Online-Nachricht - Donnerstag, 27.10.2022

Einkommensteuer | Abfärbung von Verlusten aus gewerblicher Tätigkeit (BFH)

Verluste aus einer gewerblichen Tätigkeit stehen bei Überschreiten der sog. Bagatellgrenze der Umqualifizierung der im Übrigen vermögensverwaltenden Tätigkeit einer GbR nicht entgegen (Aufgabe der im , BStBl II 2020, 118, Rz 34 f. zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG a.F. vertretenen Rechtsauffassung: ; veröffentlicht am ).

Hintergrund: Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 EStG n.F. gilt als Gewerbebetrieb in vollem Umfang die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer OHG, einer KG oder einer anderen Personengesellschaft, wenn die Gesellschaft auch eine Tätigkeit i.S. des Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ausübt (Alternative 1) oder gewerbliche Einkünfte i.S. des Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bezieht (Alternative 2). Dies gilt nach Satz 2 unabhängig davon, ob aus der Tätigkeit i.S. des Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ein Gewinn oder Verlust erzielt wird (Alternative 1) oder ob die gewerblichen Einkünfte i.S. des Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 positiv oder negativ sind (Alternative 2).

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine vermögensverwaltende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Auf einem von ihr vermieteten Grundstück ließ sie eine Photovoltaikanlage (PVA) errichten, aus deren Betrieb sie zunächst Verluste erwirtschaftete. Dem Finanzamt gegenüber erklärte sie Einkünfte aus der Vermietung von Grundstücken sowie gewerbliche Verluste im Zusammenhang mit der PVA.

Das FA ging demgegenüber davon aus, dass die Klägerin ausschließlich gewerbliche Einkünfte erzielt habe. Denn sie habe mit dem Betrieb der PVA eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt, die auf die im Übrigen vermögensverwaltende Tätigkeit abgefärbt“ habe. Das FG der ersten Instanz wies die dagegen gerichtete Klage ab (, s. hierzu ).

Der BFH bestätigte das Urteil der Vorinstanz unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung:

  • Der BFH hat in einem Urteil aus dem Jahr 2018 zunächst die Rechtsauffassung vertreten, dass Verluste aus einer gewerblichen Tätigkeit nicht zur Umqualifizierung der vermögensverwaltenden Tätigkeit einer GbR führen (, BStBl II 2020, 118, Rz 34 f. zu § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG a.F. ).

  • Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber mit dem rückwirkend auch für frühere Veranlagungszeiträume anwendbaren § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 Alternative 1 EStG i.d.F. des Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom (WElektroMobFördG) außer Kraft gesetzt.

  • Nach der Neuregelung tritt die umqualifizierende („abfärbende“) Wirkung einer originär gewerblichen Tätigkeit (hier: aus dem Betrieb der PVA) einer Personengesellschaft unabhängig davon ein, ob aus dieser Tätigkeit ein Gewinn oder Verlust erzielt wird. Der BFH erachtet diese Neuregelung und deren rückwirkende Geltung als verfassungsgemäß.

  • Zudem hat der BFH entschieden, dass die von der Rechtsprechung geschaffene und von der Finanzverwaltung akzeptierte sog. Bagatellgrenze auch bei Anwendung der Neuregelung zu beachten ist.

  • Danach führt eine originär gewerbliche Tätigkeit einer Personengesellschaft nicht zur Umqualifizierung ihrer im Übrigen freiberuflichen Tätigkeit, wenn die originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse 3 % der Gesamtnettoumsätze der Personengesellschaft (relative Grenze) und zugleich den Höchstbetrag von 24.500 € im Veranlagungszeitraum (absolute Grenze) nicht übersteigen.

  • Das gilt auch dann, wenn die Personengesellschaft - wie im Streitfall - neben ihrer originär gewerblichen eine vermögensverwaltende Tätigkeit ausübt. Im Streitfall war diese Bagatellgrenze überschritten.

Quelle: (il)

Fundstelle(n):
MAAAJ-25067