Instanzenzug: OLG Oldenburg (Oldenburg) Az: 12 U 123/21vorgehend LG Aurich Az: 1 O 1275/20
Tatbestand
1Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Zusammenhang mit der Abgasrückführung in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch.
2Der Kläger kaufte im Februar 2012 auf Vermittlung eines Händlers von der Beklagten einen Neuwagen des Typs Audi Q 3 zum Preis von 35.100 €. Die Beklagte ist Herstellerin des in dem Fahrzeug verbauten Dieselmotors der Baureihe EA 189. Dieser verfügte über eine Motorsteuerungssoftware, die die Durchführung einer Emissionsmessung auf dem Prüfstand erkannte und in diesem Fall einen geringeren Stickoxidausstoß als im Normalbetrieb bewirkte. Im Zuge des Kaufs eines weiteren Fahrzeugs gab der Kläger das im Jahr 2012 gekaufte Fahrzeug im Jahr 2016 für 18.000 € in Zahlung.
3Der Kläger hat in erster Instanz - soweit hier noch von Bedeutung - in der Hauptsache beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 17.100 € nebst Prozesszinsen und von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.100,51 € nebst Prozesszinsen zu verurteilen. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagte unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels zur Zahlung von 6.577 € und zur Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 713,76 € jeweils nebst Zinsen verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Gründe
4Die Revision der Beklagten hat nur in geringem Umfang Erfolg.
I.
5Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt, der Kläger habe gegen die Beklagte gemäß §§ 826, 852 Satz 1 BGB einen Anspruch auf Herausgabe des Erlangten, der der Höhe nach durch den verjährten Schadensersatzanspruch nach §§ 826, 31 BGB begrenzt sei. Da hier der von der Beklagten erlangte Betrag in Höhe von 31.590 € (Bruttokaufpreis abzüglich einer "Händlermarge" von 10%, somit 3.510 €) den verjährten Schadensersatzanspruch in Höhe von 6.577 € (Bruttokaufpreis abzüglich der bei der Inzahlunggabe des Fahrzeugs erwirtschafteten 18.000 € und abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 10.533 €) übersteige, sei der Anspruch in Höhe von 6.577 € nebst Prozesszinsen gegeben. Aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB stünden dem Kläger auch vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 713,76 € nebst Prozesszinsen zu.
II.
6Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung weitgehend stand.
71. Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht mehr beanstandet hat das Berufungsgericht angenommen, dem Kläger stehe gegen die Beklagte als Motorherstellerin aus §§ 826, 31 BGB ein Anspruch auf Erstattung des von ihm für das Fahrzeug geleisteten Kaufpreises (, VersR 2021,1055 Rn. 12; Urteil vom - VI ZR 28/20, juris Rn. 12) unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung und des Gegenwerts aus der Inzahlunggabe des Fahrzeugs (, NJW 2021, 3594 Rn. 25, 29) zu, der bei Klageerhebung verjährt gewesen sei.
82. Im Ergebnis zutreffend ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, da die Beklagte das Fahrzeug selbst an den Kläger verkauft habe, habe sie nach Erfüllung ihrer Forderung aus Kaufvertrag das vom Kläger geleistete Entgelt nach § 852 Satz 1, § 818 Abs. 1 BGB erlangt ( VIa ZR 8/21, BGHZ 233, 16 Rn. 52 ff.; Urteil vom - VII ZR 422/21, WM 2022, 1743 Rn. 35).
93. Im Ergebnis rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die Höhe des dem Kläger nach §§ 826, 852 Satz 1 BGB zustehenden Anspruchs berechnet. Das Berufungsgericht hat für die Bemessung des Anspruchs aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB letztlich die Höhe des Anspruchs aus §§ 826, 31 BGB als maßgeblich erachtet. Das trifft im konkreten Fall im Ergebnis zu, weil bei einem Direktverkauf durch den Schädiger - auch, soweit er als Motorhersteller das Fahrzeug eines anderen Fahrzeugherstellers verkauft - die Höhe des Vertragsabschlussschadens nach §§ 826, 31 BGB dem vom Schädiger Erlangten nach § 852 Satz 1, § 818 Abs. 1 BGB entspricht. Eine vom Schädiger als Direktverkäufer an den Händler gezahlte Vertriebsprovision ist nicht in Abzug zu bringen. Insoweit handelt es sich um Aufwand des Schädigers, der nur als Entreicherung berücksichtigt werden könnte, auf die sich die Beklagte nach § 818 Abs. 4, § 819 BGB nicht berufen kann ( VIa ZR 122/22, zVb).
104. Das Berufungsgericht hat lediglich verkannt, dass der Kläger, was der Senat nach Erlass des Berufungsurteils näher ausgeführt hat, von der Beklagten aus §§ 826, 852 Satz 1 BGB nicht Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen verlangen kann ( VIa ZR 57/21, WM 2022, 742 Rn. 21).
III.
11Nur soweit das Berufungsgericht dem Berufungsantrag auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten stattgegeben hat, unterliegt das Berufungsurteil mithin der Aufhebung (§ 562 ZPO), weil es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO). Die Revisionserwiderung zeigt Vortrag des Klägers in den Vorinstanzen dazu nicht auf, die Beklagte habe sich bereits vor der Beauftragung des vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Klägers in Verzug befunden ( VIa ZR 8/21, BGHZ 233, 16 Rn. 78). Da der Kläger mithin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt beanspruchen kann, kann der Senat insoweit in der Sache selbst erkennen und auf die Revision der Beklagten die Berufung des Klägers in diesem Punkt zurückweisen. Im Übrigen ist die überwiegend unbegründete Revision zurückzuweisen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:311022UVIAZR138.22.0
Fundstelle(n):
KAAAJ-27243