Abfindung eines schuldrechtlich auszugleichenden Versorgungsanrechts nach der Scheidung: Zulassungsbeschränkung für die Rechtsbeschwerde auf die Zulässigkeitsfrage und Entscheidung durch Zwischenbeschluss; erster Antrag auf Wertausgleich im Beschwerdeverfahren gegen die Entscheidung über den Wertausgleich bei der Scheidung; Bewertung von Versorgungsanrechten des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg; anzuwendendes Recht für die Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren
Leitsatz
1. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kann auf die Frage der Zulässigkeit des Antrags beschränkt werden, über die vorab durch Zwischenbeschluss entschieden werden kann; dies gilt in Familienverfahren nicht nur für Familienstreitsachen, sondern auch für kontradiktorisch geführte Streitsachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in denen ein Zwischenbeschluss über die strittigen Fragen der Zulässigkeit des verfahrenseinleitenden Antrags ergehen kann.
2. Ein Antrag auf Wertausgleich nach der Scheidung kann nicht erstmals im Beschwerdeverfahren gestellt werden, wenn das Amtsgericht in der ersten Instanz allein über den Wertausgleich bei der Scheidung entschieden hat (im Anschluss an Senatsbeschluss vom - XII ZB 14/89, FamRZ 1990, 606).
3. Zur Bewertung von Versorgungsanrechten des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg.
4. § 150 FamFG ist als Spezialregelung für die Kostenverteilung in Scheidungs- und Folgesachen uneingeschränkt auch im Rechtsmittelverfahren anzuwenden.
Gesetze: § 23 VersAusglG, § 24 VersAusglG, § 39 VersAusglG, § 40 VersAusglG, § 70 FamFG, § 150 FamFG, § 223 FamFG, § 224 FamFG, § 280 ZPO
Instanzenzug: OLG Frankfurt Az: 4 UF 42/19 Beschlussvorgehend AG Bad Homburg Az: 95 F 646/14
Gründe
A.
1Das Verfahren betrifft die Abfindung eines schuldrechtlich auszugleichenden Versorgungsanrechts im Rahmen eines Scheidungsverbundverfahrens.
2Der 1954 geborene Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) und die 1956 geborene Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) heirateten am . Vor der Eheschließung hatten sie am einen notariell beurkundeten Ehevertrag geschlossen, in dem sie Gütertrennung vereinbarten und den Versorgungsausgleich auf den Ausgleich derjenigen Anrechte beschränkten, die während Zeiten erworben wurden, in denen ein Ehegatte aus bestimmten, abschließend aufgezählten ehebedingten Gründen ganz oder teilweise an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit verhindert war. Der Scheidungsantrag wurde am zugestellt. In der Ehezeit haben beide Ehegatten Versorgungsanrechte erworben, und zwar der Antragsteller Anrechte auf eine berufsständische Versorgung bei dem Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg (Beteiligte zu 1) und die Antragsgegnerin Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung bei der DRV Bund (Beteiligte zu 2).
3Das Amtsgericht hat die Ehe der beteiligten Ehegatten durch Verbundbeschluss vom geschieden, unter Bezugnahme auf den Ehevertrag vom ausgesprochen, dass ein „Versorgungsausgleich nicht stattfindet“ und einen auf Zahlung von Zugewinnausgleich gerichteten Stufenantrag der Ehefrau zurückgewiesen. Mit ihrer Beschwerde hat sich die Ehefrau zunächst sowohl gegen den Ausspruch der Scheidung als auch gegen die Entscheidungen in den Folgesachen Güterrecht und Versorgungsausgleich gewendet. Nach Teilrücknahme des Rechtsmittels bezüglich des Scheidungsausspruches hat die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren noch ihren Stufenantrag zum Güterrecht weiterverfolgt und die Durchführung des Versorgungsausgleichs für die gesamte Ehezeit verlangt. Hilfsweise hat sie beantragt, den Antragsteller für den Fall eines schuldrechtlichen Ausgleichs seiner Anrechte auf Rechtsanwaltsversorgung zur Zahlung einer Abfindung auf ihr Versicherungskonto bei der DRV Bund zu verpflichten.
4Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde der Antragsgegnerin in der güterrechtlichen Folgesache zurückgewiesen und den Versorgungsausgleich geregelt. Dabei hat es die gesetzlichen Rentenanrechte der Antragsgegnerin entsprechend dem Vorschlag des Versorgungsträgers intern geteilt und ein auf das Ende der Ehezeit bezogenes Anrecht mit einem Ausgleichswert von 1,6943 Entgeltpunkten auf das Versicherungskonto des Antragstellers bei der DRV Bund übertragen. Daneben hat das Oberlandesgericht angeordnet, dass der Antragsteller zum Ausgleich seiner berufsständischen Versorgung eine Abfindung in Höhe von 16.155,18 € auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der DRV Bund zu zahlen hat. Es hat die Rechtsbeschwerde zur Folgesache Versorgungsausgleich zugelassen und zur Begründung ausgeführt, dass die Frage nach der Zulässigkeit eines erstmals im zweiten Rechtszugs geäußerten hilfsweisen Verlangens nach schuldrechtlicher Abfindung grundsätzliche Bedeutung habe.
5Gegen diese Entscheidung richten sich die Rechtsbeschwerden des Ehemanns und der DRV Bund. Der Ehemann erstrebt eine Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung zum Versorgungsausgleich. Er hält den zweitinstanzlich gestellten Antrag auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs für unzulässig und beanstandet im Übrigen die Berechnung des Abfindungsbetrages und die Nichtanwendung von § 27 VersAusglG zu seinen Gunsten. Die DRV Bund wendet sich gegen ihre Heranziehung als Zielversorgungsträger für den Abfindungsbetrag und macht geltend, dass eine Aufnahme und Verbuchung schuldrechtlicher Abfindungszahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung im Sechsten Buch Sozialgesetzbuch unmöglich sei.
B.
6Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.
I.
7Das Beschwerdegericht hat seine in FamRZ 2020, 1552 veröffentlichte Entscheidung zur Folgesache Versorgungsausgleich wie folgt begründet:
8Der Versorgungsausgleich sei mit den sich aus dem Ehevertrag ergebenen Einschränkungen durchzuführen. Es sei ein Ausgleich der beiderseitigen Anrechte durchzuführen, die in den Zeiten erworben worden seien, in denen ein Ehegatte wegen Kindererziehung, Schwangerschaft, krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit nach Vollendung des 50. Lebensjahres an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise gehindert gewesen sei. Dies führe entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht zu einem Ausgleich zu Lasten der Ehefrau. Diese habe in der ausgleichsrelevanten Ehezeit ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 3,3885 Entgeltpunkten mit einem Ausgleichswert von 1,6943 Entgeltpunkten und einem auf das Ende der Ehezeit bezogenen korrespondierenden Kapitalwert von 11.162 € erlangt. Der Ehemann habe seinerseits beim Rechtsanwaltsversorgungswerk in der ausgleichsrelevanten Ehezeit ein auf das Ende der Ehezeit bezogenes und auf Rentenzahlung gerichtetes Anrecht in Höhe von 188,71 € erlangt. Für die Ehefrau hätte sich daraus bei einer internen Teilung unter Berücksichtigung eines Zuschlags wegen Wegfall der Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung eine auf das Ende der Ehezeit bezogene Monatsrente von 101,06 € ergeben. Dem eigentlich im Wege interner Teilung durchzuführenden öffentlich-rechtlichen Wertausgleich bei der Scheidung stehe aber § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG entgegen. Die Ehefrau könne auch mit den ihr im Versorgungsausgleich übertragenen Beitragsmonaten die nach der Satzung des Versorgungswerks erforderliche Wartezeit von 60 Monaten für den Bezug einer Versorgung nicht erfüllen. Das Anrecht unterliege daher dem schuldrechtlichen Wertausgleich nach der Scheidung. Liegen die Voraussetzungen für eine schuldrechtliche Abfindung des Anrechts vor, könne der Abfindungsanspruch bereits im Scheidungsverbundverfahren als Folgesache geltend gemacht werden. Von Amts wegen sei gemäß § 137 Abs. 2 Satz 2 FamFG zwar nur über den öffentlich-rechtlichen Wertausgleich bei der Scheidung zu entscheiden. Dies hindere die Beteiligten jedoch nicht daran, auch den schuldrechtlichen Wertausgleich nach der Scheidung zum Verfahrensgegenstand zu machen. Der Abfindungsanspruch könne jedenfalls dann auch in zweiter Instanz erstmalig geltend werden, wenn dies hilfsweise geschehe. Denn dann komme es nicht zu einer unzulässigen Erweiterung des Gegenstands des Beschwerdeverfahrens, weil Verfahrensgegenstand der Ausgleich des betroffenen Anrechts für den Fall der Scheidung bleibe. Diese Sichtweise würden auch der Grundsatz der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes und verfahrensökonomische Gesichtspunkte gebieten. Die Voraussetzungen einer Abfindung seien gegeben und Anhaltspunkte für deren Unzumutbarkeit nicht ersichtlich, nachdem der Ehemann eine Offenlegung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse verweigert habe. In Höhe von 16.155,18 € sei dem Ehemann die Zahlung einer Abfindung zu Gunsten der von der Ehefrau als Zielversorgung benannten gesetzlichen Rentenversicherung aufzugeben. Der Ausgleich des berufsständischen Versorgungsanrechts sei für den Ehemann auch nicht unbillig im Sinne von § 27 VersAusglG, selbst wenn nach seinem Vorbringen eine Versorgungsgemeinschaft zwischen den Ehegatten faktisch schon seit 1991 nicht mehr bestanden haben soll.
II.
9Dies hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
101. Rechtsbeschwerde des Ehemanns
11a) Die Rechtsbeschwerde des Ehemanns ist unzulässig, soweit sie die Entscheidung des Beschwerdegerichts in der Sache angreift. Insoweit ist sie nicht statthaft, weil das Beschwerdegericht die Zulassung der Rechtsbeschwerde wirksam auf die Frage der Zulässigkeit des von der Ehefrau gestellten Antrags auf Abfindung des schuldrechtlich auszugleichenden Anrechts der berufsständischen Versorgung des Ehemanns beschränkt hat.
12aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der Rechtsbeschwerde auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand einer selbständig anfechtbaren Teil- oder Zwischenentscheidung sein oder auf den der Rechtsbeschwerdeführer selbst seine Rechtsbeschwerde beschränken könnte (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 402/20 - FamRZ 2022, 425 Rn. 6 und vom - XII ZB 250/20 - FamRZ 2021, 211 Rn. 10 f.). Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kann insbesondere auf die Frage der Zulässigkeit des Antrags beschränkt werden, über die vorab durch Zwischenbeschluss entschieden werden kann (vgl. auch - NJW 2018, 402 Rn. 8 mwN und Beschluss vom - VI ZR 140/11 - NJW-RR 2012, 759 Rn. 7 mwN). Dies gilt im Familienverfahrensrecht nicht nur für Familienstreitsachen, sondern auch für kontradiktorisch geführte Streitsachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in denen entsprechend § 280 Abs. 1 ZPO ein Zwischenbeschluss über die strittigen Fragen der Zulässigkeit des verfahrenseinleitenden Antrags ergehen kann, welcher hinsichtlich seiner Anfechtbarkeit entsprechend § 280 Abs. 2 Satz 1 ZPO einer Endentscheidung im Sinne des § 38 Abs. 1 FamFG gleichgestellt ist (vgl. Keidel/Meyer-Holz FamFG 20. Aufl. § 38 Rn. 33; Haußleiter/Gomille FamFG 2. Aufl. § 38 Rn. 10).
13bb) Von einer solcherart beschränkten Zulassung der Rechtsbeschwerde ist unter den hier obwaltenden Umständen auszugehen.
14(1) Zwar enthält die Entscheidungsformel des Beschwerdegerichts keinen Zusatz, der die dort ausgesprochene, auf die Folgesache Versorgungsausgleich beschränkte Zulassung der Rechtsbeschwerde weitergehend einschränkt. Eine Beschränkung der Zulassung der Rechtsbeschwerde muss indessen nicht in der Beschlussformel angeordnet sein, sondern kann sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben, wenn sie sich diesen mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnehmen lässt. Hat das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde wegen einer Rechtsfrage zugelassen, die allein für einen eindeutig abgrenzbaren Teil des Verfahrensstoffs von Bedeutung ist, kann die gebotene Auslegung der Entscheidungsgründe ergeben, dass die Zulassung der Rechtsbeschwerde auf diesen Teil des Verfahrensstoffs beschränkt ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 250/20 - FamRZ 2021, 211 Rn. 8 und vom - XII ZB 183/16 - FamRZ 2019, 785 Rn. 12 mwN).
15(2) Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde ausweislich der Beschlussgründe „wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage der Zulässigkeit eines erstmals im zweiten Rechtszug geäußerten hilfsweisen Verlangens nach einer schuldrechtlichen Abfindung zugelassen“. Daraus ergibt sich eindeutig, dass das Beschwerdegericht einen die Befassung des Rechtsbeschwerdegerichts mit der Streitsache rechtfertigenden Zulassungsgrund nur in der verfahrensrechtlichen Frage erblickt hat, ob ein verfahrenseinleitender Antrag auf Wertausgleich nach der Scheidung (§ 223 FamFG) erstmals in der zweiten Instanz gestellt werden kann. Diese Rechtsfrage betrifft allein die Zulässigkeit des Antrags, so dass dem Senat der von der Zulassung nicht erfasste materiell-rechtliche Teil des Gesamtstreitstoffs - insbesondere Fragen nach der Reichweite des im Ehevertrag vereinbarten Teilausschlusses des Versorgungsausgleichs, nach der Anwendung von § 27 VersAusglG und nach der Berechnung des Abfindungsbetrages - nicht angefallen ist.
16(3) Auch die Rechtsprechung des Senats zur Unzulässigkeit einer auf einzelne Anrechte beschränkten Teilzulassung der Rechtsbeschwerde bei wechselseitiger Abhängigkeit von Versorgungsanrechten (vgl. dazu Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 44/14 - FamRZ 2016, 1062 Rn. 15 und vom - XII ZB 629/13 - FamRZ 2016, 794 Rn. 7) gebietet im vorliegenden Fall keine andere Beurteilung. Dies gilt auch dann, wenn die Abfindung der schuldrechtlichen Ausgleichsansprüche bezüglich des von dem Ehemann erworbenen Anrechts auf berufsständische Versorgung wegen des Ehevertrags in einen rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem vom Beschwerdegericht angeordneten öffentlich-rechtlichen Wertausgleich bezüglich des von der Ehefrau erworbenen gesetzlichen Rentenanrechts gestellt wird. Die vom Beschwerdegericht angeordnete interne Teilung des gesetzlichen Rentenanrechts der Ehefrau im Wertausgleich bei der Scheidung würde auch dann nicht in Frage gestellt werden, wenn die Abfindung des schuldrechtlichen Ausgleichsanspruchs wegen Unzulässigkeit des darauf gerichteten Antrags unterbleiben müsste. Denn es bliebe jedenfalls dabei, dass der Ehefrau der Wertausgleich nach der Scheidung wegen des von dem Ehemann erworbenen berufsständischen Anrechts vorbehalten bleibt, worauf in diesem Fall in den Entscheidungsgründen hinzuweisen gewesen wäre (§ 224 Abs. 4 FamFG).
17b) Soweit die Rechtsbeschwerde des Ehemanns zulässig ist, hat sie in der Sache keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat den von der Ehefrau erstmals in der zweiten Instanz des Scheidungsverbundverfahrens gestellten Antrag auf Durchführung des schuldrechtlichen Wertausgleichs im Ergebnis mit Recht als zulässig angesehen.
18Der Senat hat bereits ausgesprochen, dass es grundsätzlich möglich ist, den Anspruch auf schuldrechtliche Abfindung gemäß § 23 VersAusglG als Nebenanspruch zum Ausgleichsanspruch nach der Scheidung schon im Scheidungsverbund als Folgesache neben dem Wertausgleich bei der Scheidung geltend zu machen, wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Abfindungsanspruchs - insbesondere die hinreichende Verfestigung des schuldrechtlich auszugleichenden Anrechts nach Grund und Höhe - bereits im Zeitpunkt der Scheidung gegeben sind (vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 230, 1 = FamRZ 2021, 1280 Rn. 19 und vom - XII ZB 371/12 - FamRZ 2013, 1021 Rn. 14 mwN). Voraussetzung dafür ist freilich, dass die Einbeziehung des schuldrechtlichen Wertausgleichs in den Verbund verfahrensrechtlich zulässig ist.
19aa) Die Zulässigkeit der erstmaligen Geltendmachung des schuldrechtlichen Wertausgleichs in der Beschwerdeinstanz lässt sich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerdeerwiderung im vorliegenden Fall nicht auf eine fehlerhafte Verfahrensführung des Amtsgerichts im Zusammenhang mit der Behandlung des Scheidungsverbundes stützen.
20§ 137 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG bestimmt, dass Versorgungsausgleichssachen, in denen eine Entscheidung für den Fall der Scheidung zu treffen ist, grundsätzlich nur dann als Folgesachen im Scheidungsverbund zu behandeln sind, wenn diese spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug in der Scheidungssache von einem Ehegatten anhängig gemacht wird. Eine Ausnahme besteht gemäß § 137 Abs. 2 Satz 2 FamFG nur für den Wertausgleich bei der Scheidung (§§ 6-19 VersAusglG) und für den Ausgleich einer privaten Invaliditätsversorgung (§ 28 VersAusglG), über die auch ohne Antrag zu entscheiden ist. Der Anspruch auf Wertausgleich nach der Scheidung - und damit auch der schuldrechtliche Abfindungsanspruch - kann demgegenüber nur dann als Folgesache in den Scheidungsverbund einbezogen werden, wenn der gemäß § 223 FamFG erforderliche verfahrenseinleitende Antrag unter Beachtung der für das Scheidungsverbundverfahren geltenden Formvorschriften (§ 114 Abs. 1 FamFG) und unter Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist des § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG bei dem Amtsgericht angebracht worden ist. Diese Voraussetzungen liegen hier unstreitig nicht vor. Die Ehefrau hat bis zur letzten mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht am keinen Antrag auf Durchführung eines Wertausgleichs nach der Scheidung gestellt.
21Ob - wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung meint - die erstmalige Stellung eines Antrags auf Durchführung des Wertausgleichs nach der Scheidung in der zweiten Instanz des Verbundverfahrens ausnahmsweise dann zuzulassen ist, wenn der insoweit Ausgleichsberechtigte in erster Instanz hierzu keine Notwendigkeit erkennen konnte, insbesondere weil er aufgrund der Verfahrensführung des Amtsgerichts mit einem öffentlich-rechtlichen Ausgleich des betroffenen Anrechts rechnen durfte (vgl. auch BeckOGK/Fricke VersAusglG [Stand: ] § 23 Rn. 57; Siede NZFam 2020, 445), bedarf keiner näheren Erörterung. Denn so liegt der Fall hier nicht. Das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Baden-Württemberg hat in seiner Auskunft vom ausdrücklich mitgeteilt, dass die Ehefrau die für den Versorgungsbezug satzungsgemäß erforderliche Mindestbeitragszeit durch die Übertragung von Anrechten im Versorgungsausgleich und durch freiwillige Beitragsleistungen absehbar nicht erfüllen kann und die interne Teilung des bei ihm bestehenden berufsständischen Anrechts aus diesem Grunde im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG unwirtschaftlich sei. Anhaltspunkte dafür, dass die Ehefrau von einer hiervon abweichenden Beurteilung der Ausgleichsreife des berufsständischen Anrechts durch das Amtsgericht ausgehen durfte, vermag die Rechtsbeschwerdeerwiderung nicht aufzuzeigen.
22bb) Im Übrigen darf das Beschwerdegericht in allen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit grundsätzlich nur über den Verfahrensgegenstand entscheiden, über den die erste Instanz bereits befunden hat (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZB 240/10 - FamRZ 2011, 367 Rn. 7; BGHZ 75, 375 = NJW 1980, 891; Keidel/Sternal FamFG 20. Aufl. § 68 Rn. 88 mwN). Der schuldrechtliche Wertausgleich nach der Scheidung und dessen Nebenansprüche unterscheiden sich grundlegend vom öffentlich-rechtlichen Wertausgleich bei der Scheidung. Während der Wertausgleich bei der Scheidung als Amtsverfahren ausgestaltet ist und aufgrund einer gerichtlichen Gestaltungsentscheidung zur Begründung eigenständiger Versorgungsanrechte des Ausgleichsberechtigten gegenüber einem Versorgungsträger führt, zielt der nur auf Antrag durchgeführte schuldrechtlichen Wertausgleich nach der Scheidung auf die Teilung laufender Versorgungen durch Gewährung eines unterhaltsähnlichen Zahlungsanspruchs gegen den Ausgleichspflichtigen. Angesichts der Unterschiedlichkeit dieser Verfahrensgegenstände gilt sowohl für isolierte Versorgungsausgleichsverfahren als auch für Versorgungsausgleichssachen im Verbund der allgemein anerkannte Grundsatz, dass der Antrag zur Durchführung des schuldrechtlichen Wertausgleichs nicht erstmals in der zweiten Instanz gestellt werden kann, wenn in erster Instanz allein der öffentlich-rechtliche Wertausgleich bei der Scheidung Verfahrensgegenstand war (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZB 14/89 - FamRZ 1990, 606, 607; OLG Frankfurt NJW-RR 2009, 78; Erman/Norpoth/Sasse BGB 16. Aufl. Vorbemerkung vor § 20 VersAusglG Rn. 6; Keidel/Sternal FamFG 20. Aufl. § 64 Rn. 48; Johannsen/Henrich/Althammer/Holzwarth Familienrecht 7. Aufl. § 20 VersAusglG Rn. 58; Borth/Grandel in Musielak/Borth FamFG 6. Aufl. § 65 Rn. 5; Götsche/Rehbein/Breuers/Götsche Versorgungsausgleichsrecht 3. Aufl. § 223 FamFG Rn. 6; Wick Der Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 631; Ruland Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 765).
23(1) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts ergibt sich keine grundlegend andere Beurteilung, wenn der schuldrechtliche Ausgleich im Beschwerdeverfahren lediglich hilfsweise für den Fall beantragt wird, dass der mit der Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung zum öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich in erster Linie begehrte Wertausgleich bei der Scheidung nicht durchgeführt werden kann. Auch insoweit gilt, dass nur der Verfahrensgegenstand, über den der angefochtene erstinstanzliche Beschluss entschieden hat, allein den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bildet. Diesen Verfahrensgegenstand darf das Beschwerdegericht weder auswechseln noch - auf einen Hilfsantrag hin - auf einen anderen Verfahrensgegenstand erweitern. Mit dem Erlass einer auf den öffentlich-rechtlichen Wertausgleich bei der Scheidung beschränkten Endentscheidung in der ersten Instanz ist für die Ehegatten eine grundsätzlich schutzwürdige Verfahrensposition in Bezug auf den Gegenstand eines möglichen Rechtsmittelverfahrens entstanden. Sie haben ein anerkennenswertes Interesse daran, nicht erstmals im Rechtsmittelverfahren unter Austausch oder Erweiterung des vom Amtsgericht beschiedenen Verfahrensgegenstands auf Wertausgleich nach der Scheidung in Anspruch genommen zu werden, zumal ihnen in diesem Fall hinsichtlich der Behandlung des schuldrechtlichen Ausgleichsanspruchs eine Tatsacheninstanz genommen werden würde.
24Allerdings wird in der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum teilweise die Ansicht vertreten, dass die erstmalige Stellung eines Antrags auf schuldrechtlichen Wertausgleich in der Beschwerdeinstanz aus Gründen der Verfahrensökonomie und zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes dann zuzulassen sei, wenn mit der Beschwerde die zum Wertausgleich bei der Scheidung getroffene Entscheidung angefochten wird und erst im Laufe des Beschwerdeverfahrens die Voraussetzungen für die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs eingetreten sind (vgl. OLG Zweibrücken FamRZ 2006, 713, 714; Götsche in Götsche/Rehbein/Breuers Versorgungsausgleichsrecht 3. Aufl. § 223 FamFG Rn. 6; vgl. auch Borth/Grandel in Musielak/Borth FamFG 6. Aufl. § 137 Rn. 36; Helms in Prütting/Helms FamFG 5. Aufl. § 137 FamFG Rn. 52). Ob dieser Auffassung gefolgt werden kann (kritisch für Verfahren im Scheidungsverbund: MünchKommFamFG/Heiter 3. Aufl. § 137 Rn. 68), braucht nicht hier entschieden zu werden, denn in Bezug auf die materiellen Voraussetzungen für den schuldrechtlichen Abfindungsanspruch nach § 23 VersAusglG hat sich nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht am nichts geändert, insbesondere war das berufsständische Anrecht des Ehemanns bereits zu diesem Zeitpunkt dem Grunde und der Höhe nach verfestigt.
25(2) Die Entscheidung des Beschwerdegerichts erweist sich - unter den Umständen des hier vorliegenden Einzelfalls - im Ergebnis gleichwohl als richtig.
26(a) § 224 Abs. 3 FamFG verpflichtet das Gericht, in der Beschlussformel der Endentscheidung über den Versorgungsausgleich festzustellen, wenn und inwieweit ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht stattfindet. Auch wenn im Anwendungsbereich dieser Vorschrift grundsätzlich nur über die Nichtdurchführung des öffentlich-rechtlichen Wertausgleichs zu befinden ist, kann es - namentlich im Falle einer entsprechenden Vereinbarung der Ehegatten oder beim Vorliegen von Härtegründen im Sinne von § 27 VersAusglG - zu Sachverhaltskonstellationen kommen, in denen das Gericht nicht nur den Wertausgleich bei der Scheidung, sondern den gesamten Versorgungsausgleich ausschließt, um damit ausdrücklich die Anordnung zu verbinden, dass wegen der noch nicht ausgleichsreifen Anrechte auch keine Ausgleichsansprüche nach der Scheidung verbleiben sollen (vgl. Keidel/Weber FamFG 20. Aufl. § 224 Rn. 8b; MünchKommFamFG/Stein 3. Aufl. § 224 Rn. 18). In diesem Fall liegt (auch) eine rechtskraftfähige Entscheidung über den Wertausgleich nach der Scheidung vor, was freilich voraussetzt, dass das Gericht bei seiner Entscheidung vom Vorhandensein nicht ausgleichsreifer Anrechte ausgegangen ist. Hat das Gericht demgegenüber sämtliche von den Ehegatten erworbenen Anrechte als ausgleichsreif angesehen, liegt auch bei einem Ausschluss des Versorgungsausgleichs insgesamt tatsächlich nur eine Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen Wertausgleich bei der Scheidung vor. Dass auch in diesem Falle keine schuldrechtlichen Ausgleichsansprüche nach der Scheidung mehr geltend machen werden können, beruht dann nicht darauf, dass bereits bei der Scheidung eine rechtskraftfähige Entscheidung über den Verfahrensgegenstand des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs getroffen worden und ein auf den Wertausgleich nach der Scheidung gerichtetes Folgeverfahren deshalb bereits unzulässig wäre, sondern darauf, dass ein Ausgleich durch Wertausgleich nach der Scheidung nicht subsidiär für Anrechte durchgeführt werden darf, die in der Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich als ausgleichsreif behandelt worden sind und deshalb die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für einen Wertausgleich nach der Scheidung nicht vorliegen (vgl. Johannsen/Henrich/Althammer/Siede Familienrecht 7. Aufl. § 224 FamFG Rn. 9; vgl. auch Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 33/13 - FamRZ 2015, 2125 Rn. 12 und BGHZ 198, 91 = FamRZ 2013, 1548 Rn. 28 f.).
27(b) Gemessen daran hat das Amtsgericht in seinem Beschluss vom , wonach „ein Versorgungsausgleich“ nicht stattfindet, nicht nur über den Wertausgleich bei der Scheidung befunden, sondern auch eine rechtskraftfähige Entscheidung über den Wertausgleich nach der Scheidung getroffen. Ausweislich der Entscheidungsgründe hat das Amtsgericht erkannt, dass nur das von der Ehefrau erworbene gesetzliche Rentenanrecht ausgleichsreif gewesen ist. In Bezug auf das von dem Ehemann erworbene berufsständische Anrecht sind die Erwägungen des Amtsgerichts zwar zunächst von der irrigen Annahme beeinflusst, dass es sich dabei um ein Anrecht mit geringem Ausgleichwert (§ 18 Abs. 2 VersAusglG) handele. Anschließend führt das Amtsgericht aber ausdrücklich aus, dass „die Satzung des Versorgungswerks einen Ausgleich wegen der … fehlenden Beitragsmonate ... nicht (zu)ließe.“ Trotz der Unschärfe in der Formulierung lassen diese Ausführungen jedenfalls darauf schließen, dass sich das Amtsgericht der fehlenden Ausgleichsreife des berufsständischen Anrechts wegen Unwirtschaftlichkeit des Ausgleichs (§ 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG) bewusst war. Mit seinem Ausspruch, den Versorgungsausgleich insgesamt auszuschließen, weil sich seine Durchführung mit den ehevertraglichen Modifikationen (vermeintlich) zu Lasten der Ehefrau auswirken würde, hat das Amtsgericht deshalb sowohl über den öffentlich-rechtlichen Wertausgleich bei der Scheidung als auch über den schuldrechtlichen Wertausgleich nach der Scheidung entschieden.
28(c) Damit war dem Beschwerdegericht hier auch die Entscheidung über den Wertausgleich nach der Scheidung angefallen. Es konnte eine sachliche Entscheidung über die Abfindung des schuldrechtlich auszugleichenden berufsständischen Anrechts des Ehemanns treffen, ohne damit eine unzulässige Erweiterung des Verfahrensgegenstands im Beschwerdeverfahren vorzunehmen.
292. Rechtsbeschwerde der DRV Bund
30a) Die Rechtsbeschwerde der DRV Bund, mit der sich diese gegen ihre Heranziehung als Zielversorgungsträger für die Aufnahme des Abfindungsbetrages wendet, ist wegen der Beschränkung der Rechtsbeschwerdezulassung auf die Frage der Zulässigkeit des Antrags auf schuldrechtliche Abfindung als selbständiges Rechtsmittel unzulässig. Allerdings kann eine unzulässige Rechtsbeschwerde grundsätzlich in eine Anschlussrechtsbeschwerde (§ 73 FamFG) umgedeutet werden. In den Fällen der beschränkten Zulassung der Rechtsbeschwerde muss die Anschlussrechtsbeschwerde nicht den gleichen Verfahrensstoff betreffen, auf den sich die Zulassung bezieht. Ihr muss allerdings zumindest ein Lebenssachverhalt zugrunde liegen, der mit dem von der Zulassung erfassten Verfahrensgegenstand in einem unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang steht (vgl. - NJW-RR 2016, 1014 Rn. 48 mwN und vom - III ZR 91/10 - NJW-RR 2011, 1106 Rn. 24; Keidel/Meyer-Holz FamFG 20. Aufl. § 73 Rn. 3 mwN). Dieser Voraussetzung ist hier genügt, weil die Anschlussrechtsbeschwerde der DRV Bund die auch von der Rechtsbeschwerde des Ehemanns bekämpfte Anordnung einer schuldrechtlichen Abfindungszahlung zum Gegenstand hat.
31b) In der Sache wendet sich die DRV Bund allerdings ohne Erfolg dagegen, dass sie ohne ihre Zustimmung als Auffangversorgungsträger für die Aufnahme des Abfindungsbetrages herangezogen worden ist.
32aa) Die vom Gericht nach §§ 23, 24 Abs. 1 VersAusglG festzusetzende Abfindung ist an einen vom Ausgleichsberechtigten auszuwählenden Zielversorgungsträger zu zahlen, der zur Aufnahme des Kapitals bereit ist. Für die Wahl dieser Zielversorgung verweist § 24 Abs. 2 VersAusglG auf die Regelungen des § 15 VersAusglG zur Wahl der Zielversorgung im Rahmen der externen Teilung, die entsprechend anzuwenden sind. Daher kann der Ausgleichsberechtigte entsprechend § 15 Abs. 1 VersAusglG wählen, an welchen Versorgungsträger er die Abfindungszahlung entrichtet und ob für sie dort ein bereits bestehendes Versorgungsanrecht ausgebaut oder ein neues Anrecht begründet werden soll. Übt der Ausgleichsberechtigte das Wahlrecht hinsichtlich der Zielversorgung nicht aus, so legt die in § 24 Abs. 2 VersAusglG enthaltene Verweisung auf den gesamten § 15 VersAusglG nahe, dass - sofern es nicht um den Ausgleich von Anrechten nach dem Betriebsrentengesetz geht - entsprechend § 15 Abs. 5 Satz 1 VersAusglG ein Anrecht bei der gesetzlichen Rentenversicherung als Auffangversorgungsträger zu begründen ist. Dies entspricht auch den erklärten Intentionen des Gesetzgebers des reformierten Versorgungsausgleichs (vgl. BT-Drucks. 16/10144 S. 66). Allerdings hatte es der Gesetzgeber zunächst versäumt, eine korrespondierende Regelung im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung zu schaffen, welche eine Vereinnahmung von Zahlungen zur Abfindung schuldrechtlich auszugleichender Anrechte ermöglichte. Nach der bis zum geltenden Fassung des § 187 SGB VI war eine Zahlung von Beiträgen im Rahmen des Versorgungsausgleichs nur in den Fällen der externen Teilung nach § 15 VersAusglG (§ 187 Abs. 1 Nr. 2 lit. a SGB VI) und einer wirksamen Vereinbarung nach § 6 VersAusglG (§ 187 Abs. 1 Nr. 2 lit. b SGB VI) möglich. Umstritten war vor diesem Hintergrund, ob die sich dadurch aufzeigende Gesetzeslücke durch eine entsprechende Anwendung von § 187 Abs. 1 Nr. 2 lit. a SGB VI geschlossen werden konnte (vgl. BeckOGK/Fricke VersAusglG [Stand: ] § 24 Rn. 19.1) oder ob der Ausgleichsberechtigte - wie auch die Rechtsbeschwerde der DRV Bund reklamiert - darauf zu verweisen war, über die Zahlung der Abfindung mit dem Ausgleichspflichtigen eine Vereinbarung nach § 6 VersAusglG zu treffen (vgl. Wick Der Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 715; Ruland Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 830).
33bb) Dies bedarf allerdings unter den hier obwaltenden Umständen keiner weiteren Erörterung mehr. Durch Art. 3 des Gesetzes zur Änderung des Versorgungsausgleichsrechts vom (BGBl. I S. 1085) wurde mit Wirkung zum mit der Einfügung des § 187 Abs. 1 Nr. 2 lit. c SGB VI und mit der Ergänzung des § 187 Abs. 3a SGB VI eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, die gemäß § 23 VersAusglG zugesprochenen Beträge zur Abfindung schuldrechtlich auszugleichender Anrechte in die gesetzliche Rentenversicherung aufzunehmen und in Entgeltpunkte umzurechnen.
34Das Rechtsbeschwerdegericht hat grundsätzlich das im Zeitpunkt seiner Entscheidung geltende Recht anzuwenden, so dass auch ein nach Erlass der Beschwerdeentscheidung ergangenes neues Gesetz zu berücksichtigen ist, wenn es nach seinem zeitlichen Geltungswillen das streitige Rechtsverhältnis erfasst (vgl. BGH Beschlüsse vom - I ZB 55/21 - WM 2022, 1216 Rn. 15 mwN und vom - IX ZB 134/04 - NJW 2005, 1508, 1509 mwN). Davon kann regelmäßig dann ausgegangen werden, wenn das ändernde Gesetz - wie hier - keine Übergangsregelung trifft (vgl. - WM 2022, 1216 Rn. 15 mwN). Die Erstreckung des zeitlichen Geltungswillens der Gesetzesänderung auf laufende, aber noch nicht abgeschlossene Versorgungsausgleichsverfahren dürfte hier auch deshalb nicht zweifelhaft sein, weil ausweislich der Gesetzesbegründung mit den Ergänzungen zu § 187 SGB VI ohnehin nur eine „versorgungsrechtliche Klarstellung“ beabsichtigt war, mit der im Sozialversicherungsrecht nachvollzogen werden sollte, dass Abfindungen nach § 23 VersAusglG auch in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt werden können (vgl. BT-Drucks. 19/26838 S. 10, 17 f.).
35c) Allerdings kommt die gesetzliche Rentenversicherung als Zielversorgung für die Abfindung eines schuldrechtlich auszugleichenden Anrechts entsprechend § 14 Abs. 5 VersAusglG nicht mehr in Betracht, wenn dort ein Anrecht durch Beitragszahlung nicht mehr begründet werden kann (BeckOGK/Fricke VersAusglG [Stand: ] § 24 Rn. 19.1; Johannsen/Henrich/Althammer/Holzwarth Familienrecht 7. Aufl. § 23 VersAusglG Rn. 7; Wick Der Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 715). Davon ist auszugehen, wenn dem Ausgleichsberechtigten bereits eine Vollrente wegen Alters bindend bewilligt wurde und eine freiwillige Versicherung des Ausgleichsberechtigten nicht mehr möglich ist (§ 187 Abs. 4 SGB VI). So liegt der Fall hier nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts nicht.
36d) Soweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts im Übrigen der sachlichen Nachprüfung durch den Senat unterliegt, erhebt die DRV Bund keine rechtlichen Beanstandungen. Solche sind auch nicht ersichtlich, was insbesondere für die Bewertung des berufsständischen Anrechts gilt.
37aa) Der Monatsbetrag der vom Versorgungswerk zu zahlenden Rente ist nach der Rentenformel des Versorgungswerks (§ 22 Abs. 1 der Satzung) das Produkt aus dem Rentensteigerungsbetrag, der Anzahl der anzurechnenden Versicherungsjahre und dem persönlichen durchschnittlichen Beitragsquotienten. Der Rentensteigerungsbetrag wird aufgrund der letzten Jahresabschlüsse und der versicherungstechnischen Bilanz von der Vertreterversammlung festgesetzt (§ 22 Abs. 2 der Satzung). Der persönliche durchschnittliche Beitragsquotient wird in der Weise ermittelt, dass für jeden Monat der Mitgliedschaft der tatsächlich gezahlte Monatsbeitrag zu dem im Zahlungszeitpunkt geleisteten Regelpflichtbeitrag ins Verhältnis gesetzt und anschließend die Summe dieser Quotienten durch die Summe der Monate geteilt wird, in denen die Mitgliedschaft bestand (§ 22 Abs. 4 der Satzung). Die Anzahl der in die Rentenberechnung nach § 22 Abs. 1 der Satzung einzustellenden anzurechnenden Versicherungsjahre wird gemäß § 22 Abs. 3 Nr. 3 der Satzung pauschal um eine Zusatzzeit von acht Jahren erhöht, wenn der Eintritt in das Versorgungswerk - wie hier bei dem Ehemann - vor Vollendung des 45. Lebensjahres erfolgt. Der Senat hat bereits entschieden, dass sich diese Zusatzzeit keinem bestimmten Kalenderzeitraum zuordnen lässt. Auch wenn die Erhöhung der anzurechnenden Versicherungsjahre um eine pauschale Zusatzzeit möglicherweise dadurch motiviert gewesen ist, dem Mitglied des Versorgungswerks eine Anerkennung für Schul- und Universitätsausbildung zu gewähren, ändert dies nichts daran, dass die Zusatzzeit keinen kalendarisch fixierbaren Zeitraum bezeichnet. Sie ist vielmehr lediglich ein die Rentenhöhe steigerndes Bewertungselement, das nur aus technischen Gründen in die Form eines Zeitfaktors gekleidet und deshalb auch nur bei der Höhe der Rente zu berücksichtigen ist (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZB 83/00 - FamRZ 2005, 694, 695, zur Rechtsanwaltsversorgung Niedersachsen).
38Gemessen daran hat das Beschwerdegericht zutreffend erkannt, dass nur der durch Beitragszahlung erworbene Teil des Anrechts gemäß §§ 41 Abs. 1, 39 VersAusglG unmittelbar bewertet werden kann, während die auf der Zusatzzeit beruhende Aufwertung des Anrechts - wie sie durch die pauschale Erhöhung der in die Rentenformel des Versorgungswerks einzustellenden Versicherungsjahre bewirkt wird - gemäß §§ 41 Abs. 2, 40 VersAusglG zeitratierlich zu bewerten ist.
39bb) Nach den Auskünften des Versorgungsträgers hat der Ehemann dem Versorgungswerk über einen Zeitraum von 354 Monaten vom bis zum angehört. Von dieser Gesamtzeit entfielen nach den rechtlich bedenkenfreien Feststellungen des Beschwerdegerichts unter Berücksichtigung der ehevertraglichen Modifikationen 48 Monate in die ausgleichsrelevante Ehezeit. Das Beschwerdegericht hat daher die pauschale Zusatzzeit von 96 Monaten mit einem Anteil von 48/354 der Ehezeit zugerechnet und daher bei der Ermittlung des Ehezeitanteils nach der Rentenformel des Versorgungswerks die anzurechnende Versicherungszeit von 48 Monaten auf 61,0169 Monate erhöht. Mit Recht hat es das Beschwerdegericht demgegenüber abgelehnt, die Zusatzzeit auch bei der Ermittlung des persönlichen durchschnittlichen Beitragsquotienten zu berücksichtigen. Der persönliche durchschnittliche Beitragsquotient ist ein Element der unmittelbaren Bewertung der durch Beitragsleistung erworbenen Anteile des Anrechts. Würde die durch monatliche Beitragszahlungen erworbene Quotientensumme - entgegen § 22 Abs. 4 der Satzung - nicht (nur) durch die Summe der Monate geteilt, in denen tatsächlich eine Mitgliedschaft im Versorgungswerk bestand, sondern würde auch hier die Zusatzzeit berücksichtigt, führte dies dazu, die in der Rentenformel mit der Erhöhung der anzurechnenden Versicherungsjahre um die pauschale Zusatzzeit bewirkte Wertsteigerung des Anrechts wieder rückgängig zu machen.
40e) Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird insoweit abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
III.
41Schließlich hält auch die Entscheidung des Beschwerdegerichts, die Kosten des Verfahrens in der ersten und in der zweiten Instanz insgesamt gegeneinander aufzuheben, der rechtlichen Überprüfung stand.
42Nach § 150 Abs. 1 FamFG sind die Kosten der Scheidungssache und der Folgesachen gegeneinander aufzuheben, wenn die Scheidung der Ehe ausgesprochen wird. Erscheint in diesem Fall die Kostenverteilung insbesondere im Hinblick auf eine Versöhnung der Ehegatten oder auf das Ergebnis einer als Folgesache geführten Unterhaltssache oder Güterrechtssache als unbillig, kann das Gericht gemäß § 150 Abs. 4 Satz 1 FamFG die Kosten nach billigem Ermessen anderweitig verteilen.
431. Diese Vorschriften gehen als Spezialregelung für die Kostenverteilung in Scheidungs- und Folgesachen den „allgemeinen Bestimmungen“ vor (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 233). Sie gelten deshalb nach zutreffender Ansicht uneingeschränkt auch für die Kostenentscheidung in einem Rechtsmittelverfahren (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2015, 754, 755 f.; KG FamRZ 2018, 125, 127; OLG Brandenburg FamRZ 2012, 306; MünchKommFamG/Henjes 3. Aufl. § 150 Rn. 26; Prütting/Helms FamFG 5. Aufl. § 150 Rn. 21; Hausleiter/Eickelmann FamFG 2. Aufl. § 150 Rn. 4; N. Schneider NZFam 2016, 112, 115; Büte FuR 2009, 649). Ob einem Ehegatten als Beschwerdeführer bei einem erfolglos eingelegten Rechtsmittel in der Ehesache oder in einer Folgesache die Kosten des Rechtsmittels allein aufzuerlegen sind, beurteilt sich somit danach, ob in diesem Fall nach § 150 Abs. 4 FamFG eine Abweichung vom Grundsatz der Kostenaufhebung nach § 150 Abs. 1 FamFG gerechtfertigt ist. Wird das Rechtsmittelgericht dabei nur mit einer erfolglos eingelegten Beschwerde befasst, werden die rechtlichen Wertungen des § 113 Abs. 1 FamFG iVm § 97 ZPO bzw. des § 84 FamFG in der Regel zu der Billigkeitsentscheidung führen, dem beschwerdeführenden Ehegatten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzulegen; gleiches wird bei einer Rücknahme des Rechtsmittels für den Grundsatz des § 117 Abs. 2 Satz 1 FamFG iVm § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO gelten.
442. Im vorliegenden Fall waren dem Beschwerdegericht Rechtsmittel in der Ehesache und in den Folgesachen Güterrecht und Versorgungsausgleich angefallen. Richtig ist, dass die Ehefrau lediglich mit ihrer Beschwerde zur Folgesache Versorgungsausgleich einen Teilerfolg erzielt hat, während ihre Beschwerde zum Scheidungsausspruch zurückgenommen und ihre Beschwerde in der Folgesache Güterrecht zurückgewiesen worden ist. Auch wenn im Rahmen der gemäß § 150 Abs. 1 und Abs. 4 FamFG zu treffenden einheitlichen Kostenentscheidung insoweit die rechtlichen Wertungen des § 97 ZPO und des § 516 Abs. 3 ZPO zu berücksichtigen waren, bedeutet dies noch nicht, dass das Ermessen des Beschwerdegerichts dahingehend eingeengt gewesen wäre, die Kosten des gesamten Beschwerdeverfahrens auf der Grundlage der zusammengerechneten Verfahrenswerte rechnerisch genau nach dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens zu verteilen. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts, im Hinblick auf eine deutliche wirtschaftliche Unterlegenheit der Ehefrau keine von der Regel des § 150 Abs. 1 FamFG abweichende Verteilung der Kosten des Beschwerdeverfahrens vorzunehmen, hält sich deshalb im Rahmen einer zulässigen und durch das Rechtsmittelgericht ohnehin nur eingeschränkt überprüfbaren (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 584/18 - NJW-RR 2022, 1159 Rn. 31 und vom - XII ZB 15/13 - FamRZ 2014, 744 Rn. 14, jeweils zu § 81 FamFG) tatrichterlichen Ermessensausübung.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:051022BXIIZB74.20.0
Fundstelle(n):
NJW 2022 S. 8 Nr. 50
NJW-RR 2023 S. 1 Nr. 1
NJW-RR 2023 S. 1 Nr. 1
EAAAJ-27125