BGH Beschluss v. - VIa ZR 51/21

Instanzenzug: Az: VIa ZR 51/21 Beschlussvorgehend Az: VIa ZR 51/21 Beschlussvorgehend Az: 13 U 32/21vorgehend LG Mainz Az: 9 O 177/20nachgehend Az: 2 BvR 2159/22 Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen

Gründe

I.

1Der Kläger nimmt die beklagte Kraftfahrzeugherstellerin und -verkäuferin wegen der behaupteten Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung auf Schadensersatz in Anspruch.

2Der Kläger erwarb im Dezember 2013 ein Neufahrzeug Mercedes-Benz Vito mit einem von der Beklagten entwickelten und hergestellten Dieselmotor des Typs OM 651 (EU 5).

3Im Verfahren hat der Kläger ein Sachverständigengutachten der    GmbH vom vorgelegt, das einen Motor des Typs OM 642 (EU 6) betrifft, und (u.a.) vorgetragen, in den streitgegenständlichen Motor sei eine Kühlmittel-Sollwert-Temperatur-Regelung (KSR) verbaut, die auf dem Prüfstand stets, aber nur bei 11 % aller Realfahrten Wirkung entfalte.

4Die im Wesentlichen auf die Erstattung des Kaufpreises zuzüglich Finanzierungskosten abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs, die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten sowie die Feststellung des Annahmeverzugs und der weiteren Schadensersatzpflicht der Beklagten gerichtete Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg. Die dagegen gerichtete Revision des Klägers hat der Senat durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückgewiesen, weil weder die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision vorliegen noch die Revision Aussicht auf Erfolg hat. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Hinweisbeschluss vom und den Senatsbeschluss vom Bezug genommen. Gegen den Senatsbeschluss vom richtet sich die Anhörungsrüge des Klägers.

II.

5Die zulässige Anhörungsrüge bleibt ohne Erfolg, weil der Kläger eine Gehörsverletzung nicht darlegen kann.

6Die Anhörungsrüge beschränkt sich im Wesentlichen auf die Wiederholung des Vorbringens des Klägers zu dem von ihm vorgelegten Sachverständigengutachten und zur KSR. Mit diesem Vorbringen hat sich der Senat indessen bereits in den Beschlüssen vom und vom auseinandergesetzt, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird. Die reine Wiederholung des Vorbringens des Klägers gibt dem Senat keine Veranlassung zu einer abweichenden Beurteilung. Dass der Kläger die Beurteilung des Senats nicht teilt, vermag schon im Ansatz eine Gehörsverletzung nicht zu begründen.

7Der Senat bleibt daher bei seiner Einschätzung, dass aus einem Sachverständigengutachten zu einem Motor des Typs OM 642 (EU 6) nicht ohne weiteres Rückschlüsse auf einen Motor des Typs OM 651 (EU 5) gezogen werden können.

8Ebenso geht der Senat weiterhin davon aus, dass es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn das Berufungsgericht eine Indikation für ein sittenwidriges Verhalten des Fahrzeugherstellers verneint, weil der Erwerber des Fahrzeugs selbst vorträgt, die behauptete Abschalteinrichtung funktioniere auf dem Prüfstand und in 11 % der Realfahrten gleichermaßen.

9Schließlich vermag es der Anhörungsrüge auch nicht zum Erfolg zu verhelfen, soweit sich der Kläger nunmehr erstmals und damit ohnehin zur Rechtfertigung einer Anhörungsrüge ungeeignet auf die Entscheidung des VII. Zivilsenats vom (VII ZR 733/21, - juris) beruft. Denn anders als der Kläger meint, lässt sich auch dieser Entscheidung nicht entnehmen, dass eine Funktion, die nur bei einem bestimmten Anteil aller Fahrten im Realbetrieb, auf dem Prüfstand aber stets, aktiviert wird, einer Prüfstandserkennung gleichzusetzen sei. Denn im Gegensatz zum vorliegenden Verfahren hat der Kläger im Verfahren vor dem VII. Zivilsenat vorgetragen und unter Beweis gestellt, die Abgasreinigung seines Fahrzeugs werde durch eine Software-Funktion gesteuert, die erkenne, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befinde, und in diesem Fall eine KSR aktiviere, die den Ausstoß von Stickoxiden auf das zulässige Maß reduziere. Nur dadurch blieben die Stickoxidwerte auf dem Prüfstand unterhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte. Im realen Fahrbetrieb hingegen werde diese Funktion deaktiviert und der gesetzliche Grenzwert von 180 mg/km deutlich überschritten (vgl. , - juris Rn. 19, 23). Die Sachverhalte sind mithin nicht vergleichbar.

10Im Übrigen geht die von der Anhörungsrüge herangezogene Entscheidung des VII. Zivilsenats ausdrücklich davon aus, dass ein verpflichtender Rückruf seitens des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) nicht bereits hinreichend das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung indiziert, über die das KBA bei Erteilung der Typengenehmigung getäuscht worden sein müsse. Nach der mittlerweile gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung müssen weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der für sie handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen, damit eine unzulässige Abschalteinrichtung eine Haftung der Beklagten wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß § 826 BGB auslösen kann (, - juris Rn. 17 mwN). Dabei ist das Kriterium der Prüfstandsbezogenheit grundsätzlich geeignet, um zwischen nur unzulässigen Abschalteinrichtungen und solchen, deren Implementierung die Kriterien einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung erfüllen kann, zu unterscheiden. Die Tatsache, dass eine Manipulationssoftware ausschließlich im Prüfstand die Abgasreinigung verstärkt aktiviert, indiziert eine arglistige Täuschung der Genehmigungsbehörden (BGH, aaO, Rn. 18 mwN). Diese Voraussetzungen liegen indessen nach dem eigenen Vorbringen des Klägers hier nicht vor. Denn anders als die Anhörungsrüge meint, kann das Vorbringen des Klägers, die KSR wirke auf dem Prüfstand stets, nicht aber in 89 % der Realfahrten, nicht dahin verstanden werden, die KSR aktiviere ausschließlich im Prüfstand die Abgasreinigung verstärkt.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:050922BVIAZR51.21.0

Fundstelle(n):
QAAAJ-25942