Antrag auf Fixierungsgenehmigung durch Betreuer bei drohenden Selbstverletzungen des Betreuten
Leitsatz
Die Feststellung nach § 62 FamFG kann nicht von einem Betreuer im eigenen Namen, sondern grundsätzlich nur von demjenigen persönlich verfolgt werden, der durch die erledigte Maßnahme in seinen Rechten verletzt worden ist (im Anschluss an , FamRZ 2019, 555).
Gesetze: § 62 FamFG
Instanzenzug: Az: 1 T 432/21vorgehend AG Torgau Az: 1 XVII 2/05
Gründe
I.
1Die Betreuerin (Beteiligte zu 1) wendet sich gegen die Aufhebung der Genehmigung einer freiheitsentziehenden Maßnahme.
2Die 35 Jahre alte Betroffene leidet an einer schweren Intelligenzminderung, infolge derer sie sich erhebliche Selbstverletzungen zufügt. Nachdem diese mittels anderer Maßnahmen wie Bauchgurt nicht verhindert werden konnten, genehmigte das Amtsgericht auf Antrag der Betreuerin eine Fünf-Punkt-Fixierung der Betroffenen „in Zeiten besonderer Erregung“, zuletzt bis zum .
3Mit Beschluss vom hat das Amtsgericht die zuletzt erteilte Genehmigung aufgehoben. Das Landgericht hat die von der Beteiligten zu 2 (Verfahrenspflegerin) eingelegte Beschwerde verworfen und die Beschwerden der Betreuerin und der Beteiligten zu 3 (Betreuungsbehörde) zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Betreuerin, mit der sie weiterhin die Genehmigung einer Fünf-Punkt-Fixierung der Betroffenen und hilfsweise - nachdem der Befristungszeitraum für die ursprüngliche Fixierungsgenehmigung nach Einlegung der Rechtsbeschwerde abgelaufen ist - die Feststellung einer Rechtsverletzung durch die die Genehmigung aufhebenden Beschlüsse des Amtsgerichts und des Landgerichts begehrt.
II.
4Die von der Betreuerin im eigenen Namen eingelegte Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
51. Soweit die Rechtsbeschwerde mit ihrem Hauptantrag die erneute Genehmigung einer Fünf-Punkt-Fixierung verfolgt, handelt es sich um keinen zulässigen Anfechtungsgegenstand. Das Beschwerdegericht hat nur über die Beschwerden gegen den amtsgerichtlichen Beschluss vom entschieden, mit dem die zuvor erteilte Genehmigung aufgehoben worden war. Eine Entscheidung über eine erneute Genehmigung einer Fixierung ist dem Beschwerdegericht nicht angefallen. Der Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens darf jedoch notwendigerweise keine andere Angelegenheit betreffen als diejenige, die Gegenstand der angefochtenen Entscheidung gewesen ist (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZB 97/21 - FamRZ 2021, 1661 Rn. 6 mwN).
62. Ebenso ist der auf Feststellung einer Rechtsverletzung (§ 62 FamFG) zielende Hilfsantrag unzulässig.
7a) Zwar hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt. Eine Erledigung in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit tritt dann ein, wenn nach Einleitung des Verfahrens der Verfahrensgegenstand durch ein Ereignis, welches eine Veränderung der Sach- und Rechtslage herbeiführt, weggefallen ist, so dass die Weiterführung des Verfahrens keinen Sinn mehr hätte (Senatsbeschluss vom - XII ZB 29/19 - FamRZ 2019, 1816 Rn. 8 mwN), etwa weil die gerichtliche Entscheidung aufgrund der veränderten Umstände keine Wirkung mehr entfalten könnte (BeckOK FamFG/Obermann [Stand: ] § 62 Rn. 1; Zöller/Feskorn ZPO 34. Aufl. § 62 FamFG Rn. 3). So liegen die Dinge hier. Nach Einlegung der Rechtsbeschwerde am ist der Zeitraum, für den die Fünf-Punkt-Fixierung ursprünglich genehmigt worden war, abgelaufen. Die Weiterführung des Verfahrens hätte daher keinen Sinn mehr, weil ein Wiederinkrafttreten der Fixierungsgenehmigung nicht mehr durch die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses erreicht werden kann. Deshalb ist insoweit das Rechtsschutzbedürfnis entfallen (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZB 245/10 - FamRZ 2011, 1390 Rn. 9).
8b) Die Feststellung einer Rechtsverletzung wegen unterlassener staatlicher Schutzpflichten kann aber nicht von dem Betreuer im eigenen Namen, sondern - vom Sonderfall des § 62 Abs. 3 FamFG (Rechtsmittel von Verfahrensbeistand oder Verfahrenspfleger) abgesehen - jeweils nur von demjenigen persönlich verfolgt werden, der durch die Entscheidung in seinen Rechten verletzt worden ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 429/18 - FamRZ 2019, 555 Rn. 10 f. mwN; vom - XII ZB 460/16 - FamRZ 2017, 1069 Rn. 3; vom - XII ZB 205/14 - FamRZ 2014, 1916 Rn. 6 f.; vom - XII ZB 681/12 - FamRZ 2014, 108 Rn. 4 f.; vom - XII ZB 404/12 - FamRZ 2013, 29 Rn. 6 ff. und vom - XII ZB 389/11 - FamRZ 2012, 619 Rn. 12 f.). An einem eigenen Feststellungsantrag der Betroffenen fehlt es hier jedoch.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:191022BXIIZB493.21.0
Fundstelle(n):
NJW-RR 2023 S. 73 Nr. 2
NJW-RR 2023 S. 74 Nr. 2
YAAAJ-27221