundlagen eine Neubewertung vornimmt (vgl. 9 A 5.08 - BVerwGE 136, 291 Rn. 29 und vom - 9 C 3.16 - Buchholz 406.403 § 34 BNatSchG 2010 Nr. 14 Rn. 42; Beschluss vom - 9 B 43.16 - Buchholz 406.403 § 34 BNatSchG 2010 Nr. 16 Rn. 23). Die Gesamtabwägung des vorliegenden Planfeststellungsänderungs- und -ergänzungsbeschlusses ist auf die darin geregelten punktuellen Änderungen beschränkt; eine Neubewertung des Vorhabens im Hinblick auf klimaschutzrechtliche Aspekte wird ausdrücklich verneint (PFB S. 97). Hieraus eine (negative) Neubewertung zu schlussfolgern, aus der dann wiederum die Anwendbarkeit des Bundes-Klimaschutzgesetzes folgt, kommt nicht in Betracht.

164c) Aus dem folgt ebenfalls keine Notwendigkeit zur Prüfung der Klimarelevanz des Vorhabens. Soweit danach gemäß Art. 20a GG eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates zum Klimaschutz besteht, handelt es sich um einen Regelungsauftrag an den Gesetzgeber, dem dieser mit Erlass des Bundes-Klimaschutzgesetzes grundsätzlich nachgekommen ist. Der vom Bundesverfassungsgericht hervorgehobene Grundrechtsschutz wirkt sich im Übrigen nicht dergestalt aus, dass nur noch klimaneutrale oder -verträgliche Eingriffe zulässig sind; vielmehr geht es insoweit darum, klimarelevante grundrechtliche Freiheiten einerseits und deren durch Reduktionslasten bedingte Einschränkungen andererseits generationengerecht zu verteilen, sodass nicht einer Generation zugestanden wird, unter vergleichsweiser milder Reduktionslast große Teile des CO2-Budgets zu verbrauchen und damit anderen Generationen eine radikale Reduktionslast zu überlassen mit der Folge, dass deren Leben schwerwiegenden Freiheitseinbußen ausgesetzt würden ( u. a. - BVerfGE 157, 30 Rn. 192).

165d) Das Übereinkommen von Paris vom , dem der Bundestag mit Gesetz vom zugestimmt hat (BGBl. II S. 1082) und das am in Kraft trat, verlangt - wenngleich das Abkommen bereits bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses am galt - ebenfalls keine Berücksichtigung des globalen Klimaschutzes im Rahmen der Genehmigung des angefochtenen Vorhabens. Das Abkommen verpflichtet die Bundesregierung, bestimmte Klimaziele einzuhalten, nicht aber, dass jedes Vorhaben eine bestimmte Prüfung durchlaufen muss. In Ermangelung einer gesetzgeberischen Konkretisierung war der Beklagte danach insbesondere nicht gehalten zu prüfen, ob die Klimaziele des Übereinkommens auch mit dem planfestgestellten Vorhaben erreichbar bleiben. Dies hängt - ungeachtet von Prognose- und Berechnungsschwierigkeiten bei der Ermittlung der Emissionen einzelner Vorhaben - u. a. davon ab, wieviel CO2 an anderer Stelle emittiert werden darf bzw. noch ausgestoßen werden wird. Die sich hierbei ergebenden komplexen Allokations- und Prognoseverfahren sind nicht vorhabenbezogen durch Planfeststellungsbehörden oder Gerichte, sondern durch den Gesetzgeber im Rahmen einer ganzheitlichen Verkehrs- und Klimaschutzpolitik zu entscheiden (vgl. VG Aachen, Beschluss vom - 6 L 418/21 - ZfB 2022, 121 Rn. 87 ff.), welche zugleich konkrete Vorgaben, Instrumentarien und Kriterien für vorhabenbezogene Einzelentscheidungen regelt und so den Klimaschutz auf dieser Ebene erst operabel macht.

166e) Aus § 1 Abs. 3 Nr. 4 BNatSchG, demzufolge zur dauerhaften Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts u. a. das Klima durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu schützen ist, folgt gleichfalls keine Abwägungsrelevanz des globalen Klimas. Zwar ist die Vorschrift nicht auf das örtliche Klima beschränkt (vgl. BT-Drs. 14/6378 S. 35) und geht über einen unverbindlichen Programmsatz hinaus; ihr kommt - wie § 1 BNatSchG insgesamt - eine Funktion als Auslegungshilfe bzw. Abwägungsdirektive zu (vgl. Heß/Wulff, in: Landmann/Rohmer, UmweltR, § 1 BNatSchG Rn. 4; Mengel, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 3. Aufl. 2021, § 1 Rn. 9 ff.). Allerdings zielt die Vorschrift schon ihrem Wortlaut nach auf das naturschutzrechtliche Regelungsgefüge und folgt aus § 2 Abs. 3 BNatSchG, dass sie auch dort keinen Vorrang gegenüber anderen Belangen einnimmt. Einen hiervon unabhängigen, im Rahmen der planfeststellungsrelevanten Abwägung gesondert zu beachtenden eigenständigen Belang begründet sie daher nicht.

167f) Soweit der Kläger schließlich geltend macht, das Klima sei entgegen § 2 Abs. 1 Niedersächsisches Raumordnungsgesetz in der Umweltverträglichkeitsprüfung des Raumordnungsverfahrens nicht berücksichtigt worden, was zur Fehlerhaftigkeit auch des Planfeststellungsverfahrens führe, verweist die Klagebegründung lediglich auf eine beigefügte Stellungnahme von Prof. W. Dies genügt den Begründungsanforderungen nicht. Anhaltspunkte dafür, wie sich ein etwaiger Fehler im Raumordnungsverfahren auf die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses hätte auswirken können, sind weder ersichtlich noch vom Kläger dargelegt.

1683. Die Abwägung ist nicht deshalb fehlerhaft, weil sie das nationale Ziel gemäß § 5 Abs. 5 der 39. BImSchV zur Reduzierung der PM2,5-Exposition unberücksichtigt lässt.

169Der Kläger rügt, Anlage 12 der 39. BImSchV sehe bei einer bestehenden Belastung von 13 - 18 µg/cbm eine Pflicht zur Reduktion um 15 % vor. Ausweislich der luftschadstofftechnischen Untersuchung sei vorliegend von einem Vorbelastungswert von 13 µg/cbm auszugehen. Statt einer Reduzierung auf 11,05 µg/cbm würden vorhabenbedingt in einem Streifen von 200 m jedoch Werte zwischen 13,1 und 14,1 µg/cbm erreicht. Dies berücksichtige der Planfeststellungsbeschluss nicht, sodass er zugleich abwägungsfehlerhaft sei.

170Das Vorbringen zeigt keine Fehlerhaftigkeit des Planfeststellungsbeschlusses auf. § 5 Abs. 5 der 39. BImSchV beschreibt ein nationales Ziel, nicht jedoch im Rahmen der Vorhabenzulassung zu bewältigende Vorgaben. Die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV ist zudem nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens, weil Grenzwertüberschreitungen nach dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG, § 27 der 39. BImSchV) unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden sind (vgl. 9 A 19.11 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 228 Rn. 38 und vom - 9 A 14.16 - BVerwGE 160, 78 Rn. 120). Soweit danach ein Vorhaben gleichwohl dann nicht zugelassen werden darf, wenn absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern - etwa weil die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten -, sind Anhaltspunkte hierfür weder ersichtlich noch vom Kläger dargelegt. Ausweislich der Luftschadstoffuntersuchungen unterschreiten im Prognosejahr 2030 die Belastungen mit Stickstoffdioxid, den Feinstaubimmissionen PM10 und PM2,5 sowie Benzol im Untersuchungsgebiet insgesamt - d. h. unter Berücksichtigung sowohl der Hintergrund- als auch der vorhabenbedingten Belastungen - deutlich die Grenzwerte der 39. BImSchV. Dem ist der Kläger nicht entgegengetreten.

1714. Soweit der Kläger schließlich rügt, die Ausbreitung tödlicher Seuchen - insbesondere der Afrikanischen Schweinepest - entlang von Autobahnen habe keine Berücksichtigung gefunden, hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit einer Übertragung von Krankheitserregern über die Luft im Planfeststellungsverfahren geprüft wurde, jedoch insbesondere wegen der jeweils nur kurzfristigen Exposition als gering einzuschätzen war.

172D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 155 Abs. 1 Satz 3, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2022:070722U9A1.21.0

Fundstelle(n):
SAAAJ-27424