BGH Beschluss v. - 2 StR 501/21

Strafverfahren: Anforderungen an eine Berichtigung des Hauptverhandlungsprotokolls

Gesetze: § 249 Abs 2 S 3 StPO, § 261 StPO

Instanzenzug: LG Frankfurt Az: 5/14 KLs 10/20

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten und den nicht revidierenden Mitangeklagten C.   wegen „unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln (Amphetamin) in nicht geringer Menge“ zu Freiheitsstrafen von jeweils vier Jahren und zehn Monaten verurteilt. Es hat bei beiden Angeklagten jeweils ein sichergestelltes EncroChat-Mobiltelefon und bei C.   darüber hinaus insgesamt 97.295,7 g Amphetamin, näher dargestellte Chemikalien und Utensilien zur Amphetaminherstellung sowie Haschisch und Marihuana in geringerem Umfang eingezogen. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

21. Nach den Feststellungen verabredete der Angeklagte mit einem verdeckten Ermittler am die Lieferung von 100 kg Amphetamin mittlerer Qualität für insgesamt 110.000 €. Bei wem der Angeklagte das Rauschgift bestellte, konnte nicht festgestellt werden. C.   beteiligte sich zur Umsetzung des gemeinsamen Tatplanes an der Herstellung des Amphetamins und übernahm nach Weisung des Angeklagten mittels der sichergestellten EncroChat-Mobiltelefone die Auslieferung der Drogen. Anlässlich der Übergabe von 87.557,1 g Amphetamin an einen weiteren verdeckten Ermittler erfolgte die Verhaftung des C.  . Zeitgleich wurde der Angeklagte, der zuvor in einer von beiden Angeklagten mit einem unbekannten Tatgenossen genutzten SkyECC-Chatgruppe die Übergabe der Drogen durch C.   freigegeben hatte und der mit dem Scheinaufkäufer in einem Restaurant auf die Bestätigung der Drogenübergabe zur Entgegennahme des Kaufpreises wartete, festgenommen. Bei der anschließenden Durchsuchung der Wohnung und der Kellerräume des C.   wurden weitere 9.738,6 g Amphetaminzubereitung, die eingezogenen Chemikalien und Utensilien zur Amphetaminherstellung sowie 95,5 g Haschisch und 3,5 g Marihuana sichergestellt.

32. Die auf die Sachrüge veranlasste Überprüfung des angegriffenen Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

43. Hingegen führt die zulässig erhobene Verfahrensrüge, die Strafkammer habe bei ihrer Überzeugungsbildung unter Verstoß gegen § 249 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 261 StPO Urkunden eines Selbstleseverfahrens verwertet, bei dem eine Kenntnisnahme durch die Berufsrichter nicht festgestellt sei, zur Aufhebung des – insoweit alleine betroffenen – Strafausspruchs. Die von den Urkundspersonen vorgenommene Protokollberichtigung erweist sich als unwirksam.

5a) Der Verfahrensrüge liegt folgendes Geschehen zugrunde:

6Am zweiten Hauptverhandlungstag, dem , verkündete die Vorsitzende nach der Gewährung rechtlichen Gehörs den Beschluss, 24 näher bezeichnete Urkunden im Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung einzuführen. Am 4. Hauptverhandlungstag, dem , fragte sie, ob alle Verfahrensbeteiligten Kenntnis von dem Selbstleseordner genommen hätten und stellte ausweislich der Sitzungsniederschrift fest: „Die Schöffen, die Vertreter der Staatsanwaltschaft, die Verteidiger sowie die Angeklagten erklärten, vom Inhalt des Selbstleseordners voll umfänglich Kenntnis genommen zu haben.“

7Auf die Verfahrensrüge der Revision, dass nicht festgestellt und protokolliert sei, dass (auch) die Berufsrichterinnen vom Wortlaut der Urkunden des Selbstleseordners Kenntnis genommen hätten und auch eine anderweitige Einführung der Urkunde unterblieben sei, leitete die Strafkammervorsitzende am ein Protokollberichtigungsverfahren ein. Zuvor hatte sie am folgende dienstliche Erklärung abgegeben: „Nach meiner Erinnerung habe ich nach Befragung auch festgestellt, dass die Berufsrichterinnen die Selbstlesemappe durch Lesen zur Kenntnis genommen haben. Dies entspricht auch meinen Notizen und der von mir verwendeten Formulierung, die auch aus dem Sitzungsprotokoll vom , S. 2, ersichtlich ist.“ Der von der Vorsitzenden in Bezug genommene Abschluss eines weiteren Selbstleseverfahrens am hat folgenden Inhalt: „Es wurde festgestellt, dass sämtliche Verfahrensbeteiligte Gelegenheit hatten, vom Inhalt der Selbstlesemappe Kenntnis zu nehmen und die Berufsrichterinnen und die Schöffinnen die Urkunden und Schriftstücke der Selbstlesemappe gelesen haben.“

8Die Protokollführerin, der die Vorsitzende ihre dienstliche Erklärung zugeleitet hatte, erklärte unter dem : „Ich kann mich daran erinnern, dass in der Sitzung gesagt wurde, dass die Richter und Schöffen die Urkunden gelesen haben. Es ist nur im Protokoll versehentlich nicht aufgenommen worden.“

9Beide Instanzverteidiger widersprachen der Protokollberichtigung und erklärten, sie hätten keine Erinnerung daran, „dass die Feststellung aufgenommen worden sei, die Berufsrichterinnen hätten von der Selbstlesemappe durch Lesen Kenntnis genommen.“ Auch der Revisionsverteidiger widersprach der Protokollberichtigung, da die dienstlichen Erklärungen keine sichere Erinnerung der Urkundspersonen an die Geschehnisse vom belegten. Die von der Vorsitzenden in Bezug genommenen Notizen seien nicht mitgeteilt, die Formulierung zum Abschluss des weiteren Selbstleseverfahrens vom spreche eher für das Gegenteil dessen, was sie belegen solle.

10Mit Beschluss vom berichtigten die beiden Urkundspersonen das Protokoll vom wie folgt: „Die Schöffen, die Berufsrichterinnen, die Vertreter der Staatsanwaltschaft, die Verteidiger sowie die Angeklagten erklärten, von dem Inhalt des Selbstleseordners voll umfänglich durch Lesen Kenntnis genommen zu haben.“ In der Beschlussbegründung ist ausgeführt, die Vorsitzende habe sich daran erinnert, dass sie nach Befragung der Beteiligten auch festgestellt habe, dass die Berufsrichterinnen durch Lesen Kenntnis vom Inhalt des Selbstleseordners genommen haben. Die verwendete Formulierung der Vorsitzenden in der Hauptverhandlung sei daher mit der aus dem Sitzungsprotokoll vom vergleichbar. Die Urkundsbeamtin habe dienstlich erklärt, dass sie sich daran erinnere, dass die Vorsitzende in der Sitzung mitgeteilt habe, dass die „Richter und Schöffen“ die Urkunden gelesen haben, dies nur versehentlich nicht in das Protokoll aufgenommen habe. Mithin stimmten die Erinnerung der Protokollführerin und der Vorsitzenden überein. Der beabsichtigten Protokollberichtigung hätten die Beteiligten nicht substantiiert widersprochen. Insbesondere dürfe es nicht darauf ankommen, ob sie sich daran erinnern könnten, was „aufgenommen“ wurde, sondern vielmehr darauf, was die Vorsitzende tatsächlich gesagt und damit mündlich festgestellt habe.

11b) Danach sind die Urkunden des am angeordneten Selbstleseverfahrens nicht in hinreichender Form zum Inbegriff der Hauptverhandlung gemacht worden.

12aa) Da der Urkundsbeweis im Selbstleseverfahren außerhalb der Hauptverhandlung erhoben wird, bedarf es der Kenntlichmachung und des Hinweises an die Verfahrensbeteiligten, dass der in dieser Sonderform gewonnene Beweisstoff dennoch als Inbegriff der Hauptverhandlung im Sinne des § 261 StPO der Überzeugungsbildung des Gerichts zugrunde gelegt werden kann. Dies wird durch die Feststellungen nach § 249 Abs. 2 Satz 3 StPO beweiskräftig vollzogen (vgl. , NStZ 2010, 712). Dabei muss für die Berufsrichter und Schöffen die erfolgte Kenntnisnahme vom Wortlaut der Urkunden festgestellt werden, während für die übrigen Verfahrensbeteiligten die Feststellung der Gelegenheit zur Kenntnisnahme genügt (vgl. , juris Rn. 3). Die Durchführung eines Selbstleseverfahrens kann als wesentliche Verfahrensförmlichkeit (vgl. , juris Rn. 15) nur durch das Hauptverhandlungsprotokoll bewiesen werden (§ 274 Satz 1 StPO). Fehlt der entsprechende Vermerk, so ist die Inbegriffsrüge nach § 261 StPO eröffnet, da die dem Selbstverfahren zugeführten Urkunden als verwertbarer Beweisstoff nicht zur Verfügung standen (vgl. , juris Rn. 7).

13bb) Diesen Maßstäben genügte der am protokollierte Abschluss des Selbstleseverfahrens nicht. Dabei kann offenbleiben, ob der hier protokollierten Formulierung angesichts ihrer atypischen Ausgestaltung im Wege der Auslegung entnommen werden kann, dass die Schöffen vom Wortlaut der Urkunden Kenntnis genommen haben (vgl. zur Auslegung der Feststellung nach § 249 Abs. 3 Satz 2 StPO , juris Rn. 25). Denn es fehlt eine entsprechende Feststellung für die Berufsrichterinnen (vgl. hierzu auch , BGHR StPO § 249 Kenntnisnahme 3).

14c) Die von den Urkundspersonen vorgenommene Protokollberichtigung bleibt ohne Wirkung. Sie entzieht der Verfahrensrüge nicht die Grundlage.

15aa) Für den Fall der sogenannten Rügeverkümmerung hat der Bundesgerichtshof (vgl. Beschluss vom – GSSt 1/06, BGHSt 51, 298 Rn. 61 ff.) im Wege der – vom Bundesverfassungsgericht gebilligten (vgl. BVerfGE 122, 248) – Rechtsfortbildung zur Sicherung der Rechtsposition des Beschwerdeführers ein formalisiertes Verfahren für die Protokollberichtigung geschaffen, das es streng zu beachten gilt. Dies setzt hohe Anforderungen an die Sorgfalt der in Frage stehenden Berichtigung voraus (vgl. , BGHSt 55, 31, 33), deren Grundlage die sichere Erinnerung der beiden Urkundspersonen über das tatsächliche Prozessgeschehen ist (vgl. , aaO; Senat, Beschluss vom – 2 StR 158/10, NStZ 2011, 168; BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 169/09, aaO; vom – 4 StR 130/19, juris Rn. 8).

16Die Absicht der Berichtigung ist dem Beschwerdeführer zusammen mit den dienstlichen Erklärungen der Urkundspersonen mitzuteilen. Die Erklärungen haben die für die Berichtigung tragenden Erwägungen zu enthalten, etwa indem sie auf markante Besonderheiten des Falles eingehen. Daneben sollten gegebenenfalls während der Hauptverhandlung getätigte Aufzeichnungen, welche den Protokollfehler belegen, in Abschrift übermittelt werden. Dem Beschwerdeführer ist innerhalb angemessener Frist rechtliches Gehör zu gewähren (, aaO). Widerspricht der Beschwerdeführer daraufhin der beabsichtigten Protokollberichtigung substantiiert, indem er im Einzelnen darlegt, aus welchen Gründen er im Gegensatz zu den Urkundspersonen sicher ist, dass das zunächst gefertigte Protokoll ausweislich des ihm erinnerlichen Verfahrensablaufs (vgl. , juris Rn. 29) richtig ist, so sind erforderlichenfalls weitere dienstliche Erklärungen und Stellungnahmen der übrigen Verfahrensbeteiligten zu den tatsächlichen Abläufen einzuholen (, aaO). Hierzu ist dem Beschwerdeführer eine angemessene Frist zur Stellungnahme zu gewähren.

17Halten die Urkundspersonen die Niederschrift beide für inhaltlich unrichtig, so haben sie diese gleichwohl zu berichtigen. In diesem Fall ist ihre Entscheidung über die Protokollberichtigung – diese ergibt sich bereits aus dem allgemeinen Rechtsgedanken (vgl. § 34 StPO) – mit Gründen zu versehen. Darin sind die Tatsachen anzugeben, welche die Erinnerung der Urkundspersonen belegen. Ferner ist auf das Vorbringen des Beschwerdeführers und gegebenenfalls abweichende Erklärungen der übrigen Verfahrensbeteiligten einzugehen (vgl. , aaO).

18Die Gründe der zulässigen Berichtigungsentscheidung unterliegen im Rahmen der erhobenen Verfahrensrüge der Überprüfung durch das Revisionsgericht im Freibeweisverfahren. Im Zweifel gilt insoweit das Protokoll in der nicht berichtigten Fassung (, aaO; Senat, Beschluss vom – 2 StR 158/10, aaO; BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 56/11, juris Rn. 3; vom – 1 StR 579/11, NJW 2012, 1015).

19d) Diesen strengen Anforderungen genügt die vorgenommene Protokollberichtigung bereits deshalb nicht, weil der Berichtigungsbeschluss durch die dienstlichen Erklärungen der Urkundspersonen nicht getragen wird.

20(1) Die Erklärung der Vorsitzenden belegt zwar inhaltlich ihre Erinnerung, auch festgestellt zu haben, dass die Berufsrichterinnen die Selbstlesemappe durch Lesen zur Kenntnis genommen haben. Dies wird indes, entgegen ihrer Darstellung, durch die von ihr in Bezug genommene Formulierung zum Abschluss des weiteren Selbstleseverfahrens aus dem Sitzungsprotokoll vom nicht belegt. Denn während dort – dem üblichen Wortlaut einer Feststellung nach § 249 Abs. 2 Satz 3 StPO entsprechend – protokolliert ist, dass sämtliche Verfahrensbeteiligten Gelegenheit hatten, vom Inhalt der Selbstlesemappe Kenntnis zu nehmen und die Berufsrichterinnen und Schöffen die Urkunde und Schriftstücke der Selbstlesemappe gelesen haben, ist am abweichend davon protokolliert, dass die Schöffinnen, die Vertreter der Staatsanwaltschaft, die Verteidiger sowie die Angeklagten, mithin jenseits der Mitglieder des Spruchkörpers vermeintlich alle übrigen Verfahrensbeteiligten den Inhalt des Selbstleseordners − augenscheinlich gemeint im Wortlaut − zur Kenntnis genommen haben. Die am protokollierte Feststellung geht damit inhaltlich deutlich über diejenige vom hinaus und ist mit ihr gerade nicht vergleichbar. Sie zeigt vielmehr, dass die Vorsitzende unterschiedliche Formulierungen zum Abschluss eines Selbstleseverfahrens verwendet.

21(2) Die Erklärung der Protokollführerin beschränkt sich auf die Erinnerung, dass die „Richter und Schöffen“ die Urkunden gelesen haben. Ein weitergehender Hinweis, für die im Berichtigungsbeschluss ausgewiesene überobligatorischen Feststellung, dass auch die übrigen Verfahrensbeteiligten den Inhalt des Selbstleseordners voll umfänglich „durch Lesen“ zur Kenntnis genommen haben, ist ihrer dienstlichen Erklärung indes nicht zu entnehmen. Wenngleich der Protokollfeststellung, dass die Berufsrichter und die Schöffen vom Inhalt einer Urkunde Kenntnis genommen haben, regelmäßig zu entnehmen sein wird, dass die Erklärenden auch von deren Wortlaut Kenntnis genommen haben (vgl. , aaO), erschließt sich dies für die übrigen Verfahrensbeteiligten keineswegs von selbst.

22Damit ist hier die ursprüngliche Feststellung einer voll umfänglichen Kenntnisnahme nicht zwangsläufig deckungsgleich mit der weiteren Feststellung im Berichtigungsbeschluss, dass auch die übrigen Verfahrensbeteiligten den Selbstleseordner „durch Lesen“ voll umfänglich zur Kenntnis genommen haben. Auch wer den Inhalt einer Urkunde überfliegt, nimmt diese voll umfänglich zur Kenntnis, so dass dem Zusatz „durch Lesen“ hier jedenfalls hinsichtlich der weiteren Verfahrensbeteiligten eine eigenständige Bedeutung zukommt, die durch die dienstliche Erklärung der Protokollführer nicht gedeckt ist. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil die Strafkammer die Kenntnisnahme durch (wörtliches) Lesen ausdrücklich zum Gegenstand der Berichtigung gemacht hat.

23(3) Angesichts dessen bedarf es keiner Entscheidung, ob sich der Berichtigungsbeschluss auch deshalb formell als rechtsfehlerhaft erweist, weil weder ihm noch der dienstlichen Erklärung der Protokollführerin zu entnehmen ist, auf welcher tatsächlichen Grundlage deren sichere Erinnerung über das Prozessgeschehen beruht.

24e) Die Rüge hat nur hinsichtlich des Strafausspruchs Erfolg, weil das Urteil allein insoweit auf dem Rechtsfehler beruht (§ 337 Abs. 1 StPO).

25aa) Die Strafkammer hat ihrer Strafzumessung nicht verwertbaren Beweisstoff zu Grunde gelegt (§ 261 StPO).

26(1) Sie hat ihre Überzeugung einer Überschreitung der Wirkstoffmenge (Amphetaminbase) um das 348-fache der nicht geringen Menge im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG alleine auf das Gutachten zur Wirkstoffkonzentration der Generalzolldirektion vom gestützt und dem Angeklagten strafschärfend zur Last gelegt, dass der „Grenzwert zur nicht geringen Menge erheblich und um das Vielfache überschritten wurde“.

27(2) Das war rechtsfehlerhaft, weil dieses Gutachten Gegenstand des beanstandeten Selbstleseverfahrens war und damit nicht in hinreichender Form zum Inbegriff der Hauptverhandlung gemacht worden ist.

28(3) Dies bedingt die Aufhebung der Feststellung zum Wirkstoffgehalt. Die weitergehenden – rechtsfehlerfrei getroffenen − Feststellungen bleiben unberührt (§ 353 Abs. 2 StPO). Die Menge der übergebenen Drogen ist auch durch die Aussagen der ermittelnden Beamten und den vom Auffinden gefertigten Lichtbildern hinreichend belegt. Auf das Sicherstellungsprotokoll vom , das ebenfalls Bestandteil des beanstandeten Selbstleseverfahrens ist, kommt es danach nicht an.

29bb) Der Schuldspruch und die Einziehungsentscheidung bleiben von dem Rechtsfehler unberührt.

30(1) Die Strafkammer hat ihre Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten entgegen der Ansicht der Revision auch nicht ergänzend auf weitere Urkunden des am eingeleiteten Selbstleseverfahrens gestützt. Soweit diese überhaupt Erwähnung im Urteil finden, betreffen sie den Mitangeklagten oder stützen die Darstellung des Angeklagten (SkyECC-Chat), der die Strafkammer insoweit gefolgt ist, wobei sie zusätzlichen umfangreichen Chatverkehr durch Verlesung eingeführt hat. Dabei ist es für den Schuldspruch ohne Belang, dass allein durch das oben genannte Gutachten belegt ist, dass es sich bei der von C.   an den verdeckten Ermittler übergebenen Drogen um 87.557,1 g Amphetamin handelte und sich weitere 9.738,6 g Amphetamin in dessen Keller befanden. Der Angeklagte hat allein durch den verabredeten Verkauf von 100 kg Amphetamin in mittlerer Qualität an einen verdeckten Ermittler den Tatbestand des Handeltreibens in nicht geringer Menge erfüllt (vgl. Senat, Urteil vom – 2 StR 267/91, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 31). Einer Übergabe der Betäubungsmittel bedurfte es zur Tatvollendung nicht (vgl. Patzak in Patzak/Volkmer/Fabricius, BtMG, 10. Aufl., § 29 BtMG Rn. 272).

31(2) Auch die Einziehungsentscheidung ist nicht betroffen. Diese betrifft mit Ausnahme eines EncroChat-Mobiltelefons den Mitangeklagten C.  . Die Nutzung des eingezogenen Mobiltelefons zur Tatausführung hat der Angeklagte eingeräumt.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:100522B2STR501.21.0

Fundstelle(n):
AO-StB 2023 S. 19 Nr. 1
wistra 2022 S. 4 Nr. 8
QAAAJ-27309