Teilungsversteigerung eines Miteigentumsanteils an Grundstück: Stellung der übrigen Miteigentümer als Beteiligte
Leitsatz
1. In dem Verfahren über die Zwangsversteigerung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück sind die Eigentümer der übrigen Miteigentumsanteile nicht schon wegen ihrer Stellung als Miteigentümer als Beteiligte i.S.v. § 9 Nr. 1 ZVG anzusehen.
2. Die übrigen Miteigentümer sind aber nach § 9 Nr. 1 ZVG Beteiligte, wenn für sie oder ihren jeweiligen Miteigentumsanteil ein Recht an dem zu versteigernden Miteigentumsanteil im Grundbuch eingetragen ist (etwa ein Grundpfandrecht, ein Vorkaufsrecht oder eine Regelung nach § 1010 BGB), oder wenn ihre aus dem Grundbuch ersichtlichen rechtlichen Interessen ausnahmsweise ihre Beteiligung gebieten; das ist etwa dann der Fall, wenn eine Gesamtgrundschuld auf allen Miteigentumsanteilen lastet (Fortführung , ZfIR 2019, 31).
Gesetze: § 9 Nr 1 ZVG, § 1010 Abs 1 BGB
Instanzenzug: LG Würzburg Az: 3 T 1907/21vorgehend AG Würzburg Az: 3 K 8/20
Gründe
I.
1Die drei Antragsteller und die 34 weiteren Beteiligten des Beschwerdeverfahrens sind die Mitglieder einer Erbengemeinschaft und als solche als Eigentümer des Miteigentumsanteils Nr. 1e von 1/4 an dem im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten Grundstück eingetragen. Die im Grundbuch eingetragenen Eigentümer der übrigen Miteigentumsanteile Nrn. 1a bis 1d und 1f sind verstorben und wurden, wie die Antragsteller durch umfangreiche und aufwändige Ermittlungen in Erfahrung gebracht haben, von insgesamt 71 Personen beerbt, die teils inzwischen wiederum verstorben sind und von weiteren Personen beerbt wurden. Die Antragsteller betreiben seit März 2020 die Teilungsversteigerung des Miteigentumsanteils Nr. 1e zum Zwecke der Aufhebung der an diesem Anteil bestehenden Gemeinschaft. Den Verkehrswert des Gesamtgrundstücks setzte das Amtsgericht (Vollstreckungsgericht) auf 430 € fest. Ein Beschluss über die Anordnung der Zwangsversteigerung ist bislang nicht ergangen.
2Das Amtsgericht hat die Antragsteller mit mehreren Zwischenverfügungen jeweils aufgefordert, die Namen und ladungsfähigen Anschriften weiterer Erben der übrigen Miteigentumsanteile mitzuteilen. Ihren Antrag, das Verfahren ohne Beteiligung der Eigentümer der Miteigentumsanteile Nrn. 1a bis 1d und 1f fortzusetzen, hat es durch Beschluss abgelehnt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen sie ihren Antrag weiter.
II.
3Das Beschwerdegericht meint, die weiteren Miteigentümer seien nach § 9 Nr. 1 ZVG als Beteiligte des Verfahrens über die Zwangsversteigerung des Miteigentumsanteils Nr. 1e anzusehen. Die Versteigerung eines Bruchteils wirke sich auf das Gemeinschaftsverhältnis der Miteigentümer mit den sich hieraus ergebenden Ansprüchen der Miteigentümer untereinander aus, etwa auf den Früchteanteil, die Gebrauchsbefugnis und die gemeinschaftliche Verwaltung. Für Gesamtrechte hafteten sie dinglich mit und bei Beendigung der Gemeinschaft hätten sie bei der Teilung mitzuwirken. Etwas anderes folge vorliegend nicht daraus, dass die im Grundbuch eingetragenen Miteigentümer - und teils auch deren Erben - verstorben seien und mit der Ermittlung der heutigen Miteigentümer ein erheblicher zeitlicher und finanzieller Aufwand verbunden sei, der kaum in einem vernünftigen Verhältnis zu dem Verkehrswert des Grundstücks stehe. Das Zwangsversteigerungsrecht unterscheide hinsichtlich des Verfahrens nicht zwischen wertvollen und weniger wertvollen Grundstücken; dem stehe auch das grundgesetzlich geschützte Recht der übrigen Miteigentümer auf rechtliches Gehör entgegen.
III.
4Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Das Teilungsversteigerungsverfahren über den Miteigentumsanteil Nr. 1e ist ohne die Beteiligung der Eigentümer der Miteigentumsanteile Nrn. 1a bis 1d und 1f fortzusetzen.
51. Allerdings ist umstritten, ob in dem Zwangsversteigerungsverfahren über einen Grundstücksbruchteil die übrigen Miteigentümer aufgrund ihrer Eintragung im Grundbuch als Beteiligte anzusehen sind.
6a) Die überwiegende Meinung wendet § 9 Nr. 1 ZVG auf weitere Miteigentümer unmittelbar an (Depré/Cranshaw, ZVG, 2. Aufl., § 9 Rn. 20; Hagemann in Steiner, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl., § 9 Rn. 47; Hintzen in Hintzen/Wolf, Zwangsvollstreckung, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, Rn. 11.64; Löhnig/Rachlitz, ZVG, § 9 Rn. 11; Rellermeyer in Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 15. Aufl., § 9 Rn. 11; Steiner/Hagemann, ZVG, 9. Aufl., Bd. 1 § 9 Rn. 47; Storz/Kiderlen, Praxis des Zwangsversteigerungsverfahrens, 13. Aufl., S. 107; Stöber, ZVG, 22. Aufl., § 9 Rn. 44; M. Müller, ZMR 2007, 747; aus der älteren Literatur auch Jäckel/Güthe, ZVG, 7. Aufl. [1937], § 9 Rn. 3 [S. 53]; Korintenberg/Wenz, ZVG, 6. Aufl. [1935], Anm. 3; Reinhard/Müller, ZVG, 3./4. Aufl. [1931], § 9 Anm. IV.1.; Wolff, ZVG, 3. Aufl. [1909], § 9 Anm. 5).
7b) Nach anderer Ansicht sind die Miteigentümer, deren Bruchteile nicht zur Versteigerung stehen, nur dann als Beteiligte anzusehen, wenn zu ihren Gunsten auf dem in Vollstreckung befindlichen Miteigentumsanteil ein Recht, etwa eine Regelung gemäß § 1010 Abs. 1 BGB über das Verhältnis der Miteigentümer untereinander eingetragen ist (vgl. Böttcher, ZVG, 7. Aufl., § 9 Rn. 8b; Eickmann/Böttcher, Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht, 3. Aufl., S. 12; Sievers in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 4. Aufl., § 9 ZVG Rn. 9; ders., Rpfleger 1990, 335, 337; Schneider, ZfIR 2012, 613, 617; Böttcher, ZfIR 2019, 34, 35; wohl auch Ertle, ZfIR 2018, 815, 819; aus der älteren Literatur Fischer/Schäfer, Die Gesetzgebung betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen im Reiche und in Preußen, 1902, § 9 Rn. 2a).
8c) Der Senat hat die Frage bislang nicht entschieden. In einer älteren Entscheidung hat er den weiteren Miteigentümer (dort der Ehegatte) als Beteiligten i.S.v. § 9 Nr. 1 ZVG angesehen, weil im Grundbuch zugunsten beider Miteigentümer eine Gesamtgrundschuld an dem Grundstück eingetragen war. Allerdings folgte die Beteiligtenstellung des Miteigentümers in diesem Fall unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm, weil eine solche Grundschuld für den jeweils anderen Miteigentümer Fremdgrundschuld ist und damit ein zu dessen Gunsten im Grundbuch eingetragenes Recht (vgl. Senat, Urteil vom - V ZR 72/73, Leitsatz und juris Rn. 15, insoweit nicht abgedruckt in NJW 1975, 445). In einem jüngeren Beschluss hat der Senat entschieden, dass die übrigen Miteigentümer immer dann zu beteiligen sind, wenn das Grundstück mit einem Grundpfandrecht belastet ist. Ob sie auch dann zu beteiligen sind, wenn dies nicht der Fall ist, hat er ausdrücklich offengelassen (Senat, Beschluss vom - V ZB 221/17, ZfIR 2019, 31 Rn. 9). Er entscheidet die Frage nunmehr im Sinne der zuletzt genannten Auffassung.
9aa) In dem Verfahren über die Zwangsversteigerung eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück sind die Eigentümer der übrigen Miteigentumsanteile nicht schon wegen ihrer Stellung als Miteigentümer als Beteiligte i.S.v. § 9 Nr. 1 ZVG anzusehen.
10(1) Dem Gesetzeswortlaut ist dies allerdings nicht eindeutig zu entnehmen.
11(a) Nach § 9 Nr. 1 ZVG gelten in dem Zwangsversteigerungsverfahren außer dem Gläubiger und dem Schuldner als Beteiligte diejenigen, für welche zur Zeit der Eintragung des Vollstreckungsvermerks ein Recht im Grundbuch eingetragen oder durch Eintragung gesichert ist. Nach § 864 Abs. 2 ZPO ist die Zwangsvollstreckung in den Bruchteil eines Grundstücks nur zulässig, wenn der Bruchteil in dem Anteil eines Miteigentümers besteht oder wenn sich der Anspruch des Gläubigers auf ein Recht gründet, mit dem der Bruchteil als solcher belastet ist. Folglich sind bei einem im Miteigentum stehenden Grundstück (nur) die einzelnen Miteigentumsanteile Gegenstand der Zwangsvollstreckung. Insoweit werden sie vollstreckungsrechtlich wie mehrere Grundstücke behandelt (Senat, Beschluss vom - V ZB 13/20, NJW-RR 2021, 467 Rn. 7). Da der einzelne Miteigentumsanteil für sich genommen kein Recht an dem jeweils anderen Miteigentumsanteil darstellt bzw. begründet, spricht der Wortlaut der Norm auf den ersten Blick gegen eine Beteiligung der übrigen Miteigentümer.
12(b) Der Formulierung in § 9 Nr. 1 ZVG lässt sich aber nicht eindeutig entnehmen, dass es sich bei dem im Grundbuch eingetragenen Recht um ein Recht an dem zu versteigernden Miteigentumsanteil handeln muss. Insoweit ist der Wortlaut offener gefasst als in Nr. 2 der Vorschrift, wonach Beteiligte auch diejenigen sind, welche ein Recht „an dem Grundstück“ oder an einem „das Grundstück“ belastenden Recht bei dem Vollstreckungsgericht anmelden. Zwar liegt auf der Hand, dass es sich nicht um ein Recht an irgendeinem anderen als dem zur Versteigerung stehenden Grundstück handeln kann. Der Wortlaut von § 9 Nr. 1 ZVG schließt es aber nicht aus, die weiteren Miteigentümer als Beteiligte nach dieser Vorschrift anzusehen, auch wenn es sich vollstreckungsrechtlich um verschiedene Grundstücke handelt und der Miteigentumsanteil kein Recht an dem jeweils anderen Miteigentumsanteil ist bzw. begründet. Denn auch für den weiteren Miteigentümer ist jedenfalls ein Recht mit engem Bezug zum Versteigerungsgegenstand im Grundbuch eingetragen, nämlich sein ideeller Anteil an dem Grundstück im sachenrechtlichen Sinne; sein Recht und sein Interesse gehen also aus dem Grundbuch hervor (vgl. Senat, Beschluss vom - V ZB 221/17, ZfIR 2019, 31 Rn. 10).
13(2) Für die Bestimmung des Beteiligtenbegriffs in § 9 ZVG ist daher auf den objektiven Sinn und Zweck der Regelung abzustellen.
14(a) Die Zuweisung der Beteiligtenstellung an Personen, deren Recht nicht unmittelbar zur Versteigerung kommt, die aber durch die Zwangsversteigerung einen Rechtsverlust zu erleiden drohen, dient erkennbar dazu, ihnen die Möglichkeit zu verschaffen, diesen Rechtsverlust durch geeignete Anträge zu verhindern. Das Gesetz räumt den Beteiligten in dem Zwangs- bzw. Teilungsversteigerungsverfahren zu diesem Zweck weitreichende Rechte ein. Unter anderem ist ihnen die Bestimmung des Versteigerungs- und des Verteilungstermins zuzustellen (§ 43 Abs. 1, § 105 Abs. 2 Satz 1 ZVG), sie können eine abweichende Feststellung des geringsten Gebots und der sonstigen Versteigerungsbedingungen verlangen (§ 59 Abs. 1 Satz 1 ZVG), sie können, wenn ihr Recht durch Nichterfüllung des Gebots beeinträchtigt werden würde, Sicherheitsleistungen verlangen (§ 67 Abs. 1 Satz 1 ZVG), sie können Widerspruch gegen Gebote und gegen die Zurückweisung von Geboten erheben (§ 71 Abs. 1 und 2 ZVG) sowie bei der Versteigerung mehrerer Grundstücke nach § 63 Abs. 2 ZVG verlangen, dass neben dem Einzelausgebot alle Grundstücke zusammen ausgeboten werden (Gesamtausgebot) bzw. dass die mit einem und demselben Recht belasteten Grundstücke gemeinsam ausgeboten werden (Gruppenausgebot). Ihnen ist die Zuschlagsentscheidung zu verkünden bzw. zuzustellen (§ 88 Satz 1 ZVG) und ihnen steht die Beschwerde gegen die Erteilung des Zuschlags zu (§ 97 Abs. 1 ZVG).
15(b) Der mit diesen Beteiligungsrechten bewirkte Schutz soll nach dem Wortlaut von § 9 Nr. 1 ZVG zwar einerseits nicht nur denjenigen zuteilwerden, für die ein dingliches Recht an dem zu versteigernden Grundstück im Grundbuch eingetragen ist. Erst Recht gewährt das Gesetz die Beteiligtenstellung nicht nur denjenigen, die ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück (§ 10 Abs. 1 ZVG) haben. Vielmehr erstreckt es den Begriff des Beteiligten in § 9 Nr. 1 Alt. 2 ZVG auch auf diejenigen, für die (nur) ein Recht durch Eintragung gesichert ist, etwa durch Vormerkung oder Widerspruch, obwohl diese Sicherungsmittel selbst kein Recht an dem Grundstück darstellen. Es ist nicht einmal in jedem Fall ein dingliches Recht erforderlich, wie sich aus der Aufnahme des Mieters oder Pächters in den Kreis der - wenn auch nur nach Anmeldung (§ 9 Nr. 2 ZVG) - zu beteiligenden Personen ergibt. Andererseits liegt der Konzeption des Gesetzes auch zugrunde, dass der Kreis der Beteiligten nicht uferlos sein soll. Es soll ersichtlich nicht jedes irgendwie geartete Interesse am Ausgang des Zwangsversteigerungsverfahrens genügen. Denn es widerspräche dem erkennbaren Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung, Personen, die lediglich ein tatsächliches Interesse am Ausgang des Verfahrens haben, weitgehende Befugnisse einzuräumen und es ihnen hierdurch zu ermöglichen, auf ein Verfahren Einfluss zu nehmen, das sie in ihren Rechten nicht betreffen kann. Die Beteiligtenstellung ist daher auf solche Personen zu begrenzen, denen durch die Versteigerung ein Rechtsverlust oder zumindest ein rechtlicher Nachteil entstehen kann, wobei das Recht, das durch die Versteigerung des Grundstücks verloren gehen oder beeinträchtigt werden könnte, entweder aus dem Grundbuch erkennbar sein (Nr. 1) oder angemeldet werden (Nr. 2) muss.
16(c) Legt man diese gesetzgeberische Konzeption der Bestimmung des Beteiligtenbegriffs zugrunde, kann der bloße Miteigentumsanteil für sich genommen nicht genügen, um seinen Eigentümer nach § 9 Nr. 1 ZVG zu einem Beteiligten des einen anderen Miteigentumsanteil betreffenden Zwangsversteigerungsverfahrens zu machen. Denn dem Miteigentümer kann durch die Versteigerung eines anderen Bruchteils ein Rechtsverlust oder ein rechtlicher Nachteil nicht entstehen; es wird lediglich der bisherige weitere Miteigentümer durch einen anderen ersetzt. Dass die Miteigentümer eine Gemeinschaft bilden und die Verwaltung und Benutzung des gemeinsamen Grundstücks durch Beschlüsse regeln (§ 754 BGB), mag zwar ein gewisses Interesse des Miteigentümers an der Person des anderen begründen. Ein solches Interesse ist aber tatsächlicher, nicht rechtlicher Natur, und kann daher die Beteiligtenstellung nicht begründen (zutreffend Böttcher, ZVG, 7. Aufl., § 9 Rn. 8b; Sievers, Rpfleger 1990, 335, 337). Es wird auch sonst von der Rechtsordnung nicht geschützt, denn nach § 747 Satz 1 BGB kann jeder Teilhaber über seinen Anteil am Eigentum verfügen.
17(d) Wollte man den Miteigentümer allein aufgrund seines Miteigentums stets als Beteiligten in dem Verfahren über die Versteigerung eines anderen Miteigentumsanteils ansehen, liefe dies dem von dem Gesetzgeber mit § 9 Nr. 1 ZVG zumindest auch verfolgten Zweck, den Kreis der Beteiligten zu begrenzen, zuwider. Bei einer großen Anzahl von Miteigentümern wäre eine erhebliche Anzahl an Zustellungen mit den entsprechenden Kosten zu bewirken. Zudem kann es für den Antragsteller, der - wie der vorliegende Fall zeigt - nicht immer in einer persönlichen Verbindung zu den übrigen Miteigentümern stehen wird, erhebliche Schwierigkeiten bereiten, sämtliche anderen Miteigentümer und deren zustellfähige Anschriften zu ermitteln. Zwar trifft es zu, dass hinsichtlich der Verfahrensweise nicht zwischen wertvollen und weniger wertvollen Grundstücken zu unterscheiden ist. Dem Gesetzgeber war bei der Formulierung von § 9 ZVG aber ersichtlich daran gelegen, das Verfahren für das Gericht und die Beteiligten - unabhängig vom Verkehrswert des Grundstücks - handhabbar zu gestalten.
18(e) Soweit das Beschwerdegericht meint, eine Beteiligung der übrigen Miteigentümer sei schon im Hinblick auf deren Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG geboten, trifft dies nicht zu. Dieses Verfahrensgrundrecht begünstigt jeden, der an einem gerichtlichen Verfahren als Partei oder in ähnlicher Stellung beteiligt ist oder unmittelbar rechtlich von dem Verfahren betroffen wird (vgl. BVerfGE 65, 227, 233; 89, 390 f.; 101, 404; vgl. auch Hömig/Wolff/Heinrich Amadeus Wolff, 13. Aufl., GG Art. 103 Rn. 4). Die übrigen Miteigentümer werden aber - wie gezeigt - durch die Versteigerung des nicht in ihrem Eigentum stehenden Miteigentumsanteils an dem Grundstück im Hinblick auf ihren Miteigentumsanteil als solchen nicht in ihren Rechten betroffen.
19bb) Die übrigen Miteigentümer sind aber nach § 9 Nr. 1 ZVG Beteiligte, wenn für sie oder ihren jeweiligen Bruchteil ein Recht an dem zu versteigernden Miteigentumsanteil im Grundbuch eingetragen ist. Dies folgt unmittelbar aus dem Wortlaut der Vorschrift, aber auch aus dessen soeben dargestelltem Sinn und Zweck, da in diesem Fall durch die Versteigerung ein Recht des weiteren Miteigentümers beeinträchtigt werden oder verlustig gehen kann. So liegt es etwa in dem Fall, dass mehrere Miteigentümer für sich als Gesamtberechtigte eine Gesamtgrundschuld an dem Grundstück bestellen. Denn eine solche Grundschuld ist zwar in Bezug auf den eigenen Miteigentumsanteil Eigentümergrundschuld, in Bezug auf die jeweils anderen Miteigentumsanteile aber Fremdgrundschuld und damit ein zu dessen Gunsten im Grundbuch eingetragenes Recht (s.o. Rn. 8). Der Miteigentümer könnte dieses Recht verlieren, wenn es bei der Versteigerung nicht in das geringste Gebot fällt (§ 44 Abs. 1, § 52 Abs. 1 Satz 2 ZVG). Aus demselben Grund sind die übrigen Miteigentümer - soweit ersichtlich unstreitig - in dem Zwangsversteigerungsverfahren zu beteiligen, wenn eine schuldrechtliche Regelung oder ein Anspruch nach §§ 755, 756 BGB gemäß § 1010 BGB als Belastung des zu versteigernden Miteigentumsanteils im Grundbuch eingetragen ist (vgl. Böttcher, ZVG, 7. Aufl., § 9 Rn. 8b; Eickmann/Böttcher, Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsrecht, 3. Aufl., S. 12; Sievers in Kindl/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung, 4. Aufl., § 9 ZVG Rn. 9; ders., Rpfleger 1990, 335, 337; Schneider, ZfIR 2012, 613, 617; Böttcher, ZfIR 2019, 34, 35; wohl auch Ertle, ZfIR 2018, 815, 819).
20cc) Zudem sind die übrigen Miteigentümer dann als Beteiligte i.S.v. § 9 Nr. 1 ZVG anzusehen, wenn ihre aus dem Grundbuch ersichtlichen rechtlichen Interessen ausnahmsweise ihre Beteiligung in dem Verfahren über die Zwangsversteigerung eines (anderen) Miteigentumsanteils gebieten. So liegt es etwa in dem von dem Senat bereits entschiedenen Fall, dass eine Gesamtgrundschuld auf allen Miteigentumsanteilen lastet. Insoweit wird das Recht der übrigen Miteigentümer an dem Grundstück durch die Versteigerung des Bruchteils zumindest mittelbar berührt, weil sämtliche Miteigentumsanteile für das Pfandrecht mithaften. In einer solchen Konstellation kann sich die Versteigerung eines Miteigentumsanteils für die weiteren Miteigentümer auswirken. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Vollstreckung aus dem Gesamtpfandrecht betrieben wird, da nach § 1181 Abs. 2 BGB (ggf. i.V.m. § 1192 Abs. 1 BGB; vgl. zur Anwendbarkeit auf die Grundschuld Grüneberg/Herrler, BGB, 81. Aufl., § 1181 Rn. 4; BeckOGK/Neie, [], BGB § 1181 Rn. 39 mwN) die übrigen Miteigentumsanteile frei werden, wenn die Befriedigung des Gläubigers aus einem der mit einem Gesamtpfandrecht belasteten Miteigentumsanteile erfolgt. Die übrigen Miteigentümer haben in dieser Konstellation ein unmittelbares wirtschaftliches, aber auch rechtliches Interesse daran, dass bei der Versteigerung ein Erlös erzielt wird, der zur möglichst vollständigen Befriedigung des Gläubigers führt. Dies rechtfertigt es, ihnen die Beteiligtenstellung nach § 9 Nr. 1 ZVG zuzubilligen und ihnen hierdurch zu ermöglichen, durch geeignete Anträge - etwa nach § 63 ZVG - auf einen möglichst hohen Erlös hinzuwirken (vgl. zum Ganzen Senat, Beschluss vom - V ZB 221/17, ZfIR 2019, 31 Rn. 11; zustimmend Böttcher, ZVG, 7. Aufl., § 9 Rn. 8b; krit. Schneider in Schneider, ZVG, § 9 Rn. 19; siehe zur Versteigerung eines Miteigentumsanteils auch Senat, Urteil vom - V ZR 138/17, ZfIR 2019, 147 Rn. 20).
212. Da für die übrigen Miteigentümer, d.h. die Eigentümer der Miteigentumsanteile Nrn. 1a bis 1d und 1f, weder ein Recht an dem zu versteigernden Miteigentumsanteil Nr. 1e im Grundbuch eingetragen noch sonst ein rechtliches Interesse dieser Miteigentümer an dem Verlauf und Ergebnis des Teilungsversteigerungsverfahrens ersichtlich ist, sind diese nicht als Beteiligte nach § 9 Nr. 1 ZVG anzusehen und ist das Verfahren ohne sie fortzusetzen.
IV.
221. Der angefochtene Beschluss hat somit keinen Bestand; er ist aufzuheben (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat selbst zu entscheiden (§ 577 Abs. 5 ZPO). Der Beschluss des Amtsgerichts ist dahingehend abzuändern, dass das Teilungsversteigerungsverfahren dem Antrag der Beteiligten zu 1 bis 3 entsprechend ohne Beteiligung der Eigentümer der übrigen Miteigentumsanteile an dem Grundstück fortgesetzt wird. Das Amtsgericht wird nunmehr über den Antrag auf Teilungsversteigerung des Miteigentumsanteils Nr. 1e zu entscheiden haben.
232. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil sich die Beteiligten des Teilungsversteigerungsverfahrens in einem auf die Beteiligung Dritter nach § 9 ZVG bezogenen Beschwerdeverfahren nicht als Parteien im Sinne der §§ 91 ff. ZPO gegenüberstehen (vgl. zu auf die Wertfestsetzung bezogenen Beschwerdeverfahren Senat, Beschluss vom - V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 Rn. 7; Beschluss vom - V ZB 75/19, WM 2020, 938 Rn. 15).
243. Da für das erfolgreiche Rechtsbeschwerdeverfahren keine Gerichtsgebühren anfallen (Nr. 2243 KV GKG), bedarf es insoweit keiner Festsetzung des Gegenstandswerts.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2022:220922BVZB8.22.0
Fundstelle(n):
NJW 2022 S. 10 Nr. 47
NJW-RR 2022 S. 1530 Nr. 22
WM 2022 S. 2234 Nr. 46
LAAAJ-25614