Instanzenzug: Az: 104 Ks 30/21
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten D. wegen gefährlicher Körperverletzung und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und den Angeklagten M. aufgrund desselben Schuldspruchs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen. Dagegen wenden sich die auf die ausgeführte Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten. Die Rechtsmittel haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
21. Die Überprüfung der Schuld- und Strafaussprüche hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.
3a) Entgegen der Ansicht der Revision des Angeklagten M. lassen die Urteilsgründe auch nicht besorgen, dass das Landgericht den Angeklagten die durch den Mittäterexzess des gesondert Verfolgten S. entstandenen gravierenden Verletzungen der Nebenkläger zugerechnet und dadurch bei der Ahndung der gefährlichen Körperverletzung einen zu großen Schuldumfang angenommen haben könnte. Weder die rechtliche Würdigung noch die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts bieten hierzu einen Anlass; vielmehr hat das Landgericht seine Entscheidung, von einer Adhäsionsentscheidung abzusehen, gerade damit begründet, dass es an einem den Angeklagten zurechenbaren Schaden der Nebenkläger, die alleine durch den Exzess des Mittäters verletzt wurden, fehle.
4b) Die für die gefährliche Körperverletzung zugemessenen Einzelstrafen wahren trotz des geringen – zurechenbaren – Erfolgsunwerts durch die Gesundheitsschädigung des Zeugen K. noch den weiten tatrichterlichen Entscheidungs- und Wertungsspielraum (vgl. hierzu , juris Rn. 6; vom – 3 StR 412/21, juris Rn. 26 jeweils mwN; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 833).
52. Hingegen erweist sich die Entscheidung, von der Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) abzusehen, als rechtsfehlerhaft.
6a) Die Strafkammer hat festgestellt, dass bei beiden Angeklagten ein langjähriger Missbrauch mit psychischer Abhängigkeit von Cannabinoiden und von Alkohol bestehe. Im Verlauf der letzten Monate vor den gegenständlichen Taten sei zusätzlich bei beiden ein Missbrauch von Kokain, beim Angeklagten D. in Form der psychischen Abhängigkeit, hinzugetreten. Die Angeklagten verkauften gemeinsam Drogen, die sie auf Kommission bezogen. Als Entgelt bzw. Gewinn nutzten sie einen Teil der Drogen zum Eigenkonsum.
7b) Auf dieser Tatsachengrundlage stößt die Bewertung des Landgerichts, dass „ausgeschlossen werden könne, dass die Tat(en) auf dem Hang der Angeklagten, Drogen und Alkohol zu konsumieren, zurückgehen würden“, auf durchgreifende rechtliche Bedenken. Zwar hat das Landgericht rechtsfehlerfrei begründet, weshalb die von den Angeklagten gemeinsam begangene gefährliche Körperverletzung nicht auf diesem Hang basiere. Es hat indes übersehen, dass der Handel der Angeklagten mit Betäubungsmitteln gerade dazu diente, ihren Eigenkonsum zu finanzieren, sich mithin als Beschaffungskriminalität darstellte. Danach kann der erforderliche symptomatische Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden (vgl. Senat, Beschluss vom – 2 StR 442/20, juris Rn. 5). Da auch das Vorliegen der übrigen Anordnungsvoraussetzungen nach den Urteilsgründen möglich erscheint, muss – naheliegenderweise unter Hinzuziehung eines anderen Sachverständigen (§ 246a Abs. 1 Satz 2 StPO) – über die Frage der Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt neu verhandelt und entschieden werden.
8c) Da der Senat ausschließen kann, dass das Landgericht bei einer Anordnung der Unterbringung gemäß § 64 StGB niedrigere Strafen verhängt hätte, bleiben die Strafaussprüche unberührt.
93. Die Einziehungsentscheidung erweist sich überwiegend als rechtsfehlerfrei. Sie bedarf lediglich insoweit der Korrektur, als „11,97 Gramm/N Haschisch“ sowie eine „Zigarettenschachtelfolie von 11,97 Gramm/N Haschisch“ des Angeklagten M. eingezogen worden sind. Diese Betäubungsmittel standen – wie der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift zutreffend ausgeführt hat − in keinem Bezug zu den verfahrensgegenständlichen Taten, da die Staatsanwaltschaft das Verfahren in der Abschlussverfügung im Hinblick auf die weiteren in der Anklageschrift erhobenen Tatvorwürfe gemäß § 154 Abs. 1 StPO und damit auch hinsichtlich der gegenständlichen „11,97g/n Haschisch“ vorläufig eingestellt hat. Damit kommt eine Einziehung der vorgenannten Betäubungsmittel gemäß § 74 Abs. 2 StGB i.V.m. § 33 Satz 1 BtMG nicht in Betracht, weil sie keine Tatobjekte der abgeurteilten Taten waren (st. Rspr.; vgl. , juris Rn. 5 mwN). Eine Einziehung im vorliegenden Verfahren nach § 76a StGB scheidet schon mangels eines hierauf gerichteten Antrags der Staatsanwaltschaft (§ 435 Abs. 1 StPO) aus (vgl. , NStZ 2022, 95 Rn. 17 mwN). Dieser Teil der Einziehungsentscheidung hat daher zu entfallen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:310822B2STR281.22.0
Fundstelle(n):
CAAAJ-25669